Sonntag 20. März 1927
Alus der Film- Welt Mus
Die Filme der Woche.
, Bali, das Wunderland". ( Tauentzienpalast.)
Ja, Bali ist für uns wirklich ein Wunderland geworden, in dem die Phantasie gern paradiesische Zustände ansiedelt. Diese westlichste der kleinen Sundainseln, die mit Java den allgemeinen landschaftlichen und Bevölkerungscharakter teilt, ist eine Berle Insulindes. Der alte triegerische Charakter der Bevölkerung ist aus gelöscht, es ist ein friedliches, schönes und begabtes Bolt. Die Natur ist tropisch üppig, das Kunstgewerbe ist reich entwickelt, malerische Sitten locken geradezu die Filmkamera herbei. Entdeckt worden ist das Land für uns durch die Photographie, es ist die Sehnsucht Tausender geworden, die sich aus unserer Barbarei hinwegträumen. Lola Kreuzberg, die ganz allein eine Expedition durch Bali unternommen hat, kann daher von vornherein mit einer freundlichen Aufnahmebereitschaft rechnen. Freilich sind unsere Erwartungen nun auch sehr gesteigert, und nicht alle Sehnsüchte können befriedigt werden. Gewiß. Schwierigkeiten gab es genug, und es war ein Wunder, daß eine Frau sie allein bestand und noch dazu Gebiete erobern fonnte, die bisher dem neugierigen Auge des Europäers verschlossen geblieben waren. Aber so gut die Naturaufnahmen und so interessant die Tierbilder waren, vor allem der Kampf zwischen einer Kobraschlange und Mungo, dem dortigen Ersatz der Hauskaße, man hätte gern noch mehr schöne Enpen dieser sanften Frauen im Bilde gesehen. Originell und neu sind die Tempelfeste und Tänze, die hier wohl zum erstenmal filmisch erschlossen sind. Man hat oft genug die Hahnenkämpfe, vielleicht auch die Grillen kämpfe, die die Eingeborenen mit besonderer Spielleidenschaft betreiben, gesehen, aber diese Einblicke in die religiösen Beremonien auch die Tänze sind religiöser Art sind uns bisher nicht bekannt geworden. Eher schon die Szenen aus den nationalen Spielen, die Borgänge aus der Sage und Göttergeschichte behandeln. Sehr mert würdig sind die großen Mastenfiguren und Ungeheuer, die in den Tempeln im Tanz produziert werden. Auch das mit den Händen in sehr charakteristischer Weise durchgeführte Gebet eines Brah manenpriesters wurde uns gezeigt. Die Tänze, die dann folgten, beruhen auch mehr auf den Bewegungen der Hände und des Kopfes als etwa der Beine, die ganz vom Gewand verhüllt und wenig beweglich sind. Im Trance werden Tänze von Tempelfindern auf geführt, die zur Krantenheilung dienen. Der Abwehr von Erdbeben und Seuchen gilt der Kristanz erwachsener Männer, die sich selber zerfleischen und töten, um dadurch die Dämonen zu ver föhnen. Bum Schluß fah man die phantastischsten Bauten, auf denen die Leichen zur Schau gestellt und dann verbrannt werden. D.
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Im zweiten ft der Operette fingt die Csardasfürstin mit Schmerzdurchwühlter Stimme:„ Die Mädis, die Mädis vom Chan
tant". Dann fact sie mit schöner Geste zusammen. Im Zuschauerraum fließen Tränenströme. Der ganze Ton der Operette ist distret auf Moll gestimmt, ein paar Wige und Couplets versuchen heimtückisch die seriöse Stimmung zu durchbrechen, aber es tommt trob des sprühenden Csardas zu feiner entschiedenen Luftigkeit. Im Film fehlen sogar die spärlichen, humoristischen Andeutungen der Operette, es entwickelt sich also von Anfang an eine dumpfe AtmoSphäre. Operetten follen eigentlich luftige Angelegenheiten sein- Offenbachs Parodien und„ Die Fledermaus " sind darin vorbildlich, sie sollten es sein; leider siegten aber die Sentimentalität, das goldige Herz, die Gartenlaube; dies enthüllt der Film. Man greift zur Operette aus Stoffmangel, vielleicht auch, weil Bergers Balzertraum" ein großer Erfolg war. Zum größten Bedauern fann man jedoch nicht die Musik verfilmen. Kalman hat Einfälle, instrumentiert ausgezeichnet, erfindet wunderschöne Melodien: die allein brachten den großen Erfolg. Das Tertbuch ist abgestandene Limonade und wirkte auf den Komponisten eher hemmend als för dernd; es serviert den aufgewärmten Kohl von dem hochstehenden Fürsten und der edel- anständigen Tänzerin in wenig schmackhafter Sauce. Warum perfilmt man diesen Tert, der von der Marlitt oder von Hedwig Courths Mahler sein tönnte? Nur ber Anfang ist
hübsch: die weite Bußta mit den ungeheuren Schafherden, die Stimmung eines heißen Sommertages, die Berlassenheit der eintönigen Steppe. Dann ist alles dagewesen: das Kabarett, das mondäne Leben und der Konflitt. Uebrigens scheint niemand der verantwort lichen Leiter gemerkt zu haben, daß der Text der Csardasfürstin " mit dem der Luftigen Witwe", allerdings nur in der Verfilmung, verzweifelte Aehnlichkeit hat. Die Amerikaner fentimentalisieren die Lustige Bitwe", aber jie bieten ein gutes Ensemblespiel, eine
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glättende Regie;„ Die Csardasfürstin" unter der Regie von Hanns Schwarz zeichnet sich in schauspielerischer Beziehung weniger aus. Hin und wieder blizen ein paar humoristische Einfälle auf, die vom Regisseur erfunden sind. Das ist das Plus. Musik ist nicht zu verfilmen, aber man kann ihren Stimmungsgehalt, ihren Rhythmus im Bild ausdrücken. Diesen Ausgleich fand Berger im Walzertraum", diesen Ausgleich findet jedoch nicht Hanns Schwarz , trogdem Kalmans Musik höher steht und rhythmischer ist als die des Ostar Strauß; die Csardasszene hat wenig Schmiß. Rein regietechnisch ist der Film gut gebaut. Die verkitschte Handlung geht nicht aus der Welt zu schaffen, aber Schwarz komprimiert und versteht zu steigern. Die Szenerie wirft wie eine Atrappe. Auch die Schauspieler find ungleichwertig. Die ungleichwertig. Die Ungarn zeigen fich den Deutschen überlegen. Imre Raday als Graf Boni fpielt wirklich jungenhaft und liebenswürdig, Julius 3ilalny ist ein gütig verstehender, abgelegter Lebemann, dagegen sieht Marion nur vornehm aus. Liane Haid als Silvia Barescu ist nicht die große Kabarettdiva, der die Lebewelt zu Füßen liegt, fie bleibt im Format zu klein, ein füßes Mädel. Mit Wehmut denkt man an die Maffary, die vor zehn Jahren diese Rolle treierte. J. S.
„ Die Nacht der Liebe." ( Capitol.)
Dieser Film ist nur wichtig für die Psychologie der amerikanischen Konsumenten, für die er bestimmt ist. Ein historischer Roman, angeb lich nach einer Novelle des Cervantes, in der Art einer großen Oper mit prächtiger Ausstattung, Massenregie und tabellofen Stoftümen. Im Gegensatz zu dem Bomp und Lugus eines herzoglichen Hofes steht die Romantik des Zigeunerlebens mit originellen Gitten und ihre Felsenzuflucht. Der Roheit und Barbarei des sadistischen Her zogs, der von einer Zigeunerbraut das Recht der ersten Macht erpreßt und auch sonst in seiner ganzen Wüstheit und Roheit porträtiert wird, wird die wahre Liebe des Zigeuners gegenübergestellt, der den Tod und die Schande seiner Braut in gleicher Weise an dem Herzog zu rächen geschworen hat, dann aber die geraubte Braut des Herzogs, eine geborene Prinzessin von Frankreich , freigibt und zu ihrem Manne zurückbegleitet von Liebe bezwungen. Aus der Nacht der Rache ist eine Nacht reiner Liebe geworden. Es muß den Amerikanern eine merkwürdige Freude bereiten, diese Lady unversehrt durch alle Anfechtungen des Zigeunerlagers hindurch gehen und trotz ihrer be reits erwachten Liebe zu dem Zigeuner zu ihrem angetrauten Scheu fa! zurückkehren zu sehen. Man genießt die Wonnen der Gefahr und erlebt den Triumph der Konvention. Das Ungetüm von Herzog ist freilich von folchen moralischen Anwandlungen frei, weiß seiner Frau, als Beichtvater verkleidet, ihr Geheimnis abzulisten und den Zigeuner ins Garn zu locken. Schon ist der Scheiterhaufen für den Zigeuner entzündet, da erscheint die Prinzessin, aus ihrem Kerfer entflohen, in der Gewandung einer Madonna, in deren Nische sie geraten ist; das Bolt glaubt an ein Wunder, die Massen stürmen den Scheiterhaufen, befreien den Zigeuner und morden den Herzog. Tugend und Edel: mut triumphieren, wie das halt in Amerika so üblich ist.
Fizmaurice, der Regisseur, versteht prächtige Bilder zu ftellen, große Bacchanale und herrliche Mondnächte zu inszenieren; aber man bleibt bei all dem Bomp falt, genau so talt wie bei den
moralischen Prachten der nach amerikanischen Begriffen unsagbar zigeuners Colman, der auch in dieser Maske der Liebhaber von schönen und teuschen blonden Bilma Banky und ihres Edelheute bleibt. Das einzige Echte an dem Film sind einige Galgenphysiognomien unter den Zigeunern und der wüste Herzog, den Mont Love mit allen Schikanen eines Bösewichts ausstatten darf.
„ Kopf hoch, Charly."
( UZ. Kurfürstendamm.)
D.
Berfilmt zu werden, ist das Schicksal eines jeden Romans der " Berliner Illustr. 3tg.". Diesmal schrieben nach dem Roman von Ludwig Wolff Willi Wolff und Robert Liebmann das Filmmanu skript, das Dr. Willi Wolff verfilmte, während Ellen Richter die Hauptrolle spielte. Die Ellen - lichter- Filme führten einst, nach der Art, wie es bei fostspieligen Bergnügungsreisen üblich, ein gutes Stückchen durch die Welt. Das war einmal, als wir so lange von
Beilage des Vorwärts
Dargestellt sind sie von Ellen Richter , die ihr Mißtrauen in pielen, völlig mißratenen Großaufnahmen auszudrücken hatte. Als Darsteller verpflichtete man u. a. Michael Bohnen , Anton Poin= tner, Angelo Ferrari . Man benutzte mehr ihre Namen als ihr schauspielerisches Können. Alles in allem muß man sagen, es kommt heutzutage erfreulicherweise nicht mehr vor, daß zwischen Film, Roman, Schauspielern und Stadtbildern so wenig Zusammenhang ist wie hier.
Liebelei". ( Primuspalast.)
e. b.
Ein Schauspiel von Arthur Schnitzler zu verfilmen, ist ein Unding, denn wenn das Wort fehlt, bleibt von einem Berk Schnizlers so gut wie gar nichts übrig, werden viele sagen. Das Schauspiel ist auch geändert, es ist in die Länge gezogen; doch weil es dabei auf Bildwirtung eingestellt wurde, ist die Verfilmung gerechtfertigt. Die Regie von I. und L. Fleck benutzt die Reize von Winterlandschaften, hocheleganten Inneneinrichtungen und erfaßt ebenso die Giebelstubengemütlichkeit. Filmisch bis ins Kleinste vorbereitet ist jede einzelne Handlung. So erschlägt die Breite der Bilderzählung, die gewollte Ausmalung der Milieuschilderung, die seelische Entwicklung nicht. Im Mittelpunkt bleibt Frig Lobheimer, der leichtfinnige, melancholische Wiener, Er steht zwischen zwei Frauen, die eine liebelt, die andere liebt. Als er sich über sich selbst flar wird, ist es bereits zu spät. Im Duell tötet ihn der betrogene Gatte. Bivian Gibson ist die liebelnde, begehrenswerte Frau. Für dieſe bewährte Darstellerin mondäner Frauengestalten wurde diese Rolle zum Riefenerfolg. Evelyn Holt spielte die Chriftine, jugendzart, natürlich, anmutig und rührend, während Hilde Maroff die lustige Freundin war, die das Leben wesentlich leichter nimmt. Louis er ch als Friz Lobheimer und Henry Stuart als sein Freund befriedigten wohl nicht allgemein. Bertreter der Liebhaberrollen haben es heute auch nicht leicht, da der Geschmack des Filmpublifums Modelaunen gleicht, er ist immer auf gewisse Typen eingestellt.
,, König Amazonas." ( Mozart- Saal.)
e. b.
In der Beurteilung ethnologischer und geographischer Filme find wir schon anspruchsvoller geworden. Ein bloßer Reisefilm, der bie Schwierigteiten und Strapazen der Reise schildert und einige Natureindrücke und Szenen aus dem Eingeborenenleben dazu bietet, genügt uns nicht mehr, wenn wir auch keineswegs Sensationen und gestellte Szenen erwarten. Dieser neue Film, der von einer besonderen Expeditionen aufgenommen wurde, führt von der Atlantifchen Küste durch das ungeheure Amazonenstromgebiet, größte der Welt, durch die Kordilleren nach Beru bis an die Gestade des Pacific. Aber der Nebentitel, der pon den Wundern des Amazonenstromes und den Geheimnissen des Inkalandes spricht, führt einigermaßen irre. In der Hauptsache beschränkt sich William Me. Governs Bericht auf die bloße Reise, die zunächst auf einem großen Dampfer, dann auf einem kleinen Flußdampfer und schließ
Das
lich mit dem Motorboot und gewöhnlichem Boot ausgeführt wird. So majestätisch und ungeheuer groß der Amazonenstrom ist, so
langweilig wird er doch auf die Dauer, und auch das Gebiet der Stromschnellen, das an sich pittorester ist, wirkt schließlich ermüdend. Von den Indianern war auch nicht viel herauszuholen: etmas Fischerei, die Zubereitung der Maniokawurzeln und als ein wichtiger Teil zu fehlen scheint. In der Tat ist das Leben Hauptstück ein Mannbarkeitsfest mit Tänzen, bei dem allerdings dieser Indianer außerordentlich arm und reizlos. Aber ein wirflicher Forscher hätte doch mehr herausgebracht. Bestehen hier nicht noch Reste des Mutterrechtes? Wozu dienen die Gemeinschaftshäuser der Männer? Auch von dem Tier- und Pflanzenleben, das der frühere Film„ Die Wunder des Amazonenstromes" außerordentlich lebendig vor Augen führte, ist nicht die Rede. Die Geheimnisse des Infalandes, die uns enthüllt werden, beschränken sich auf einige Bilder von Resten aus der Inkazeit in Cuzco und Umgebung. Gerade hier wäre viel mehr Interessantes herauszuholen gewesen.
T.
aller Welt abgesperrt gewesen waren und uns an lebenswahren Pfarrer Heumanns Heilmittel
Reiseeindrücken lag, völlig berechtigt. Inzwischen kann man draußen in der Welt wieder ernste Filmarbeit leisten, und die zusammengeramschten Reiseeindrücke sind überholt. Daß man in Berlin , in Baris und in New York Photographen bemühte, um zu zeigen, in diesen Weltstädten gibt es Automobile, Lichtreklame und Tanzdielen, ist doch auch eigentlich mehr als überflüssig. Genau so oberflächlich wie die Städte sind die Menschen behandelt. Der ehemalige Dffizier hat während der Inflation sein Geld verloren, eine Stellung findet er nicht, darum verläßt er seine über alles geliebte Frau und fährt erster Klasse nach Amerika , um den Versuch zu machen, seinen Onfel anzupumpen. Der reiche Hotelbefizer gibt aber fein Geld her, doch bietet er dem Neffen eine Stelle an als Bimmerfellner, Darob sittliche Entrüftung beim Ehemaligen und Empörung beim lieben, guten Spießbürger. Wie darf man einem ehemaligen Offizier eine solche Arbeit zumuten! Doch der gemüt volle Spießer fann beruhigt sein, der Ehemalige mird von einer Dollarmillionärin geheiratet. Nun ist der Edle Bigamist und Ontel Hotelbesizer bemüht sich zwecks Chefcheidung über'n großen Teich, Und dann geht es lustig im Kolportageftil weiter. Die verlassene Frau wird von Verehrern umringt, und da einige fich als hoch ftapler entpuppen, landet Jie beim Schiffsreeder. Die formvollendete Unnahbare macht also immerhin eine ganz annehmbare Partie,
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Der atemraubende Sensationsfilm:
,, Einer gegen Alle"
mit Carlo Aldini , Ruth Weyher Karl Auen , Albert Steinrück , Wilhelm Diegelmann , Hermann Picha , Maria Mindszenty Regie: NUNZIO MALASOMMA
Auf der Bühne: Carlo Aldini persönlich URAUFFÜHRUNG ab MITTWOCH, den 23. MÄRZ 1927
Wochentags 7.15 und 9.15 Uhr.
Sonntags 5.15, 7.15, 9.15 Uhr