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Nr. 14244.Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die Hakenkreuzlerattacke vor dem Stadtparlament.

Prügelei auch im Rathaus: ein Deutschvolfsparteiler provoziert- Kommunisten hauen zu. Die Berliner   Stadtverordnetenversammlung| Wo das etwa durch leberlassung von Turnhallen zu Quartierzwecken wurde gestern seit langer Zeit zum erstenmal wieder der Schauplah schon geschehen sein sollte, sollen diese Anordnungen rückgängig ge einer Prügelei. Wegen des in Lichterfelde   von Hafen macht werden. Den städtischen Körperschaften soll verboten sein, sich irgendwie aktiv an Empfängen oder an der Kundgebung selbst zu freuglern verübten Ueberfalls auf Rommunisten beteiligen. Der Magistrat soll wegen der Vorgänge am Sonntag und zugleich wegen des Verhaltens der Polizei bei den und der folgenden Tage bei den Staatsbehörden protestieren. Nach und der folgenden Tage bei den Staatsbehörden protestieren. Nach Busammenstößen auch in anderen Stadtteilen waren Anträge einer furzen Begründung des demokratischen Anfrages, lieferte der von Demokraten und von Kommunisten eingegangen. Kommunist Cange in seiner Begründung der kommunistischen   An­In der Debatte gab es Lärm bei der Rede des Kommunisten träge den Rechtsparteien so ausgiebiges Agitationsmaterial, daß diese Lange, der einen sehr scharfen Ton anschlug und auch der Polizei mit Bergnügen quittierten. Lange sprach von einem vorwarf, sie habe mit dem Banditentum fraternisiert. Als von der Deutschen Volkspartei der durch sein provozierendes Auftreten be­kannte Dr. Falz sich zum Wort meldete, mußte man schlimmes erwarten. Herr Faltz brachte es dann auch fertig, schon mit wenigen Sägen die Kommunisten in eine Erregung hineinzuhezzen, die sich in einem tätlichen Angriff Luft machte. Unbegreiflich ist, warum in einem Augenblick, der ein heftiges Aufeinanderprallen der Gegenfäße befürchten ließ, die Deutsche Volkspartei   ausgerechnet diesen Redner vorschickte. Sie wird, wenn sie nicht fünftig ihn an die Kette legt, fich nicht wundern dürfen, daß man die Schuld an solchen wüsten Auftritten auch ihr aufbürden wird. Die Sigung mußte unterbrochen werden und wurde dann wegen Fort­dauer der Erregung unter Lärm geschlossen.

Die gestern abgehaltene Stadtverordnetenversammlung beriet zu nächst in zweiter Lesung die Anträge der sozialdemokratischen Frat­tion wegen der Umbenennung der Straßen,

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deren Namen mehrfach vorhanden sind und auf Umbenennung einer Straße in Hugo- Preuß- Straße. Der vorberatende Ausschuß, für den Stadtv. Caspari als Berichterstatter sprach, hatte wie im ,, Borwärts" bereits mitgeteilt wurde beschlossen, die Luisen­und die Neue Wilhelmstraße als eine Straße zu betrachten und ihr den Namen Hugo- Preuß- Straße zu geben. Der Ausschuß hatte ferner nicht weniger als 2240 Straßen in Groß­Berlin ausgewählt, deren Namen umzuändern nötig erscheint. Dar unter befinden sich viele Doppelnamen, aber auch Straßennamen, die als überholt anzusehen sind. Für die Deutschnationalen sprach Pastor Koch, der mit sichtlichem Bergnügen die Gelegenheit ergriff, feine geistreichen" Wigeleien über das Borhaben zu machen. Sach­lich sei zu erwähnen, daß er Hugo Preuß   als Staatsmann nicht für so bedeutend hielt, daß man seinen Namen als Straßennamen der Nachwelt erhalten müsse. Im übrigen wandte er fich gegen die Beseitigung von byzantinischen Straßennamen, ein Verlangen, in dem er sich mit dem Wirtschaftswortführer Sieg­fried traf. Genoffe Adolph Hoffmann   stellte zunächst fest, daß ge­rade die Handelskammer seinerzeit eine Aenderung der Doppelnamen verlangte, während jetzt damit operiert werde, daß dieselbe Handelskammer Bedenken gegen eine Umbe­nennung habe. Im Interesse eines geordneten Verkehrs sei eine Neuordnung der Straßenbezeichnungen dringend notwendig. Der Kommunist Baach machte Ausführungen, die für die praktische Er­ledigung der Frage ohne jebe Bedeutung waren. Unter Ablehnung der Abänderungsanträge wurde der Ausschußbeschluß gut geheißen, die Luisen- und Neue Wilhelmstraße in Hugo Preuß  - Straße umzubenennen. Weiter wurde be­schlossen, die Bezirksämter zu Borschlägen für neue Namen aufzu­fordern und schließlich noch eine dritte Lesung der Anträge vorzu­nehmen. Die

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Straßenkrawalle

der letzten Tage gaben den Demokraten Veranlassung, in einem Dringlichkeitsantrag den Magistrat zu ersuchen, bei den Staats­behörden dahin zu wirken, daß zum Schutze der Bürger die Macht mittel des Staates gegen das Straßenromdytum eingesezt werden. Die Kommunisten hatten in einem An­trag eine Unterſtüßung für die Witwe des erschossenen Arbeiters im Often Berlins   verlangt. Sie verlangten ferner, den Magistrat zu er suchen, daß den Teilnehmern am bevorstehenden Stahlhelmtag am 8. Mai städtische Einrichtungen nicht zur Verfügung gestellt werden.

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Gif.

Das Weib, das den Mord beging.

Roman von Fritz Red- Malleczewen.

In der Nähe des Alexanderbahnhofes geschieht es, daß der Herr, der als einziger Mitpassagier ihnen gegenübersigt, die kleine Sif in höchst unzweideutiger Weise zu figieren be­ginnt: guter Verdiener mit vollblütigem Gesicht.. auf der Wefte des blauen Anzuges eine fette Hand mit Brillantge­schwüren... wo sah man schon solche Hand, und wo spürte man schon einmal diesen schweißigen Hauch des Begehrens, der von diesem Menschen mun zu ihr fommt?

Sie steht auf, starrt, um den schmierigen Blicken, den halblaut gemurmelten Bemerkungen zu entgehen, durchs Fenster, fragt, um Unbefangenheit zu heucheln, ob der Börsen­bahnhof vor dem der Friedrichstraße komme, setzt sich schließ­lich wieder.

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Es geschieht zwischen beiden Bahnhöfen hier, wo die Mietfasernen ihre verräucherten Rüdfronten schamlos wie tahle Hintern präsentieren mit erleuchteten gardinenlosen Fenstern und aufgeschwemmten Männern in verschwitzten Wollhemden und verhärmten krebskranken Fünfzigerinnen in nie gelüfteten Wohnküchen- hier in dem Halbdunkel des schlecht erleuchteten Rupee geschieht es, daß der andere plötz lich, völlig überzeugt von der Unwiderstehlichkeit seiner Reize, seine Hand auf ihr Knie legt.

Rowdytum, das sich in der Polizei breitgemacht hätte, und das übler sei, als der alte preußische Kommiß. Die Polizei beamten würden lediglich auf Schießeisen und Handgranaten dressiert und ermangelten bei ihrem Dienste des eigenen Willens. Als Lange ankündigte, die Kommunisten würden an dem Stahlhelmtag mit fertig werden, nahm die Rechte des Hauses mit sichtlichem dem Hakenkreuzlergesindel allein ohne Polizei Behagen davon Kenntnis. Der Redner fündigte den Streit lebens­wichtiger Betriebe, wie der Gas- und E'eftrizitätswerte, bei meite ren Ausschreitungen der Hakenkreuzler an und verstieg sich schließ­lich zu der Behauptung, daß die Kommunisten und die Roten Front­fämpfer es noch nicht nötig gehabt hätten, polizeilichen Schutz bei ihren Veranstaltungen und Demonstrationen in Anspruch zu nehmen, wie die Rechtsparteien.( Stürmische Heiterfeit im ganzen Hause.) Lange mußte wegen seiner alles Maß überschreitenden Rennzeichnung der Schupooffiziere mehrmals vom Vorsteher zur Ordnung gerufen werden; feine Rede endete schließlich in einem wüsten Ge­schimpfe, aus dem man Worte wie Mördergesindel, Ver­brecherbanden"," Faschistenrowdys" heraushörte.

Oberbürgermeister Böß nahm sofort nach der Rede Langes das Bort, um über seine Unterredung mit dem Polizei präsidenten zu berichten. Der Dberbürgermeister sprach zu nächst die Teilnahme des Magistrats für die Opfer der letzten Straßenunruhen aus und betonte dabei die Bereitwilligkeit der Stadtverwaltung, für die unschuldigen Opfer oder deren Hinterbliebe­nen zu forgen. Es sei ganz selbstverständlich, daß er sich sofort nach dem Bekanntwerden der an sich bedauerlichen Vorgänge am Sonn­tag und den folgenden Tagen mit dem Berliner   Polizeipräsidenten  in Verbindung gesezt habe, um von diesem Maßnahmen zu erbitten, damit in Zukunft ähnliche Vorgänge und ähnliche Schädigungen der Bürgerschaft unterbleiben.

Böß wies die maßlofen Angriffe des Borredners auf die Schuh­polizei zurüc

Freitag, 25. März 1927

erhalten. Man sah den Vorsitzenden der volksparteilichen Fraktion auf Herrn Dr. Filz einreden, um ihn offenbar zu veranlassen, eine andere Tonart anzuschlagen und so Weiterungen zu vermeiden. Als aber Dr. Falz, zu den Kommunisten gewendet, davon sprach, daß ès immer interessant sei, wenn sich Provotateure über Pro­potationen beschweren, jezte ein ungeheurer Tumult bei den Kommunisten ein. Soweit der Redner auf der Tribüne noch. verständlich war, hielt er den Kommunisten vor, daß sich die Drahtzieher im Ernstfalle immer hinter den Röden der Frau oder hinter Mutters Schürze verkröchen

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und ihre Anhänger und Mitläufer- die armen Jungens, wie Falk sich ausdrückte in den Tumult hineinschickten. Das war für die Kommunisten zuviel. Im Augenblick waren fie auf der Redner­tribüne, zwei, drei Mann drangen tätlich auf Dr. Fath ein, dem es nach verzweifelter Abwehr gelang, sich zurückzuziehen. Einen Augen­blick der Ruhe benutte Dr. Falt, seine Bemerkungen zu wieder­holen. Der Kommunist Hesse drang abermals auf den Redner ein und versetzte ihm mehrere Faustschläge. Tintenfässer und Wasser­gläser flogen durch die Luft, einigen Magistratsmitgliedern und Stadtverordneten wurde die Kleidung verdorben. In dem allge­meinen Tumult blieb dem Vorsteher schließlich nichts anderes übrig, als die Sigung zu schließen. Die Verabschiedung der An= träge wurde dadurch verhindert.

Raffereine Hitler  - Jünglinge. Beschimpfung des Judentums an Gerichtsstelle.

Vor dem Schöffengericht Charlottenburg   fanden vorgestern völkische Rüpelszenen ihren Abschluß, die vom August 1925 datieren. Das Ereignis vom 9. August 1925, das dem Prozeß zugrunde lag, ist noch in Erinnerung. An diesem Tage befand sich der junge Rudolf Schnapp in Begleitung seiner Bekannten und einem schwarz­rotgoldenen Bändchen im Knopfloch an der Haltestelle Ecke Kur­ fürstendamm   und Wilmersdorfer Straße  , um nach dem Grunewald zu fahren. Plötzlich sah er sich von einer Horde von 20-30 Döl fischen Jünglingen umringt. Sie begannen ihn zu belästigen und gingen schließlich tätlich gegen ihn vor. In seiner Bedrängnis flüchtete er in ein Privatauto, wurde jedoch zurückgestoßen. Nun gab er in seiner Todesangst zuerst einen Schreckschuß in die Luft und feuerte dann einen zweiten in die Horde der völkischen Rowdys, die von ihm nicht lassen wollten. Der Schuß traf einen Sechzehn­jährigen namens Dölle.. Schnapp stellte sich sofort selbst der Polizei und erklärte, er habe in Notwehr gehandelt. Am nächsten Abend, als in der Hochschule für Musik gerade die Verfassungsfeier stattfand, sammelten sich dort gegen 411 Uhr wohl etwa 200 Hafenkreuzjünglinge vom Frontbann an. Sie benahmen sich rüpelhaft wie gewöhnlich, schrien: Wir brauchen feine Judenrepublik!"" Nieder mit Schwarzrotmist!" und dergleichen mehr. Die Beamten von der Abteilung la, die für Ruhe sorgen wollten, wurden nicht nur arg bedrängt, sondern sogar tätlich an­gegriffen. Als ein Lastauto mit Schupoleuten herbeigeeilt war, gelang es, mit großer Mühe die völtischen Jünglinge bis zum Re­naissancetheater abzudrängen, wo sich erneut verschiedene 3wischenfälle ereigneten. Schließlich marschierten sie im ge­schlossenen Buge in Begleitung von einem Laftauto mit Schupoleuten zum Lüzowplay, um hier vor dem Hause, in dem die Mutter des jungen Schnapp wohnte, zu demonstrieren. Bei Auflösung des Bolizei, die nun einige Verhaftungen vornahm. Diese Ereignisse Buges tam ses erneut zu verschiedenen Zwischenfällen mit der Auf der Antlageban faßen elf junge Leute, darunter einige Minderjährige. Die Gerichtsverhandlung wurde mit einer ebenso charakteristischen wie dreisten völkisch- antisemi tischen Anzüglichkeit eingeleitet. Einer der jungen Leute wollte, wiffen, ob sich unter den Schöffen nicht ein Jude befinde. Sollte dies der Fall sein, so wäre er gezwungen, diesen Schöffen abzu­lehnen, da es wissenschaftlich festgestellt sei, daß den Juden wenigstens 30 Proz. Affenblut durch die Adern rolle. Das war der völkische Rüpel im Gerichtssaal, wie er im Buch steht. Einer von den Der rassereine Hitler- Jüngling Schöffen erklärte, daß er Jude sei. meinte nun, er müsse den Schöffen ablehnen. Das Gericht entschied jedoch nach einer kurzen Beratung, daß ein Grund zur Befangenheit für den Schöffen nicht bestehe. Und so mußten sich die arijchen Jünglinge von einem Juden aburteilen lassen. Der Staatsanwalt beantragte nach einer stundenlangen

und betonte, daß die Rede Langes geeignet sei, das Vertrauen der Bevölkerung zu Polizei zu untergraben. Ab­gesehen davon, daß lediglich bei den Vorgängen in Lichterfelde   am Sonntag zwei Polizeioffiziere versagt haben, wo sie alsbald vom Dienst suspendiert wurden, sei das Borgehen der Schupo richtig ge­wesen. Man müsse den Schutzpolizeibeamten bei tätlichen Angriffen gegen ihre Person das Recht der Notwehr zugestehen, bei dem es dann allerdings ohne Waffenanwendung nicht abgehe. ( Großer Tumult bei den Kommunisten.) Im übrigen sei es falsch, wenn die Kommunisten von dre: Toten reden. Bisher sei nur ein Toter festgestellt, allerdings sei das auch schon zuviel. Mit er= hobener Stimme erflärte der Oberbürgermeister, daß es nicht im intereffe Berlins   läge, wenn ich derartige Bordes 9. Auguft waren Gegenstand der gestrigen Gerichtsverhandlung. gänge wie in den legten Tagen wiederholen wür ben. Berlin   habe nicht nur in Deutschland  , fondern auch im Aus­lande einen Ruf zu verlieren.( Bravo  ! im Hause.)

Bei den Ausführungen des mun folgenden Redners, des Bolts­parteilers Dr. Falt, tam es schließlich zu

Tumultszenen,

die den Vorsteher, Genossen Ha B, veranlaßten, die Sigung vorzeitig zu schließen. Dr. Falz, der sich schon öfter den Kommunisten gegenüber allerlei Provokationen während seiner Reden erlaubt hatte, hielt es auch diesmal für richtig, in die an sich schon erregte Stimmung neue Unruhe zu tragen. Die Kommunisten antworteten mit wütenden Zwischenrufen, drohten Dr. Falz mit den Fäusten und schoben sich schließlich zur Rednertribüne vor. Nur schwer ge­Ilang es dem Vorsteher, die Ruhe und Ordnung im Hause aufrechtzu

seit diesem Morgen Arbeiter, Zuhälter, Konsistorialräte und Gymnafiasten ihre Frühstücksrefte und alle sonstigen Spuren ihres Erdenwandels hinterlassen haben.

Der Kampf endet unmittelbar vor der Friedrichstraße. Der Sieger hält, als der Zug steht, noch eine freundliche an Robby gerichtete Rede, droht für den Fall der Wiederholung eines solchen Angriffes die Wehrmacht des deutschen   Staates, die Polizei, die göttliche Vorsehung in Bewegung zu sehen, widmet der füßen kleinen Sif ein Scheltwort, vor dem ein Hamburger Zuhälter vor Scham in den Boden sinken würde, ist zu sehen, wie er an der Seite einer unwahrscheinlich ele­ganten Dame im Fond einer Autodroschte verschlungen wird von dem brüllenden Rachen der Friedrichstraße.

Und dann raffelt der Omnibus mit dem verprügelten Robby und seiner Gattin das Riefenthermometer der Friedrichstraße   entlang, vorbei an dem ganzen unheiligen Ge­triebe von Schaufenstern und blizzender Talmipracht, an mit zweifelhaften Groschenautomaten und Barkneipen Würsten und Straßenhändlern mit hochgestellten Sarotti­tisten und Dirnen und Taschendieben und Inflationsdandys in frachneuen Ledermäntein. Er sitzt geduct und verprügelt da mit zerknitterter Wäsche und blutender Lippe, er würgt die halblauten spöttischen Bemerkungen der Nachbarn her­unter, er weiß, daß sie sich seiner nun schämen muß, die kleine Sif.

,, Bleib' hier und warte." Sie fertigt ihn sehr kurz ab vor der riesigen Drehtür des Hotels, sie überläßt ihn einfach der Neugier des Portiers... unmöglich, ihn hineinzunehmen in diesem Zustande. Sie fühlt, daß sie eigentlich roh handelt an ihm, fie fönnte sich selbst prügeln dafür und weiß es doch nicht anders...

Da steht sie in dieser Halle mit Geldmachern, Hochzeits paaren, hundertpferdigen Benzinrittern, Smokingbefizern und verhüllten Sowjetagenten, flagt ihr Leid dem Schwager Ler, der da in seinem untadeligen Abendanzug sie erwartet hat, schluchzt vor Aerger über den verdorbenen Abend, über die Schmach.

Und nun ist es schon geschehen, das Entsetzliche: es ist ber kleine überzarte Robby, der dem anderen ins Gesicht schlägt... einmal, zweimal... es ist Robby, der im nächsten Augenblid selbst taumelt unter einem Bruststoß, es sind beide Männer, die im nächsten Augenblick ringend am Boden liegen. Wer der Sieger bleibt in diesem Kampf, kann ja nicht zweifelhaft sein: zuerst reißt der andere Robby hoch, wirft ihn mit dem Kopfe gegen die Rupeetür, wälzt sich über ihn mit seinem schweren Körper. Es müßt Bobby zu nichts, daß ,, Unerhört," sagt der Schwager Ler und zahlt und geht er sich in dieser Stellung noch gegen den, der über ihm fniet, mit ihr hinaus zu dem Häuschen Elend, das da draußen mit schwächlichen von unten geführten Schlägen wehrt: am wartet Und dann wird Robby flargemacht, daß er in dieser Ende kommt diese feiste Hand, dreht den fleinen Maler ein- Berfassung unmöglich hinein dürfe, daß man doch ebensogut fach um, stößt ihn unter harten Beschimpfungen mit dem Ge- auf dem Bahnsteig warten könne. Und schließlich wird Robby ficht, wie man einen jungen Hund mit der Nase in seine von dem älteren Bruder genau wie ein kleiner Schulbube, Sünden stupft, auf den Boden dieses Borortfuppes, auf dem I der mit einem neuen Anzug in eine Pfüße gefallen ist in

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die Waschräume des Anhalter Bahnhofs zur Rangierung seines Anzugs geschickt, mit allen seinen Plänen und Hoffnungen, nachdem man noch einfilbig eine halbe Stunde promeniert hat, in den Münchener   Schnellzug verfrachtet. Und da ge­schieht es dann doch, daß sie, die sich des kleinen hilflosen Jungen noch eben geschämt hat, urplöglich allem Protest­geschrei türenschließender Schaffner zum Trotz das Rupee noch einmal stürmt und ihn weinend umarmt... ein letztes und noch ein allerletztes Mal, als müßte fie sich trennen von ihm für ewige Zeiten.-

Unendliche Trauer beschleicht sie, als sie die roten Schluß­lichter des Zuges verschwinden sieht. Am Askanischen Blazz, den sie am Arme ihres Schwagers überschreitet, stoßen sie auf einen Menschenauflauf: ein Blindenhund, der seinen Herrn durch den Wagenstrom hat gleiten sollen, hat, verwirrt von dem Riesenwirbel des Verkehrs, einen einbiegenden feuer­roten Höllenwagen übersehen. Der Hund ist unbeschädigt ge­blieben; von seinem Herrn, der eben wie in einen Badofen ein Stück Brot in den Schlund des schwarzen Unfallwagens geschoben wird, ist nur ein mäßiger, mit Apfelschalen und Del­spuren untermischter Blutfled übrig.

Ein Polizist notiert die Zeugen, zwei Droschfenchauffeure raunzen halblaut auf die unerwünschte Erfindung des Fuß­gängers, unter den herumstehenden Sachverständigen des Publikums haben sieben mindestens acht verschiedene Mei­nungen: in der Mitte untröstlich, daß ihm das hat passieren müssen, steht mit schmefelgelben, ratlos nach dem verschwun­denen Herrn suchenden Augen der große schwarze Königs­pudel, hebt hilflos die Pfote, bricht in ein langgezogenes flägliches Heulen aus, das den ganzen Höllenlärm des Platzes

übertönt.

Sie streichelt den wolligen Negerfopf, der Jammer der fleinen armen Kreatur greift nach ihr, aus Kinderzeiten ein unendlich trauriger Vers fällt ihr ein:

Der Mond, der scheint, Das Kindlein meint. Die Uhr schlägt zwölf,

Daß Gott   doch allen Kranken helf...

Da hat der Hund urplötzlich die Witterung des Fleckes auf der Erde in die Nase bekommen, drängt sich vorüber an zwei halbwüchsige Burschen, empfängt einen Fußtritt, quittiert mit schmerzlichem Jaulen, setzt im Galopp dem Wagen nach, der inzwischen auf seinem Wege nach Norden, nach den großen Krankenhäusern verschwunden ist im Gewühl der Straße. ( Fortsetzung folgt.)