-
glaubt und den Diskussionen im Berfassungsausschuß daher| nur wenig prattifer Wert zuerfannt, da man überzeugt ist, daß die Regierung ungeachtet des Resultats der Sejmverhandlungen ihrem eigenen Projekt Geltung zu verschaffen wissen wird.
-
-
Es fann als durchaus sicher hingestellt werden, daß die Regierung ihre eigenen Pläne wenn nötig mit den aller schärfsten Mitteln durchsetzen wird die Macht hierzu befißt fie und an offenen Berfassungsbrüchen hat es seit Mai auch nicht gefehlt! Aber es erscheint doch zweifelhaft, ob die Regierung tatsächlich eine Aenderung der Wahlordnung d. h. eine Verschlechterung überhaupt beabsichtigt. Es hat vielmehr die größere Wahrscheinlichkeit für sich, daß die Regierung die Sejmparteien so lange miteinander verhandeln und einander bekämpfen lassen wird, bis die Annahme der antidemokratischen Wahlreform scheinbar nicht mehr zu ver hindern sein wird, und die nationaldemokratische Deffentlichfeit schon triumphieren, die Linkskreise und die nationalen Minderheiten auf das Höchste herausgefordert sein werden um dann mit der bei Pilsudski gewohnten Stärke mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und zu erklären: es bleibt bei der alten, demokratischen Wahlordnung!
-
-
Ein solcher Schachzug würde die Wahlaussichten der Regierung fofort mächtig bessern: auf der einen Seite würden die Rechtsparteien eine unerhörte Prestigeniederlage erleiden und auf Grund der alten Wahlordnung bedeutend we niger Abgeordnete durchbringen, als ihnen die geplante ,, Reform" verschaffen würde und andererseits würde die Re gierung als die Verteidigerin der Demo fratie gegen reaktionäre Anschläge in die Wahlschlacht ziehen und sich somit die Sympathien der demokratischen Ele
-
mente bis tief hinein in die Linksparteien und der Minder
heitsvölker erobern.
Man tann sich leicht vorstellen, daß beispielsweise die Opposition der 60 utrainischen Abgeordneten( auf 444 im ganzen) unter diesen Umständen um so milder sein wird, als man in diesem Schritt der Regierung- ob mit Recht oder Unrecht Anzeichen für den Beginn eines neuen liberalen Kurses zu erbliden geneigt sein wird.
Dieser Plan der Regierung birgt aber für die Linksparteien eine nicht zu unterschäzende Gefahr in sich und droht ihnen mit einem nicht unbedeutenden Stimmenverlust; sie werden daher diesem Vorhaben der Regierung zuvortommen müssen, werden den Kampf gegen die Alenderung der Wahlordnung weit über das Barlament hinaustragen müssen, um selbst in höchster Kraftanstrengung die Demokratie sowohl vor den Anschlägen der Reaktion als auch vor einer vertappten Diktatur- denn das ist die Regierung Pilsudski zu verteidigen und zu schüßen, denn nur auf die demokratischen Boltsteile geftügt wird sich die Demofratie in Bolen wahrhaftig und dauernd behaupten fönnen.
Reklamechefs des„ Stahlhelm".
Die Zinken" der Faschiften.
Der„ Stahlhelm" will im Mai in Berlin demonstrieren. Hunderttausend Mann, so hat Seldte verkündet, will er in die Reichshauptstadt ,, werfen", und dann sollen die schwarzweiß- roten Brüder ruhig wieder abziehen. Später aller dings da werden fie eines Tages ganz hierbleiben... Jeder weiß sofort, daß das eine Renommisterei ist, nur darauf berechnet, die Stahlhelm- Mitglieder mit einiger Bes geisterung für die teure Sommerreise nach Berlin zu erfüllen. Denn Herr Seldte wie seine Leute wissen, daß in Berlin für sie nichts zu holen ist, als das Ausgelacht werden. Aber es muß nun doch einmal etwas für die Propaganda geschehen. Deshalb hat man sich nach zuverläffigen Reflame chefs umgesehen, und sie, wie erwartet, bei der Leitung der Kommunisten gefunden.
Diese fommunistische Reflame für den Stahlhelmtag wirkt sich nachgerade komisch aus. Jeden Tag wird ein neuer
Post festum.
Konzertumschau von Surf Singer.
Die Beethoven- Feiern find beendet. Kleiner, intimer Nachtlang im Haus des Herrn Reichsfanzlers, wo das Havemann Quartett fich aufs neue herrlich bewährt. Für die große Masse, die ein solcher Gedenktag eigentlich allein rührt und angeht, war manches, vielleicht nicht genug geschehen Wer aber die Menschen im Friedrichshain gesehen hat, wie sie zwei Stunden den Klängen der Missa solemnis lauschten, wer sie im Freien fah, dem Gesang der Brüder vom Deutschen Arbeiter Sänger bund" folgend, der hatte einen Begriff vom Wesen einer Beethoven- Feier. Es soll nicht vergeffen werden, daß das Philharmonische Orchester nachträglich in feinen populären, also fulturell bedeutsamsten Konzerten eine Gesamtübersicht über das sinfonische und konzertante Wert Beethovens geben wird, und daß durch eine Spende der Stadt Berlin sämtliche Schulen Berlins den Grundstock zu einer Mufitbibliothet sowie- als einziges populäres Stüd Beethovenscher Musit das„ Lied an die Freude" in einem Privatdrud erhielt.
-
|
Merseburg : Einführung eines Arbeitsbudjes, teine re Trid erfunden, um die Aufmerksamkeit auf den„ Faschistenaufmarsch" zu lenten. Die ,, Rote Fahne " allein genügt nicht werbslofenunterstüßung, evtl. polizeiliche Kontrolle des dazu, es werden auch noch die üblichen Betriebsversamm Arbeitswechsels und Bestrafung der Arbeitgeber für Zuwiderhandlungen zu Reflameaftionen für den Stahlhelm gebraucht. lung." Das merkwürdigste aber sind die 3infen" an den Erfurt : Seßhaftmachung auf eigener Scholle." Schleswig : ,, weibliches Personal foll von den Arbeitsnachweisen Häusern. Schon vor Wochen wurde uns gemeldet, daß in einigen Stadtteilen merkwürdige Kreidezeichen sich befinden, nur auf das Land vermittelt werden." die sich angeblich auf die in den Häusern wohnenden Reichsbannerkameraden oder Rotfrontleute beziehen. Wer den Brauch der Tippelkunden" fennt, fich durch Zinken" zu verständigen, fonnte an dieser Hausmalerei seinen Spaß haben. Aber eine Staatsaftion daraus zu machen, blieb wieder den kommunistischen Reklamechefs vorbehalten. Ernsthafte Menschen lehnen ab, fich ihre Haltung durch Kreidestriche vorschreiben zu lassen.
Der Stahlhelmtag wird die Bedeutung haben, die die Berliner Bevölkerung ihm zugestehen will. Er wird im Vier- Millionen- Berlin fast unbemerkt vorübergehen, wenn die Arbeiterschaft, ihrer Straff sich bewußt, den Stahlhelmern die falte Schulter zeigt. Er kann zu einem bösen Zwischen spiel werden, wenn es den Kommunisten gelingt, was augenscheinlich in ihrer Absicht liegt, Zusammenstöße herbeizuführen. Sozialdemokraten freilich demonstrieren am 1. Mai und lassen den Stahlhelm Stahlhelm sein!
Gesetzespeitsche gegen Landflucht? Weltfremde Regierungspräsidenten. Vorschläge.
Unmögliche
Der preußische Landwirtschaftsminister hat fürzlich die Regierungspräsidenten über den Umfang der Landflucht und des Kontraktbruches unter den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern befragt und Borschläge zur Beseitigung dieser Erscheinungen erbeten. Wie diese Borschläge aussehen, zeigt folgende Zusammenstellung:
Gumbinnen : Verschärfung der gefeßlichen Be. ſtimmungen, Abmachungen der Spizenverbände über Nicht einstellung Vertragsbrüchiger, teine Erwerbslosenunterstüßung."
Allenstein :„ Einschränkung der freien Inserate, Androhung Don Strafen bei Einstellung fontrattbrüchiger Arbeiter. Ent von Strafen bei Einstellung kontraktbrüchiger Arbeiter. Ent laffungsfein."
Marienwerder: ,, bedingte Ausschließung von der Erwerbslosenunterstüßung für Kontraftbrüchige, teine Wiedereinstellung bei Staats- oder anderen öffentlichen Arbeiten, Entziehung der Erlaubnis für gewiffenlose Stellenvermittler, Be strafung des Gesindes mit Geldstrafen, Siedlungstätigkeit, höhere Löhne in der Landwirtschaft."
Landarbeiterwohnungen
Frankfurt a. D.:,,evtl. Einführung eines Arbeitsbuches, Durchführung und Berlegung des Rüdtehrzwanges der polnischen Saisonarbeiter auf den 15. November, allgemeine Ertüchtigung der Landarbeiter."
Stettin : teilweise Wiederinkraftsetzung der Gesinde. ordnung oder Ergänzung des BGB., Stellung von Rautionen, Aufklärungsarbeit, Fortbildungsmöglichkeiten, leberprüfung der landwirtschaftlichen Betriebe, Bereinbarung der Arbeitgeberorganisationen über Nichteinstellung legi timationsloser Arbeiter."
Köslin : Wiedereinführung der Gesindeordnung nicht angebracht, Grfaz durch eine Polizeiverordnung, die inhaltlich der Demobilmachungsverordnung vom 26. Mai 1920 entspricht
( Entlassungsschein)."
Straljund: Arbeitsschiedsgericht mit 3wangs mitteln, bei ausländischen Saisonarbeitern Rückführung, Aus meisung, Bestrafung bei Wiedereinstellung."
Liegnitz : Hebung des Standes der Landarbeiter, Angleichung der Löhne an die mitteldeutschen Provinzen." Oppeln :„ bedingtes Berbot der Verwendung von Landarbeitern in der Industrie und bei Notstands- und Meliorationsarbeiten."
der spielt auch mit nerblüffender Sicherheit Birtuosenstüde an jene Empfindungszentren heran, in denen das Staunen mit Bewundern lagert.
Ein ganzer Abend mit Romppfitionen von Edward Morig. Viele Sofiften, mancherlei Absagen, gute Einspringerinnnen. Morig felbft empfindsam und tüchtig am Flügel, an dem in gräßlichen Goldlettern der Reklamename der Firma prangt. Bescheidener die Darstellung, unaufdringlicher das Talent dieses guten Mufiters. Da sind Duette, die noch ein wenig an Edward Moriz Mendelssohn gemahnen, gestrig und vorgestrig und nur hübsch. Andere aber, für Einzelstimme, haben stärksten Ausdrud, zuweilen bis an die Grenze des Kammermusikalischen gehend und nicht weit entfernt von Oper. Sier flingt dann Puccini freundlich durch. Jedenfalls Abwechslung genug, um diesen eigenen Abend zu rechtfertigen.
Ein Liederabend im Kostüm, veranstaltet von dem darstellerisch begabten Bictor enfin, sei erwähnt. weil der Künstler durch ein russische gedrucktes Programm zu verstehen gab, er wolle fein deutsch sprechendes Publikum. Ein Aft internationaler Unhöflichkeit. Hanna Stubenz wagt es, die sechs Gonaten und Partiten von Bach hintereinander zu exekutieren. Ein herber, zuweilen auch tauher Geigenton tommt dem Mangel an Weichheit und Melos, der in den spröden Werken steckt, entgegen. Der gesunde musikalische Sinn dieser Frau, verbunden mit rhythmischer Sicherheit, guter Grifftechnik und charaktervollem Strich hebt die gefährliche Beranstaltung über das Niveau des nur pädogogisch Reizvollen. Allerdings dürften wohl nur Fachleute den Abend bis zu Ende abge. wartet haben. Dahingegen ergött Beatrice Harrison in einer Eine höchst fultivierte, furzen Stunde mit dankbareren Stoffen. technisch freie Cellistin zieht einen ungemein reizvollen Ton aus edlem Instrument. Kodales, Händels Delius, Marcello, Salmon heißen die Götter, denen fie freudig und uns zur Freude opfert.
Beethoven wird nun abgelöst durch Pfizner. Zur großen Masse hat er feine Beziehung und die schwache Eindringlichkeit, die fparfame Sinnlichkeit, der matte Glanz seines Bertes findet auch bei den Billigen meist nur spröbe Herzen. Darüber wird noch zu sprechen sein. Den würdigen Auftakt bildete die romantische Kantate Von deutscher Seele", ein Singspiel auf Terte von Eichen dorff, ein gefühlvoller Zyklus von pastoralen, lieblichen, auch scherzhaften und träumerischen Liedern, mit groß angelegten und ver bindenden Orchesterzwischenspielen. Man fennt den etwas bärbeißigen Humor, die astetische Erfindungsgabe, die leicht monotone inftrumentale Koloristik in Pfigners Wert, aber in dieser letzten Aufführung unter Bruno Walters hingebungsvoller Leitung Victor Hugos dramatisches Fiasko. Im Rahmen der Jubi. lernte man auch die schönen, herzhaft gespeisten, edel quillenden läumsvorstellungen, die die Barijer Comédie- Française anläßlich Beisen fennen. Auf erfreulicher Höhe Orchester und Chor der Städtischen Oper, die Führerin im Soloquartett, Bertha Rin rina, des 100. Geburtstages des romantischen Dramas veranstaltete von vorbildlicher Art des technischen und empfundenen Singstils, man datiert den Beginn der romantischen Dichtung von dem Er. neben ihr bedeutsam Emmy Niendorf, Paul Bender , August Richter. scheinen Victor Hugos Buchdrama Cromwell" im Jahre 1827 wurde kürzlich die dramatische Trilogie" Die Burggrafen" von Stärker als vor Jahren in der Philharmonie ging das Publikum mit. Bictor Hugo aufgeführt. Die Uraufführung dieses Stückes im Jahre Ein schweres, ein großes Programm hatte die„ Typogra- 1843 bedeutete das Ende der romantischen Herrlichkeit auf der Baphia" in ihrem Frühjahrskonzert zu bewältigen. Alexander Weinbaum weiß, was er von seiner Schar verlangen fann. Und trog rifer Bühne, die volle 13 Jahre gedauert hatte. Victor Hugo er lebte bei dieser Uraufführung ein denkwürdiges Fiasko, bas sich in einiger tonlicher und dynamischer Unstimmigkeiten wirften die vier Lieder aus der Tanzliedjuite" Op. 63 von Joseph Kaas sehr geeinem unerhörten Theaterstandal austoble. Janin, der führende fchloffen, sehr start, sehr ausdrucksvoll. Das erste und letzte hätten Theaterdirektor, rief in heller Entrüftung im Foyer des Theaters: beinahe ein Datapo bekommen. Die enormen Sagschwierigkeiten Wenn ich minister des Innern wäre, so würde ich dem Herrn, der dieser tunstvollen Gefänge schienen in eine bequeme Gesanglichkeit das erste Signal zum Pfeifen gegeben hat, für den Orden der und ein luftiges Musizieren aufgelöst. Und das ist vielleicht das Ehrenlegion vorschlagen." Befte, was man einer Aufführung nachsaçen fann. Wenn alle MitWelche Gründe hatten den Mißerfolg entschieden, der in so alieder des ASB. fo rührig sind im Suchen nach Unbekanntem, offenkundigem Widerspruch zu der Begeisterung stand, mit der man Gutem, so werden ihre Konzerte alle die gleiche Kurzweiligkeit und wenige Jahre zuvor noch Bictor Hugo als Retter aus dem Bühnen Bedeutung haben. So weit halten wir noch nicht. Joseph Wolfs- elend des Klaffigismus begrüßt hatte? Sunächst war das Publikum thal, in den Arbeiterkonzerten ein häufiger Gast, tam nach der ununterbrochenen Triumphe, die man dem Dichter bereitete, der Frühlingsionate Beethovens als Birtuoſe zu Spiel und Bort. müde geworden. Außerdem wurde diese Müdigkeit noch verstärkt 28ie er Tänze von Francoeur und Sarasate in der Tollheit ihrer durch die Erfolge der genialen Rachel, die allmählich das Bublikum Läufe, Flageolets, Griffe meistert, das war schon ganz unerhört. mieder zu Corneille und Racine zurüdgeführt hatte. Endlich waren Der Mann, der uns Brahms und Beethoven sehr zu Herzen geigt, I auch die Verteidiger der Romantit alt und fampfmüde geworden
97
Kaffel: 3wangsmittel für die Erreichung der Räumung von Werkwohnungen."
Wiesbaden :„ feine Erwerbslosenunterstützung für Kontraktbrüchige."
Koblenz : 3u billigung höherer Löhne." Köln : höhere Löhne und bessere Wohnungsverhältniffe."
Diese Zusammenstellung ergibt ein wenig erfreuliches, fast erschreckendes Bild. Sie zeigt, daß die Mehrzahl der Regierungspräsidenten den Vorgängen in der Landwirtschaft mit völliger Unkenntnis und einer geradezu erschreckenden Weltfremdheit gegenüberstehen. Anstatt aus der Geschichte zu lernen und zu begreifen, daß die Einführung von 3wangsmaßnahmen und die Rückkehr zu Verhältnissen der dynastischen Zeit nur verbitternd und verschlimmernd wirken fönnen, fommen sie mit der überholten reaktionären Weisheit, daß sich die Landflucht und der Kon trattbruch nur durch die Wiedereinführung der Gesindeordnung, durch Einführung eines Entlaffungsscheines, durch Beseitigung der Freizügigkeit und durch Entzug der Erwerbslosenunterstüßung beseitigen lassen,
Möglich ist diese Haltung der Regierungspräsidenten nur durch die Tatsache, daß ihr Ohr mehr nach der Seite der Arbeitgeber als nach der Seite der Arbeitnehmer ge richtet ist. Was ihnen die Arbeitgeber und ihre Organifationen vortragen, wird als richtig und zeitgemäß angesehen, alles andere wird als tendenziös und oberflächlich abgelehnt.
Nicht immer wird der Regierungspräsident selbst das Objekt der Arbeitgeber bilden. Diese werden vielmehr als geeigneten Mittelsmann für ihre einseitigen Bestrebungen oft einen willfährigen Beamten im Regierungspräsidium finden. Das entlastet aber den Regierungspräsidenten nicht von der Verantwortlichkeit und der Pflicht zur fachlichen Nachprüfung des vorgetragenen und von ihm weitergegebenen Materials. Leider ist die den Regierungspräfidenten gestellte Aufgabe teilweise mit recht wenig Sachlichkeit gelöst worden.
Nur versuchter Totschlag...!
Das Urteil im Gießener Fememordprozeß. Gießen , 31. März.( T.) Um 11 Uhr vormiffags verfündete der Borsigende folgendes Urteil: Schwing wird wegen Beihilfe zum versuchten Toffhlag mit einem Jahr fechs Monate Gefängnis bestraft, acht Monate der Unterfuchungshaft werden angerechnet. Der Angeklagte v. Salomon erhält wegen Körperverlegung unter Einbeziehung der verbüßten fünfjährigen Zuchthausstrafe eine Gesamtzuchthaus strafe von fechs Jahren drei Monaten. Die beiden Angeklagten haben die Koften des sie betreffenden Verfahrens zu tragen. Der Angeklagte Heinz wird freigesprochen, die Kosten frägt in diesem Falle die Staatstaffe.
Nach dem ganzen Verlauf der Verhandlung, besonders nach dem Berhalten des Staatsanwalts und des Borfikenden, war mit einem sehr milden Urteil zu rechnen. Das jetzt ausgesprochene Urteil sieht jedoch fast wie eine Entschuldigung gegenüber den Angeklagten aus. Es war dem Gericht sicher peinlich, die Mörder Mörder zu nennen. Man hat sich deshalb auf den versuchten Totschlag zurückgezogen.
-GO
Das Zündholzmonopolgejeh wurde troß des scharfen Protestes der Linken, dem sich einige bürgerliche Abgeordnete angeschlossen hatten, im Volkswirtschaftlichen Ausschuß des Reichstages mit einer Stimme Mehrheit angenommen.
und zeigten feine Neigung mehr, fich für eine Sache, die sie als Jugendverirrung betrachteten, ins Zeug zu legen. Davon hatte sich Victor Hugo zu seinem Leidwesen überzeugen müssen, als er einige Tage vor der Erstaufführung der Burggrafen " zwei seiner Freunde zu seinem alten Förderer, dem Maler Nanteuil, dem ehemaligen Führer des romantischen Stoßtrupps, gesandt hatte, um seine Unterstüßung für die Aufführung zu erbitten. Er forderte von ihm„, 300 junge Spartaner, die gewillt feien, eher zu sterben, als der Armee der Barbaren die Thermopylen zu überlassen". Der alte Herr hatte sich aber mit seinem romantischen Mantel stolz drapiert und im Tone Mirabeaus pathetisch geantwortet:" Bestellt eurem Führer, daß ich nicht in der Lage bin, ihm die gewünschten 300 Jünglinge zu stellen. Es gibt heute feine Jugend mehr. Im Jahre 1827 hatte Victor Hugo die Tragödie zu töten geglaubt, und im Jahre 1843 wurde er von eben dieser Tragödie selbst erdrosselt. Am dramatischen Himmel war Bonsard, der neue Stern, aufgegangen, der als Führer der sich gegen die romantische Dichtung auflehnenden Richtung des Gesunden Menschenverstandes" zum Erfolge verhalf, an dem die Rachel den entscheidenden Anteil hatte. Bictor Hugo verzichtete aber heldenmütig auf das Theater und verbrannte die Stücke, die er noch im Pult hatte.
Das Shakespeare- Theater in New York . Bei einem Festbankett, das fürzlich in Anwesenheit des Bürgermeisters von Stratford, der Shakespeare - Stadt, stattfand, machte der Präsident Dr. Billet E. Dentinger der Versammlung die offizielle Mitteilung, daß man durch öffentliche Zeichnungen einen Betrag von zweieinhalb Milli onen Dollar aufzubringen gedente. Dieser Betrag ist dazu bestimmt, in New Yort ein Shakespeare- Theater zu gründen, das ausschließlich die Stüde des großen Dichters spielen wird. Die Eröffnung foll bereits im Herbst dieses Jahres erfolgen. Als Darsteller werden auf der New Yorker Bühne während sechs Monate im Jahre die Schauspieler des Stratforder Shakespeare- Theaters als Gäste spielen. in der anderen Hälfte des Jahres soll das Haus als Kinotheater mugbringend verwendet werden. Für den Wiederaufbau des Memorialtheaters in Stratford wird die Summe von 250 000 Dollars zur Verfügung gestellt. Die genannten Summen werden aus den Kreifen der Ballstreet- Finanziers aufgebracht, von denen sich eine Anzahl zu einer Gesellschaft mit beschränkter H Ende au formen. geschlossen hat, um das Unternehmen zum guten Ende zu bringen.
Ein indianischer Rekordlauf. 3wei Tarahumare- Indianer aus Merito vollendeten dieser Tage im Stadion der Texas - Universität zu Austin einen Refordlauf und wurden von den versammelten 12 000 Buschauern begeistert begrüßt. Sie waren von San Antonio eine Strede von 125 Kilometern in 14 Stunden 46 Minuten gelaufen. Der Lauf wurde nur einige wenige Male auf furze Zeit unterbrochen, indem sie etwas Wasser tranfen und einige Maistuchen aßen.
Die Schauspielervorstellung, die für heute 4 Uhr im selcinen Theater angejekt war, muß verschoben werden.
Borstellungsverschiebung. Die von der Bollsbühne für den 3. April geblante Matinee im Theater am Schiffbauerdamm, die Sinclairs Drama Singende Galgenbogel" zur Aufführung bringen soll, muß ver fegt werden, da die mehrfache Verschiebung der Premiere von Ehm Bells Gewitter über Gottland es unmöglich machte, die Proben rechtzeitig zu beginnen.