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3um zweiten Male rettete die republikanische Arbeiter und Beamtenschaft Deutschland vor dem völligen Chaos. Das Häuschen Ratlosigkeit und Blind­heit, das sich am 13. März in der Reichskanzlei niedergelassen hatte, mußte nach fünf Tagen abziehen. Kapp floh, aber die Berkappten blieben. Sie waren nun wieder ganz ordenilich und verfassungstreu", wie sie es auffaßten. Daß der deutschen Wirtschaft neue Wunden geschlagen waren, auch durch ihre Torheit und Feigheit, daß hunderte blühende Menschen leben vernichtet, Tausende ihrer Freiheit beraubt waren, das alles fümmerte sie faum.

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Aber die preußische Regierung dachte daran. Ihr war, mie allen anderen deutschen Regierungen durch die Berliner Richtlinien" die Verpflichtung auferlegt, den Berwaltungs­apparat von solchen Beamten zu reinigen, deren Verfassungs­treue nach den Vorgängen im Kapp- Butsch in Zweifel gezogen werden mußte. Die preußische Regierung ist dieser Verpflich tung gerecht geworden. Wo insbesondere die politischen Be­amten, Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Bolizeipräsi denten und Landräte in der Kapp- Zeit zu Ausstellungen Ber­anlaffung gegeben hatten, wurden fie rücksichtslos von ihren Boften entfernt. Das war die Regierung dem Bolte, der Verfassung, das war sie aber auch sich selber schuldig. Die Republik hätte ihre Abdankungs urfunde schreiben fönnen, wenn sie noch länger geduldet hätte, daß monarchistisch und militaristisch eingestellte Beamte in Gefahrenzeiten zu ihrem Schuh" tätig geblieben wären. Eine Provinz nach der andern wurde geprüft mit dem Ziel, eine Beamtenschaft einzusehen, die bereit war ,,, mit der Staatsregierung Preußen zu einer Demokratie und die Preußen zu Demokraten zu machen".

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Die Deutsch nationalen waren unzufrieden, denn es waren zumeist ihre Leute, die nun aus den Staatsstel­lungen weichen mußten. Ihr Sprecher im Landtag, Abg. Graef Anffam, zog alle Register. Er drohte, das machte feinen Eindruck. Dann zog er andere Saiten auf: Man habe schon Landräte entlassen, gemaßregelt und beurlaubt, den gutgläubigen Mitläufern solle man die Amnestie nicht ver­fagen. Ich habe damals die Landräte gegen die Auffassung des deutschnationalen Redners in Schuß genommen. Wenn ihre Haltung auch ein unglaubliches Maß von politischer Tor­heit verriet, so haben die Herren doch sehr gut gewußt, worauf es den Kapp und Lüttwig anfam. Es blieb darum selbst­verständlich bei den Entscheidungen des preußischen Staats­minifteriums.

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Nun hat man damals und auch in den letzten Tagen wieder zur Rechtfertigung der Kapp- Beamten ferner ge­sagt, daß die Herren am 13. März nichts anderes getan hätten, wie die Herren am 9. November 1918, als fie fich nach der Revolution den neuen Machthabern zur Verfügung gestellt hätten. Das ist eine Ausflucht der Dummheit oder der Unwahrhaftigkeit. Wer den gewaltigen Unterschied zwischen der geschichtlichen Bedeutung des 9. November, den Schluß­punti einer gewaltigen organischen Politik und sozialen Entwicklung, und den Wahnsinnsaft der Kapp und Lüttwit nicht versteht oder verstehen will, mit dem ist nicht zu dis­futieren. Darfst du der Ehrfucht blut'ge Schulb vermengen mit der gerechten Notwehr eines Vaters?"- antwortet Tell dem Barricida, der sich zur Entschuldigung seiner Mordtat auf Tells Geßler- Schuß beruft...

Es ist nüglich, von Zeit zu Zeit Aufzeichnungen der Ber­gangenheit zu studieren. 3ch fenne ein fleines Schriftchen, das über die Stellung eines Handlungsgehilfenverbandes zum Krieg Aufschluß geben soll. Ich lefe folgende Säße:

Die herrschenden Klaffen im Obrigkeitsstaat waren unbelehrbar. Indem sie sich nicht belehren ließen, wurden sie zu Verbrechern am Bolte und verfielen mit Notwendigkeit der rächenden Hand der

historischen Gerechtigkeit....

Das schrieb Walter am bach, heute deutschnationaler Reichstagsabgeordneter. Auch bei den Deutschnationalen meiß man, daß der 9. November fein Butschtag war, wie der

Steh auf, mein Volk!

Die Erde bebt mit unserem Schrift, Die Stunden fließen schneller, Wach auf, Werfoolt, und schreite mit, Der Tag wird hell und heller!

Der Tag wird reif, Gerechtigkeit Soll Schnitterwerk vollenden Und soll in Zeit und Ewigkeit Der Erde Segen spenden.

Und soll aus Krieg und Not erwacht, Nie wieder unterliegen; Wir aber wollen, zornentfacht, Den letzten Haß besiegen.

Wir sind von Blut und Zorn erschafft Am Völkerrecht die Wachen- Wir sind wie Glut voll Flammenfraft! Wir sind im Recht der Schwachen! Steh auf, mein Bolt! Der Schleier fällt. Die alten Reiche beben; Wir aber zwingen eine Welf

ins Nacht und Tod zum Leben.

Frih Muche, Metallarbeiter.

13. März 1920, und daß die Verteidigung der Kappisten mit| dem Hinweis auf die angeblich gleiche Bedeutung der beiden Tage eigentlich nur eine neue Beschuldigung darstellt.

Die Republik ist heute gesichert. Von dem Donnern des Ministers Hergt gegen die Republif ist nicht einmal ein fanftes Säufeln übrig geblieben. Herr Hergt ist ein ehren­werter Republikaner, und alle, alle find fie republikanisch ehrenwert! Die Republif ist ja gesichert. Aber wie, menn ihrem Bestand Gefahr droht? Wenn, wie vor sieben Jahren, Dummheit und Landsknechts- Machttigel sich aufs neue erhebt?

Die Gefahr ist nicht mehr groß.

Trozdem erscheint mir folgendes richtig: Der wahre Schuh der Republif tann nur das Wert ber Republikaner selbst sein.

Die teutschnationalen Regierer.

Und ihre Trompeter im Lande.

Die Deutschnationale Parteiforrespondenz", jezt unter deni Namen" Täglicher Dienst für nationale Zeitungen" erscheinend, be­müht sich, für die neue Bürgerblod Regierung Stimmung im Lande zu machen. Sie tut das, indem sie über die gestrige Reichstagssigung felgenden Bericht" berbreitet:

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Bei schwacher Besetzung des Hauses traten schwächliche Redner der Opposition auf, um gegen die dritte Beratung des Gesetz entwurfes über die Grundschulen zu polemisieren. Die Sozial demokraten schicken Herrn Löwenstein, die Kommunisten Herrn Rosenbaum ins Treffen! Was der Löwenstein ist, will er unbedingt beseitigen die privaten Grundschulen, weil darin wird groß gezüchtet kapitalistischer und monarchistischer Geist! Beth geschrien! Das Rosenbäumchen, das lieblich duftende, bedauert die Abwesenheit des Herrn Reichsinnenministers, den er als Feldmarschall von 3äderid" bezeichnet. Was for ä feiner, was for a pieffeiner Wiz!

In ähnlicher Weise wird auch der Genosse Silberschmidt, der weißhaarige Führer der Bauarbeiter, antisemitisch angepöbelt. Nun trifft sichs aber seltsam, daß gerade heute im Deutschen Tageblatt", dem Organ der Völkischen, eine Besprechung über das komitee Pro Palästina" veröffentlicht wird, in der es heißt: Katharina von Oheimb na, es mag hingehen. Daß der deutschnationale Professor Hoetsch aber mit dem Rabbiner Baed im Vorstand zusammensitzt, ist ein Bild von erschütternder tomischer Gewalt und sollte von den illustrierten Beilagen der deutschnationalen Preffe im Bolt verbreitet werden. Ausnahmsweise tönnen wir diesem Borschlag zustimmen. Das Bild würde aufs neue die Doppelzüngigkeit der Deutsch­nationalen erweisen, die in der Gesellschaft" sehr judenfreund­lich sich gebärden, in ihrer Brovinzpresse aber an die niedrigsten antisemitischen Instinkte appellieren.

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Die neuen Germanen.

Guoten", Femstern und völkischer Offizierverband. leicht. Erftens laufen ihm regelmäßig die Gefährten davon, um Bas ein richtiger völfischer Führer" ist, der hat es mirtlich nicht Chrenmännern und Ehrenhändeln nicht zu retten. einen eigenen Betrieb zu eröffnen. 3weitens meiß er sich vor lauter

Einer der lautesten und unintelligentesten Rufer im Streit ist Wilhelm Henning , wie er fich felbft bezeichnet: Königlich Breußischer Major a. D., M. d. R." Das letztere heißt nicht etwa Das legtere heißt nicht etwa Major der Republit", sondern Mitglied des Reichstags! Befagter Henning, der sich im Reichstag durch besonderes Knotentum auszu­zeichnen pflegt, sieht sich jetzt genötigt, in dem noch immer vegetieren. den völtischen Blättchen gegen den Bund der Guoten" und dessen Blatt Der Fem stern" zu Felde zu ziehen. Dort war ihm vorgeworfen worden, er hätte sich vor einem Duell mit einem früheren Korvettenfapitän gebrüdt! Gegen so schweren Vorwurf versichert Henning, daß die Aften über alle feine Ehren angelegenheiten wie viele?-seit langen Jahren bei den

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Professor der Geschichte an der Columbia- Universität in New York . Er ist soeben in Berlin eingetroffen, um zunächst für die Studieren den der Hochschule für Politif einige Spezialvorlesungen zu halten. Die öffentliche Festvorlesung findet am 1. März, mittags 12 Uhr, im großen Hörsaal der Hochschule statt.

Hilde Strinz gab mit ihrer Magdeburger Tanzgruppe einen Abend im Blüthnersaal Berstärkte den Eindrud, den wir von ihr als Solistin gewonnen hatten. Zeigte in einem Pathetischen Tanzstüd" fluge Rompofitionen ohne originelle Motive, aber mit ficherer und flarer Raumgestaltung.( Am schönsten im 5. Sah Finale mit Gruppe".) Brachte unter den Ungesungenen Liedern" einen Nachtgesang", in dem starke Empfindung zu einbrudsmächtigen tänzerischen Formen gestaltet war. Ihr Einzeltanz, fünstlerisch vor nehm, technisch vollendet, aber nicht selten trampfhaft überhigt, die physische Kraft der Tänzerin sichtbar erschöpfend.( In der Aftion der Hände Ballettreminiszenzen.) Die Gruppe noch unausgeglichen, letter technischer Sauberkeit und Erattheit entbehrend. Gesamtein brud: redliche Arbeit, sympathische Leistungen, aber das meiste er­bady und konstruiert, nicht geschaut und erlebt. Daher nur in weni. gen Momenten wirklich packend, in seelische Tiefen greifend. 3. 5. Wilhelm Busch , der lachende Welse". Unter diesem Titel per anstaltete die Berliner Rezitatorin und Märchenerzählerin Marie Schipfmann, die Tochter unseres Genossen Prof. Heinrich Cuno, einen heiteren Abend für die Kunstgemeinde des Bezirts. amtes Prenzlauer Berg , der in der Aula der Schule Basteurstraße 46 stattfand. Die Vortragsfolge brachte eine geschickte Auswahl der großen und fleinen Dichtungen des unsterblichen Humo riften, so vor allem Die fromme Helene ", deren Wirkung durch gute Lichtbilder noch gehoben wurde, das Märchen aus der Lüne burger Heide Die alte Glücksche", einiges aus der Kritik des Herzens ", aus den Haarbeuteln" und anderes. Die Vortragende befigt ein gut geschultes, weiches, modulationsfähiges Organ, das durch eine glänzende Mimit unterstützt wird. So gelang es ihr, alle Schattierungen der Dichtungen, das Kecke und Nachdenkliche, das Erzieherische und Ironische zu voller Geltung zu bringen. Die zahlreich erschienene Hörerschaft unterhielt sich föstlich und spendete reichen Beifall. Dr. L.-M.

Umgestaltung des Kronprinzenpalais. Prof. Heinrich essenom, der fürzlich aus Dresden an die Berliner Hochschule berujene Architekt, hat den Auftrag erhalten, ein Gutachten für die Anpassung des früheren Kronprinzenpalais an seine jezige Beftim­Gepanzerte Pferde im Stierkampf. Der scheußliche Anblick der mung für die neuere Abteilung der Berliner Nationalgalerie zu er statten. Mit dem 1. April übernimmt die Preußische Kunstver- blutenden Pferde, denen der fämpfende Stier den Leib aufgeriffen waltung u. a. auch das Kronprinzenpalais, und die Frage, wie die hat, und die mit hervorquellenden Eingeweiden in der Arena herum ja jezt nur behelfsmäßig für die Galerie eingerichteten Räume dann taumeln, bis sie fterbend zusammenbrechen, hat endlich auch in aussehen sollen, wird afut. Der Etat für 1927 hat einen Betrag für Spanien ſelbſt folchen Widerwillen ausgelöst, daß die öffentliche ,, außerordentliche Bauarbeiten" an diesem Teile des Kronprinzen- Meinung immer energischer auf Abstellung dieses grausamen Spieles palais eingestellt; er soll für die Fassadenherstellung an der Border brang. Unter diesem Druck hatte der spanische Minister des Innern front des Gebäudes bestimmt sein. Da ist es sehr zu begrüßen, daß im vorigen Dezember Bersuche angeordnet, die darauf abzielten, die Tessenow, der die vorjährige Dresdener Kunstschau so schön aus von den Bicadores gerittenen Pferde durch einen wirksamen Banzer stattete, voraussichtlich auch im Innern diefer Nationalgalerie- vor dem Hornstoß des Stieres möglichst zu schützen. Zur Erlan Nationalgalerie- gung geeigneter Modelle für diese Rüftungen war ein öffentliches Abteilung beffernd wird eingreifen fönnen. Preisausschreiben erlassen worden, das zur Einsendung von Modellen Eröffnung des Berliner Carnegie- Lehrstuhls. Der Vorstand der bis zum 31. Januar aufforderte. Das Ausland hat sich an dem Wett­Carnegie Stiftung in New York hatte bejchloffen, an der Deut schen Hochschule für Politit in Berlin emen Carne gie Lehrstuhl zu errichten. Dieser Lehrstuhl wird nunmehr eröffnet. Gein erster Inhaber ist Dr. James T. Shotwell,

bewerb nicht beteiligt. Von den eingesandten Vorschlägen famen drei aus Madrid und je einer aus Santander und Salamanca . Die Rüstungen sollen noch während der diesjährigen Stierkampffaison, die im nächsten Monat beginnt, auf ihre Brauchbarkeit hin praktisch

Ehreninstanzen" des Nationalverbandes deutscher Offiziere( Frattion Ludendorff) liegen. Und dann fährt er fort:

Im übrigen halte ich es für unter meiner Würde, nach all dem, was ich über den Bund der Guoten" erfahren habe, mich mit dieser Gesellschaft abzugeben. Ich habe noch niemals in meinem Leben irgendwo so viel Schmutz und Stunk und Ber­leumdung und Unmoral gefunden wie im Bund der Guofen". Ich fann nur hoffen, daß endlich der Staatsanwalt fich dieser Gesellschaft annimmt, was eigentlich schon lange hätte geschehen müssen. Ich habe im Nationalverband deutscher Offiziere eine Untersuchung beantragt dahingehend, ob ein Mitglied des Nationalverbandes deutscher Offziere überhaupt noc) Mitglied des Bundes der Guoten" sein fann." In gemeinverständliches Deutsch übersetzt heißt das: der Na­tionalverband deutscher Offiziere", die reinraffigste Edelgermanen zunft, so auf dieser Erde herumläuft, umschließt Mitglieder, die fo piel Schmug und Stunt und Berleumdung und Unmoral" zusammenballen, daß es sogar einem echt völkischen Reichstagsabgeordneten zuviel wird!

Wir magen da nicht zu widersprechen. Nur fällt uns das schöne Wort ein: Sage mir, mit wem bu umgehst und ich will dir sagen, mer du bist!"

Die Ehescheidungsreform.

Weitere Beratungen im Rechtsausschuß.

Im Rechtsausschuß des Reichstags wurde heute die Beratung der Anträge auf Reform des Ehescheidungsverfah= rens zu Ende geführt.

Abg. Dr. Wunderlich( D. Bp.) bezweifelte, daß es jemals ge­lingen werde, die Lüge in Ehescheidungsprozessen auszuschalten. Auch werde daran nichts ändern. Eine beffere 2ösung wäre vielleicht die Einführung der objektiven Ehezerrüttung als Scheidungsgrund bie lle bernahme des Schweizer Rechts von 1907. Das nach ist derjenige Teil nicht zur Scheidungsflage berechtigt, auf deffen Schuld vorwiegend die Berrüttung zurüdzuführen ist. Notwendig wäre eine Reform in der Richtung, daß bei Psycho­pathen die Scheidung auch zulässig ist, wenn Geistestrantheit nicht nachzuweisen ist. In diesem Falle dürfte auch dem Kläger nicht die Unterhaltspflicht auferlegt werden.

Abg. Dr. Cohmann( Dnat.) erflärte, am Verschuldungs­prinzip müsse grundsäßlich festgehalten werden. Die objektive Berrüttung als Scheidungsgrund werde die jetzt bedauerten Mängel des Verfahrens nicht beseitigen, höchstens dann, wenn beide Gaiten in den Willen zur Scheibung einig sind.

Abg. Frau Weber( 3.) betonte, die sakramentale Unauflös= lichkeit der Ehe im Katholizismus habe an sich für das Zentrum nichts mit dem Chescheidungsrecht zu tun. Aus rein staats­bürgerlichen Gesichtspunkten heraus wende sich das Zentrum gegen den Begriff der objektiven Berrüttung.

rednerin auf eine bessere Berhandlungspraxis der Richter könne Abg. Frau Dr. Lüders( Dem.) erwiderte, die Hoffnung der Vor­sich erst verwirklichen, wenn die enge Begrenzung des Berschuldungs­begriffs aus dem Gesez herausgenommen wird.

Abg Landsberg( S03.) stellte die Einmütigkeit aller Bar­teien darin fest, daß der Ehescheidungsprozeß von dem Schmug befreit werden soll, der ihm jezt anhaftet. Wenn der Scheidungs grund der Geisteskrankheit festgestellt ist, dann sollte die jetzt be­stehende Karenzzeit ganz fortfallen. Der Begriff der objef= tiven 3errüttung licße sich vielleicht so einführen, daß im Gefeß die Scheidung zugelassen wird, wenn die Borauslegungen. der Ehescheidung gegeben wären, falls nicht derjenige Teil, dem bie Berrüttung zur Laft fällt, für die Eigenschaften, die die Zerrüttung. zuwege gebracht haben, fubjeftin nicht verantwortlich gemacht werden fann". Damit tönnten die psychopathischen Grenzfälle getroffen merden.

Abg. Dr. Barth( Dnat.)- wendet sich gegen einen Erfaz des Ber schuldungsprinzips durch das Berrüttungsprinzip.

Abg. Frau Dr. Stegmann( S03.) hielt eine 3errüttung der Ehe für gegeben, wenn die Ehegatten schon jahrelang getrennt leben, menn beide Teile die Scheibung wollen oder wenn der eine Teil fich nachweisbar nur aus niedrigen, selbstsüchtigen Motiven der Schei­dung widersetzt. Schwere Hysterie müßte immer als Scheidungs­grund anerkannt werden, auch wenn sie sich nicht in rohen Formen außert. Die Erleichterung der Chefcheidung fei feineswegs eine Schädigung der Frauen. Gerade von den Frauen werde diefe Forderung erhoben.

Die Verhandlung wurde hierauf vertagt.

| erprobt werden. Man hofft, daß die Aussicht, durch den Panzer­schuh die Zahl der Todesopfer unter den Pferden zu vermindern, die weitere Folge haben wird, daß statt der elenden Klepper, die sowieso der Abdeckerei verfallen sind, fortan fräftigere und bessere Pferde den Picadores in den Stiergefechten zur Verfügung gestellt werden.

Es muß der Sänger mit dem Flugzeug gehen. Ein vielver­sprechendes Experiment, das uns noch viel zu schaffen machen dürfte, ift in New Yorf vonstatten gegangen: Eine gemaltige Menschen­menge, die sich im Columbus Circle versammelt hatte, hatte das Ber gnügen, eine Romanze anzuhören, die der Baritonist John Thomas Dom Bord eines zu einer Höhe von etwa 1400 Metern emporge­stiegenen Flugzeugs auf die Erde losließ. Dank einem neuen Appa­rat, der die Ülebermittlung der Töne zwischen Aeroplan und Erde. möglich macht, fonnte die Stimme des Sängers deutlich gehört wer den. Der starte Wind und der Riesenverkehr bereiteten den zur Erde herniedergleitenden Melodien nicht das geringste hindernis. Das Bublifum fonnte dann auch noch eine Rede, die vom Flugzeug aus gehalten wurde, mit anhören. Hervorragende Sachverständige der Aviatif wohnten dem Experiment bei und freuten sich. Natürlich plant man bereits die fyftematische Uebertragung ganzer Konzert­programme zwischen Himmel und Erde, und es stehen uns schwere Tage bevor.

Amerikanische Schmuh- und Schundbekämpfung. Aus New Dort wird gemeldet: Starfe Bolizeiaufgebote drangen in drei Broadway- Theater ein, wo folgende Stücke gespielt wurden: Ge­schlecht"," Die Gefangene" und" Der reine Mensch. Sämtliche Schauspieler, Theaterbirettoren und Autoren wurden verhaftet, weil man in der Aufführung dieser Stücke eine Unterwühlung der Moral der Jugend sah. Die Berhafteten wurden noch in der Nacht dem Richter vorgeführt. Unferen Schmutz- und Schundlämpen wird bei dieser Nachricht das Herz im Leibe einen Shimmy tanzen. Aber nur Geduld: wenn sich der Bürgerblod bei uns weiter befestigt hat, werden sie in Deutschland ähnliches erleben.

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Geftifulierungsdrang. In der neuesten Nummer des Simpli zissimus lesen wir: Fräulein Lisbeth ist unter den Einflußz der Raffentheorie geraten. Jüngst mill sie mir beweisen, wie per­fchieden sich eine und diefelbe Sache bei Angehörigen verschiedener Raffe auswirkt. Es gibt doch unleugbar Menschen," doziert fie, die einen lebhaften Geſtifulierungsdrang mit den Händen haben. Ich stimme zu." Nun, fehen Sie," ruft sie triumphierend, ist ein folcher Mann Jude, dann wird er Börsianer, ist er aber Arier, dann bringt er es nur zum Verkehrspolizisten."( Das ist ein Irrium. Er fann es auch zum Bizetanzler und Reichjustizminister bringen. Re. daktion des Borwärts.)

Meine Relien in Zentralafien( Länder, Bölfer und bildende Kunit)" lauter das Thema eines Lichtbildervortrages, den Dr. Cohn- Wiener auf Einladung der Boltsbühne am Sonnabend, dem 12., abends 8 Uhr, im Hörsaal des unitgewerbemuseums hält. Ein zweiter Vortrag am 19. fchließt fich an. Einlaßtarten zu jedem Bortrag zum Preise von 70 B. in den Berlaufsstellen der Boltsbühne.