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Nr. 9344. Jahrgang Ausgabe B Nr. 46

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10 Pfennig

Donnerstag

24. Februar 1927

Vorwärts=

Berliner Volksblaff

Berlag und Anzetgenabteilung: Gefchäftszett bts 5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag Gmb. Berlin Sm 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Donhof 292- 297

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Der Leipziger Konflikt beendet.

Die Dresdener Vereinbarung von beiden Parteien angenommen.

Dresden , 24. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Zur Stunde steht das Abstimmungsresultat nur noch von einigen fleinen Be­zirken aus, das jedoch an dem Gesamtresultat nichts ändern fann. Nach den bisher vorliegenden Abstimmungszahlen ist im Leipziger Berwaltungsbezirk die Dresdener Bereinbarung mit etwas über 50 Prozent der Abstimmenden angenommen worden.

nicht, wie die Rote Fahne" behauptet, einstimmig angenommen, fondern mit erdrückender Mehrheit abgelehnt.

Auch in Berlin läuft mit dem 3. April der Mantel­tarif ab. Auch hier wird die Neuregelung der Arbeitszeit, die Wiederherstellung des Achtstundentages, die Einreihung der Arbeitslosen in die Produktion im Mittelpunkt stehen.

Die Unternehmer haben der Bezirksleitung des Deut­Ob es gelingen wird, auf dem Wege direkter Berhand­fchen Metallarbeiterverbandes mitgeteilt, daß fie die Bereinbarung lungen dieses Ziel zu erreichen, wird wesentlich abhängen von Dresden gleichfalls annehmen. Damit ist diese in Kraft von der Stärke und Geschloffenheit der gewerkschaft getreten. lichen macht, die hinter den Unterhändlern steht. Auf Entsprechend der Vereinbarung erfolgt also die Arbeitsauf- das Schlichtungsverfahren noch irgendwelche Hoff nungen zu setzen, wäre nach den Erfahrungen der letzten Jahre verfehlt. Wenn es in Leipzig gelungen ist, nach verhältnismäßig furzem Kampfe einen so schönen Erfolg zu erringen, dann danken das die Leipziger Metallarbeiter in erster Linie ihrer starten Organisation. Für die Arbeiter und Arbeiterinnen der Berliner Me­tallindustrie steht jetzt die Frage zur Entscheidung, ob sie hinter Leipzig zurüd bleiben wollen.

nahme Freitag früh. Maßregelungen dürfen von feiner Seite er­folgen.

Der nunmehr beendigte Kampf ist auf seiten der Arbeiter­schaft mit einer bemerkenswerten Geschloffenheit geführt worden, on der auch die kommunistischen Störungsversuche nichts ändern fonnten. Der Leipziger Kampf um den Achtstundentag wird in vieler Beziehung denkwürdig bleiben und bahnbrechend fein für die bevorstehenden Verhandlungen über die Arbeitszeit in der sächsischen und der mitteldeutschen Metallindustrie.

Die Rote Fahne " behauptet in ihrer Dienstagnummer, daß die Dresdener Funktionäre des Deutschen Metallarbeiterverbandes

eine von der Oppofition eingebrachte Entschließung einstimmig an­genommen hätten. Diese Behauptung ist ein ganz dummer Schwin­edl Die Entschließung wurde angenommen in einer schwach be­

fuchten Belegschaftsverfamlung im Sachfenwerk in Nieder­

sedlih, wo die Kommunisten und Unionisten im Verein mit den fich in der Mehrheit befindenden Unorganisierten domi­nieren. Die Funktionärfonferenz hat jedoch diese Entschließung

Keine Kritif, wenn sie noch so scharf ist, fann von Wir­fung sein, sofern sie von draußen geübt wird. Keine Unzu­friedenheit, wenn fie noch so groß ist, wird auf die Unter­nehmer Eindruck machen, wenn sie nicht gepaart ist mit ge mertschaftlicher Organisation. Keine Ersparnis von Gewerkschaftsbeiträgen wiegt den Profit auf, der den Unternehmern daraus erwächst. Keine Mehrarbeit fann den ohndruck einholen, den diese Mehrarbeit den Unterneh

mern erlaubt.

Je schlechter das Organisationsverhältnis, desto länger die Arbeitszeit. Je länger die Arbeitszeit, desto niedriger die Löhne. Berliner Metallarbeiter, auf die Schanzen!

Die Munition aus Rußland .

Was hat der Auswärtige Ausschuß festgestellt?

Aus den Verhandlungen des Auswärtigen Ausschusses weiß das Berl. Tagebl." zu berichten:

Die gestrigen Verhandlungen im Auswärtigen Ausschuß haben neues Material, abgesehen von der gestrigen Veröffentlichung des Vorwärts" über Ueberweisung von 50 000 Dollars des fo= genannten Wirtschaftskontors, nicht mehr gebracht. Wohl aber fonnte man aus den Erklärungen der Vertreter der Reichsregierung ent­nehmen, daß offenbar im großen und ganzen das veröffentlichte Material über die Beziehungen von gewissen Stellen des Reichs­mehrministeriums zu mehr oder weniger amtlichen Drganen der Sowjetrepublik den Tatsachen entspricht. Die Veröffentlichungen des Manchester Guardian" über diese Beziehungen und die späteren Veröffentlichungen in einem Teil der deutschen Presse ent sprechen, wie sich zeigte, abgesehen von Einzelheiten, der Sach lage.

Danach könnte man annehmen, Einzelheiten feien bestritten oder widerlegt worden. Das war aber nicht der Fall. Die Regierung beschränkte sich vielmehr darauf, eine geschichtliche Erklräung der geschilderten Erscheinungen zu geben und zu versichern, daß der ganze Tatbestand nunmehr der Geschichte angehöre.

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Ein vollendetes öffentliches Geständnis! Nebenbei: damals schimpften die Komnumisten noch lauter auf die Republik als heute.

Für Sparsamkeit im Wehretat. Sozialdemokratische Vorschläge zu ihrer Durch führung.

Die sozialdemokratische Reichstagsfrat tion hat befanntlich ihre Forderungen auf Abstriche im Reichswehretat( Heerwesen) im einzelnen gestellt. Bei den fortdauernden Ausgaben wird die Streichung von rund 50,7 millionen verlangt; die einmaligen Ausgaben sollen um 3,58 Millionen gefürzt werden. Insgesamt verlangt die Sozialdemokratie also eine Senkung des Heeresetats um 54,3 Mill. bei einer Gesamtausgabe von 472 Mill. Mark. Die Bürgerblockparteien haben jedoch diese Streichungs­anträge einem Unterausschuß überwiesen, doch sind sie gegen die Stimmen von Sozialdemokraten, Kommunisten und De­motraten abgelehnt worden!

Die Bürgerblockparteien wollen 220 000 Mart im ganzen Wehretat streichen! was man ja schon ganzen Wehretat streichen! Der Finanzminister Bürgerblocks hielt 150 millionen Mark Streichungen für möglich.

Die Tägliche Rundschau" bestätigt was man ja schon seit Dezember v. J. weiß daß die Bestellungen von Muni­tion aus Rußland schon unter Wirths Kanzlerschaft erfolgten, und sie fährt fort:

Daß man die Bestellungen in Rußland aufgab, wird wohl an der damaligen Unsicherheit der innerdeutschen Verhältnisse gelegen haben. Offenbar sind dann die Bestellungen erst in späteren Jahren ausgeführt worden, so daß die letzten Abnahmen erst im norigen Jahre erfolgten.

Die kommunistische Führerschaft fährt jedoch, wie sich aus der heutigen Roten Fahne" ergibt, unentwegt fort, er­wiesene Tatsachen abzuleugnen und die Sozialdemo fratie der Lüge zu zeihen, weil sie die Wahrheit fest­gestellt hat. Daß diese fortgefeßte Jrreführung der kommunistischen Arbeiter in gutem Glauben erfolgt, ist nach der gestrigen Sigung des Auswärtigen Aus­schusses vollkommen ausgeschlossen.

Das erste öffentliche Geständnis!

Heute morgen fand im Hauptausschuß des Reichstags die all­gemeine Aussprache über den Marineetat statt. Der tommunistische Abgeordnete Creuzburg beendete seine Rede mit den Worten, die Rüstungen Deutschlands zu Wasser und zu Lande dienten nur imperialistischen 3weden, vor allem gegen Polen .

Genosse Künstler, rief ihm zu: Warum hat Sowjetruß I and der Reichswehr Munition für diese 3mede geliefert? Creuzburg antwortete:

" Diese Munitionslieferungen gehen auf die Jahre 1921/22 zarüd. Damals hatten wir ein anderes Deutschland als heute."

Ein Kommunistenfchwindel.

Um ihre Berlegenheit in der Frage der Sowjetgranaten zu ver­decken, greift die Rote Fahne" zu neugen Lügen. Sie behauptet, daß die SPD . im Hauptausschuß trotz Ablehnung ihrer Streichungs anträge allen Positionen des Wehretats zuge stimmt habe.

Diese Behauptung ist erlogen. Es ist eine Erfindung der Roten Fahne". Der Sachbearbeiter der KPD. im Hauptausschuß verwahrt fich selbst dagegen, diese verlogene Mitteilung der Roten Fahne" veranlaßt zu haben.

Plötzliche Erkrankung Paul Lobes.

Er wird heute abend am Blinddarm operiert. In den Miltagsstunden wurde im Reichstag bekannt, daß der Reichstagspräsident, Gehoffe Paul Cobe, plöhlich an Blind­darmentzündung erkrankt fei und noch heute abend 6 Uhr operiert werden muß.

Er fühlte sich bereits gestern frant, mußte jedoch wegen des von ihm im Präsidentenhaus veranstalteten Parlamentarischen Abends das Beit verlassen. Inzwischen hat eine von Professor 3 onder vorgenommene Untersuchung die Notwendigkeit einer unverzüglichen Blinddarmoperation ergeben, die von Professor Borchardt in dessen Klinik gegen 6 Uhr vor­genommen werden wird.

England an Rußland .

Drohung mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen.

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Die angekündigte ultimative Note Chamber lains an die Sowjetregierung ist gestern in London dem ruffischen Geschäftsträger überreicht worden. Sie beginnt mit der Feststellung, daß die englisch - russischen Beziehungen ,, weiterhin notorisch unbefriedigender Art" feien. Sie erinert an die feierliche Verpflichtung, die Sowjetrußland am 4 Juni 1923 eingegangen war ,,, nicht mit Fonds oder in irgendeiner anderen Form Personen oder Körperschaften oder Agenturen oder Einrichtungen zu. unter­breiten oder Aufstand in irgendeinem Teile des britischen Reiches anzustiften und ihren Bevollmächtigten und Beamten stützen, deren Ziel es ist, unzufriedenheit zu ver die volle und fortdauernde Beobachtung dieser Bedingungen einzuprägen." Dieses Abkommen sei in einer Note Mac= donalds an Rakowski am 24. Oftober 1924 in Erinnerung gebracht worden. Die Note erklärt dann: gebracht worden. Die Note erklärt dann:

" Solange die augenblicklichen Herrscher der USSR. , mögen ie Mitglieder der Regierung oder Mitglieder des Politbureaus sein, das die wirkliche beherrschende Autori­tät in der Union ist, dabei beharren, öffentlich Aeußerungen zur Schmähung Großbritanniens ader zugunsten einer Welt­revolution zu machen, ist teine Besserung möglich.

Der

Private Beteuerungen der Sowjetvertreter in Eng­land feien mit der öffentlichen Haltung der führenden Männer in Rußland vollkommen unvereinbar. Chamberlain, im Oktober 1926 im Auftrage Moskaus erklärt, verstorbene russische Geschäftsträger Krassin hätte hm, daß es der wirkliche Wunsch der Sowjetregierung sei, alle Ursachen von Schwierigkeiten zu beseitigen und freundschaft­lichen Beziehungen mit der Regierung Seiner Majeftät her­zustellen". 3u gleicher Zeit sei aber ein regelrechter Feldzug öffentlicher Verleumdungen und Entstellungen gegen Großbritannien " im Gange ge­wesen, an dem sich sogar Tschitscherin beteiligt hätte. Die Note bezeichnet die russische Auffassung, daß Groß­ britannien dauernd damit beschäftigt sei, gegen die USSR . Komplotte zu schmieden" und zu diesem Zwecke die Politik der baltischen Randstaaten und Persien in russenfeind­lichem Sinne zu beeinflussen, als eine fire Idee, die ebenso unlogisch wie unbegründet" fei. Eine eingewurzelte, vielleicht sogar gefühlsmäßige Feindseligkeit" der Sowjet­behörden gegenüber England veranlasse diese, besondere Leichtgläubigfeit gegenüber allen derartigen falschen Gerütten und Nachrichten zur Schau zu tragen, wie ins­besondere die feindselige Rede beweise, die Ischitscherin selbst am 6. Dezember vor Pressevertretern in Berlin gehalten habe. Die Note führt noch weitere feindselige Aeußerungen anderer omtlichen Persönlichkeiten Sowjetrußlands an Wcroschilow, Unschlicht, Kamenew und fährt dann fori:

,, Noch aggressiver in ihrer Feindseligkeit gegenüber dem Britischen Reich ist das Hauptorgan der Kommunisti - schen Partei, das Politbureau, das trotz aller gegen­feiligen Berficherungen die wirkliche Regierung Rußlands ist. Die Note führt als Beweis Stellen aus Reden Bucharins über die chinesischen Fragen an und fährt fort: Diese Angriffe Bucharins auf das Britische Reich haben die direkte Billi­gung der Sowjetregierung durch die Rede Rykoffs am 3. November erhalten. Die Stellen der Bucharin - Rede über China zeigen, wie zwecklos es ist, vorzugeben, daß die Angriffe auf britische Interessen in China nicht von der Sowjetregierung ange­stiftet und von ihr geleitet sind. Die Politik der Ermutigung und Unterstützung dieser Angriffe wird außerdem offen vom früheren Sowjetbotschafter in Peking Karachan in einer Rede in Wladi­

mostock zugegeben."

Sodann macht die Note Chamberlains die Sowjetregie­rung direkt dafür verantwortlich, was in der westija" und der übrigen Sowjetpresse erscheint und führt als Beispiele an:

,, Das Schreiben des Bollzugsausschusses der Kommunistischen Internationale zur Unterstützung des Generalstreits in Groß­ britannien und die schwer beleidigende und lügenhafte Ausführung in der Nummer vom 29. Dezember, die darstellt, wie sehr in England der Hinrichtung der litauischen Kommunisten Beifall gezollt werde."

Dann erklärt die Note, daß es nicht die Absicht der briti­fchen Regierung sei, sich in eine Kontroverse mit den Sowjet­führern einzulassen. vielmehr wolle sie durch diese Noie zeigen, daß ihre bisherige Duldsamkeit weder als Unfennt nis der sowjetrussischen Absichten noch als Zustimmung zu den beispiellofen Beziehungen zwischen den beiden Ländern" gedeutet werden dürfe. Die wenigen an­geführten Beispiele, die aus öffentlichen Quellen entnommen leien nenügten, um zu zeigen, welche Geduld und Nachsicht angesichts wiederholter und fa ft unerträglicher Herausforderungen" bisher ven England geübt worden sei. Sie schließt mit folgender Warnung:

,, Die Regierung Seiner Majestät hat mit den inneren An­gelegenheiten Rußlands und mit seiner Regierungs form nichts zu tun. Alles was sie fordert, ist, daß diese Regierung sich der Einmischung in rein britische Interessen enthalte und von feindseligem Vorgehen oder von der Propaganda gegen britische Untertanen absehe. Aber sie erachtet es für notwendig, die USSR . mit den ernstesten Worten darauf hinzuweisen, daß es ¡ Grenzen gibt, und daß die Fortjehung von Handlungen, wie die,