Neue Eisenbahnhaltestelle.
Ein alter Plan.
Zu dem Blan einer neuen Eisenbahnhaltestelle im Südwesten Berlins , die an der Vorortstrede, zwischen Papestraße und Südende bzw. Mariendorf , angelegt werden soll, wird die Stadtverordnetenversammlung jetzt Stellung zu nehmen haben. Die Stadt Berlin hat mitzusprechen, weil von ihr die Reichsbahnverwaltung einen Bautostenzuschuß von 180 000 Mart fordert, den der Magistrat geben will, und meil auch ein Austausch von Gelände der Stadt gegen Gelände der Reichsbahn nötig wird. Ueber die Einzelheiten des Projekts hat der„ Borwärts" bereits im Oftober vorigen Jahres berichtet. Die neue Haltestelle wird den Bewohnern der angrenzenden Teile von Schöneberg , Steglig und Tempelhof , im besonderen der Siedlung Lindenhof, sehr willkommen sein, ebenso den benachbarten Kleingartenbefizern, den Besuchern des Auguste- Bittoria- Krankenhauses und den Arbeitern der großen Fabriken, die in der Nähe liegen, Kleingartenbefizer, deren Gelände bei dem Bau in Anspruch genommen wird, sollen entschädigt werden. Der Wunsch, dort eine Haltestelle zu haben, ist schon vor Jahrzehnten laut geworden. Die ersten Berhandlungen mit der Eisenbahn verwaltung wurden im Jahre 1908, vor jegt ziemlich 20 Jahren, angeknüpft. Mit dem Bau soll nun baldigst begonnen werden, so daß der neue Bahnhof am 1. Juli dieses Jahres dem Berkehr übergeben werden könnte.
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Der hartnäckige„ Stumme". Ein Angeklagter schweigt während der Verhandlung. Vor dem Amtsgericht Berlin- Mitte fand eine originelle Gerichtsverhandlung statt. Ein furioser medizinischer Fall stand zur Verhandlung. Es entwickelte sich auch alsbald eine recht amüsante Unterhaltung zwischen dem Angeklagten und dem Vorsitzenden. Der Richter begann: Sie können doch sprechen, nicht wahr?" Schweigen. Aber hören fönnen Sie doch?" Kopfschütteln. Sie schütteln mit dem Kopf, also wollen Sie damit fagen, daß Sie nicht hören fönnen?" Wieber Kopfschütteln. Ein fomplizierter Zustand. Wer sind Sie?" wendet sich der Richter zu einem Mann, der im Gerichtssaal bleibt. Ich habe den Angeklagten hierher begleitet." ,, ann er nicht sprechen?"" Gewiß tann er sprechen, aber seit ein paar Tagen spricht er nicht." Bohl seitdem er die Ladung zur Gerichtsverhandlung erhalten hat? Herr Sachverständiger, was meinen Sie dazu?" Dr. Leppmann: ,, Er hört alles." Der Angeklagte schüttelt den Kopf. Er tönnte auch sprechen, wenn er wollte." Wieder Kopfschütteln. Jedenfalls ist er verhandlungsfähig." Der Richter: Also schön. Sie heißen Gregor Schimanowiti?" Kopfschütteln. Sie find in Stettin geboren?" Kopfschütteln. Sie sind verheiratet?" Kopfschütteln. Aus den Augenbewegungen, aus dem Gesichtsausdrud mertt man ganz genau, daß der Angeklagte jede Frage, die an ihn gerichtet wird, versteht. Als der Richter ihm sagt: Sie tönnen fich fegen," fieht er zur Bant hin, als wolle er sich fegen, faßt sich aber im nächsten Augenblick und bleibt stehen.„ Sie fönnen sich ruhig sehen. Sie haben es ja doch verstanden." Es folgt die Beweisaufnahme. Der„ taubstumme" Angeklagte folgt ihr mit der größten Aufmerksamkeit und fest zusammengefniffenen Lippen. Die Zeugenaussagen ergeben ein flares Bild vom Verschulden des Angeklagten. Berschiedene Raufleute erhielten im Jahre 1925 immer wieder falsche 3ehnmartscheine. Die Polizei ftellte Beobachtungen an und verhaftete etwa sechs Bersonen. Fünf von ihnen wurden seinerzeit zu verschiedenen Gefängnisstrafen verurteilt. Das Verfahren gegen Sch. wurde abgetrennt, um ihn auf feinen Geisteszustand beobachten zu laffen. Auch er hatte verschiebent. fich falsche Zehnmartscheine eingewechselt; bei ihm zu Hause wurden 7300 folder Scheine gefunden. Dr. Leppmann hält den Angeklagten für zurechnungsfähig. 3war habe er im Jahre 1907 einen Betriebsunfall erlitten, der eine geistige und psychische Minderwertigteit zur Folge gehabt hat, doch jei feine vorübergehende Taubshummheit nichts anderes als eine Simulation Don Geiftestrantheit, eine Flucht vor der Strafe. Bei ihm zu Hause wurden bei der Haussuchung zehn Zeitungsausschnitte über Gerichtsfälle gefunden, bei denen der§ 51 eine Rolle gespielt hatte. Der eine davon mar betitelt: Was nützt der Dämmerzustand." Der Angeflagte hatte wohl geglaubt, daß ihm die Taubftummheit" nüßen würde. Das Gericht glaubte ihm aber nicht und verurteilte ihn zu vier Monaten Gefängnis. Man hätte annehmen dürfen, daß der Angeklagte vor Freude um die geringe Strafe die Sprache wiederfinden würde. Er mimte aber seine Rolle bis zuletzt und schüttelte nur mit dem Kopf.
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Fernsprechleitungen nicht als Antenne benutzen!
Die technische Einrichtung eines Fernsprechpermittlungsamtes wurde fürzlich durch Startstrom, der über eine Fernsprechanschluß leitung in das Amt gelangt mar, beschädigt. Wie festgestellt wurde, hatte der Inhaber des Anschlusses, der gleichzeitig Rundfunkteil nehmer ist, die 3immerleitung feines Fernsprech anschlusses als Luftleiter für seine Rundfunkanlage be
mugt. Die Berbindung zum Debeftorgerät war mittels eines Lad. drahtes hergestellt, der an einer Lichtleitung und neben einer Lampe heruntergeführt war. Durch den Lacdraht war ein Kurzschluß ursacht worden, so daß der Startstrom durch die Anschlußleitung zwischen Lichtleitung und Fernsprechanlage ver. nach dem Amt gelangen fonnte. Zu seiner Entschuldigung führte der Teilnehmer an, daß er den Empfänger an die Fernsprechleitung angeschlossen habe, da dieses in der dem Apparat beigegebenen Gebrauchsanweisung der Herstellerfirma empfohlen worden sei. Es wird darauf hingewiesen, daß der Anschluß von Rundfunkempfäne zeigt, große Gefahren für die Teilnehmer, das Personal und die gern an Fernsprechleitungen, wodurch, wie der vorliegende Fall technischen Einrichtungen der Fernsprechämter entstehen fönnen, durchaus unzulässig und unter Umständen strafbar ist.
Bürgerliche und sozialistische Kultur.
sprach Genosse Dr. Löwenstein im Abgeordnetenhaus über: Auf Einladung des Bezirks Bildungsausschusses Bürgerliche und sozialistische Kultureinstel 3eiten aus dem Klassenkampf und Klassenhaß, aus der Oppositionsung". Der Sozialismus als Kulturgedante hat sich im Laufe der stellung zur Bourgeoisie, zur Höhe geschwungen, Die Abkapselung der Arbeiterklasse von der Gesellschaft und ihren Einrichtungen in wirtschaftlichen und anderen Beziehungen war unausbleiblich. Die Stellung der Wissenschaft gegenüber war eine gänzlich naive und der Funktionär empfand sie als eine bürgerliche Angelegenheit. So entstand eine Oppositionsstellung gegen Staat, Gesellschaft und Wissenschaft. Das moderne naturwissenschaftliche Denken hat nun eine starke innere Berwandtschaft mit dem Sozialismus; es ist eine Organisation zu bewußten Zweden, losgelöft von historischen Hem mungen, allein eingestellt auf 3medmäßigkeit der Dinge. Ein neues Kulturproblem aus dieser Naturwissenschaft heraus steht uns bevor und dies zu lösen, bedarf es einer starten, inneren Geschlossenheit. Die sozialistische Idee darf nicht Parteigedanke sein, sie muß Geltung gewinnen als große Allgemeinbestrebung zur Schaffung gesunder Lebensbedingungen in ethischer und materieller Beziehung Der Vortragende kam dann auf die Arbeit des Volksbildungswesens zu sprechen und fennzeichnete feinen Standpunkt, daß Volksbildung lediglich zur Hebung des Wissens nichts bedeute, vor allem feinen sozialen Kulturgewinn, wenn nicht auch hier der soziale Gedanke start in den Vordergrund gestellt wird. Das Denken darf nicht historisch, sondern muß aktuell bleiben, aus der Zeit herauswachsen und allen Strömungen einer Rückwärtsbewegung, einer Unterſtellung an die Vergangenheit, des Zurückschraubens allen Dentens und Fühlens machtvoll entgegentreten. Mehr innere Begeisterung, mehr Feuer tut not, denn jede Idee, fei sie auf noch fo realer Basis aufgebaut bedarf einer starken Schwungkraft von innen heraus, um ihr Ziel zu erreichen. Der Vortrag fand unter den zahlreich erschienenen Hörern starken Beifall. Zum Schluß wurde folgende Resolution angenommen:
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" Die Arbeiterbildungskonferenz Groß- Berlin vom 25. Februar 1927 protestiert auf das entschiedenste gegen das dem Reichstag vorliegende Gesetz zum Schuß der Jugend bei Lustbar. feiten, das unter dem Vorwand des Schutzes der Jugend die durch die Verfaſſung beseitigte Zenfur auf Umwegen wieder einführt und jedes freie künstlerische und wissenschaftliche Schaffen, jede Be tätigung auf voltsbildnerischem Gebiet, jede freie Selbstbetätigung der Jugend auf das äußerste gefährdet. Die Konferenz macht die Deffentlichkeit auf die von diesem Gefeß drohenden ungeheuren Gefahren aufmerksam. Sie brandmarkt dieses Gesetz als einen Rückfall in die schlimmste Reaktion, als eine Waffe, die sich gegen alle fortschrittlichen Bestrebungen richten wird, und ruft deshalb alle freiheitlich Denfenden zum Kampf gegen dieses schmachvolle Anebelungsgesetz auf."
„ Tierjagen."
Eine Heg", wie sie sich toller nicht in dem bekannten HaberfeldEifel eine Neuauflage. Die Einwohner des dortigen Landstrichs treiben in Süddeutschland austoben kann, fand in einem Dorf der nehmen für sich das Recht in Anspruch, das sie übrigens cls ,, Boltsfitte" bis in das 12. Jahrhundert zurückführen, einen moralisch GeLynchjustiz bezeichnet der Volksmund mit Lierjagen". Das fallenen öffentlich mit Schimpf und Schande davonzujagen. Diese Amtsgericht zu Rheinbach hatte sich fürzlich mit diesem sonderbaren Fall zu beschäftigen; die Staatsanwaltschaft erhob gegen 32 Per. Berfahren wegen Landfriedensbruch hatte fallen laffen, fonen die Anflage wegen groben Unfugs, nachdem sie das weil man
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die moralische Bedeutung der Ursache als im Vordergrund der ganzen Aktion stehend betrachtete. Unter den Angeklagten waren Angehörige aller Bolfsstände, vom Lehrer angefangen bis zum Handwerkslehrling. Außerdem hatte die freiwillige Feuer. wehr des Ortes tätige Beihilfe bei dem Austreiben des Tiers gefeiftet, indem sie eine Nachtübung auf dem Hof des Nachbarhauses abhielt und das belagerte Haus mit dem Tier" ständig unter Wasser hielt. Im September war das Tier wieder im Dorf. Da zog die Menge abends zu dem Haus des Mädchens, um Lärm zu schlagen mit Steffeln , Dedeln, Beitschen und sonst erdentlichen Rabaugerät. schaften. Das fürchterliche Konzert wurde dadurch zu einer grandiofen Wirkung gesteigert, daß auf dem Rad einer umgetippten Schieb
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tarre eine alte Sense geschliffen wurde. Unter Johlen und Schreren wurden aus der Menge immer wieder die altübernommenen Schlacht rufe des„ Lierjagens" gegen das Haus gebrüllt: Wat ös dat für Haustod möt dem Käel! Da Käel am Dörp erus!" Und hundert, en Dier! Dat Dier erus! Dä Stier erus! Dä Bier erus! Op de hunderte Menschen füllten die Straßen, Menschen, mehr als das Dorf Einwohner hat. durch. Die ortsansässige Polizei fonnte nicht piel ausrichten. Da So ging das Tierjagen" drei Nächte rückte am vierten Tag eine verstärkte Polizeimannschaft an. Es gab einen Zusammenstoß, der nun vor dem Amtsgericht in Rheinlaffen. bach zur Aburteilung fam. Das Zier" hatte das Dorf längst verSchreiben, in dem die Ansicht vertreten wurde, daß es Ehren Der Gemeinderat richtete an das Amtsgericht ein sache jedes anständigen Dorfbewohners sei, sich an dem ,, Tierjagen" zu beteiligen. Das Gericht war den Angeklagten günstig gesinnt; es verurteilte 17 Feuerwehrleute zu je 3 Mart Geldstrafe. In einer darauf folgenden Verhandlung wurden noch zu 10 m. verurteilt, Strasen , die weniger wegen des Tierjagens Dier Angeklagte wegen groben Unfugs zu 5 M. Geldstrafe und einer verhängt waren als wegen der Aufsässigkeit der Dörfler gegen die Polizei.
der Zeit zu betrachten, aber bei seiner milden Beurteilung durch die Es wäre gewiß verkehrt, einen solchen Einzelfall als Zeichen Richter fönnte man annehmen, daß er ganz dazu angetan ist, Schule zu machen.
Eine Funkbaftler- Ausstellung wurde gestern nachmittag in der Turnhalle der Gemeindeschule Bankstraße Ecke Wiesenstraße von der Abteilung Wedding des ArbeiterRadioklubs eröffnet. Man sieht dort die einfachsten Detektorgeräte, die zum Teil Spielereien find. So hat man Geräte in ausgehöhlte Kartoffeln, in Streichholzschachteln und Postkarten eingebaut. Dann aber sind auch technisch sehr ernstzunehmende Röhrengeräte, sowie selbstgefertigte Meßapparate wie Wellenmesser, Meßbrücken und anderes zur Schau gestellt. Besonders verdienen die ausgezeichneten Experimentiergeräte, mit denen man jede Schal tung aufbauen fann, Erwähnung. Erfreulich sind auch die selbstgebauten Rezanschlußgeräte. Auch bekannte Radiofirmen haben Ausstellung ist nur noch am heutigen Sonntag von 9 Uhr vor
mittags bis 10 Uhr abends geöffnet. Der Eintritt ist auf 25 Pf. bemessen. Ein Teil der dort ausgestellten Funkgeräte ist für die Abgabe an Krüppel und Kriegsbeschädigte bestimmt.
Selbstmord eines Frankfurter Börsenmaklers. Der bekannte namentlich auf dem Anleihemarkte betätigte, hat sich anscheinend Börsenmakler Theodor Kilp in Frankfurt a. M., der sich infolge großer Kursverluste in seiner Wohnung erschossen. Verbindlichkeiten in Börsentreisen sollen nicht bestehen.
Sport.
Ringerwettstreit im Apollo- Theater.
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Dant der flotten Durchführung des Wettstreits gehen jetzt bis zur Entscheidung alle Kämpfe ist der Besuch außerordentlich gut. Am Freitag reichten sich als erstes Baar AngulestuRumänien und Schach schneider Berlin die Hände. Der ehemalige Amateurmeister Deutschlands Schachschneider, der an Kraft und Gewicht dem Rumänen überlegen war, ließ sich zu sehr von Giegeshoffnungen leiten. Als er nach 37 minuten einen Schleuder griff anfezte, fing ihn Angulestu blizschnell ab und brachte Schachschneider auf die Matte. Der schnell wiederhergestellte Berliner Kley stand dem guten und ftarten Equatore Italien gegenüber, wohl für Klen der schwerste Gegner im Wettstreit. Nach sehr offenem Kampf, in dem Klen wieder sein großes Können zeigte im Angriff mie auch in der Verteidigung, zog er den Italiener unDerhofft nach 22 Minuten durch verkehrten Hüftfchwung auf die Schultern. Bierholz mußte schon nach 13 Minuten Naber al abgebrochen werden. Barry mußte wegen einer Schulterverlegung des Letzteren den Befferen anerkennen. Der letzte Rampf Godfch gegen Tom
Briefkasten der Redaktion.
W. Sch. Wenden Sie sich an Dr. Adolf Pack, NW 21, Stromstr. 58. Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle für Berlin vnd Umgegend ( Nachdr. verb.) Weiterhin sehr mild, meist fiart bemöltt, später leichte Niederschläge, nach Südwest drebende frische Winde, teine Nachtfröfte. Für Deutschland : Im Besten und Nordwesten des Reiches Regenfälle, sonst meist troden, überall, auch im Diten milde.
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Wir hatten Recht
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Feinschmecker und Renner sind sich einig, dass die neuen leichten Mischungen GOLD- SABA- 4 KÖNIGN SABA- 48 BACCARAT- 5
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