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Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Ur. 218.

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Mittwoch, den 18. September 1895.

Die Angeklagte ist eine zierliche, bescheiden aussehende Frau, die einen äußerst sympathischen Eindruck macht. Als sie auf der Anklagebant Plat nimmt, schlägt sie die Blicke zu Boden, bei der Verlesung des Eröffnungsbeschlusses aber bricht sie in trampf­haftes Schluchzen aus."

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12. Jahrg.

führt). Darunter mit unbeholfener Hand geschrieben:" Dein Friß wesen und dieser hat wahrgenommen, daß sie sehr aufgeregt war. Mörderin aus Mufferliebe. schickt Dir noch einen Kuß!" Der Brief selbst lautete: Mein lieber guter Sie flagte über Kopfschmerzen, stellte sprungweise die ver Mann! Tausend Dank für alles gute, was Du mir gethan schiedensten Fragen und äußerte lebhafte Befürchtungen über das Ein höchst trauriges Familiendrama lag der Verhand- hast und für alle Liebe, die Du mir schenkst. Doch ich fann fünftige Schicksal ihrer Kinder. Die Schwester Sensius hat fung zu grunde, mit der gestern das Schwurgericht des nicht anders, ich kann Deine Bitte nicht erfüllen, ich muß scheiden. die Angeklagte nach ihrer Aufnahme im Krankenhause am Landgerichts I nach beendeten Gerichtsferien die Sigungen Verzeih mir, daß ich Dir die Kinder raube, aber glaube mir, sie Urban gepflegt. Ihr Sohn Friß, der damals noch Lebens­wieder aufnahm. Aus der Untersuchungshaft wurde sind am besten aufgehoben. Es thut mir unendlich leid, Dir den zeichen von sich gab, war zu ihr in dasselbe Zimmer die 30 jährige Schlossers Ehefrau Jda Marie Julie Frant großen Schmerz anthun zu müssen, aber es muß sein, oder soll gebracht worden und sie fam gerade zur Besinnung, vorgeführt, beschuldigt des Mordes ihrer beiden Kinder, ich in den fümmerlichsten Schmerzen in der Klinik sterben? Denn als der Knabe, nach eingetretenem Tode, hinausgebracht wurde. des dreijährigen Fritz Frank und der drei Monate alten Mar- geheilt werde ich doch nicht. Nochmals herzliches Lebewohl, ich Nach Bekundung der Zeugin hat die Angeklagte sofort nach garethe Frank. wünsche Dir von ganzem Herzen recht viel Glück. Vielleicht, Wiedererlangung des Bewußtseins nach ihren Kindern geschrien. Der Thatbestand ist höchst einfach. Die Angeklagte führte dak Du jetzt bessere Tage erlebst. Ich möchte Dir sehr, sehr viel Eigentliche Zeichen der Rene habe sie nicht gezeigt, sondern eine recht glückliche Ehe, ihr Mann war ordentlich und fleißig schreiben, aber die Zeit drängt und ich möchte gern erlöst sein. immer wieder versichert, daß sie nicht anders habe handeln und sorgte in ausreichender Weise für die Seinen. Aber im Mein lieber guter August, ich habe Dich ja unendlich lieb und können. Es sei ihr zu schrecklich gewesen, auch die Kinder so Jahre 1890 wurde die Angeklagte von einer an- habe trotz dem Leiden viele glückliche Stunden mit Dir verlebt, leiden zu sehen. Die Angeklagte, die im Krankenhause auf jeder­steckenden Krankheit befallen und bald darauf dehnten sich aber wie gesagt, ich sehe den Tod vor Augen, ich kann nicht mann einen sehr guten Eindruck gemacht habe, habe oft wieder­die läftigen Erscheinungen auch auf die beiden Kinder länger. In dankbarer Liebe Deine treue Jda." holt: Wenn es eine Strafe in der Ewigkeit giebt, so will ich aus. Bei der Frau erwiesen sich alle Heilungsversuche ver Andere Abschiedsworte hat die Angeklagte an ihren Bruder gern büßen, ich habe aber nicht anders gekonnt."- Die Aus­geblich, sie hatte viel zu leiden. Der fleine Frizz mußte troß und ihre Schwester geschrieben. sagen des Dr. Freudenberg, der als erster Arzt nach feines zarten Alters einer Quecksilberkur unterworfen werden; er Herzzerreißend ist ein Brief, den die Angeklagte am 28. Juli der That in der Wohnung der Angeklagten war, bestätigen nur, litt an einem bösartigen Ausschlag. Das jüngste Kind wurde aus dem Untersuchungsgefängniß an ihren Ehemann geschrieben daß das Zimmer start nach Kohlendunst roch und das eine Kind von einer schmerzlichen Augenkrankheit befallen. Am 20. Mai cr. hat. Darin heißt es:" Ihr sorgt Euch so viel um mich und schon todt war, der Knabe und die Mutter aber noch Lebens­begab die Angeklagte sich nach der Klinit des Dr. Lassar, fie ließ habt mich so lieb, es wäre besser, wenn Ihr mich vergessen zeichen von sich gaben. Professor Dr. Straßmann und sich eingehend untersuchen und wurde mit dem Bescheide ent- tönntet. Die Tage vergehen hier schon, aber die Nächte sind Sanitätsrath Dr. Mittenzweig befunden, daß der Tod der laffen, daß wenig Aussicht auf eine vollständige Heilung vor schrecklich. Neulich träumte mir, ich war zu Hause bei Dir, Kinder an Kohlenoryd- Vergiftung erfolgt ist. Der als Sach­handen sei. Von jetzt ab faßte ste einen verzweifelten ich hörte die Kleine so deutlich schreien, ich trug sie verständiger über den Geisteszustand der Angeklagten aufgerufene Plan, den sie schon am folgenden Morgen, am 21. Mai, zur am Arm, Frißchen, trollte neben mir und hatte so viel Dr. med. Seppmann giebt sein ausführlichst und sehr sorg­Ausführung brachte. Ihr Ehemann hatte sich wie gewöhnlich zu erzählen, ich war so glücklich doch ich mußte erwachenfältig begründetes Gutachten dahin ab, daß nach seiner morgens 5 Uhr nach Pankow zur Arbeit begeben. Die An- und wo find meine Kinder? wo Du und wo ich? Und ich muß sicheren Ueberzeugung die Frau ihre That in einem Zu­geklagte schrieb eine Anzahl Abschiedsbriefe an ihre Angehörigen, dann so viel weinen und dente nur immer wieder, wie ich Dich stande der Geistesstörung begangen habe, durch welchen die badete ihr jüngstes Kind und bekleidete beide mit ihrem Sonntags- und Euch alle so unglücklich gemacht habe. Ich bix. hier wegen freie Willensbestimmung ausgeschlossen war. Der Sachverständige, zeug. Dann ging sie mit ihnen von ihrer Wohnung, Waldemar Mordes, ich las es selber wegen Mordes meiner eigenen Kinder. aus dessen Bekundungen noch hervorzuheben ist, daß die An­Straße 14, zu ihrer in der Grünauerstraße wohnenden Schwägerin, So lange hatte ich gezweifelt, ich konnte mich nicht hineindenken, geklagte unter elf Geschwistern das neunte Kind und ein wo sie sich kurze Zeit aufhielt, ohne daß etwas Auffälliges aber es ist doch wahr! Aber ich wollte alles ertragen, Zwillingskind ist, führt in wissenschaftlicher Form aus, daß hier an ihr zu bemerken war. Wieder nach Hause zurück- möchte die Zukunft bringen, was sie will will, wenn Du, ein Krankheitsbild so schulmäßiger Art vorliege, daß es in jedem gekehrt, gab sie dem jüngsten Kinde die Flasche, ging mein lieber August und alle, die Ihr mich lieb habt, nicht Lehrbuche der Seelenheilkunde als Paradigma seinen Platz finden dann nach einer Destillation, um für 50 Pfennige Rum mitleiden müßtet. Wenn man Guch doch alles verheimlichen und könnte. Ihre Abstammung, die Vorgeschichte vor der That, die zu holen und gab hiervon den Kindern mit Milch ver- Dir fagen fönnte, ich sei todt. Mit der Zeit müßtest Du mich Erscheinungen des krankhaften Gemüthsdrucks, die Zwangs­mischt zu trinken. Sie zeigten bald Müdigkeit, worauf vergeffen, könntest Dir eine gesunde Frau heirathen, hättest vorstellungen stimmen ganz genau mit einer trübfinnigen Seelen­die Mutter sie in ihre Bettchen legte. Nun trant sie selbst den bald wieder ein Frische und ich wüßte, Du wärst dann glück- franken überein, die unter einem Anfall trübsinnigen Zwanges übrig gebliebenen Rum und fachte dann in dem Ascheimer, den lich. Nimm mir nichts übel, lieber August, ich habe Dich so die That begangen habe. sie neben die Betten stellte, ein Kohlenfeuer an. Es entwickelte sehr lieb. Zweifle nicht an meiner Liebe, aber weine nicht um Sanitätsrath Dr. Mittenzweig giebt zu, daß die An­sich ein heftiger Rauch. Die Angeklagte setzte sich darauf auf die mich. Ich will Dir noch ein Gedicht mitfchicken, des Nachts geklagte unter einem schweren seelischen Druck gestanden, will Kante des Bettes, in welchem ihr Sohn lag. Thüren und Fenster hab ich's gemacht in Gedanken, denn schlafen thue ich wenig. aber nicht so weit gehen, sich dem Vorredner dahin anzuschließen, hatte sie vorher möglichst dicht verschlossen. Die Wirkungen des giftigen In ewiger Liebe Deine Frau Jda Frank geb. Morbach . daß hier der§ 51 des St.-G.-B. Platz greife. Die Angeklagte Gases machten sich bald bemerkbar. Das kleinste Kind wimmerte, die Das Gedicht lautet: Als Du tamst, um mich zu sehen habe sich in einem Zustande höchster Verzweiflung befunden, aber Mutter wußte es zu beruhigen, sie hörte es noch einige Male röcheln, Und ich Dir ward vorgeführt- Abut' ich nicht, was fonnt nicht pathologischer, sondern psychologischer Verzweiflung; die dann verstummte es. Der ältere Knabe zeigte größere Wider- geschehen Ahnte nicht, was mir passirt Erft vom Richter That sei in einem Zustande höchsten Affekts geschehen, für einen standsfähigkeit, er erwachte und klagte über den Rauch. Die mußt' ich hören- Da öffnete die Thür sich gleich- Ich faßte frankhaften Affekt könne er dies aber nicht halten. Für ihn sei Mutter wußte auch ihn zu beruhigen, bald herrschte Stille im mich, ich wollt' nicht weinen Doch schnell ging schon der es nicht erwiesen, daß die Angeklagte in bewußtlosem Zustande Zimmer Todtenstille. Am Nachmittag gegen 4 Uhr fiel Muth vorbei Wie ich Dich sah, wie Du so weintest oder in dem Zustande krankhafter Geistesstörung gehandelt habe, Nachbarn der Dunst auf, der aus der Thürriße der Frank'schen Mir war's, als ob mein Herz zerschnitt So schwer mir der die freie Willensbestimmung ausschloß.- Prof. Dr. Wohnung drang. Die Thür wurde erbrochen. Alle drei Jn- auch mein Leid erscheint Doch Du fühlst alles doppelt mit. Straßmann erklärte: Die Frage nach dem Geisteszustande saffen waren bewußtlos, die Kinder lagen in ihren Betten, die Wir liebten uns, doch mußt' ich gehen Ich durst' nicht länger der Angeklagten trete heute zum ersten Male an ihn heran; er Frau lag auf dem Fußboden. Es gelang dem herbei- bei Dir sein Du wollst mir helfen, mußtest sehen- Wie ich sei nicht im stande, bei einem so schwierigen Falle ex abrupto gerufenen Arzt, die Angeklagte und ihren Sohn wieder ging in das Grab hinein. Das war für mich ein schwerer ein Gutachten abzugeben, dazu gehört vielmehr eine längere ins Bewußtsein zurückzurufen, bei dem kleinsten Kinde zeigten Tag- Ich weinte viel, doch glaube mir Ich alles, alles Beobachtung. Verschiedene Momente scheinen allerdings darauf sich die Versuche vergeblich. Aber auch der Knabe ist am gerne trag.- Ich liebte Dich und lieb Dich noch Ich kann hinzudeuten, daß eine krankhafte Gemüthsstimmung und Zwangs­folgenden Tage im Krankenhause gestorben. es selbst nicht fassen Ich liebte Dich und lieb Dich noch vorstellungen vorhanden waren. Dr. Leppmann vertheidigt Thust Du mir auch zürnen und hassen. Doch wenn nicht, es fein Gutachten nochmals nachdrücklich gegenüber dem Dr. Mitten­ist gescheh'n Als Mörderin bin ich verdammt Ich muß zweig und kommt abermals zu dem Schluß, daß hier nicht blos jetzt vor den Richter geh'n Eo schwer mir wird auch dieser ein Akt der Verzweiflung, sondern der Geistesstörung vorliegt. Gang. Doch wenn nicht, thue nicht verzagen Ich trag Dr. Mittenzweig regt an, ob es nicht zweckmäßig sei, geduldig jede Laft Ich will nicht weinen, will nicht bei der Eigenartigkeit des Falles die Angeklagte zur Beobachtung Den Borsiz im Gerichtshofe führt Landgerichts Direktor flagen Ich bin auf alles schon gefaßt. Sollten uns ihres Geisteszustandes auf sechs Wochen der Charitee zu über­Haack, die Anklagebehörde vertritt Staatsanwalt Dr. Schweig- auch Jahre trennen Wär's eine halbe Ewigkeit Die weisen. Staatsanwalt Dr. Schweigger stellt einen dahin ger, die Bertheidigung führt R.-A. Dr. Herzfeld. Liebe bleibt, die Tage rennen Vielleicht blüht eine beffere Beit. zielenden Antrag, dem Rechtsanwalt Herzfeld entschieden Bu ihren persönlichen Verhältnissen bemerkt die Angeklagte Doch wäre alles auch vergebens- Wenn keine Hoffnung widerspricht. Sanitätsrath Dr. Mittenzweig erklärt auf auf Befragen, daß sie katholischer Religion und unbestraft sei. Dir mehr blieb Könnt' ich die Erste dann bei Frißchen sein Befragen des Präsidenten, daß er nicht entscheiden könne, ob die Seit 1891 fei sie mit dem Schlosser August Frank verheirathet, So weine nicht und füg' Dich drein!" Angeklagte heute geistestrank sei, sondern auch zur Entscheidung aus der Ehe stammten zwei Kinder: der 1892 geborene Frih und Die Angeklagte erzählt nach Verlesung der Schriftstücke, wie dieser Frage die Ueberweisung der Angeklagten an eine Be­die 1895 geborene Margarethe. Sie bekennt sich im Sinne der sie die Kinder hingelegt, ihnen einen Abschiedstuß auf die Münd- obachtungsstation beantragen müsse.- Dr. Leppmann: Hier Anklage für schuldig." Ich habe", so antwortet sie auf die chen gedrückt und dann den Tod erwartet habe. Sie habe nicht liege absolut fein außergewöhnlicher, sondern ein Schulfall Frage des Vorsitzenden, in sehr glücklicher Ghe gelebt und Noth an Mord gedacht. Ich wollte ja nicht nur mich und die Kinder, vor, der in jedem Lehrbuch der Psychiatrie nachzulesen sei. nicht kennen gelernt. Ich habe mir vor meiner Eheschließung sondern alle Welt glücklich machen. Ich wurde förmlich dazu ge: Er selbst stehe einer Beobachtungs Station für geistes­eine häßliche Krankheit zugezogen und der Gedanke daran hat trieben, aus der Welt zu scheiden. Ich war überglücklich, als ich frante Strafgefangene vor und seße sein ganzes wissenschaftliches mich unendlich unglücklich gemacht, zumal sich zeigte, daß unter so da lag, meine ruhig schlummernden Kinder betrachtete und Renommé dafür ein, daß diese Angeklagte zur Zeit der That der Krankheit auch die unglücklichen Kinder zu leiden hatten. mir langsam die Sinne schwanden. Als ich wieder erwachte, geistestrant war. Der Gerichtshof lehnte den Antrag auf Ich konnte den Jammer gar nicht mehr mit ansehen, lag ich im Krankenhause und eine fromme Schwester stand neben weitere Beobachtung der Angeklagten ab und es erhält das Wort denn der Frig hatte immer wieder neue Krankheits- mir. Als ich das Schreckliche erfuhr, daß ich lebte und die Staatsanwalt Dr. Schwegger: Derselbe beginnt mit der erscheinungen und auch ich mußte wiederholt in die Klinik, ein- Kinder todt seien, bat ich blos immer: Laßt mich sterben! Laßt Bemerkung, daß im vorliegenden Falle ein schweres Verbrechen mal war ich sogar beinahe erblindet. Es waren schreckliche Tage, mich sterben!" Ich dachte immer, es müßte eine mitleidige begangen worden sei, ohne daß man die Thäterin als eine Ver­die ich durchzumachen hatte. Die Geburt der kleinen Margarethe Person tommen und mir ein Pulver reichen, um zu sterben, und brecherin bezeichnen könne. Hier sei übertriebene Mutters machte mich ganz und gar elend. Mit entsetzlicher Angst sah ich, statt dessen wurde mir gesagt: ich muß leben! liebe das Motiv zu der schrecklichen That gewesen. daß auch das neugeborene Kind ganz entzündete Augen hatte und Präs.: Bereuen Sie denn die That? Angefl.: Ich Die Angeklagte verdiene zweifellos das Mitleid im von anderen Leuten wurden mir schreckliche Dinge von den Leiden fann nur immer sagen, meine Herren: ich konnte nicht anders, höchsten Grade. Sie sei eine überraschend tief angelegte erzählt, die solche armen Kinder durchzumachen haben. Ich ich konnte nicht anders! Ich war doch nicht wahnsinnig, sondern Natur, ihre Briefe flössen über von Liebe zu ihrem Manne und mußte mit dem Kinde zum Augenarzt und ich mußte immer wußte alles, was ich that; ich war auch nicht betrunken und ihren Kindern. Aus dem Eindrucke, den die Angeklagte mache, selbst mit ansehen, wie das arme Würmchen gequält wurde."- doch: ich fonnte nicht anders! Ich wurde geradezu dazu sowie aus ihrer ganzen Vergangenheit sei es als glaubhaft an Die Katastrophe schildert die Angeklagte genau nach der oben ge- getrieben. Ich wollte nicht morden, sondern alle glücklich zusehen, daß sie teine Echuld trage an der unseligen Krankheit, gebenen Darstellung: Nachdem das jüngste Kind aus der Klinik als machen!" von der sie befallen wurde. Nach ärztlichen Gutachten habe sich geheilt entlassen worden, sei sie selbst noch fortgesetzt von schweren ihrer eine schwere Melancholie bemächtigt, sie sei der Ueber förperlichen Leiden geplagt worden. In ihrer Verzweiflung sei sie zeugung gewesen, daß nicht nur sie, sondern auch ihre Kinder zum Dr. Bernstein gegangen, der eine gründliche Behandlung im niemals von der schlimmen Krankheit befreit werden würden und Krankenhause als nothwendig erklärte. Da dies doch so viel mit unwiderstehlicher Gewalt sei sie zu dem Gedanken gedrängt Geld toftete, sei sie wieder zum Dr. Lassar gegangen und die Be­worden, daß nur der Tod sie und ihre Kinder von der Noth be merkungen der Aerzte über ihren Krankheitszustand haben sie ganz freien könne. Nach dem Gutachten des Dr. Leppmann habe die unglücklich gemacht. Sie habe geglaubt, sie müsse am lebendigen Angeklagte feine Ueberlegung besessen, ste tönne deshalb Leibe verfaulen. Ihre Schwester habe sie getröstet, als diese aber Die Zeugenvernehmung bezieht sich zunächst auf die sub nicht für ihre schwere That verantwortlich gemacht werden und weggegangen, sei auch ihr Muth weg gewefen. Sie habe in der jektiven Verhältnisse. Die Angeklagte hatte in einem Briefe an er müsse bei den Geschworenen beantragen, die Schuldfrage zu Nacht vor der That viel geweint und fei immer ihren Ehemann auch wiederholt angedeutet, daß das Unglück, verneinen. Wenn die Angeklagte aus dem Gefängnisse heraus­von dem Gedanken geplagt worden, wie entfeßlich welches sie betroffen, sie nur in der Ueberzeugung bestärkt fomme, werde sie hoffentlich die Kraft zu einem neuen Leben uuglücklich sie sei und wie unglücklich fie die ganze habe, daß es keinen Gott im Himmel geben könne, finden und versuchen, das schwere Leid, welches sie über sich und Familie gemacht habe. Als ihr Mann des Morgens er- da sonst doch unmöglich ihr ohne jedes Verschulden so schweres ihre Angehörigen gebracht, wieder gutzumachen. wachte und zur Arbeit ging, habe er sie getröstet und Leid geschickt werden würde und namentlich es nicht möglich sei, Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Hersfeld , sprach seine sie habe noch gar nicht ans Sterben gedacht. Im daß so unschuldige kleine Kinder ins Unglück gestürzt werden Freude über den Antrag des Staatsanwalts aus und führte Halbschlummer sei ihr der Gedanke gekommen: Wenn Du den könnten. Es werden zwei Brüder und eine Schwester alle Umstände an, welche dafür sprachen, daß die Angeklagte Zod suchst, dann hat alles Leid auf einmal ein Ende. Der Ge- der Angeklagten vernommen, ob sie über diesen Wechsel die That nicht im zurechnungsfähigen Zustande begangen dante war taum gefaßt, da habe sie ihn nicht los werden können, des Glaubens nähere Mittheilungen machen fönnten. habe. Er schloß seine packende Rede mit dem Ausdruck der so sehr sie sich auch dagegen sträubte. Sie habe zuerst geplant, Dies ist nicht der Fall, sind die Geschwister Hoffnung, daß die Geschworenen einen freisprechenden Wahrspruch ins Waffer zu gehen, da sie aber fürchtete, wieder herausgeholt selbst Dissidenten. Aus ihren Aussagen ergiebt sich, abgeben würden. zu werden, habe sie sich endlich entschlossen, sich durch Kohlen- daß die Angeklagte zehn Geschwister hat und der Vater ein dunst zu ersticken und die beiden unglücklichen fleinen Geschöpfe Trinfer ist. Ein Onkel befindet sich im Irrenhause. Die An­mitzunehmen. geflagte hat vor Jahren ihren Geschwistern Mittheilung davon Die Angeklagte erzählt die Einzelheiten der Katastrophe mit gemacht, daß sie unschuldigerweise zu einer entfeßlichen Krankheit thränenerstickter Stimme. Sie ist besonders gedrückt, als die gekommen sei. In der langen Zeit ihrer Leiden habe sie wieder­Briefe verlesen werden, die sie kurz vor der That geschrieben. holt gesagt, daß sie jedes Gottvertrauen verloren habe und am So hat ihr Ehemann bei seiner Heimkehr von der Arbeit liebsten mit den Kindern sterben möchte. Als mögliche Ent­einen solchen Brief vorgefunden. stehungsurfache ihrer Krankheit habe sie die Vermuthung aus­Auf der Vorderseite des Briefumschlages standen die Worte: gesprochen, daß sie sich dieselbe in ihrer früheren Stellung Von Deinem lieben Frizz einen innigen Gruß und Kuß! Mein als Dienstmädchen beim Wäschewaschen für ihre Dienst lieber guter Mann! Verzeihe mir alles, doch ich kann nicht herrschaft zugezogen haben könne. Der praktische Arzt anders handeln. Wir haben alle Rum getrunken. Sollte ich Dr. Paul Bernstein, welcher die Angeklagte wieder- Ein bürgerlicher Bierboykott soll in Rigdorf in noch nicht erstickt sein, so bitte, hänge mich in der Küche auf, holt wegen ihrer Krankheit untersucht und mit ihr über Sicht sein, wenn man den Berichten einiger staatserhaltenden Deine Jda." Auf der Rückseite des Umschlages standen die den Charakter der Krankheit und die ihr blühenden Blätter trauen darf. Fragt man, was denn Schreckliches geschehen Worte: Ferdinand ist heute Abend bei Dr. Bernstein, Elisabeth- Aussichten seine Ansichten mehrfach ausgedrückt hat, giebt der sei, so ist auf grund der Mittheilungen eines Rigdorfer Lokal­Ufer 18, part. Nochmals mein herzliches Lebewohl und tausend Angeklagten das Zeugniß einer freundlichen ruhigen Frau. Sie blattes folgende festzustellen: Die Räumlichkeiten Dank für alles. Jda, Friz und Gretchen( von der Mutter ge- ist das letzte Mal zwei Tage vor der That bei dem Zeugen ge- der Rigdorfer Bereinsbrauerei sind auf Ver­

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Auf Befragen des Vertheidigers schildert die Angeklagte noch, daß sie absolut nicht wisse, wie sie zu der häßlichen Krant heit gekommen. Es sei immer ihr Stolz gewesen, daß sie ein ordentliches, sittsames Mädchen gewesen und nun sei sie gerade von einer so scheußlichen Krankheit befallen worden. Dies habe ihr schwer auf der Seele gelastet, da sie nicht nur sich, sondern ihre ganze Familie unglücklich gemacht habe.

doch

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Nach erfolgter Rechtsbelehrung zogen sich die Geschworenen zur Berathung zurück, um schon nach wenigen Minuten wieder Saale zu erscheinen.

im

Ihr Spruch lautete auf Nichtschuldig. Die Angeklagte nahm das freisprechende Urtheil ohne sichtliche Erregung entgegen. Es wurde ihre sofortige Freilassung angeordnet.

das

Lokales.