Selaftenöe Aussagen im Jemeprozeß. Die Mörder wolle« bereits amnestiert sein!
Die Verteidiger der Fememörder haben gestern in der Vor- mittagssttzung des Feniepruzesses Wilms die Behauptung aufgestellt, das preußische Staatsmiyifterium habe bei der Aus- lösung der Schwarzen Reichswehr den in der Spondauer Zitadelle zernierten Arbeitstommandos Straffreiheit versprochen. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Sack, richtete an den Sachverständigen, Reichswehroberst v. Bock, folgend« Frage: Erinnern Sie sich, daß der damalige Oberregierungsrat Weiß bei seinem Besuch in der Zitadelle Spandau aus den Haupt- mann Guttnecht mit den Worten zutrat: Ich komme direkt aus der Sitzung des Staatsministeriums und erkläre Ihnen. Herr Haupt- mann, daß Skrasverfolgungen nicht einsehen werden, da höhere Znfer- essen aus den, Spiel stehen.(Große Bewegung.) Rechtsanwalt Bloch: Nach unseren Informationen ist die Aussprache zwischen dem preußischen Innenminister und den oberen Reichswehrofsizieren crsolgt nach einem telephonifchcn Ge- sprach init dem Minister des Innern. In diesem Telephongesproch war vom Ministerium den AK.-Leuten Straflosigkeit zugc- sichert worden, aber man war mißtrauisch geworden und verlangte etwas Positives. Man hatte den Verdacht, daß lediglich freier Ab- zug zugesichert werde, und daß dann das dicke Ende hinter- her kommen würde. Deshalb fuhr der in Frage kommende Offizier der Reichswehr zum Minister des Innern und kam einige Stunden später mit der Meldung zurück:„Es ist uns Straffreiheit zugesichert." Oberst v. Bock: So war es nicht ganz, denn ich selbst habe die Verhandlungen mit dem Herrn Innenminister geführt. (Bewegung.) Rechtanw. Bloch: Da Sie sich nun selbst dazu be- kennen, bitte ich, den Zeugen v. S e n d en zu hören, was Herr v. Back nach seiner Rückkehr in die Zitadelle den Leuten gesagt hat. Zeuge Oberleutnant v. S e n p e in Am 2. Oktober �923 kam Herr Oberst v. Bock zu uns und verlangte die Ablieferung aller Waffen. �Wir fürchteten samt und sonders, daß wir nun mittellos auf die Straße fliegen sollten, und wir Führer waren der Ansicht, daß die erbitterten Leute nun erst recht sich zusammentun und einen Putsch inszenieren könnten. Denn die Erbitterung der Arbeilskommandoleute war nicht nur gegen- über de» Behörden, sondern auch gegenüber der Reichswehr sehr groß. die die Mannschaften unter Versprechungen erst herangeholt und sie dann im Stich gelassen hatte. Deshalb vertanglen wir Unter- brtngung auf dem Lands. Oberst v. Bock sagte uns das ausdrücklich .zu und wollte sofort Quartiermacher entsende». Er versprach uns ferner Entlassungsuntformen und Ausweise, in denen es heißen sollte, daß wir als überzählige Reichswehr - ange hörige zur Entlassung gekommen seien. Viele Leute sürch- teten aber, daß sie besonders nach der Entlastung von der P o l i z e i unter die Luz>e genommen würden, und da verlangt« ich, daß diesen Leuten Straffreiheit zugesichert werde. Vors.: Sollte sich diese Strafsreiheit auch aus Straftaten beziehen, dl« die Leute in der zurückliegenden Zeit etwa beaanzen halten? Zeuge v. Senden: Einzelheilen wurden dabei nicht ver» einbart. Ich weiche in meiner Aussage und der Darstellung dos Herrn v. Bock darin ab. daß die Straffveiheit auch insofern für alle Leute gelten sollte, als dl« Tätigkeit der Arbettskommandos mit den Strafgesehe« von vornherein mehrfach in Konflikt geraten war. Wir verlangten«ine Amnestie für uns. R.-A. Bloch: Und Herr v. Bock hat Ihnen diese Amnestie des preußischen Innen- Ministers ausdrucklich zugesichert? Zeuge Oberleutnant v. S e n d e n: So haben wir es verstanden. Vors.: Und wenn nun ein Mann des Arbeitskommandos einen anderen totgeschlagen Halle. sollt« der vielleicht auch strastrei sein? Zeiige Oberleutnant v. S e n, den(achselzuckend und die Hände ausstreckend): wenn es auf Befehl geschah... Am Montag soll über den ganzen Fragenkomplex, der mit der Auslosung der Arbeitskommandos in Verbindung steht, der letzige Dizepolizeipräsident und damalige Oderregierungslat Dr. Weiß vernommen werden. Nach der interessanten Auseinaizderfetzung zwischen Verteidigung und sachverständigen Zeugen des Vonniltags konzentrierte sich das Hauptintcreste am Nachmittag auf heu Zeugen Schmidt- Halbschuh. Dieser Name ist mit dem gesamten Femenwrd- komplex auss engste verbunden, Schmidt-Halbschub wqr einer der ersten, der der politischen Polizei über da» Femetrejben ausjiihrlich berichtet hat. Seine Aussagen spielten auch keine gering« Rolle in den Landsberger Feinemordprozesjen. Damals faßte ihn die Verteidigung scharf a». Gestern fragte ste Ihn recht vorsichtig aus. Es mag sein, daß sie der Ansicht ist, daß auf diesen Zeugen das Gericht doch nicht allzu viel Gewicht logen wird. Die Aussagen des Zeuge» Schmidt bewegen sich in ZACi Richtungen. Einerseits sind sie tatsächlicher Natur und nehmen direkt Bezug aus die Teilnahme der einzelnen Angeklagten! zum andern behandeln sie den gesamten Femekomplex. Schmidt-Halbschuh gehörte zur Komvagnie des O b e r l e u t- n a n t s v. Pa n n w i tz. Den Angeklagten Umhofer, der in der gleichen Kompagnie war, kenn! der Zeuge bereits seit 19M aus der örgam« sation Nationale Armoe und von den zwei Befreiungsversuchen Ehr- Hardts her. Um de» U, Juli herum ging Umhofer nach Rathenow , wi« er chm sagt«, zur Abhaltung eines Maschinen. gewehrkursus. Nach einigen Tagen kam er aber von Rathenow zurück und erzählt«: ..heule Nacht haben wir«inen schwimmen lasten. E» war der, der oben aus der Stube ZV gewohnt hat. Wikm», den Du sortbringen solltest." Während der Unterhaltung fügte er hinzu:
„Du wirst in der nächsten Zeit unseren neuen„Z.-b.-B."-Chef kennen lernen, der war auch mit dabei. Das ist ein forscher Kerl und er wird demnächst nach Spandau kommen." Gemeint war damit Fuhrmann. Umhofer schilderte auch ganz genau, wie die Tat begangen worden war; daß man dem Wilms ein Geständnis habe abriirgen wollen und daß er, bevor man Ihn erschossen hat, einige Male das Bewußtsein verlor. Eine Disse» renz ergibt sich bei den Bekundungen des Zeugen hinsichtlich des Datums, an dem der Mord begangen sein soll. Es soll dies der II. oder 12. Juli 1 923 gewesen sein, während alle bisherigen Bekundungen für den 18. Juli sprechen. Der Zeuge bleibt aber dabei, daß es am 11. oder 12. gewesen sei» mußte, da es vor Ehrhardts Befreiung war und diese am 13. Juli statt- gesunden hat Schmidt-Halbschuh belastet aber nicht allein Fuhrmann und Umhofer. Aus dessen Erzählungen will er wissen, daß auch Älapproth dabei gewesen sei. Ueber Schulz weiß er ver- jchiedenes zu erzählen. So soll v. Pannwitz gemeint habe», daß er den Büsching, der in Küstrin auf Fahlbusch einen verheerenden Einfluß ausübte, nicht fortschaffen könne, weil er sich dem B e- fehl von Schulz und der Division nicht wider- setzen könne. Und als am j. Oktober der ganze Laden platzte und Schulz geflohen war, da habe Fahibusch gesagt:„Jetzt sind alle Täter im Stilb gelassen, Schulz ist nicht mehr zu finden, nun werde ich wegen meiner sechsfachen Morde belangt werden können." Den Angeklagten Stantien erinnert der Zeuge an den Ausspruch, den er in Verbindung mit den Fememorden getan haben soll: Warum sagt Schulz nicht die Wahrheit, daß er nichl anders handeln konnte, weil er keine Dlsziplingewalt besaß?". Schmidt-Hqlbschuh kihauptet: Die Feme war gewissermaßen eine E i l j u st i z. die in technischer Hinsicht in der Ueberwachung Ver- dächliger und in der Feststellung ihrer Talen bestand und auch eine Exekutive in sich schloß. Die Urteile, sofern man von solchen sprechen kann, wurden aus der Division gefällt. Die Deckung dafür lag bei der Reichswehr . Es fei Tatsache, daß auch in den anderen Wehrkreiskommandos die Todesstrafe als Sicherung gegen Verräter empfohlen worden sei. Wiste» Sie das mir aus eigener Erfahrung oder vom Hörsagen? sagte der Vorsitzende Zeuge: Ich weiß es üon einem Major R i ck« l t, daß dieser Vorschlag beim Wehrkreis l gemacht worden ist. Iustizrat Hahn: Es handelt sich um den Polizeimajor Rickelt in Berlin . Er hat sich dieser Tage auch a» mich gewandt und er- klärt: Die Reichswehr halte in diesem Prozeß mit de» Tatsachen zurück. Der Zeuge sagt weiter: Im ganzen seien vier Z.-b.-V» Kommandos vorhanden gewesen, und zwar Wurster, Fahl, busch, Büsching. er selb st und dann Fuhrmann. Den letzteren sollte der Hauptmann E b e r b a ch ablösen. Dieser „Hauptmann Cberbach" ist niemand anders als der anwesende Zeuge G r a s s u n d e r. Er bestreitet mit aller Entschiedenheit die Richtig, keit der Behauptung des Zeugen Schmidt-Halbschuh. Er wird aber scharf ins Gebet genommen und einiger Unwahrheiten bezichtigt. Viel Nachteiliges über Schmidt-Halbschuh erzählt der Zeuge Wüster, der im Kottbustcr Prozeß zu einem Jahr Festung ver- urteilt worden war: Schmidt liebe zu renommieren, er sei Kokainist, habe die Sachen des Zeugen unterschlagen und dergleichen mehr. Sehr aufgeregt gestaltet sich die Vernehmung des Pfarrers H« n f ch k e aus dem Moabiter Untersuchungsgesängnis. Auf Wunsch der Behörde hat er die Femegefangenen zweimal in der Woche besucht und aus eigener Initiative es sich zur Aufgabe gestellt, in dem ganzen Wilms-Prozeß sich Klarheit zu schassen. Der einzige, der ihm als unglaubwürdig erschien, war o. P o s e r. während alle andere« Schulz entlosteten, belastete ihn dieser hart- Näckig. Deshalb beabsichiiqle der Pfarrer ein Zusammenkressen der beiden zu bewerkstelligen, daß sie einander näher kommen könnten. Diese„gute Absicht" hat aber den Staatsanwalt veranlaßt. sich bei der Strafvollzugsbehörde zu beschweren. Der Pfarrer ist noch heute der Ansicht, daß er mit dieser eigenartigen Methode, sich die Besugnisse einep Untersuchungsrichters anzueignen, nichts anderes als Seelsorge betrieben habe. Auch Iustizrat Hahn teilt diese An- sichi. Der Vorsitzende und der Staatsanwalt sprechen aber ihre Verwunderung über eine derartige Art der Seeisorge aus. Der Pfarrer ist aus Antrag des Verteidigers Hildcbrandt geladen worden: er sollte bestätigen, daß Fuhrmann auch ihm gegenüber sein Teilgeständnis gemacht hat. Der Zeuge bestreitet dies jedoch. Aufregende Auseinandersetzungen gibt es zwischen der Ver- teidiaung Fuhrmanns und dein Zeusten Röpke. R.-A. Hilde- branot bezichtigt den Zeugen des Meineids und verlangt dessen Verhaftung. Interessant gestaltet sich di« Vernehmung des Zeugen Eckelt, der auf Befehl Bndzynskis von Umhofer verhastet werden sollte und sich unter den Schutz der Polizei begeben hat. Er war damals bereits acht Wochen aus dem Arbeitskommqndo entlassen und hatte mit Erlaubnis seines Leutnants die Uniform mitgenommen, da er nichts anderes anzuziehen hatte. Bei der Verhaftung wurde ihm aber gesagt, haß er wegen Spionage und Fahnenflucht in di« Zita- delle zurück müsse. Der Leutnant Reichelt stellt fest, daß die Ver- hastung qus Grund eines Befehls des Wehrkreises stattgefunden habe. Der Vorsitzend« weint dazu: Na Schulz, was sagen Sie dazu? Die Verhandlung wird am Montag, 10 Uhr, sortgesetzt.
�hkna und die deutsche Arbeiterschaft. Eine Zuschrift aus der nationalen Bewegung. Wir erhalten von dem zurzeit in Berlin weilenden Sekretär des chinesischen Soeleuteverbandes und Vertreter des chinesischen Gewerkschastsbundes Chan K u e n folgend« Zuschrift: Von befreundeter Äste wurde ich auf den Leitartikel in Nr.-13 des„Vorwärts" aufmerksam gemacht, in dem die Stellung der deutschen Arbeiterschaft zum Kampfe in China behandelt wurde. Diese Frage ist noch immer aktuell. Ich mächte deshalb mit Ihrer Erlaubnis auf diese Frage kurz zurückkommen. Der erwähnte Artikel anerkennt die weitgehende Bedeutung der chinesischen Revolution, betont aber, daß»die deutsche Arbeiterklosse sich ganz naturgemäß in erster Linie auf die Pro- bleme konzentrieren wird, die sie unmittelbar angehen", und als dos Ziel der deutsche» Politik, dos allen vorangeht, wird die deutsch -sranzösische Verständigung bezeichnet. Meiner Meinung nach hat die deutsche Arbeiterklasse an dem Siege der chinesischen Revolution ein unmittelbares Interesse, und die Frage der deutsch -sranzösischen Verständigung hängt meines Erachtcns mit dem Schicksal unserer Revolution aufs innigste zu- sammen. Durch die gemeinsame Politik oller imperialistischen Mächte gegenüber unserem Lande, durch hie Kämpfe der verschiedenen Gruppen auf chinesischem Boden wurde die Entwicklung der Pro- duktiokräste in China dauern gehemmt und stark zurückgeworfen. Die jetzige Revolution macht die Bahn frei für die weitere Eni- Wicklung und schafft die Vorbedingungen eines vielfach gesteigerten Güteraustausches mit der übrigen Welt. Der chinesische Markt wird für die großen Industrieländer, insbesondere für Deutschland bald von sehr großer Bedeutung werden. Der Auebau des Verkehrswesens, die Unterstützung der mächtigen Massen der londwörtschaftlichen Bevölkerung(Regulierung der Flüsse gegen Ueberschwcmmung, die Urbarmachung unbesiedelter Gebiete, die Verwendung besseren Saatkornes usw.)— all dies wird den Bedarf europäischer Industrieprodukte rasch steigen'. Hinzu kommt, daß die Beseitigung der krassen Ausbeutung der Arbeiterschaft in den Städten(der Skandal der Kinderarbeit ist Ihnen sicher bekannt) ohne Zweifel eine Auswirkung auf die Arbeitsverhältnisse auch der Industriearbeiter der anderen Länder haben wird. Bei einer Arbeitslosen.zahl von— wie es scheint— über zwei Millionen hat meiner Meinung nach die deutsche Ar- beiterklasse ein unmittelbares Interesse daran, daß die � imperialistischen Hemmungen der Entfaltung der Produttivkräfke auf einem so großen Gebiet wie China beseitigt werden. Und nun zur Frage der deutsch -sranzösischen Verständigung. Durch die Weltpolitik der britischen herrschenden Klasse gewinnt diese Frage eine» untrennbaren Zusammenhang mit der chinesischen Revolution. Die Sicherung der Herrschaft über Indien und dos Gleichgewicht der Mächte in Europa sind wohlbekannte Grund- Prinzipien der britischen Außenpolitik. Durch die Gleichgewichts- Politik in Europa sucht sich England Bewegungsfreiheit in Asien zu sichern. Dieses Spiel geht bekanntlich fest Jahrhunderten. D i e englischen Konservativen bekämpfen in anderer Form und mit anderen Methoden, aber mit eben- solcher Schärfe die deutsch -sranzösische Berstän, digung, wie die chinesische Revolution. Die»Erb- feindschast" zwischesi Deutschland und Frankreich Ist die Garantie der englischen Konservativen in Europa und in Asien. � Darum woge ich zu behaupten, daß die beiden Fragen aufs tnmgfte zusammenhängen. Wer di« deutsch -sranzösische Nerständi- gung will, der muh auch den Sieg der chinesischen Revolution wünschen und unterstützen. Rur derjenige kämpft unseres Erachtens auch für den Frieden. Die englische Arbeiterklasse hat diese Wahrheit erkannt. Unser größter Wunsch ist. daß auch die deutschen Gewerkschaften im In- teresse des Frieden- gegenüber den chinesischen Freiheitskämpfen nicht neutral bleiben. Sehr richtig schreibt der»Vorwärts":»Die Haut ist uns näher als das Hemd." Aber ich glaube, wenn das Hemd von einem Geschoß zerrissen wird, besteht dann nicht die Gefahr, daß auch die Haut verletzt wird? Wenn da« Hemd in China angezündet wird, wie leicht verbrennt dann auch die Haut der deutschen Ar- beitorschast.
Zusammenbruch der Kantongegner. Die Rordtruppcn in Schanghai umzingelt. London , 19. März.(Eigener Drahtboricht.) Am Generalstreik in Schanghai haben noch den hier vorliegenden Meldungen nur 22 900 Arbeiter teilgenommen. In der Stadt selbst hört man an- geblich bereits Geschützdonner, die Südarm« soll 30 Kilo, meter südwestlich Schanghais weiter vorgehen. Der Zusammenbruch der Front der Nordtruppen ist auch nach den hier vorliegenden offiziellen Meldungen nicht mehr zu bezweifeln. Ein Teil der Nordgeneral« ist mit Truppen zum Süden übergegangen und bei Nanking soll die Nordfront ebenfalls auseinandersalle». Schanghai ist infolge des Durchbnichs bereit» vom Lande abgeriegelt-und damit sind die in Schanghai stehenden Truppen von ihrer Rückzugslinie al'geschmtten.
Eine Zierde der Kapp-£eute. Putschist— Hochstapler— Betrüger. Stockholm , 19. März.(Eigener Drahtbericht.) Die Stockholmer Polizei hat am Sonnabend nähere Angaben über einen internatio- nalen deutschoölklschen Abenteurer verössentlicht, der kürzlich hier wegen Betrugs verhaftet wurde. Es handelt sich um den früheren deutschen Rittmeister Eberhard Konstantin von Schoeler. der unter dem Ramen Freiherr von Tornow in einem Stockholmer Hotel auf Kosten einer schwedischen Bankiers- witwe wohin«, der er die Ehe versprochen hatte. Nachdem v. Schoeler verhostet wurde, zeigte sich, daß er auch von der f i n n i. schen und von der preußischen Polizei gesucht wird. Schoeler war Teilnehmer am Kapp-Putsch und an der Ermordung Rathenaus. Er verbarg seinerzeit den Chauffeur des Mörderauto» in seiner damaligen S t e t t I n e r Wohnung und flüchtete nach Finnland , als die preußisch« Polizei ihm auf die Spur kam. In Finnland trat er mit den,„?our le merite" auf, den er nie besessen hat und erreichte durch Erzählung semer Heldentaten, daß er bei einem Freikorps eingestellt wurde. Er heiratete dort ein« Pfarrerstochter, trotzdem er schon in Stettin verheiratet ist. und verübt« Betrügereien und Schiebereien zum Schaden de« Freikorps , so daß ihm auch dort der Boden zu heiß wurde und er unier falschem Namen nach Deutsch - land zurückging. Dort gelang es Ihm, angeblich durch Vermittlung eine, rechtsstehenden Politikers, die Agentur einer Motorradfabril zu erhalten und er heiratet« zum dritte» Wale ei»»
fchlefische Aristokratin. Weil er aber der Motorenftrma Geld unterschlug, mußte er wieder flüchten und ging mit falschem Paß nach Kopenhagen , wo er in konservativen Kreisen auf Grund seiner Prahlereien mit Kriegs- und P»tschab«nteuern Eingang fand, bis ihn die Polizei in Stockholm verhaftete.- Der Ehrenmann beansprucht, nicht nach Deutschland ausgeliefert zu werden» da er politischer Flüchtling sei. Di« Entscheidung darüber liegt bei der schwedischen Regierung.
Kolonialkorruption. Französische Untersuchung ln yndochina. Parts. 19. März.(Eigener Drohtbericht.) Gegen dt« Vermal- tung von Französisch-Indochina , an deren Spitze der(deshalb von der Sozialistischen Partei ausgeschiedene) Abg. V a r« n n e steht, sind sehr schwere Korruptionsanschuldigungen erhoben worden. Der Ministerrat hat deshalb beschlösse», eine Kommission nach Indochina zu entsenden, die die Bedingung-» untersuchen soll, unter denen die Konzessionen in der Kolonie vergeben wurden. Vi» zur Rückkehr dieser Kommission hat die Regierung die Verteilung jeder Kon- Zessionen suspendiert. Reaktionäre LauSbübcrei. Paris , 19. März.(Eigener Drahtbericht.) Di« I a u r e e- Statue in Perpignan ist in der letzten Nacht mit Teer h«, sudelt worden. Do» de» Tätern fehlt vorläufig jede Spur.
Kampfruf der polnischen Sozialisten. Gegen die sozialreaktionäre Regierung. Warschau . 19. Mär,.(Eigener Drahlbcrichk.) Das Zentral- exekutivkomitee der Sozialistischen Partei Polens hat gemeinsam mit den Gewcrkschaslsleilungen einen scharfen Beschluß gegen das ofscnkundtg sozlalreakilonäre Vorgehen der Regierung gesaht und ihr den entschiedenen Kamps der organisierten Arbeiterschaft angesagt. Die» ist die erste offene Sampfansage der polnischen Sozialdemokratie gegen die Pldsulski-Regierung. Der gefährliche Franzose. Di« Deutschnationalen haben sich vor einiger Zeit bitter über«inen Referenten de, preußisch«» Kultus» Ministeriums beschwert, weil er deutschen Volksbüchereien französisch« Autoren zugeführt Hobe. Da sehe man wieder einmal die internationale Einstellung de, rot angehauchten Preußen- kabinett». Kultusminister Dr. Becker hat e» sich nicht nehmen lassen, der Sache nachzugehen. Er teilte das Resultat in der letzten Landtags- sitzung mit. Der französische Autor, den die deutschnationalen Hüter der deutschen Kultur auf» Korn genommen hatten, wor«in gemiger w Jean Paul ,