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Weisheit von drüben. Moskau auf dem KPT.-Parteitag i» Essen. Zu jedem Parteitag der KPD . gehört eine Rede eines Vertreters der Exekutive der Komintern . Soweit solche Reden nicht Befehlserteilung sind, zeigen sie, wie man die deutschen Dinge drüben sieht. Man möchte drüben die KPD. in der Rolle der Führerin der deutschen Arbeiterschaft sehen wer lacht nicht in Deutschland und weil man es wünscht, sieht man sie so. So begann der Vertreter der Exekutive auf dem KPD.-Partei- tag seine Rede mit den folgenden Worten: »Ich habe auch die Grüße zu überbringen an die Partei- losen, die sozialdemokratischen und auch an die christlichenArveiter(Lebhafter Beisall). die doch, wenn nicht morgen, so übermorgen zum größten Teil mit uns marschieren werden." Was muß man dem Mann erzählt haben, daß er die Tribüne des KPD. -Parteitags als eine Tribüne vor der gesamten deutschen Arbeiterschaft ansieht! Er glaubt noch ganz andere Dinge. .Die ganze Entwicklung geht in dieser Richtung. Es ist«in Glück, daß die deutsche Partei schon jetzt so festen Fuß. so feste Der- bindung unter den Arbeitern hat. auch eine ständige un- unterbrochene Verbindung mit den linken sozial- demokratischen Arbeitern." Was mag er meinen, was mag man ihm für Märchen erzählt haben? Dafür erzählt er selbst den deutschen Kommunisten die lieblichsten Märchen: «Wenn jemand von unseren Gegnern glaubt, daß man. in Sowjetrußland nur schwätzt, cheoretisch darüber schwätzt, ob der Sozialismus möglich oder unmöglich ist. der irrt sich gründlich. Man arbeitet dort. Zunächst am Ausbau der technischen Basis des Sozialismus. Ich hatte schon vor der russischen Revolution im Jahre 1917 Gelegenheit, mit dem Genossen Lenin eben über das Thema, über die Möglichkeit des Aufbaues des Sozialismus in einem Land«, zu sprechen. Damals war die Rede nicht über den Ausbau in Rußland , sondern in einem viel kleineren Lande, dos gegenwärtig nicht zu Sowjetrußland gehört. Lenin fragte mich: Habt ihr Waffen? Waffen haben wir sehr wenig. Da» ist sehr schlimm! Habt ihr Köhlen ? Habt ihr Bergbau und Eisen? Eisen und Kohlen haben"tvir gar nicht. Das war noch schlimmer. Habt ihr Eisenerze. Metalle? Kein. Ja, Ich muß gestehen, daß die Boraus- sctzungen für den Aufbau des Sozialismus in d i« s e m Lande, wenn es isoliert bleiben würde wirtlich schlechte sind. Aber er fügte hinzu, Sie können das olles aus Rußland importieren. Er war ob- solut überzeugt, daß in einigen Monaten das russische Proletariat die Macht haben würde und dem kleinen Lande auch diese gewissen Naturvoraussetzungen des Aufbaus des Sozialismus zum Austausch geben könnte. In Rußland hat man diese Naturvoroussegungen in reichlichem Maße. Man hat sie auch in Deutschland . Ihr braucht gar nicht unruhig zu sein in dieser Beziehung.(Beifall.) Aber die t e ch- nisch« Basis muß noch viel mehr vervollkommnet werden, um das Fundament des Sozialismus zu tragen. Es ist an sich wundervoll, wie man in Rußland , wo man nicht zehn Jahre für die Aufarbeit hatte der Krieg hat durch die Intervention vier Jahre länger gedauert und während dieser Zeit war keine Rede von Aufbau, kaum von Wiederherstellung. die Periode der Wiederherstellung der produktiven Kräfte im all- gemeinen im großen und ganzen beendet hat. Das Memorandum des Lölkerbundes an die Wirtschastskonferenz mußte sogar anerkennen, daß die Produktion in Rußland das Niveau der Vorkriegszeit schon ein bißchen überschritten hat." Er redet vom Wiederaufbau der technischen Pro- duktionskräfte und feiert den Wiederaufbau in Ruß- land als Dienst am Sozialismus. Selbstverständlich: So- zialismus ohne technische Voraussetzungen, ist nicht möglich. Nach qualvollen Experimenten auf dem Rücken des russischen Volkes hat sich endlich diese Selbstverständlichkeit in den Köpfen der Bolschewiki durchgesetzt. Wenn Sozialdemokraten solche Selbstverständlichkeit aus- sprechen, sind sie jedoch Agenten des Kapitalismus . In überlegenem Tone erzählte der Exekutiovertreter dem KPD. -Parteitag: Die Führer der SPD . hätten gegenwärtig Gelegenheit, eine gewisse Bilanz nach einer achtjährigen Arbeit nach dem Kriege zu ziehen, und wenn sie dos nicht machen wie ich etwas Verdacht habe, daß sie das nicht machen. wollen wir das machen. Zu- erst die Rettung des deutschen Kapitalismus . Di« erste Losung von Kautsky war damals: Wiederher- ftellung der kapitalistischen Produktionsträfte, und gleichzeitig, als er für diese Losung Propaganda machte, ar- beitete Roste mit anderen Mitteln an der Rettung des beut- scheu Kapitalismus ." In Rußland spgt mantechnische Produktivkräfte", in Deutschland k a p i t a l i st i s ch e Produktivkräfte", nicht wahr? Man könnte sonst nicht vomVerrat der Sozial- demokraten am Sozialismus" reden und verbergen, daß der Weg der russischen wirtschaftlichen Praxis zu Kautsky geht. Der Exekutivvertreter sprach ferner über die Sowjet- aranaten. Mit einem plumpen Taschenspielertrick. Er sagte: Ja gewiß. Sowjetrußland will sich verteidigen. Sowjetrußland bereitet sich zur Verteidigung vor. Das können wir ofsen sagen. Darüber ist man sich klar in Sowjetrußland. Aber dazu sind notwendig nicht nur Getreide, Elektrizität, Straßenbahn, Textilfabriken, ja dazu sind auch notwendig Kanonen und Gewehre, auch Flugzeuge und sogar Granaten sind notwendig. Wir gestchen ganz ofsen, daß solche Sachen hergestellt werden und mit Fleiß hergestellt werden in Rußland , so schmerzhaft das auch für die sozial- demokratischen Führer und ihre Herren sein mag. Vielleicht hat man sogar ausländisch« Spezialisten bei der Versertigung." Daßsolche Sachen" drübenmit Fleiß" hergestellt werden, das sind olle Kamellen. Natürlich hat die russische Armee Sowjetgranaten. Um das zu erzählen, dazu braucht man keinen ErSkutiovertreter zu bemühen. Aber die Sache ist die: solche Sachen wie Sowjetgranaten sind mit Fleiß an die deutsche Reichswehr geliefert worden. Darüber aber fiel kein Wort. Niemand aberhatgewagt, lautauf demParteitagderKPD. zusagen. esseinicht wahr!. Um so lauter wird den Kommunisten ihre Schande in den Arbeiterschaft vorgehalten werden.

Litauen , von dem soviel gesprochen wird, hatte am 1. Januar 1927 laut amtlichen Angaben 2259151 Einwohner und ein« starte Luswonderung!

Einheitsfront öer t Der Zusammenschluß v o l k s h y g i« n i s ch e r Ver- bände, über desien Vorbereitung wir berichteten, kommt zustande. In einer am Sonntag veranstatteten erneuten Konferenz(unter Vor- sitz Reinhold Gerlings), an der Vertreter vieler Verbände aus Berlin und aus verschiedenen Teilen des Deutschen Reiches teilnahmen, wurde die Notwendigkeit der Gründung einer Arbeits- g e m e i n s ch a f t allseitig anerkannt. Reichstagsabgeordneter Genosse Dr. Moses zeigte in seinem Referat, daß durch die geplante Beschränkung der Kurierfreiheit die Arbeit der Reformheilver- bände aufs schwerste gefährdet ist. Daß die wirklichen Kurpfuscher als Schädlinge des Volkes scharf bekämpft werden müssen, darin seien auch die hier zusammengekommenen Verbandsvertreter einig.(Lebhafte Zustimmung.) Aber die Frage sei, wer als Kurpfuscher anzusehen ist, und es fehle noch an einer genauen Umgrenzung dieses Begriffes. Dr. Moses wies darauf hin, daß es auch Aerzte gibt, die im Massenbetrieb darauflospfuschen. Er beklagte, daß auch Aerzte oft die ärzlliche Wissenschaft in den Dienst des persönlichen Borteil» stellen. Er erinnerte auch daran, daß es Aerzte waren, die in den Kriegsiahren die Vertuschung des Niederganges der Volksgesmidheit mitmochten und das deutsche Volk schmählich belogen. Der Arzt, den Rudolf Lirchow einmal den natürlichen Anwalt der Armen genannt hat, müsse ein Diener der Volksgesundheit sein. Der Volksgesund-

Die Stimme am Telephon. Sie brauchten Geld! Mit einem raffinierten Trick versuchte ein« Verkäuferin in einem großen Konfektionshause der Ebbe in ihrer Kasse auszu- Helsen . Das jung« Mädchen, eine gewisie Martha F., haust mit ihrem Freunde zusammen in der Charlottenburger Straße zu Weißensee . Eines Morgens erschien sie als erst« an ihrer Arbeitsstelle und be- nutzte das Geschäftstelephon. Sie rief bei der Bank, bei der ihr Chef fein Konto hatte, an und erzählte, daß er gerade an diesem Tag« eilig habe verreisen müssen. Jetzt seien unerwartet Rechnungen eingelaufen, die umgehend beglichen werden müßten. Man habe im Geschäft keinen Blankoscheck und bitte daher die Bant, ausnahms- weise 5500 Mark auf Quittung zu geben. Das wurde zunächst ab- gelehnt. Bald nach dem Gespräch erschien aber in der Bank ein Bote, der eine Quittung mit der echten Unterschrift des Geschäftsinhabers vorlegte. Nun schien alles in Ordnung und man händigte ihm das Geld aus. Später kamen aber dem Kasienvorfteher doch Bedenken und er benachrichtigte die Kriminalpolizei. Die Beamten der Dienst- stelle D. 1 forschten in dem Konfektionshause nach und stellten fest, daß der Chef an dem in Betracht kommenden Tage zwar wirklich verreist gewesen war, daß man aber keine Zahlung zu leisten gehabt hatte. Der Urheber des Schwindels wurde zunächst nicht festge- stellt. Um ihn zu ermitteln, ließ man unauffällig jede weib- liche Angestellte mit der Bank t e l e p h o n i e ren. Di« Stimme der Anruferinnen wurden sowohl von dem Kasienvorfteher als von der Beamtin in der Zentrale auf ihren Klang geprüft. Als nun die kleine Martha am Apparat war, erkannten beide unabhängig voneinander in ihr diejenige wieder, die um das Geld gebeten hott«. Man erinnerte sich deshalb so genau, well es das erst« Gespräch zu Gejchästsanfang gewesen wav, Martha F. wurde festgenommen, leugnete aber hartnäckig alles. Jetzt wolllte man auch ihrem Freunde einmal auf den Zahn fühlen. Der mochte wohl geahnt haben, was ihm bevorstand und hatteentsprechende Maßnahmen" getroffen. Als die Beamten bei ihm erschienen, lag vor seiner Tür ein in der ganzen Nachbarschaft gefürchteter großer Wolfshund, der den Beamten grimmig die Zähne wies. Man sah ihm an, daß er fest entschlossen war. niemand zuHerrchen" hinein- zulasien. Einen Versuch, ihn von der Tür zu entfernen, beantwortete er mit einem Sprung an die Kehle. Da man das pflichttreu« Tier natürlich nicht töten wollt«, so band man ihm die Schnauze mit einem Lederriemen zusammen und führt« es fort. Der Bewohner des Zimmers antwortete nicht auf Klopsen und Klingeln. Man ließ durch einen Schlosser aufmachen, und nach heftigem Kampfe über- wältigten die Beamten Marthas Freund, der vergeblich seinen vier- beinigen Wächter zu Hilf« rief Auch er wollte von dem Schwindel mit dem Geld« keine Ahnung haben. Als man aber festgestellt hatte. daß er den Boten gespielt hatte, legt« das Pärchen ein Geständnis ab. Das Geld hatte ihnen dazu dienen sollen, ihre Kasie auszufüllen. Jetzt behaupten freilich beide, daß sie es im Ofen verbrannt hätten. Eine so törichte Ausrede glaubt man ihnen ober um so weniger, als sie ihren Trick mit so großer Gerissenheit ins Werk gesetzt hoben. Beide wurden in Haft behalten.

Neichskonferenz öes �rbeiter-Naüioklubs. Die dritte Reichskonferenz des Arbeiterradioklubs wurde am Sonnabend und Sonntag im Gewerkschaftshaus abgeholten. Die Reichskonfcrenz begrüßte Genosse Baak« für denSozialisti- schen Kulturbund", Genosse N o w o t n i n« für denFreien Radio- bund", Wien , und Genosse C r i s p i e n. Aus dem Geschäftsbericht ergab sich, daß der Klub im letzten Dreivierteljahr große Fortschritte verzeichnen tonnte. Im letzten Geschäftsjahr sind 60 neue Ortsgruppen gegründet und 31 Ausstellungen veranstaltet worden. In der Mate- rialverteilungsstelle sind im letzten Berichtsjahr für 11000 Mark Waren umgesetzt worden. In der anschließenden Diskussion wurde von einem Genossen aus Dresden gezeigt, daß es nicht nur notwendig sei, die Programme der Rundfunksender zu kontrollieren, sondern auch Vorschläge zu machen. So hatte der Radioklub Dresden beantragt, daß der mitteldeutsche Sender die Dresdener Reichsbannergedenkfeier für Friedrich Ebert überträgt. Der politi- sche Ueberwochungsdienst des Senders hat zwar diesen Dorschlag ab- gelehnt, aber selbst eine Ebert- Gedenkfeier, die einzige in den deutschen Rundfunksendern, veranstaltet. Um 6,30 Uhr wurde die Konferenz unterbrochen. Regierungsrat W o l d t hielt in öffentlicher Sitzung einen Vortrag überRundfunk und Arbeiter- schaft". der durch den Königswusterhausener Sender übertragen wurde. Ing. M e n de ls o h n sprach überTechnik im Rundfunk", der gleichfalls übertragen wurde. Am Sonntag wurde die Diskussion über den Geschäftsbericht fortgesetzt. In der Diskusston wurde be- tont, daß die Kulturarbeit des Radioklubs nur in enger Verbindung mit den anderen Kulturorganisotionen geleistet werden kann. Für die Ermäßigung der Rundfunkgebühren kämpft der Klub weiter, vor allem sollen die Blinden von den Gebühren befrett werden. Genosse N o w o t n i n e, Wien , schilderte die Arbeit, die die Wiener Bruderorganisation geleistet hat. Für die internationale Zusammen- arbeit wurde der vorbereitende Ausschuß wiedergewählt, der im Juli eine internationale Konferenz der Arbeiterradioklubs vorbereiten soll. Nach Erledigung einer Reihe Anträge für den Ausbau der Organisation wurde die Wahl vorgenommen. Zum 1. Vorsitzenden wurde Genosse Vaake, zum 2. W. H o f f m a n n, als Schriftführer Richter und Genosie Bücher gewählt. * Der Arbeiterradioklub veranstaltete au» Anlaß feiner Reichskonferenz am Sonntag eine Abendfeier in der

olksheilbeWegung. heit zu dienen, sei auch das Ziel der jetzt von einer Erschwe- rung oder Vernichtung ihrer Arbeit bedrohten Verbände. In der Gemeinfamkett dieses Zieles liege die Möglichkeit, sich trotz aller sonstigen Gegensätze zusammenzuschließen zur Abwehr d e r G e f a h r. Dr. Moses schlug vor, einen überparteilichenGe- neralstab" zu schaffen, der den Abwehrkampf planvoll zu leiten hat. Er betonte, daß die Verbände, die sich hier zusammenschließen wollen, neben diesem Abwehrkamps bemühen müssen, ihre der Volksgesundheit dienende Arbeit noch zu steigern. Hinter ihnen, den Pionieren der Volksgesundhest, stehen Millionen Volksgenossen, die an ihrem Komps teilnehmen werden.(Lebhafter Beisall.) An der Aussprache beteiligt« sich eine lange Reihe von Der- tretern großer Verbände. Alle Redner erklärten sich für den Zu- sammenschluß zum Abwehrkampf. Auch Landtagsabgeordneter Dr. Faßbender nahm das Wort und äußerte sich anerkennend über die AufNärungsbestrebungen der volkshygienischen Verbände. Im Schlußwort hob Genosie Dr. Moses heiwor, daß es keine erfolgreiche V o l k s g e s u n d h e i t s p fl e g e gibt außer derjenigen, die aus der Masse des Voltes heraus- wächst. Die Masien aufzurütteln und sie für diese Fragen zu gewinnen, daß ist wahrer Dienst an der Volksgesundheit. Die mit der Leitung des Kampfes zu betrauende Abwehrkommission wurde von der Versammlung noch nicht gewählt. Die Auswahl der Per- fönen, au» denen dieser.Generalstab" sich zusammensetzen soll, wird den Verbänden überlasten.

Philharmonie. Der Sprechchor der Volksbühne eröffnete mit Muchee«Lied der Arbeit" in stimungsvoller Weise den Abend. Dann folgte ein Prolog von Bruno Schönlank , gesprochen von Karl Dogt, der außerdem Werke französischer SozialistenKarl Liebknecht " von Guilblaux und«Du gehst Dich schlagen?" von Martinet zum Vortrag brachte. Die Begeisterung und das heilige Feuer für die Befreiung der Geknechteten, das in machtvoll klingen- den Worten aus all diesen Dichtungen spricht, fand in der zahlreich erschienenen Zuhörerschaft stärksten Widerhall. Das starte Interesse wuchs zur hellen Begeisterung, als Alfred Beierle Freiligraths .Requiescat" mit der ganzen Macht seiner starken Perfönlichtett zu wohlverdienter Wirkung brachte, und dann, gleichsam als Gegen- gewicht all der Tragik, Jack LondonsBekenntnis", ein Geschichtchen feinsinnigsten Humors, gepaart mit all dem tiefen Wisien um zer- treten«» Menschentum. Es folgten schließlich noch Tanzoorsührun- gen von Helga Normann, Kloviervorträge, Paul Zech las aus einigen seiner Werke und noch verschiedene andere zeitgemäße Dich- tungen von Schönlank, Ernst Toller und August Stramm gelangten zur Darbietung. Das sorgfältig gewählte Programm und die große Beifallsfreudigkeit des Publikums geben den besten Beweis, wie stark dos Interesie der arbeitenden Bevölkerung an kulturellen Werken ist und wie sehr berechtigt daher die Forderung erscheint, in Fragen zeitgemäßer Kulturgüter mitangchört zu werden. Die Schriftprobe. Hat Jürgens selbst den Drohbrief geschrieben? Zu Beginn der heutigen Verhandlung wurde der Kolberger Einbruchsdiebstahl behandelt. Als Sachverständiger wurde der Schlosiermeister Schaer aus Stargard vernommen, der sich darüber zu äußern hatte, wie das Schreibtifchschloh bei Jürgens ge- öffnet worden war. Im Gegensatz zur Ansicht der Polizei gab er der Auffasiung Ausdruck, daß bei Verwendung von Falsch- oder Nachschlüsieln wie in diesem Fall« irgendwelche Spuren an dem Schloß nicht zurückbleiben Dann kamen die Sachverständigen für Hundesragen zu Worte. Das Versagen des Jürgenschen Hundes bei der Suche nach Spuren führte der Sachverständige darauf zurück, daß Jürgens selbst über den Einbruch naturgemäß sehr erregt und infolgedessen nicht imstande war, einen Hund auf der Suche richtig zu führen. Dann kamen die Schriftsachverständigen zu Worte. Der erst« betonte, daß der erste Vergleich zwischen dem Drohbrief und den Schriftproben Jürgens den Eindruck hervorrufen, daß eine starke Uebereinstimmung zwischen den Schriftzügen bestehe. Allmählich sei er, der Sachver- ständige, jedoch skeptischer, da sich neben vielen Berührungspunkten auch starke Gegensätzlichkeiten befunden hätten. Zu einer anderen Auffasiung kam dagegen ein anderer Schriftsachverständiger, der auf- fallende Lehnlichkeit zwischen mehreren Buchstaben des Drohbriefes und denen der Jürgenschen Schriftproben feststellte. Die Wahrschein- lichkeit einer Identität sei sehr groß, ohne daß sich natürlich mit Be- stimmtheit eine Feststellung treffen lasse, daß Jürgens der Brief- schreiber sei. Als dritter Schriftsachverständiger wurde Professor Schaeffer, Berlin , gehört. Es liege nicht der mindeste Grund vor. anzunehmen, daß Jürgens den Drohbrief geschrieben habe. Er, der Sachverständige, sei bereit, täglich fünf Leute von mittlerem Bildungsgrad vorzuführen, die nach ihren Schriftproben viel ver- dächtiger feien als der Angeklagte. Oberstaatsanwalt: Ist es aus- geschlossen, daß Frau Jürgens den Brief geschrieben hat? Sachverst. Profesior Schaeffer: Kommt gar nicht in Frage.

Der erdichtete UeberfaU. Die Phantasie eines Autodiebes. Em angeblicher U eberfall mit Amodroschkenraub beschäftigte, wie wir schon mitteilten, die Kriminalpolizei. In der Nacht zum Sonnabend gegen IVt Uhr fanden Passanten in der Kameruner Straße im äußersten Norden der Stadt einen Mann daliegen, der erheblich« Verletzungen aufwies. Er erzählte, daß er ein Chauffeur Oskar Hofsmann sei und vier Männer von Steglitz nach der Kameruner Straße gefahren habe. Sie hatten ihn dort überfallen und niedergeschlagen und ihm die Droschke I.A 8616 und die Brieftasche mit 60 Mark geraubt. Eine Viertelstunde lang habe er bewußtlos dagelegen. Man bracht« ihn nach dem Virchowkrankenhaus, wo man u. a. eine Aushackung der Kmnlad« feststellte. Im Krankenhause nannte sich der Mann Chauffeur Arthur Vorpfahl. Der angebliche Raub erregte Verdacht, als die Kriminalpolizei feststellt«, daß die Droschke I. A. 8616 gar nicht dem von dem Chauffeur angebenen Fuhrherrn, sondern einem anderen gehörte. Dazu kam, daß einige Tage vorher in der Althoffstraße zu Steglitz ein Dieb ergriffen worden war, der nachts an der Ecke der Kurfürsten- und Lukherstraße eine Kraftdroschke gestohlen und damit eine Fahrt gemacht hatte. Er hatte sich Arthur Vorpfahl genannt und war wieder entlassen worden Die Kriminalpolizei nahm den Mann im Krankenhause ins Gebet, und er gab denn auch bald zu, daß er in Wirklichkeit Oskar Hosfmonn heißt und den UeberfaU erdichtet hat. Eine Droschke hatte er in jener Nacht gar nicht. Hosfmonn hat aber bereits mehrer« Male Au a- droschken gestohlen und sie einige Tage lang für eigene Rechnung gefahren. Ein paarmal rief er, wenn er entdeckt zu werden fürchtet«, durch den Fernsprecher die Besitzer der Wagen an und tei'te ihnen mit, wo sie sie wieder abholen könnten.

Dachstuhlbrand in Köpenick . Die Feuerwehr wurde gestern nacht noch dem Grundstück Linden st r. 26 zu Köpenick gerufen, wo in dem Dachstuhl des Vorderhauses Feuer ausgebrochen war. Nach längerem Wassergeben tonnte der Brandherd eingekreist und am Weitergreifen verhindert werde«.