Kampf um öen Metersthutz. Laudtagsdebatte um Hirtsiefers Erlaß.
Zu Beginn der gestrigen Landtagssikung gab Abg. Gieseler (Völt.)«ine Erklärung zu dem Gerichtsurteil in Sachen der Ver- leumdung des Wohlfahrtsminister» chirtstefer ab. Gieseler hat ur- sprünglich diese jetzt vom Gericht gebrandmarkten Verdächtigungen im Landtag vorgetragen. In seiner heutigen Erklärung suchte er alle Schuld auf den Wiener Professor Otte zu schieben, der chn irre- geführt habe, mußte aber zugeben, daß er diesem für seine Angaben So» M. gezahlt habe. Gieseler nahm die von ihm vorgebrachten Beschuldigungen des Ministers mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.(Zuruf bei den Dem.: Klägliches Ende einer schamlosen Verleumdung!) Auf Antrag des Abg. Leinert(Soz.) wurde ein Antrag, den Talsperrenbau und die Wasserschutzonlagen im Westharz in das Sofortprogramm der Regierung aufzunehmen, ohne Debatte dem Hauptausschuß überwiesen. Der Landtag setzte dann die allgemein« Beratung des Wohl- fahrtsetats beim Kapitel Vohnungswirtfihast fort. Abg. Ladendorss(Wirtschaftspartei) verteidigte lebhaft die Ver- ordnung des Ministers Hirtfiefer vom 11. November 1926 über Befreiung der gewerblichen Räume und G r o ß w o h- nungen vom Mieterschutz. Die ganze Wohnungszwangswirtschaft müsse fallen. Nirgend wohne der Mensch besser, bequemer und sorg- loser als in den sogenannten Mietkosernen. Dort wuchs die Vater- landsliebe, aus ihnen ging der unvergleichliche deutsche Feldgraue hervor.(Lachen und Unruhe links!) Ladendorfs bedauerte, daß Deutsche und Deutschnationale Dolkspartei jetzt in Sachen der Frei- gäbe der Geschäftsräume schwankend geworden seien. Abg. Ateyer-Solingen(Soz.): Wir haben in den letzten sechs Iahren oft genug die Redner der Wirtschaftspartei gegen die Zwangswirtschaft wettern hören. Aber noch nie hat sie so gequält und verlegen wie heute den Folgen einer Agitation gegenübergestanden, die st« selbst«ntsesselt hat. (Widerspruch des Abg. Ladendorff.) Herr Ladendorss, Sie haben doch diese Folgen zu spüren bekommen, als Sie in der vorigen Woche hier in der Wandelhalle vor einer Deputatton Ihrer ehe- maligen Wähler reißausgenommen haben.(Schallende Heiterkeit links.) Trotz aller Schwierigkeiten hat der Wohnungspau mit öffentlichen Mitteln in der Nachkriegszeit großes geleistet. Insbesondere das Jahr 1926 stellt eine Spitzenleistung dar, einen Wohnungsbau über den Friedensdurchschnitt hinaus. Wir sind stolz darauf, diese Leistungen durch unser Drängen herbeigeführt zu haben. Aber die Leistung de» letzten Jahre» war nur möglich durch Vorgriffe aus die Mittel des kommenden Jahre» und durch Anleihen. Wir mästen uns sobald wie möglich darüber schlüssig werden. wie wir eine erhöhte Wohnungsbautätigkeit weiter sinanzleren. (Sehr gut! links.) Sämtliche Gewerkschaften und alle kommunalen Spihenorganisationen stimmen in diesem Punkte mit unseren Forderungen restlos überein. Dabei muh freilich dafür gesorgt werden, daß die neuerstellten Wohnungen den Minderbemittelten zu einem erträglichen Zinssatz zugänglich gemacht werden. Der Weg, den der Wohlsahrts- minister mit dem Abbau der Zwangswirtschaft eingeschlagen hat, ist kein glücklicher. Für uns ist der Zeitpunkt des Abbaus erst ge- kommen, wenn Angebot und Nachfrage sich ausgeglichen haben und dem Hausbesitzer die Ausnutzung des Schwächeren, des Mieter», unmöglich machen.(Sehr gut! links.) E» werden noch viele Jahre nötig sein, ehe der vorhandene wohnunasbedarf gedeckt ist. wie man dann die Wohnungswirlschaft gestaltet, darüber broncht man sich heute noch nicht den Sopf zu zerbrechen. Viel wichtiger wäre, daß Sie darüber nachdenken, wie Sie die Wohnungsnot be- heben können. Wohin es führen würde, wenn man vorzeitig die Zwangswirtschaft abbaut, zeigt das Schicksal des Erlasses vom 11. November. Der Wohlfahrtsmlnister ist damit der Wirtschaftspartel viel zu weil entgegengekommen: er kann die Verordnung nicht aufrecht- erhalten, wenn nicht am 1. April eins Katastrophe eintreten soll.(Sehr wahr! links.) Ungeheure Mietsteigerungen für Läden werden nicht nur aus Berlin gemeldet, sondern auch aus allen größeren Provinz- städten. Und wenn Herr Ladendorff meint, es sei nicht der orgoni- sierte Hausbesttz, der wuchere, so müssen wir eben feststellen, daß die Schutzverordnunqen nur für alle oder keinen bestehen können. Die Gesanitwirkuna der neuen Verordnung ist jedenfalls unerträglich, so unerträglich, baß der Wirtfchaftsparteiler Müller- Franken gestern in der Berliner Stadtverordnetenversammlung den Verdacht geäußert hat, der vlinister habe diese Verordnung nur gemacht, um den Abbau de» gesamten Meterschuhe» vorbeugend
zu hintertreiben.(Hört, hört!) Die Deutsche Volkspartei hat den Erlaß vom 11. November hier im Hause als das einzig Der- nünftige bezeichnet, was der Wohlfahrtsminister bisher gemacht habe, und jetzt fordert sie Verschiebung des Inkrafttretens der Verordnung, möglichst um ein Jahr, eine Forderung, die st« noch in der vorigen Woche im Hauvtausschuß abgelehnt hat. als wir sie stellten. Noch in der vorigen Woche hat der Deutschnationale Hofe im Hauptausschutz jede Milderung des Erlasses vom 11. No- vember abgelehnt und den deutschnationalen Reichstag sabgeordneten Innungsobermeister Paeth als Abtrünnigen bezeichnet un d jetzt kommt die Deutschnationale Volkspartei selbst mit einem Milderungsantrag. Allen Parteien graut jetzt vor der Auswirkung der demagogi- scheu Hetze aus Aufhebung der Wohnungszwangswirtschasl. Die tatsächlichen Verhältnisse liegen so, daß für absehbare Zeit jede Einschränkung des Mieterschutzes unmöglich ist. wir fordern deshalb. daß der Erlaß des Wohlfahrlsministers ausgehoben wird. Sollte die» abgelehnt werden, werden wir dafür stimmen, den Erlaß de» Wohlfahrtsminister» erst In einem Jahre in Kraft treten zu lassen. Wir beantragen über alle diese Fragen namentliche Abstimmung. Die Geschäftsinhaber und kleinen Gewerbetreibende« sollen sehen. welche Abgeordneten und Parteien sie bloß mit Worten betrügen und wer praktisch für ihren Schuh etwa» tut.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten, Händeklatschen auf den Tribünen.) Abg. Kölges(Ztr.) deckt die Verordnung des Ministers, da sich gewisse Härte nicht vermeiden lasse. Nach Ausführungen des Abg. Spickeruagel(D. Vp.), der unter gewissen Vorbehalten der Mimsterialverordnung zustimmt, und d«s Abg. heym(Komm.), der sie mit aller Entschiedenheit ablehnt, er- hält da» Wort Abg. Werten(Dem.): Wir sind gegen die Der- ordnung, weil wir jetzt den Uebergang zur freien Wirtschaft noch nicht für zweckmäßig halten. Gegen die Behandlung Berlins bei den Zuweisungen aus der Hauszinssteuer legen wir schärfsten Protest ein. Er polemisiert« sodann auf das Schärfst« gegen den Abg. Ladendorfs, der in seiner Rede die Mietkasernen geradezu ver- herrlicht habe. Im weiteren Verlauf seiner Red« brachte er Beweise dafür, daß sogar ein Vorsitzender der Hauebesitzerorganisation nach Erlaß der Verordnung seine Mieter wucherisch gesteigert hak. Abg. Bergmann(Ztr.) hält eine Mietpreiserhöhung nur dann für angebracht, wenn auch gleichzeitig die Lohne erhöht würden. Die jetzige Rechtslage sei nicht aufrechtzuerhalten. Er nahm den Wohlfahrtsminister Hirtsieser gegenüber den völkischen Verleumdungen in Schutz, die Herr Gieseler zu Beginn der Sitzung habe zurücknehmen müssen. Damit sei der völkischen Giftmischer- zentrale das Handwerk gelegt. Wohlfahrtsmini st er hixtfleser: Ich habe mich b i s zuletzt gegen die Herausnahme der gewerblichen Räume aus der Zwangswirtschaft gewehrt. Aber schließlich haben alle Parteien darauf gedrängt.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten!) Erst als ich keine Stütze mehr fand, habe ich nachgeben müssen. Der Minister führt« zum Beweis für seine Behauptung die Reden zahlreicher Abgeordneter der bürgerlichen Parteien an. Nach einer sehr matten Verteidigungsrede des Abg. Ladendorff schließt die Debatte über den Wohlfahrtsetat. Persönlich bemerkt noch Abg. Lüdemann(Soz.), daß die Be° houptung des Ministers, er sei in seinem Bestreben, die gewerblichen Räume nicht freizugeben, von allen Parteien im Stich gelassen worden, für die Sozialdemokratie nicht zutreffe. Nach einem Schlußwort des Berichterstatters Abg. Sloll(Komm.) vertagt sich das Haus auf Dienstag, den IS- Februar, 1 Uhr. Tages- ordnung: Domänenetat, Einzelberatung der Etattitel des Wohlfahrt» etats. Der Arbeitsplan des Landtags. Der Aeltestenrat des Landtages beriet am Mittwoch über die Geschäftslage. Bekannllich wird das Plenum des Landtages vom Mittwoch bis zum 1. Februar in die Ferien gehen. In der Pause soll die Vorberatung des Haushalls fortgesetzt werden. Am IS. Februar soll nach Abschluß der Beratungen zum Wohlfahrtshaushall der Domänenetat und im Anschluß daran der Landwirtschaftsetat in Angriff genommen werden. Die Beratung der Anträge über die Typhusepidcmie in Hannover will das Plenum aml 6. Februar vornehmen: für diesen Tag steht auch die zweitc Beratung der neuen Gewerbe st euer an. Die Abstim- mung über die Anträge und die angefochtenen Titel des Wohlsahrts- Haushaltes soll am 17. Februar stattfinden. Der Ausschuß für den Städtebau wird am 27. und 28. Januar die Besichtigung von Berliner Stadtgebieten vornehmen. Später soll dann Köln , das Ruhrgebiet . Mitteldeutschland und Ostpreußen vom Ausschuß b«. sucht werden.
Merkwürüige dokumentenfällchungen. Geheimprotokolle aus der» Reichswehrrniuisteriuur. Im.Iungdeutschen', dem Organ des Iungdeutschen Ordens. leill der Ordenskanzler Bornemann mit, daß ihm«ine Reihe von Photographien angeblicher Dokument« in die >jände gespielt worden sei, di« sich als Protokolle von Sitzungen im Reichswehrministerium darstellen. Das eine dieser Dokumente wird im Faksimile wiedergegeben. Es enthüll folgendes Protokoll: Verhandelt Berlin , den 24. Februar 1925. Geheim! Anwesend: 1. Herr Hauptmann Waldemar Reinecke. Berlin 2. Herr Dr. Hans Schreck, München : 3. Herr Franz Seldten, Magdeburg : 4. Herr Carl Pröller, Berlin : 5. Herr Hugo Mohr, Stellin: 6. Herr Hauptmann d. R. Heinemann, München . Herr Hauptmann W. Reinecke prüft zunächst die Ausweise und Vollmachten der Erschienenen und stellt fest, daß die Voll- machten in Ordnung gehen. Es vertreten danach: Herr Franz Seldten den Bund.Stahlhelm': Herr Dr. Schreck den Bund.Oberland ' und d«n.Frontbann': Herr Pröller den.Bismarckbund' und den.Werwolf': Herr Mahr den Jungdeutschen Orden: Herr Heinemonn den Reichsaueschuh der Regimentsoereinigungcn. Das Bild zeigt auf der rechten Seite den Lauf des Schrift- st ü ck s. Oben links steht.Rw. Min.(T 2)'. darunter.Nr. T. 2 4ll/I und 11/28'. Rechts oben das Datum„Berlin , den 25. II. 1925*, darunter die Nr. 411. In der Mille steht zu lesen: K. H. IV. An H. L. zur Kenntnisnahme und Rückgabe. R W. Min.(T. 2) I. A.: Reinecke, Hptm. Links unten st«ht: Eingegangen am 25. Februar 1925. 1. ilrschr. nach K. zur. 2. zu den Akten. 27. II. 1925. H. L. IV. v. S. Nach den Mitteilungen Bornemanns bejinden sich in seinem Besitz die Photographien von viele Seiten starken Proto- k o l l e n über Sitzungen, die am 24. Februar, am 18. und 19. März und am 24. und 26. März 1925 stattgefunden haben sollen. Als Vcrhandlungsort wird Zimmer 69 im Reichs Wehrministerium an- gegeben. Die Verhandlungen betreffen das Zusammen- arbeiten der Verbände mit der Reichswehr , die Vorbereitung der Mobilmachung der Verbände, sowie die R e g i st r i e r.u n g der in den Händen der Verbände befindlichen Waffen. Nach Bornemanns Meinung ist unter dem Namen ..Seldten' sicher der Stahlhelmführer Seldt» aus Magdeburg und unter dem Namen„Hugo Mahr' der Hochmeister des Iungdo, Artur Mahraun , zu verstehen Durch die Aenderung der Namen solle der Anschein erweckt werden, als hüllen die Beteiligten für das Sitzungsprotokoll sich Decknamen gegeben. Für Uneingeweihte seien die Unterschriften täuschend nachgemacht. Nach den Protokollen hüllen sowohl Seldte für den„Stahlhelm*. Schreck für den.Frontbann' und„Oberland*. sowie Mahraun Mitteilungen über angeblichen Wassenbestond ihrer Verbände gemacht. Mahraun soll außerdem aufgefordert haben, „alle nationalgesinnten Millliärdiensttauglichen aufzurütteln und den großen Kampf, den unser Volk wie vor hundert Iahren führen muß, vorzubereiten'. Dar.Lungdeutsch«' erklärt dies« angeblichen Protokoll« als v o n Anfang bis zu End« gefälscht. Der.Lungdemsche Orden' habe niemals an ähnlichen Sitzungen teilgenommen,«s handele sich ganz offensichtlich um planmäßig« Fälschungen, und es ergäbe sich di« Frage, von wem und in wessen Auftrag diese mit Reichswehr st«mpeln versehenen Fälschungen her- gestellt wurden. Seinen Verdacht noch dem Ursprung dieser Fälschungen deutet Bornemann mit folgenden Sätzen an: „Wahrscheinlich haben Freund«-einer deutsch-bol- s ch e w i st i s ch« n Verbrüderung ihre Hand im Spiel«. Gibt man solch«„Dokumente* nämlich an den Feindbund, so hat das zur Wirkung, daß die sich anbahnende Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland hinter- trieben wird. Pharisäerhaft kann man darauf verweisen, daß Frankreich nicht verständigungsbereit sei. Man verschweigt natür- lich, warum Frankreich zu einer Räumung der besetzten Gebiet« und zur Preisgabe seiner„Sicherungen* nicht bereit ist. Man hat dann zu gleicher Zeit in Frankreich und in Deutschland oen Glauben an eine mögliche Verständigung völlig zerstört. Bornemann fragt, ob das Material etwa schon der Bot- schafterkonferenz vorgelegen habe, alssiedasDerbotder Wchroerbänd« von Deutschland fordert«, vi« Fälschungen seien von sachkundiger Seile hergestellt und ohne erhebliche Geldmittel sei das nicht möglich. Di« ganze Affäre scheint uns bis jetzt in«n mystisches Dunkel gehüllt. Man hat zwar schon früher Erfahrungen mit ähnlichen Doku- mentenfälschungen gemacht, aber man wird doch da« Ergebnis der polizeilichen Nachforschungen abwarten müssen, um«in endgültiges Urteil über diese neueste Affäre fällen zu können. Wenn es sich wirk- lich um Fälschungen handelt, so hätten ihr« Urheber zweifellos sehr geschickt operiert, indem sie die altbekannten mehr oder weniger „losen* Beziehungen gewisser Rechtsverdände zur Reichswehr zum Gegenstand ihrer Dokumentenfabrikotion machten. Der Lanübunü wirö wilü. Müste Schmähungen dcS Landbundführcrs Richthofen gegen Republikaner und Bauernbund. Breslau . 26. Januar.(Eigener Drahtbericht.) Der Schle- fisch« Landbund HIell am Mittwoch in Breslau seine dies- jährige Hauptversammlung ab. Sämtlich« in Schlesien ansässigen ehemaligen Landesfür st«n hallen herzliche Degrüßungs- telegramme geschickt, darunter der früher« Kronprinz, der aus Doorn seine Abwesenheit entschuldigte, ferner der frühere König von Sachsen , dt« frühere Großherzogin von Sachsen- Weimar usw. Auch die Reichswehr war bei der Tagung offiziell vertreten. Außer einem Referat von Dr. S chi« l e- Naumburg, das prin- zipielles Interesse des Landbundes für Bauernpolllik beweisen wollte. hielt der Vorsitzende, der früher« deutschnationol« Reichs- tagsabgeordneie Freiherr v. Richthofen-Doguslawitz die Hauptrede der Tagung. Er nahm für den Landbund das Recht in Anspruch, sich nicht nur mit Wirtschaftsfragen, sondern auch mll all- genreinen„vaterländischen Belangen' zu beschäftigen. Das geschah in der Form wüster Angriff« auf die„Pazisisten*. wie Echeidemann. zu denen mll besonderer persönlicher Schärfe der auch in Militärfragen gemäßigte Demokrat Dr. Haas gerechnet wurde, well er angeblich Schlesien des notwendigen mllllärischen Schutzes gegen Polen entblößen will. Solchen Leuten leistet der Schlesische Bauernbund Zutreiberdienpe. erklärte
Richthofen -Boguslawitz, und kam damll auf den eigentlichen Anstoß seines Grolls, den Erfolg der Bauernbewegung in S ch l« s i e n bei den diesjährigen Landwirtschastskammerwahlen. Für Niederschlesien sei es«in tiefbetrübendes Ergebnis, daß der Schlesische Bauernbund von 44 Sitzen in der Kammer 11 erobert habe. Der Landbundführer verglich in seinem Zorn die Bauern- bünde mit Irrenanstallen. in denen der unvernünftige Teil der Men- schen von den vsrnünftigen abgesondert wird und nannte die Land- wirtschastskammerverlreter des Bauernbuades„schwarzrotgoldene Ochsen*. Er beklagte die demokratische Erwellerung des Wahlrechts zu den Landwirtschaftskammarn in Preußen und forderte seine An- Hänger auf, das nächstemal unbedingt den letzten Mann an, die Wahlurne zu bringen. Den noch größeren Erfolg, des von Zentrums- leuten geführten Oberschlesischen Bauernoereins, der in der benachbarten Landwirtschaftskammer der Provinz Oberschlesien di« absolute Mehrheit aller Sitze eroberte, berührte Freiherr v. Richthofen aus naheliegenden, parteitaktischen Gründen etwas vor- sichtiger, doch wandte er sich auch gegen diese, vom Zentrum ge- fordert« und beherrschte Landwirtschaftskammer als überflüssig« und kostspielige Einrichtung. In einer der angenommenen Entschließungen wird u. a. jedes Entgegenkommen hinsichllich der Fleischzölle und der Ge- Währung eines auch nur beschränkten Fleischkontingents im Rahmen der deutsch -polnischen Handelsvertragsverhandlungen schärfstens bekämpft. In einer längeren und heftigen Entschließung wird dann noch der Entwurf des neuen sozialdemokratischen Agrar- Programms aufs schärfste angegriffen.
Aufgaben üer Außenpolitik. Der(£tai des Auswärtigen AmtS tut Hauptausjchuß. In der Dienstagssitzung des Ausschusses für den Reichshoushall wurde die allyr�memc Aussprach« über den Etat des Aus- wärtigen Amts fort- und zu Ende geführt. Genosse Wüller- Franken erklärte, daß noch seiner Meinung unsere Missionen im Auslande die wirtschasllichen Interessen noch mehr als bisher be- rücksichtigen müßten. Dabei sei es selbstoerständlich. daß die Politik stets den Dvrrang vor den wirtschaftlichen Aufgaben im Ausrtäriigen Amt haben müsse. Das Auswärllge Aull müßte nach seiner Meinung
nicht nur formell federführend für die Handelsverträge sein, sondern auch sachlich die Vorhand behcllten. Genosse Müller stellt« dann noch eine Reihe von Fragen bezüglich der Organisation des Amts und erbat Auskunft von den Regierungsvertretern. Abgeordneter Stoecker(Komm.) wünschte, daß Wege gefunden werden, auch den unbemittelten Klassen der Bevölke- rung den Auslands- und diplomatischen Dienst zu ermöglichen. Er beantrage ferner, den Botschafter beim Vatikan zu streichen, dafür ober nach dem Muster von Rußland die Gesandtschaft in China in «ine Botschaft umzuwandeln. Abgeordneter Schnee(D. V.) bemerkt«, geeignete Personen für die Besetzung der deutschen Wahlkonsulate, die auch die Vorkriegs- zeitverhältnisse kennten, seien wohl zu finden. Man brauchte nur aus die früheren Kolon iolbeamten zurückgreifen, deren Kenntnisse und Erfahrungen jetzt vollkommen brach liegen. Abgeordneter Dr. Schreiber(Z.) wies daraus hin, daß der Wissenschafts-Voykoll der Entente bisher nur formell beseitigt sei, Dos Ausländer st udium in Deutschland sei sehr er- heblich zurückgegangen, eine tief bedauerliche Erscheinung. Amerika zieht in Ostasien den wirtschasllichen Markt an sich. Schließlich beantwortete Ministerialdirektor Schneider in aus- führlicher Weise die im Laufe der Debatte an ihn gestellten Fragen wegen der Vereinfachung der Organisation im Auswärtigen Amt , über den Ausbau des auswärtigen Dienstes, über die Förderung des deutschen Außenhandels und dankte für die vielen Anregungen, die die Debatte dem Auswärtigen Aint gegeben habe. i
Die Neuregelung üer Erwerbslofenhilfe. Nene Ausfährnngsvorschriften für die Erwerbs- losenfürsorge. � Der Reichsarb sitsminister hat am 22. dieses Monats mll Zu» stimmung des Reichsraies die von uns bereits angekündigten neuen Ausführungsvorschriften zur Verordnung über Erwerbswsenfürsorgc erlassen, durch dl« eine einheitliche Prüfung der Bedürf- tigteit der Erwerbslosen im Reich sichergestellt wird und die Härten ausgeschlossen werden, die bisher infolge des Fehlens ein- heiilicher Bestimnumgen im Reich beobachtet worden sind. Ferner wird klargestellt, daß regelinäßige Arbeiten, die fortlausend die Arbeitstättgtell eines Arbeitnehmers beanspruchen, nicht im Wege der Pflichtarbeit ausgeführt werden dürfen.