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Abendausgabe

Nr. 7344. Jahrgang Ausgabe B Nr. 36

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreife Find in der Morgenausgabe angegeben Rebaftion: Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292- 292 Tel- Adreffe: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblaff

10 Pfennig

Sonnabend

12. Februar 1927

Berlag und Angetgenabteilung Gefchäftszett 8% bis 5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag Gmb Berlin SW. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-29%

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Gefahren der Monopolwirtschaft.

Die Gewerkschaften zur Kartell- und Monopolfrage.

Die Spitzenorganisationen der Gewertschaften, I zweige Fachausschüsse einzuseßen und für einzelne einzuleitende nämlich der ADG B., die AfA, der AD B., der Deutsche Untersuchungen von sich aus Sachverständige zur Mitwirkung zu Gewerkschaftsbund und der Gewerkschaftsring haben an die bestimmen. Reichsregierung, den Reichstag und den Reichswirtschaftsrat Die Aufgaben des Kontrollamts. folgende Eingabe zur Kartell- und Monopol­Die Hauptaufgaben des Kontrollamis find: frage gerichtet:

Die Zusammenschläffe in Industrie und Handel, die in Form von Kartellen und ähnlichen Vereinbarungen oder durch Zu­fammenfaffung zu truffartigen Gebilden eine monopoli. stische Beherrschung des Marktes erstreben, nehmen an Umfang und Bedeutung ständig zu. Die bisherige Gesetzgebung gegen den Miß­brauch wirtschaftlicher Machtstellungen hat sich gegenüber den schäd­lichen Wirkungen dieser Monopolorganisationen als unzureichend er­wielen. Eine schleunige Ausgeftaltung der gesetzgeberischen Maßnah­men auf diesem Gebiete ist daher dringend notwendig.

Zur Sicherung der Interessen der Gesamtwirtschaft gegenüber der Geschäftspolitik der monopolartigen Unternehmungsorganisa

tionen fordern die Gemertschaften deshalb eine

verstärkte Mitwirkung der Arbeitnehmer an der Wirtschafts­führung.

Dementsprechend müssen in allen Organisationen vorgenannter Art Bertreter der Arbeitnehmerschaft in die Geschäftsleitung auf­genommen werden. Diesen Vertretern sollen die gleichen Rechte zustehen wie den anderen Mitgliedern der Geschäftsführung. Es foll ihre besondere Pflicht sein, das Interesse der Gesamtwirtschaft wahr

zunehmen.

Vor allem verlangt die Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Interessen eine ständige öffentliche Rontrolle aller mono­polistischen Bestrebungen. Die Gewerkschaften fordern daher eine Kontrollgesetzgebung auf folgender Grundlage:

Errichtung eines Kontrollamtes für Kartelle und andere Unfer­nehmungsorganisationen oder Unternehmungen, die nach Größe und Art geeignet sind, einen wesentlichen Einfluß auf den Markt auszuüben.

Dieses Kontrollamt soll eine dem Reichswirtschaftsministerium angegliederte selbständige Behörde sein. Es soll bestehen aus einer ausreichenden Zahl wirtschaftlich geschulter Kräfte und aus einem paritätisch aus Bertretern der Spizenorganisationen der Gewerkschaften und der Unternehmerverbände zusammengefeßten Ausschuß, dessen Mitglieder vom Reichswirtschaftsrat zu ernennen find. Der Ausschuß soll das Recht haben, für die einzelnen Industries Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund : Leipart .

Allgemeiner Deutscher Beamtenbund:

Dr. Bolter.

1. Führung eines öffentlichen Registers, in das alle Sagun gen und Beschlüsse von Unternehmungsorganisationen sowie sonstige Vereinbarungen dieser Art zur Marktbeeinflussung einzutragen sind. Bereinbarungen, die nicht in das Register eingetragen sind, sollen nichtig sein.

2. Untersuchungen vorzunehmen über das Bestehen und die Wirksamkeit von monopolartigen Unternehmungsorganisationen und Unternehmungen, insbesondere über die Grundlagen ihrer Preis. politif. Das Kontrollamt hat aus eigener Initiative oder pflicht gemäß beim Eingang von Beschwerden Untersuchungen anzustellen. Für diese Untersuchungen soll das Kontrollamt das Recht haben, die Beteiligten mit den Befugnissen eines Untersuchungsrichters im Strafverfahren zu vernehmen und die Vorlegung aller Aften und Bücher der beteiligten Unternehmungen zu verlangen. Die Er­gebnisse der Untersuchungen sind von dem Kontrollamt selbständig zu veröffentlichen.

Das bisherige Einspruchsrecht des Reichswirtschaftsministers foll auf das Kontrollamt übergehen.

3. Die Anordnung der Aufhebung oder Abänderung von Beschlüssen und Vereinbarungen, wenn auf Grund einer Unter­fuchung eine Berlegung der Interessen der Gesamtwirtschaft feft gestellt ist. Gegen die Anordnungen kann die Entscheidung des Kartellgerichts angerufen werden. Diese Anrufung hat keine auf

schiebende Wirkung.

4. Regelmäßige Berichterstattung an Reichstag und Reichswirtschaftsrat.

Die Kontrolle internationaler Kartelle, Trufte und anderer mono­polartigen Unternehmungsorganisationen hat in erster Linie durch die Unterwerfung ihrer Mitglieder unter die in allen Ländern an­zuffrebende Kontrollgefehgebung zu erfolgen. Darüber hinaus find unter Mitwirkung des Völkerbundes Bereinbarungen der Staaten über die Kontrolle internationaler Monopolorganisa­tionen, insbesondere auch über die Geschäftspolitik der Rohstoffmono­pole, zu erstreben. Die Errichtung eines internationalen Kontroll­amts und die Einschaltung der Arbeitnehmervertreter in die Ver­waltungen auf internationaler Bafis betrachten die Gewerkschaften als ein wirksames Mittel zur Durchsetzung einer internationalen Monopollontrolle.

Allgemeiner freier Angestelltenbund: Aufhäuser. Urban. Deutscher Gewerkschaftsbund: Bernh. Otte.

Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände( H.-D.): F. Neustedt.

Jungdeutsche gegen Marx.

Beinliche Fragen und Feststellungen.

Der Jungdeutsche Orden erläßt eine Erflärung gegen den Reichstanzler Marg. Die bekannten Tatbestände der Affäre v. Tresco w werden noch einmal dargelegt. Man hatte D. Trescow aufgefordert, an der Aufstellung illonaler Formationen mitzuwirken. Begründet wurde diese Forderung von dem Major Badide und dem Leutnant Preuß mit der Angabe, es feien fommunistische Unruhen" zu befürchten und der Reichspräsident solle nach dem Art. 48 regieren. Tresdow machte davon sei ner Orbensleitung Mitteilung, diese erkundigte fich durch ihren Bertreter, Generalleutnant Salzenberg, im Reichswehrministerium, wo man ihm sagte, daß an der Geschichte nichts wahres fei. Tresdom erhielt daraufhin von seiner Ordensleitung die Anweisung, sich nicht mehr zu be= teiligen.

An diese Feststellungen fnüpft dann der Jungdeutsche Orden folgende, für den Reichskanzler peinliche Frage: Sieht der Herr Reichsfanzler den Vertrauensbruch des Herrn v. Tresdow, welcher als Treuhänder des Ordens, nicht als Brivatmann, gehandelt hat, darin, daß dieser der Ordensleitung Ge. legenheit gegeben hat, fich bezüglich des geschilderten Anfinnens bei der zuständigen Stelle, nämlich bei dem Herrn Reichswehrminifter,

zu unterrichten?

des

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-

Auch der Reichstag follte und wäre es in einer ver­von der Regierung doch noch nähere Auskünfte darüber verlangen, worin der angebliche traulichen Ausschußsizung Herrn D. Trecom bestanden Aber es fommt bei Herrn Marg noch schlimmer. In der Erklärung heißt es zum Schluß:

,, Vertrauensbruch" haben soll.

Der Herr Reichstanzler sagt, Herr v. Reubell fet nur an einem Bermittlungsverfuch beteiligt gewesen. Wir stellen fest, daß Herr v. Kendell im Auftrage des Großgrundbesitzes Herrn von Tresdow unter Androhung der Aechtung die Erklärung abgerungen hat, fofort aus dem Jungdeutschen Orden auszutreten und jede innere und äußere Gemeinschaft mit der Leitung des Jungdeutschen Ordens aufzugeben.

Sofort nach dem Bekanntwerden des Aechtungsbeschlusses hat die Ordensleitung dazu Stellung genommen. Sie wird auch weiter. hin für die Ehre eines jeden Drdensbruders eintreten. Auch partei. taktische Erwägungen können sie von dieser Pflicht nicht befreien. Sie erwartet, daß der Herr Reichskanzler burch Bekanntgabe der ihm gemachten Mitteilungen dem Herrn v. Treschow die Möglichkeit gibt, in dem Ehrenverfahren, welches er gegen sich beantragt hat, fich von diesem schweren Vorwurf des Bertrauensbruchs zu reinigen, zumal dieser von der Tribüne des Reichs. tags vor dem ganzen deutschen Bolt gegen ihn er oben worden ist.

Danach sieht es so aus, als ob die Geschichte noch nicht zu Ende wäre, sondern erst recht anfinge. Nur baß jezt Herr Marg mitengagiert ist, nachdem er sich mit Herrn v. Reu­dell solidarisch erklärt hat.

Bürgerkrieg und Hungersnot.

Reform der Gewerbesteuer.

Generalansturm der Jutereffenten in Preußen.

Bon R. Leinert, M. d. L.

Nach der Steuersentung im Reiche und der ,, Se n- fung der Preije", wie sie seinerzeit das Kabinett Luther angefündigt hatte, ist zwar eine Entlastung der Wirt­schaft von Steuern eingetreten, eine Herabjegung der Preise für den notwendigen Lebensunterhalt aber nicht herbeige­führt worden. Im wesentlichen haben sich diese Steuerherab­fegungen ausgewirkt als Steuerschenfungen anden Besitz. Der Wirtschaft ist dabei der Appetit beim Essen ge­wachsen, und sie ist mit einer alles Maß übersteigenden Agi­tation gegen die Gewerbesteuer aufgetreten, deren Ziel die völlige Beseitigung der Gewerbesteuer ist.

Von der Miquelschen Steuerreform: Individualsteuern dem Lande, Realsteuern den Gemeinden! ist nur noch übrig geblieben die Gewerbesteuer. Die Grund- und Gebäudesteuer ist Staatssteuer geworden mit der Berechtigung der Ge meinden, Zuschläge zu erheben. Durch die Gewerbesteuer­verordnung vom 23. November 1923 ist die Autonomie der Gemeinden, selbständig nach eigenem Ermessen Gewerbe­Steuerordnungen zu beschließen, vernichtet worden. Die Ge meinden dürfen nur noch 3uschläge zu den im Gewerbe­steuergeseze festgelegten Grundbeträgen erheben. Damit ist der Kampfplaz über die Gestaltung der Gewerbesteuer aus der Gemeindevertretung in den Landtag verlegt und eine einheitliche geschlossene Agitation der Wirtschaftsverbände ermöglicht worden.

Die Gewerbesteuer ist mun auch wesentlich beeinflußt durch die Reichsgefeggebung. Das Reichsbewertungsgefez enthält Vorschriften über die Bewertung des Gewerbefapitals und das Einkommen- und Körperschaftssteuergesetz solche über den Ertrag. Die Anwendung dieser Bestimmungen bei der Landesgesetzgebung wird zur Folge haben, daß das Reich sich der Gewerbesteuer bemächtigen und mindestens ein Rahmengeset schaffen wird. Dagegen ist nichts einzuwenden, es würde dann wenigstens die Buntscheckigkeit der Länder­besteuerung bis zu einem gewissen Grade veseitigt. Diese Erwartung eines Reichsgesetzes gibt den Wirtschaftsverbänden neuen und besonderen Anlaß, durch einheitliches Vorgehen die Gewerbesteuer von allen ihren unbequemen Bestimmungen zu befreien, die Steuer also auszuhöhlen, um für die kommende Reichsgesetzgebung schon jetzt bestimmte Voraussetzungen fest­zulegen.

Die preußische Gewerbebesteuerung fußt auf Besteuerung des Ertrages und daneben des Gewerbe­tapitals oder der Lohnsumme. Als Ertrag gilt das Ein­tommen aus dem Gemerbebetrieb. Dabei dürfen die Zinsen für eigenes oder fremdes Gewerbefapital und für Schulden nicht abgezogen werden. Auch nicht der Met- und Pachtzins e die Bezüge der Gesellschafter der offenen Handelsgesell­schaft, der Kommanditgesellschaft, der Gesellschaft mit be.. schränkter Haftung, und der persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien für die ihrer Gesellschaft geleisteten Arbeiten und Dienste. Bei Konsumvereinen gilt die 5 Proz. übersteigende Rückvergütung als Ertrag. Außer­dem bleiben in allen Betrieben 1500 M. Ertrages steuerfrei. Als Gewerbetapital gilt der auf Grund des Reichs­bewertungsgefeßes festgestellte Einheitswert, dem die bei Festſegung des Einheitswertes abgezogenen Schulden und der Wert der dem Unternehmen dienenden Gegenstände hin­zuzulegen sind. Die Lohn summe wird nach Maßgabe fümtlicher Löhne und Gehälter ermittelt. dienende Grundvermögen eine Doppelbesteuerung; es unterlag Die Gewerbesteuer brachte für das dem Gewerbebetriebe fowohl der Grundvermögens wie der Gewerbesteuer. Da das Reichsbewertungsgefeß diefe Doppelbesteuerung nicht mehr gestattet, mußte insoweit das Gewerbesteuergesetz geändert werden. Der Finanzminister schlug nicht nur diese Renderung vor, sondern auch den Wegfall der Hinzure hnung der Miet- und Pachtbeträge zum Ertrag. Trotzdem der Staatsrat sich gegen diese Zenderung erklärte, und zwar im

Interesse der Gemeindefinanzen, hielt der Minister an leirem Borschlage anfangs fest. Dieses Entgegenkommen ermutigte die Intereffenten im Hauptausschusse des Landtages und sie In Nicaragua verhungern Kinder. unternahmen einen Generalfturm gegen die Ge­merbesteuer überhaupt. Abschaffung der Gewerbesteuer, Washington, 12. februar.( BTB.) Marinefekretär Wilbur Zuschlag zur Einkommensteuer, Begrenzung der Gewerbe­hat den beiden Kreuzern der Vereinigten Staaten in den nicaragua- fteuer auf ein Drittel der Einkommensteuer, Abzug der Zinjen nischen Gewäffern die Anweisung erteilt, ihren gesamten verfügbaren und Schulden, der Gehälter bei der Gesellschaft mit beschräntier Vorrat an Büchsenmilch nach der von den Kämpfen schwer mitge. Haftpflicht. Ermäßigung der Grundbeträge usw. wurde nommenen Stadt Chinandega zu senden, wo die Einwohner gefordert, so daß von der Steuer nichts mehr übrig bleiben fich in großem Elend befinden und die Kinder des würde. Am Ende wurde beschlossen, die Miet- und Bachi­Hungertodes sterben. Das ärztliche Personal des einen beträge nur zu ein Biertel anzurechnen und eine weitere Schiffes hat sich bereits borthin begeben. Während der gegenwärti. Ermäßigung auf ½ Proz. des Ertrages für die ersten gen Kämpfe wurde die Stadt genommen und wieder zurückerobert 1200 M. Das bringt für die Gemeinden einen Einnahme­und mußte in dieser Woche zwei aufeinanderfolgende Befchießun- ausfall von 57 Millionen Mart. Der Finanzminister rechnete gen über sich ergehen lassen. Neun Häuser blods wurden dem Ausschuß vor, daß die Gemeinden etwa denselben Betrag dabei zerstört. Zahlreiche Verwundete treffen jezt in Managua töteten wird auf 300, bie der er mun beten auf 500 ge fodaß eine Erhöhung der Zuschläge nicht einzutreten brauchte ein. Die Zahl der auf beiden Seiten während des Kampfes Ge. mehr erhalten würden aus den Ueberweisungen aus dem Aufkommen der Einkommen. Körperschafts- und Umsaksteuer, und auch nicht genehmigt merden soll. Ein Antrag der Sozialdemokraten, den Grundhetrag der Ertrags­fteuer von 2 Broz. bei den höheren Erträgen bis auf 2,5 Broz. zu steigern wurde dann auch abgelehnt.

Schäßt.

Bruch des Asylrechts in Portugal. Lissabon, 11. Februar .( WIB.) Ein Mitglied des revolutio nären Komitees, Cberst Iavaros Carvalho, der sich in die französische Gesandtschaft geflüchtet hatte, ist vom Oberst Oliveira verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden.

Die Absicht diefer Reform" ist ganz flar. Die Birt fchaft" foll 50 bis 60 millionen mart an Ge werbesteuern ersparen, d. h. diese Millionen, die