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1. Heilage öes Vorwärts

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Mittwoch, 2. März 1027

Vor kurzem wurde an dieser Stell« mit weitester Rücksichtnahme auf die Verhältnisse von Rüdersdorf das Brandenburger Felsgestein <in diesem besonderen Falle Kalkstein) einer Besprechung unterzogen. Viele wurden vielleicht zum ersten Mal« davon unterrichtet, daß in der Mark nicht nur Sand angehäuft ist und daß unter diesem Sand sich ein« Schicht gewachsenen Steines hinzieht, die an bestimmten Stellen die Oberfläche erreicht und abgebaut werden kann. Ganz kurz wurde auch das Gipsvorkommen bei Sperenberg dabei erwähnt. Gips vom Sperenberger Land in der weiteren Umgebung Berlins ist aber wohl weich daß man sich ausgiebiger mit ihm beschäftigt, da er hier«ine naturwisienschastliche Besonderheit darstellt, die noch dazu eine ganze Industrie beschäftigt. die Staüt öer Gipskristalle. Es ist eine Sag«, daß das kleine Städtchen Sperenberg seinen Namen auf diespeer'-sormige Gestalt der Gipskristall« zurückführt, was immerhin erkennen läßt, daß man schon in ällesleu Zeiten sich hier mit der Gipssörderuug beschäftigte. Schon im 13. Jahrhundert sollen Mönche sich hier mit dem Gipsoorkommen beschäftigt haben, denn es ist heute nachgewiesen, daß Sperenberger Gips in vielen alten Kirchen aus jener Zeit oermauert ist. Schon um 1568 herum wurde ein Kanal aus dem Alellensee nach Sperenberg gebaut, um den Gips durch das Nottefließ zur Spree auf dem Wasserwege auf die Reise schicken zu können. Etwa vierzig Brennöfen und viele Gipsmühlen standen wie der Bezirksgeologe Dr. Hans Menzel in seinem sehr lesenswertenGeologischen Wanderbuch" ausführt am Ufer des Krummensees. Heute ist fast alles mit Ausnahme der den Erben der Gipsschulzen gehörigen Brücke in der Hand der Berliner Gipswerke vereinigt, die nunmehr auf rationelle Weise den Abbau und das Brennen des Gipses eingerichtet haben. Ueber das Alter der hier bei Sperenberg unter dem Diluvium auftretenden Gipsmassen war man in früherer Zeit sehr im Zweifel. Der Gips, der sich hier fand. war grobspätig, von dunkelgrauer Farbe und häufig zu büschel- förmigen Kristallgruppen vereinigt. Seiner Mächtigkeit nach war es indessen nicht wahrscheinlich, daß er dem Tertiär angehörte. Seiner Zuteilung zum Zechstein stand indessen anfangs entgegen, daß die bekannten Zechstcinvorkommen den Gips in dichter Form oder kristallinisch-körnig enthielten. Es war aber von großer Bedeutung, als man sich entschloß, durch eine Bohrung sein Lienen zu ergründen. Es wurde dadurch erwiesen, daß die Gipsmassen bei Sperenberg nur dem Zechstein angehören, tonnten, denn Steinsalzmassen von an- nähernder Mächtigkeit sind bisher nur aus dem Zechstein bekannt ge- worden. Aber selbst für Zechsteinsalze ist die Mächtigkeit des Speren - berger Salzkomplexes ungemein groß. Wenn man nicht damit rechnen will, daß die Steinsalzmassen hier ein sehr steiles Einfallen besitzen, so wird man wohl annehmen müssen, daß sie durch Gebirgsdruck stark zusammengepreßt und in die Höhe gequetscht sind. Sobald man in den reinen Anhydrit gelangte,«rschrotete man eine Solquelle von etwa 3 Proz. kochsalzgehalt. Sie strömt ununterbrochen aus dem Bohrloch heraus und man hat berechnet, daß sie über 230 000 Tonnen Salz jährlich in die Höhe bringt. Dieses vom preußischen Fiskus bis zu der damals außerordentlichen Tiefe von 1272 Meter gestoßene Bohrloch ist insofern noch besonders interessant, und wichtig geworden, als man in ihm die Zunahme der wärme nach der Tiefe zu mit großer Sorgfalt gemessen hat. Es hat sich herausgestellt, daß hier durchschnittlich auf 31,8 Meter die Temperatur um 1 Grad Celsius zunimmt. Das Streichen der Gipsmassen verläuft im allgemeinen vcn Südost nach Nordwest und der Gips besitzt, soweit sich das über- Haupt beobachten läßt, ein Einfallen im nördlichen Teile nach Nord- osten, im südwestlichen Teile ein solches nach Südwesten. Ueber- lagert wird er von einer nicht allzumächtigen Decke diluvialer Bildun- gen, teils Sauden, teils Geschiebemergel. In ihm haben sich bis zu

ziemlich beträchtlicher Tiefe glaziale Auswaschungen, sowie auch Gletschertöpfe gefunden. Ein solcher steht z. B im Eingang des Naturhistorifchen Museums in der Jnvalidenstraße 43, mehrere ander« nebenan im Gebäude der Bergakademie. vie Gipsgewinnung. Die Gewinnung findet in ähnlicher Weise wie bei Rüdersdorf statt, nämlich durch das sogenannte Schrämoersahreu". Zu diesem Zweck« wird eine Wand durch eine Reihe von Stollen unterhöhlt, die im Hintergrund wiederum miteinander verbunden sind. Auf diese Weise wird die Gipsmasse, die zu Bruch gebracht werden soll, soweit unterhöhlt, daß nur noch einige etwa ein Meter starke Pfeiler sie tragen. Schließlich werden diese Pfeiler durch Puloer zu Fall ge- bracht und der Gipsklotz löst sich von der Wand und stürzt herab. Während aber bei Rüdersdorf infolge der starken Zerklüftung des Gesteins die Kalkmassen schon von selbst in kleinere Stücke zerfallen. bleibt hier, infolge seiner größeren Zähigkeit, das Gestein meist in mächtigeren Blöcken zusammen und muß nun wieder weiter ge- sprengt werden. Die so zerkleinerten dunkelgrauen Gipsmossen, deren Farbe von einer reichlichen Beimengung organischer Substan- zen herrührt, werden durch ein« Seilbahn nach der Fabrik der Berliner Gipswerke am Bahnhof Sperenberg geschafft. Dort werden sie zuerst zerkleinert und dann gemahlen und schließlich in einer An- zahl von kesselngekocht", d. h. bis auf eine bestimmte Temperatur erhitzt. Der Gips, der aus schwefelsaurem Kalk mit zwei Molekülen Wasser besteht, verliert, wenn er auf etwa 130 Grad erwärnit wird, drei Viertel seines Wassergehaltes und es entsteht auf diese Weise der sogenannte Stuckgips, der, mit einer gewissen Menge Wasser an- gerührt, sehr rasch wieder erhärtet. Die dunkle Farbe des Gipses oerschwindet beim Brennen fast vollständig, ein Zeichen, daß dieselbe eben hauptsächlich von organischer Beimengung herrührte. Die Hauptmasse des Gipses wird zu Stuckgips oerarbeitet, der ja in der nahen Reichshauptstadt großen Absatz findet. Ein Teil aber wird einer größeren Erwärmung ausgesetzt, die ihm dos Wasser vollständig entzieht. Dadurch entsteht der Estrichgips, der schwerer erstarrt, aber ein« größer« Härte erlangt. Noch eine dritte Art von Gips pflegt man in den Sperenberger Gipswerken herzustellen, den seinen Biodellgips der Bildhauer. Dieser wird indessen nicht aus dem Sperenberger Gips selbst gewonnen, fondern man bezieht zu diesem Zwecke körnige Zechsteingips« vom Harzrande, oder die Abfälle der Berliner Bildhauerwerkstätten. Das Brennen findet in backofen- ähnlichen Gipsöfen durch Holz statt. -i- Früher wurde ein großer Teil des Gipses auch zu Düngezwecken verwendet, heute benutzt man indessen dazu wohl ausschließlich den Kalk. Während früher der Abbau sich stets oberhalb des Grund- Wasserstandes bewegte, ist man in neuerer Zeit bei Sperenberg (nach den oben erwähnten Ausführungen Dr. Menzels) in die Tiefe gegan- gen. Der dort angelegte Tiefbau liegt heute schon 20 Meter unter dem Spiegel des Krummensees. An der Südseite desselben defindet sich das alte Tiefbohrloch, das die Steinsalzlader erschlossen hat. Aus ihm sprudelt und quillt noch heut« ein starker Quell hochprozentiger Sole, die in ihrer Näh« einen kräftigen Schwefelwasserstoffgeruch ver- breitet. Starke Wasserhebemaschinen sind nötig, um diese andringen- den Gewässer in die Höhe zu pumpen und in den Krummensee zu entleeren. Der Einfluß dieser gewaltigen Menge von Sole, die jähr- aus, jahrem dem Krummensee zugeführt wird, ist weithin zu spüren. So sind längst alle Fische, mit Ausnahme der Aale, aus dem Krummensee verschwunden und die Brun- n e n von Sperenberg sind im Laufe der Zeit salzig geworden, so daß die Berliner Gipswerk« sich veranlaßt sahen, für Sperenberg und die umliegenden Dörfer ein Wasserwerk anzulegen.

Eine geheimnisvolle vergistungsaffäre. Vier Personen lebensgefährlich erkrankt. 3n der Hauptstraße 17 zu Schöneberg erkrankten gestern abend vier Angestellte der Weinhandlung v. u. Co. nach dem Genuß von Pfannkuchen unter recht sonderbaren Begleitumständen. Alle vier Personen wurden in bewußtlosem Zustande in Kranken­häuser übergeführt. In der Hauptstraße 17 sind ausgedehnte Kollereien der oben­genannten Weinhandlung. Tagsüber sind vier Angestellte, darunter drei weibliche, tätig. Am Nachmittag waren die Angestellten mit dem Abfüllen von Wein aus Fässern beschäftigt. Nach beendigter Arbeitszeit hatte man vereinbart, in e'nem Arbeitsraum, der n«b«n den Kellereien liegt, vor dem Heimweg Fastnacht zu feiern. Aus einer benachbarten Bäckerei wurde eine große Anzahl von Pfann- k u ch e n besorgr. die gegen s47 Uhr verzehrt wurden. Als etwa 40 Minuten später der Arbeitsraum von anderen Angestellten b«- treten wurde, fanden sie zu ihrem Entsetzen alle vier Per- son«n, den 22jährigen Gustav Hart aus der Schönholzer Straße 10a, die Angestellt« Charlotte Pirschet aus der Mühlen- straße 8 zu Schöneberg , di« AngefteMe Gertrud T h a l s k i, deren Wohnung unbekannt ist, und die Angestellte Luise Mertineit aus der Prinz-Georg-Straße 6 zu Schöneberg bewußtlos am Bo- den liegend auf. Das Städtische Rettungsamt wurde benachrichtigt, das sofort einen Arzt und mehrere Rettungswagen aus der Un- fallstelle entsandte. Der Arzt konnte die Ursache der plötzlichen Bewußtlosigkest nicht sofort feststellen, erkannte aber, daß eine Ver- giftung vorliegen müsse. Er ordnete die josortige Ueberführung der Bewußllosen in das St. Norbert- und Auguste-Bikwria- Krankenhaus an. Nach den bisherigen Ermittlungen soll eine Kohlenoxyd- oder ähnliche Gasvergistung nicht in Frage kommen, vielmehr neigt man zu der Annahme, daß eine Pfann- kuchenvergiftung vorliege. Einige Reste wurden noch vor- gefunden und von der Polizei zur chemischen Untersuchung beschlag- nahmt. Don dem Ergebnis der Untersuchung wird im Lause des heutigen Tages Mitteilung gemocht werden. Möglicherweis« kann auch eine Alkoholvergiftung vorliegen. Eine Berneh- mung der Kranken war gestern abend nicht mehr möglich, da sie ohne Besinnung schwer daniederliegen.

Wieder eine Eifersuchtstragödie. Die eigene Frau schwer verletzt. Der im gestrigen Abendblatt mitgeteitten Tat der Frau des Kaufmanns Ratzlaff, die in einem Anfall von Eifersucht sich selbst das Leben nehmen wollte und dabei ihren Gatten erschoß, ist schnell«ine zweite gefolgt. Diesmal handelt es sich um zwei von- einander getrennt lebende Eheleute, den Kaufmann Hemmerling aus der Neuen Hochstraße 53 und um seine 31 Jahre alte Frau Elisabeth, geb. Simon, in der Potsdamer Straße 27 zu Charlottenburg . Hemmerling hatte seiner Frau einen Frisevlladen eingerichtet. Er glaubte, daß sie zu einem Bekannten in Ali-Moabit hinter seinem Rücken in Beziehungen getreten sei und bestellte sie zu gestern vormittag nach der Wohnung seines Schwagers in der Potsdamer Straße 27, um sich mit ihr auszusprechen. Im Verlaufe der Auseinandersetzung zog er eine Pistole, schoß auf die Frau und traf sie in die linke Stirnseite. Auf ihre Hilfe- rufe wurde das Ueberfallkommando alarmiert, dem sich Hemmer- ling sofort seihst zur Verfügung stellte. Die lebensgefährlich ver- letzte Frau wurde von den Beamten nach dein Krankenhaus Westend gebracht, wo sie sofort operiert werden mußte. Der Mann wurde festgenommen Er behauptet, daß er seiner Frau nur einenDenk- zettel" habe verabfolgen wollen. Zu der Tragödie in der L o h m e y e r st r a ß e wird mitgeteilt, daß Frau Ratzlaff gestern in den ersten'Nachmittagsstunden vernommen werden konnte. Mit dem Entschluß, sich zu erschießen, hatte sie Abschiedsbriefe bereits am vergangenen Freitag geschrieben. Die Ausführung des Planes aber hatte sie in der Hoffnung, zu ihrem Manne doch noch wieder in ein besseres Verhältnis zu kommen, immer noch verschoben. Gestern morgen kam es dann zu dem Unglück. Nachdem auch der Leichenbefund nach ärztlichem Gut- achten ihre Darstellung unterdessen bestätigt hatte, wurde die Frau nach dem eingehenden Verhör wieder auf freie» Fuß gesetzt.

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Gerichtstag. Don Fred Bsrence. Copyright 1925 by Paul Zsolnay , Wien

Das Dienstmädchen von eurem Fräulein Patin wird bald kommen, niemand ist da, um ihr aufzumachen, und sie wird dem gnädigen Fräulein erzählen, daß wir bis zum hell- lichten Tag schlafen. Wenn man andere Menschen braucht, ist man immer ihrer üblen Nachrede ausgesetzt. Bitte, steh' gleich auf und mache das Frühstück auf dem Gasherd, auf Gas ist es ja schnell fertig. Wenn alles bereit, ist, klopfe leise an die Tür unseres Schlafzimmers und bringe deiner armen Mutter, die furchtbar müde ist, eine Tasse Schokolade und... was tust denn du hier?" Ich hörte Paulchens Stimme:Ich will zu Iacquot! Dein teurer Iacquot schläft noch, er hat ja nichts anderes zu tun. Geh' wieder zu Bett und warte, bis man dich ruft." Pauls bloße Füße glitten über die Parketten. Hörst du denn nicht?" wiederholte er mit eisiger Stimme,gehorche und pack' dich." Ich öffnete langsam die Augen. Komm her zu mir. Paulchen," sagte ich ganz ruhig. So, jetzt lehrst du ihn auch noch, ungehorsam zu sein." Natürlich, der junge Herr muß ja alles befehlen," höhnte Ändrcher hat so lange das ganze Haus regiert, von der Mama angefangen bis zum Kleinen, �laß er an das Ende seiner Herrschaft nicht glauben kann." Du bist ein gemeiner Kerl," rief ich empört. Er zuckte die Achseln und neigte sich zu Paul:Paulchen, tue das, was der Papa dir sagt, oder hol' dir deine Kleider und zieh' dich hier an." Sei schön brav," sagte der Vater. Nein," schluchzte Paul,ich will nicht brav sein, ich will zu Iacquot gehen. Warum darf ich nicht zu ihm gehen, so wie jeden Sonntag?" Du hast recht, Paulchen, komm nur her." Ich war ganz außer mir und streckte ihm die Arme entgegen. Das Kind machte einen Schritt zu meinem Bett, aber der Bäte' versetzte ihm ein paar Ohrfeigen. Mit einem Satz war ich aus dem Bett gesprungen, stürzte zu Paul, zog ihn zu mir und blickte dem Vater in die Augen. Sein Gesicht war wutverzerrt, er knirschte mit den Zähnen. xoie bei einem Anfall. Ich kannte mich nicht mehr.

Ich verbiete dir, den Kleinen zu berühren, verstehst du mich?" Du- wirst mir etwas verbieten.... Du wagst es. mir einen Befehl zu erteilen.... mit welchem Recht, möchtest du mir das nicht sagen?" Mit dem Recht, daß ich ihn bis heute erzogen und ernährt habe, wenn du es gerade wissen willst. Mit dem Recht, daß ich den Kleinen mehr liebe als du, der du ihn verlassen hast, und daß ich eher zugrunde gehen werde, als zuzusehen, wie du ihn schlägst...." Er wurde aschfahl, sein Blick trübte sich, die Züge ver- zerrten sich, seine Augen wurden gelb vor Galle . Ich fühlte, daß ich zu weit gegangen war. Er hob die Hand gegen mich, brach in Lachen aus. Bitte sich zu mäßigen: wenn du mich anrührst, gehe ich sofort aus dem Haus und komme nie mehr zurück, hast du mich verstanden?" Er griff mit der Hand an die Stirn, wankte, stützte sich an den Bettrand und sagte mit schwacher Stimme zu Andrs: Mein lieber Junge, führe mich ins Schlafzimmer. So eine Unverschämtheit! Das wird noch mein Tod sein!" Andrö stand auf, der Vater stützte sich auf ihn und sie oerließen das Zimmer. Ich war empört und zugleich auch wütend über mich, daß ich mich so hatte hinreißen lassen. Gott weiß, was er jetzt der Mutter erzählen würde. Aber mein Haß war schon so groß, daß ich ohne die geringste Erregung zugesehen hätte, wenn er auf der Stelle gestorben wäre. Paul hatte sich hinter mich geschlichen und küßte mich auf den Hals. Du," sagte er ganz leise,dieser Papa ist noch böser als der von Reginald, dich hat er sogar schlagen wollen!" Und das Kind preßte mich heftig an sich.Aber ich Hab' dich so lieb, so lieb!" Meine Wut wurde noch dadurch verstärkt, daß ich vor dem Kleinen so gedemütigt worden war. Wir blieben an» «inandergeschmiegt und sprachen kein Wort. Andrö kam herein, beendete seine Toilette und pfiff vor sich hin. Als er hinausging, sagte ich ihm:Ich danke dir schön, du bist wirklich reizend." Ich kenne mich eben bei Narrentzaus." Was meinst du damit?" Daß ihr alle miteinander Narren seid, wenn mir Cure Hoheit die Bemerkung erlauben wollen," schloß er lachend. Plötzlich wurde er ernst. Aber ich würde dir doch raten, deinen Wund zu halten.

wenn er wieder so einen Anfall hat, die Sache könnte tödlich ausgehen und das wäre deine Schuld." Du glaubst ernstlich, daß er einen Anfall gehabt hat? Du glaubst es? Aber geh', er hat ja nur Theater gespielt, wie du es zu nennen pflegst." Jedenfalls ist es jetzt mit deiner Herrschaft zu Ende," erwiderte er roh,das ist ganz gut, so wirst auch du einmal gehorchen lernen." Er ging aus dem Zimmer und schlug die Tür zu. Ich stand auf und zog mich langsam an, ohne einen klaren Ge- danken fassen zu können: ich war ganz vernichtet. Paul, der in meinem Bette lag, ließ die Augen nicht von mir. Ich konnte es deutlich im Spiegel sehen, und seine bloße Anwesen- heit wirkte wohltuend auf mich. Wir schwiegen, einer verstand den anderen. Als ich meine Krawatte knüpfte, öffnete jemand ein wenig die Tür. Hört einmal, ihr Faulpelze, es ist schon neun Uhr und das Frühstück erwartet euch," sagte Alice lachend. Wir kommen gleich," erwiderte ich kühl, das Wort Faulpelz hatte mich verletzt. Ah, da schau her. der gnädige Herr ist mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bett gestiegen." Laß mich in Ruh," rief ich gereizt,fang du nicht auch noch an, mich zu quälen." Der gnädige Herr ist heute nervös? Bitte sehr, auf Wiedersehen, das Frühstück wird nicht wärmer werden. Paul soll sich ankleiden." Sie schloß die Tür, ich zitterte und wußte nicht aus noch ein. Meine Toilette war beendet und ich setzte mich neben Paul auf den Bettrand. Endlich stand ich auf, einmal mußte ein Ende gemacht werden. Blicken wir der Gefahr ins Auge. Ich schickte Paul fort , sich anzukleiden und ging in die Küche, wo Alice, Andrä und das Dienstmädchen meiner Patin saßen. Als sie mich sahen, hörten sie zu sprechen auf. Ich trank eine Tasse Schokolade hinunter und ging ins Speisezimmer, wo noch die Ueberreste der Abendmahlzeit auf dem Tische standen. Mechanisch stellte ich Butter und Marmelade in den Kasten zurück, nahm die zwei Tassen und die Teekanne und trug sie in die Küche. Die Kinder lachten mit dem Dienstmädchen, das war mir unangenehm, seit meiner Kindheit hatte ich eine unberechtigte, aber doch verständliche Abneigung gegen diese Klasse. Als mich Alice sah, lachte sie noch lauter und Andrä bemerkte:Ah. so was, du machst ja Fortschritte! Jetzt bedienst du dich schon selbst, nur Geduld, mit der Zeit.. (Fortsetzung folgt.)