Nr. 4444. Jahrg. Ausgabe A nr. 23
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Donnerstag, den 27. Januar 1927
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Bürgerblock- Durcheinander.
Die„ Richtlinien" vorzeitig veröffentlicht. Die Deutschnationalen bestreiten, sie angenommen zu haben. Sie verlangen fünf Portefeuilles, sonst bekommen sie wieder Grundsätze.
Berlin , 26. Januar. ( Amflich) Nachdem der Herr Reichs. tanzler um 10 Uhr vormittags dem Herrn Reichspräsi denten über den Stand der Regierungsbildung Bericht erstattet hatte, fanden gegen Mittag die Verhandlungen über die Richtlinien des Herrn Reichskanzlers für die fünftige Regierungs. polifik mit den deutschuationalen Unterhändlern nach einer eingehenden Erörterung ihren Abschluß. Die in dieser Befprechung vereinbarten Grundsähe über Außenpolitik, Verfassung, Reichswehr , Kulturfragen sowie Sozial- und Wirtschaftspolitik wurden sodann seitens des Herrn Reichskanzlers den Fraktionsführern des Zentrums, der Deutschen Bolfspartei, der Demokratischen Partei, der Wirtschaftlichen Bereinigung und der Bayerischen Bolkspartei mitgeteilt. Der Herr Reichskanzler richtete an die genannten Fraktionen das Ersuchen, sich nunmehr fämtlich auf Grund der gefundenen Grundlage an der Regierungsbildung zu beteiligen. Da während der weiteren Nachmittagsstunden sich die Fraktionen mit der Beratung der oben bezeichneten Grundsäke befaßten, mußten die welieren Verhandlungen, namentlich über die Personalfragen, auf morgen vormittag verschoben werden.
Im schärfsten Widerspruch zu diefer amiliden Mel dung erklärt jedoch die deutschnationale Reichstagsfraktion: Die Deutschnationale Reichstagefraffion ist in die Beratung des Entwurfs von Formulierungen eingetreten, die eine Grund lage für einzelne punkte der fünftigen Regierungserfid rung bilden sollen und als solche Grundlage naturgemäß der näheren Erläuterung und Vervollständigung bedürfen. Eine Beshlußfaffung wird erft erfolgen, wenn die Berhandlungen über die Regierungsbildung bis zum endgültigen Abschluß gefördert find, ebenso wie eine 3ustimmung der Partei. find, ebenso wie eine zustimmung der Partei. führer zu den Richtlinien noch nicht erfolgt ist.
"
Die aintliche Meldung spricht ausdrücklich von einem Abschluß". Sie spricht von ,, vereinbarten Grundfäßen". Die Deutschnationalen jedoch erklären: Nichts ist abgeschlossen! Nichts ist vereinbart! Nicht nur die Fraktion, auch die Frattions führer haben nicht zugestimmt!
Inzwischen werden die Richtlinien als Ergebnis eines ,, Abschlusses", einer ,, Bereinbarung" den anderen Fraktionen vor gelegt!
Wer betrügt hier? Wer wird hier betrogen?
des Reichskanzlers vom 16. Dezember 1926 als maßgebend an Bezüglich der Reichswehr wird der entsprechende Teil der Rede erkannt. 1. Die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten vom 31. Desember 1926 ist strengstens durchzuführen. 2. Den Angehörigen der Reichswehr ist die Zugehörigkeit, das Zusammenarbeiten mit politischen Berbänden aller Richtungen, zu denen die soge nannten Wehrverbände aller Richtungen und Form in erster Linie gehören, verboten. 3. Es wird eine Rekrutierungsverordnung erlassen, die Vorkehr trifft, daß keine verfassungsfeindlichen Per fonen im Sinne der Ziffer II in die Reichswehr aufgenommen
4. Kulturfragen.
Bahrung der Gewissensfreiheit und des Elternrechtes, grundsägliche Es ist angeregt: Erlaß eines Reichsschulgesetes unter Gleichstellung der im Art. 146 der Reichsverfassung vorgesehenen Schularten; Sicherung des Religionsunterrichtes( Art. 149).
5. Sozialpolitik.
Tatkräftige Förderung der Sozialreform, Ausbau und Boll endung des Arbeitsrechtes. Der nächste Schritt auf diesem Gebiet jou die Schaffung einer umfaffenden Arbeiterschußgefebgebung unter foll besonderer Berüdsichtigung der Bergarbeit sein. Darin ist- ausgehend von den deutschen Berhältnissen die Arbeitszeit einschließlich der Sonntagsruhe im Einklang mit den internationalen Bereinbarungen zu regein. Auf Grund einer solchen Regelung ist die deutsche Regierung zur Ratifizierung des Washing. toner Abfom mens gleichzeitig mit den anderen wefteuropäischen Industrieländern bereit. Bis zum Infrafttreten dieses Gefeßes follen durch llebergangs- und Notmaßnahmen Mis stände auf dem Gebiet der Arbeitszeit beseitigt werden. Die im Art. 165 ber Reichsverfassung vorgesehene Mitwirkung der Arbeiter wirtschaftsrat zustandegekommenen Einigung weiter aus und Angestellten in der Wirtschaft ist im Sinne der im Reichs zubauen.
Arbeitslosigkeit. Damit im Zusammenhang stehen Maß Dringlich ist die Verabschiedung einer Versicherung gegen
nahmen zur Verbesserung des Arbeitsnachweises. Ausbau und Ber fahren der Sozialversicherung sollen nach Möglichkeit vereinfacht werden. Die verschiedenen Bersicherungszweige bedürfen einer organischen Berbindung und Ausgestaltung.
Die Lage der Invaliden muß verbessert werden. Für die Seeleute ist eine Krankenversicherung zu schaffen.
Entschlossene Bekämpfung der Erwerbslosigkeit und Für forge für die Erwerbslosen mit allen zmecdienlichen Wirtschafts: und sozialpolitischen Mitteln. Die Sozialreform ist auch international, insbesondere im Zusammenwirken mit dem Internationalen Arbeitsamt, zu fördern.
Ueber die hier wiedergegebenen Formulierungen ist tagelang verhandelt worden. Sie stellen das Höchstmaß dessen an wörtlichen Zugeständnissen herausgepreßt werden konnte. dar, was aus den deutschnationalen Frattions führern, Obendrein behaupten sie jetzt, sie hätten bisher überhaupt noch gar nicht Ja gesagt. Die deutschnationale Fraktion selbst hat erst recht noch nicht zugestimmt. Sie macht ihre Zustimmung von der Lösung der Personalfragen abhängig. Sie beansprucht für den Verzicht an Grundsägen, den fie leistet, fünf Blaze an der sogenannten Futterfrippe. Sollten ihr nur drei bewilligi werden, jo wäre sie geneigt, einige der fallengelaffenen Prinzipien wieder hochzuhalten.
Das ist teine Erfindung sozialdemokratischer Hetzer". In etwas diplomatischeren Worten fagt Hugenbergs Nacht ausgabe dasselbe:
das
Reichsverkehrs
Bon deutschnationaler Seite wird ausdrücklich betont, daß die Einigung über die Richtlinien für das Regierungsprogramm nur unter der Vorausfehung einer späteren Einigung über Personalfragen zustande gekommen ist. Zur Berhandlung stehen das Reichsinnenministerium, ministerium, das Reichsjustizministerium, das Ernahrungsministerium und das Finanzministerium. Wenn behauptet wird, daß die Deutschnationale Boltspartei nur drei dieser Ministerien besetzen wolle, so entspricht das nicht den sprechend ihrer wirklichen Fraktionsstärke vertreten zu sein. Wünschen der Fraktion, die darauf Wert legt, im Kabinett ent
Labour Party für China.
Für gestern abend war die Veröffentlichung der zwischen Protestresolution gegen die Truppenentsendung
den Bürgerblodparteien vereinbarten Richtlinien" fündigt. Gegen 9 Uhr erfolgte jedoch die folgende amtliche Bekanntmachung:
Die beabsichtigte amtliche Bekanntgabe der in den heutigen Verhandlungen des Herrn Reichskanzlers mit den Partei führern festgestellten Vorschläge über Richtlinien einer fünftigen Regierungspolitik, die übrigens nicht alle für ein Regierungsprogramm in Betracht kommenden Fragen umfassen, fonnte noch nicht erfolgen, weil noch nicht sämt liche in Betracht kommenden Fraktionen ihre 3u stimmung zu den Erklärungen der Parteiführer gegeben haben. Alle über den Inhalt der Vereinbarungen erfolgenden Beröffentlichungen können nicht als authentisch angesehen werden.
Inzwischen aber hatte infolge eines peinlichen Regie: fehlers die Bossische Zeitung" den Wortlaut veröffentlicht. Wir geben ihn hier wieder.
Richtlinien der künftigen Regierungspolitik. 1. Außenpolitik. Fortführung der bisherigen Außenpolitik im Sinne gegenseitiger friedlicher Verständigung. Anerkennung der Rechtsgültigkeit des Vertragswertes von Locarno . Loyale gleich berechtigte Mitarbeit im Völkerbund.
2. Verfassung. Anerkennung der Rechtsgültigkeit der in der Verfassung von Weimar begründeten republikanischen Staatsform. Unbedingter Schutz dieser Verfassung in ihrer Gesamtheit sowie der verfassungsmäßigen Reichsfarben( Artikel 3 der Reichsverfassung) gegen alle herabfegenden Verunglimpfungen und rechtswidrigen Angriffe. Borgehen gegen alle Bereinigungen und alle Bestrebungen, die den Umftura der bestehenden Staatsform bezwecken. Berbot an alle Beamte, fich an solchen Bereinigungen oder Bestrebungen au beteiligen. Die verfassungsmäßig gemährleiftaten Rechte der Beamten werden hierdurch nicht berührt.
- dem Außenminister der
Kanton- Regierung übermittelt!
London , 26. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) In der gleichen Zeit, in der die Regierung zu einer frühzeitigeren Einberufung des Parlaments nicht zu bewegen war, hat die britische Arbeiterpartei beschlossen, einen Vorstoß in der chine fifchen Frage zu unternehmen. Zunächst versammelte sich die Egekutive der Arbeiterpartei, der Vorstand der Arbeiterfraffion im Unterhaus und der Generalrat der Gewerkschaften zu einer gemeinsamen Sitzung zur Besprechung der chinesischen Lage. Es wurde beschlossen, eine Deputation zum Außenminister Chamberlain zu senden, welche den Minifter die tiefe Beunruhigung der Arbeiterbevölkerung über die militärischen Aktionen übermittelte, die die Auffassung der Arbeiterpartei verdolmetschte und ihn um Aufklärung über gewisse Maßnahmen bat.
Die Antwort Chamberlains war nach unseren 3nformationen als nicht befriedigend anzusehen. Darauf traten die Mitglieder der obengenannten Körperschaffen zu einer neuen Sigung zusammen und befchloffen eine Resolution, die unmittelbar nach Abschluß der Sihung auf telegraphischem Wege an den Außenminister der Kantonregierung Ischen übermittelt wurde. In dieser Entschließung sprachen die Arbeiterpartei und die Gewerkschaften ihr Bedauern über die gegen die kantonregierung gerichteten militärischen Demonstrationen aus, da sie geeignet sind, panit und den Geist des Angriffes auf beiden Seiten zu entfeffein und damit gerade diejenigen Folgen hervorrufen tönnten, zu deren Bekämpfung diese Maßnahmen angeblich unternommen würden. Die Arbeiterbewegung Großbritanniens fordere deshalb eine geduldige und anständige Fortsetzung der Verhandlungen mit dem Endzweck der Abschaffung der bestehenden Verträge, die feineswegs mit Gewalt aufrechterhalten werden dürften, sowie die freundschaftliche ciquidierung derjenigen Einrichtungen, die direkte oder indirette Folgen dieser Berträge mit China find.
Diese Resolution ist von einem von den Beriretern der gewerk. fchaftlichen und politischen Arbeiterbewegung gezeichneten Nachwort begleitet, in dem die Führer der britischen Arbeiterbewegung betonen, daß sie alles, was in threr Macht steht, tun werden, um eine derartige Beilegung des englisch - chinesischen Schwierigkeiten herbeizuführen, durch welche China volle nationale Freiheit im vollsten Sinne des Wortes erhalten soll. Die Führer der englischen Arbeiterschaft sprechen jedoch andererseits die Hoffnung aus, daß der chinesische Außenminister alles, was in seiner Macht steht, fun wird, um zu einer Berständigung mit England zu kommen und er alles vermeidet, was einen Vorwand für die Einfetzung der Militärs durch England bieten könnte.
Auch die Unabhängige Arbeiterpartei hat eine überaus scharfe Resolution beschlossen, in welcher sie die 3urüdziehung der militärischen Streitfräfte aus den chinesischen Gewässern fordert. Die Unabhängige Arbeiterpartei warnt die Regierung, daß im Falle irgendwelcher Feindseligkeiten hunderttausende britische Sozialisten entschlossen feien, affiv der Durchführung von Kriegsaktionen Widerstand zu leisten.
Kriegsschiffe und Flugzeuge gehen ab. London , 26. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Die Admiralität teilt mit, daß das Flugzeugmutterschiff„ Argus" Be fehl erhielt, sich nach China zu begeben. Ne un Zerstörer werden voraussichtlich am 10. Februar die Ausfahrt nach China antreten.
London , 24. Jarruar.( EP) Nach einer Meldung aus Mel. bourne hat die australische Regierung beschlossen, im Augen. blid teine australischen Truppen nach China zu ent fenden