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Ehesiheiöung per Raöio. von Erik Zuel. (Autor, llebersetzung von David Luschnat .) Jetzt hat sich Baron von Wolfbach das Leben behaglich gemacht. Er hat sich zur Ruhe gefetzt. Er gibt dem rollenden Jahr, was des Jahres ist, kämpft nicht mehr dagegen an. Der Schnurrbort ist plötzlich grau geworden. Essenzen, Tink- turen, Krem»(und was sonst noch zu einem kavaliermäßig ausge- statteten Toilettentisch gehört) stehen unberührt. Die Lieseranten oermissen ihn. Der Schuhmacher— Spezialist in Lackschuhen— hat seinen besten Kunden verloren. Masseure und der Schneider in der Kärntner Straße beklagen seinen Abfall. Wer vermochte es, ein Jackett zu tragen wie Baron von Wolf- bach! Der Schnitt seiner weißen Gamaschen war berühmt. Seine Hellila Handschuh« mit schwarzer Einfassung wirkten gar nicht komisch. Er hatte die Mittel dazu, jawohl, und er hotte sogar Mittel, sich mit Emanuela Lleinbaum zu oerheiraten. Man lächelt« wohl ein wenig über den ältlichen Baron, aber man verzieh lächelnd-ine Exzentrizität, die ihm eigentlich gut stand. Der Baron richtet« sich hoch auf. Er wirkte jung und stattlich. al» er Emanuela Steinbaum zum Altar führte, und auch sie trug den Kopf hoch wie«in« wirklich« Baronin, als sie aus der Kirch« trat. Die Kameraden im Gefolge beneideten ihy, die Damen von der Operette beneideten sie. Emanuela war ebenso betörend wie jung. Der Baron war glücklich und tat alles, um sich sein Glück zu erhalten. Er ver- götterte Emanuela und um ihretwillen widmete er sich seiner eigenen Person mit gewissenhaftester Sorgfalt. Sein« Toilette nahm Stunden in Anspruch. Angehörig« aller Branchen der Körperkultur kamen und gingen: lösten einander ab vom frühen Morgen bis spät in den Vormittag hinein. Und Baron von Wolfbach wurde jünger und jünger, Zusehens, von Tag zu Tag. Es machte schreckliche Müh«, aber er hielt aus, er wollt« es nicht aufgeben. Es galt ja sein Glück, und das wollt« er festhallen. Baronin von Wolfbach verlor inzwischen ihren guten Humor. Sie war nicht die gleich« Emanuela, die früher schlecht und recht Emanuela Kleinbaum hieß. Sie hatte eigenen Salon, Kammerzofe, wurde mit„gnädig' bezeichnet. Wer die Sonn« strahlte nicht so hell vom Himmel als früher. Das goldene Bauer fühlte sich eng an, sie war selbst einge- sangen, tonnte nicht mehr wie früher auf Fang ausgehen. Und eines Tages, als der Baron nach Haus« kam, saß sie am Flügel und sang: „Rein, die feine Gesellschaft ist keine Gesellschaft für mich!' Der Baron stutzt«. Das klang ober sehr unpassend!— Di« seine Gesellschaft ist keine Gesellschaft. „Emanuela!" seine Stimm« klang mild, aber doch vorwurfsvoll und er wiederholte noch einmal die ärgerlichen Strophen:„Die fein« Gesellschaft ist keine Gesellschaft?" „Für mich!" schrie die Baronin und schlug die Roten zu- sammen. Na. also,»in Wort gab das andere und ohne Abschied, ganz ohne weitere« ging Emanuela auf und davon, mit Brillanten und Schmuck und mit den Sachen, die ihr gehörten. Da geschah es, daß Baron von Wolfbach sich langsam zur Ruhe setzt«. Alle die Tausendkünstter, die täglich den Baron aufzufrischen pflegten, mußten unverrichteter Sache wieder ihres Weges ziehen. Er zog sich in sein Kabinett zurück, setzte sich zur Ruhe, ruhte sich richtig au« und fühlt- sich eigentlich ganz zufrieden. Er holt« die Patiencekarten vor, ließ sich Radio anlegen und ließ bei einem Likör, einer Zigarre und einem Gläschen Wein die Welt draußen ihren Gang gehen. Er hörte weder etwas von seiner Baronin noch über sie. Er blieb ja zu Hause, ganz für sich. Und ging er einmal aus, so erkannte ihn niemand in seiner veränderten Gestalt. Das war wirNich verwunderlich, in seiner Stadt unherzugehenl Sie war dieselbe wie früher, ober er selbst war«in anderer. Das war ein ruhevoller Genuß, ein behaglicher, friedvoller Zustand nach dem Kampfe um die fliehend� Jugend! Ein Jahr verging für den jetzt alten Baron. Es war am Abend. Draußen fiel Schnee, er saß so lauwarm in seinem Stuhl und legte Patience . Die Lampe leuchtete, das Likörglas flammte, von seiner Einsamkeit umschlossen wollte er hinauslauschen in die Außenwelt— er hatte sein Radio. Tages- Nachrichten— Politik— ausländische Zankerei— Dolksabstimmung — und als Elou des Abends— in einer knappen Stund« etwa— „Die heimgekehrte Diva, Baronin Emanuela von Wolfbach, mit wechselndem Programm". Im Herzen des Barons gab es plötzlich einen Stich:„Emanuela" — sein« Emanuela— seine Frau— Baronin von Wolfbach? Er schloß die Augen, sank zurück. Ihr Bild stieg empor, Erinne- rung überwältigte ihn. Er wachte aus, erhob sich, streckte sich, richtete sich. Emanuela- Sehnsucht wuchs. Er ging zum Spiegel, betrachtet« sich: Wie er aussah! Haar, Bort, Augenbrauen waren grau und der Teint war fahl und gelblich. Schnell Creme, Farbstift, Schminke, Salbe, Essenz, Rückenhalter, Leibbinde, das Jackett mit den prächtigen Schullern, Gamaschen, Beinkleider, die Lackschuhe mit«ingelegten Absätzen, da« Monokel, er war gerade fertig, als die Zeit heran war. Er fegte die Patiencekorten vom Tisch, er stand aufgerichtet und halb hingeneigt, zum Zuhören bereit. Er schnarrte ein wenig, sein Herz klopft«, benommen flüstert« er:„Meine Emanuela"— Da Innen klang es. Ach, wie er die Stimme kannte: �„Rein die feine Gesellschaft ist keine � Gesellschaft--" Baron von Wolfbach legte ganz sacht den Kopfhörer ob. al» ob er besorgt wäre, daß sie dort draußen ihn hören hönne. Er zog das Jackett mit den prächtigen Schultern au» und schlüpfte wieder in seinen verschnürten Housrock. Dann sammelte er die Spielkarten vom Fußboden auf, schenkte sich einen Likör ein, entzündete eine frische Havanna und setzte sich bequem im Lehnstuhl zurecht. Er wußte ein« Patience, genannt„Eine glückliche Ehe". Die pullte er jetzt legen« die würde sicher aufgehen,____
Das öilö. Ela Schulerlebnis von Felix Fechenbach. Fritz war nun bald sechs Jahre, also schon«in ganz großer Bub geworden. Im Herbst sollte er ABC-Schütze werden. Darauf freute er sich wie ein Schneekönig. Und das Schönste dabei war, daß Soffele, seine liebste Spielkameradin, mit ihm in die gleich« Schule und Klasse kam. Fritz holt« Soffele natürlich jeden Morgen ab und beide trollten dann gemeinsam zur Schule. Es dauerte nicht lange und Fritz wurde von den anderen Schul- buben mit dem Spottnomen„Mädlesschmecker" gehänselt. Dann gab's eine Prügelei und Fritz zog dabei meistens bei der zahlen- mäßigen Uebermacht der Spottvögel den Kürzeren. Er gab's dann auch bald auf, sich mit ihnen herumzubalgen und ging, unbekümmert um ihre Hänseleien, jeden Tag mit Soffele seinen Weg zur Schule und wieder nach Hause. Das Leben in der Schule hatte er sich unterhaltsamer vorgestellt, als es war. Beim Rechnen gab's immer nur tote Zahlen. Und wenn der Lehrer Schwarzmann«in Rechenexempel aufgab, hatte es Fritz im Stillen im Nu gelöst und war mit seinen Gedanken gleich wieder
Gewitter über Strefemann.
Sürgerblock»Mmifter— und dennoch l
wo ander». Wenn er dann aufgerufen wurde, wußte er nicht, mehr von den dummen Zahlen. Da gab'»«ine fürchterliche Ohrfeig« und Fritz hatte an einem solchen Tag alle Freude an der ganzen Lernerei verloren. Im Schulzimmer hingen wunderschöne bunte Steindrucke, und Fritz sr«ute sich schon lang« darauf, wenn der Lehrer einmal erzählen würde, was alles auf den Bildern dargestellt war. Das mußt« fein werden! Und dann kam der langersehnt« Tag. Lehrer Echwarzmann nahm eines der Bilder von der Wand und hängte es umständlich an die Schultafel. Ein allgemeines„Ah!" ging durch dl« Klasse. Aber so sehr wie Fritz tonnte sich ganz bestimmt keiner unter dem kribbeligen Völkchen auf das Kommende freuen. Wie oft hatte er das Bild schon mitten im langweiligsten Rechen- Unterricht mit seiner kindlichen Phantasie umwoben. Zu dem Bauern- Hof aus dem Bild und zu dem fremdartig gekleideten Mann, der auf den Schultern ein putziges Aeffchen trug, hatte sich Fritz längst eine feine Geschichte ausgedacht. Na, und erst der möchng« Bär, der da herumtanzte und dabei einen Stock zwischen den tollflatschigen Pfoten hielt! Was mußt« der Lehrer da erst für lustige Geschichten zu er- zählen wissen, von dem Mann, dem Bären und dem Aesfchen.... Aber es kam anders. Der Lehrer sagte nur, daß im Hintergrunde des Bildes ein Bauernhaus steht, rechts ein Mann mit zwei Tieren und auf der linken Seite des Bildes ein Brunnen.' Und in dieser langweiligen Art ging's weiter. Jeder Satz muhte von einem der Kinder nach- gesprochen werden. Wenn alles durch war, ging's wieder jun vorne los. Fritz war furchtbar enttäuscht. So hatte er sich die Sache nicht gedacht. Und weil ihm das ewige Wiederkäuen nichtssagender Sätze keinen Spaß machte, suchte er sich einen besseren Zeitvertreib. Den fand er bald. Durchs Fenster tonnt« man auf eine, den Hof abschließende Mauer sehen. Dort tummelte sich«in« Schar Spatzen. Hei, war das lustig, ihren Balgereien zuzuschauen: weit lustiger als das öde Geplapper in der Schulstube. Das Berhängnis blieb nicht aus. Fritz wurde aufgerufen und wußte den letzten Satz nicht nachzusprechen. Schon gab's eine mächtige Ohrfeige. Sein Banknachbar mußte ihm den Satz nochmals vor- sagen. Fritz wiederholte:„Auf der linken Seite des Bildes steht ein „Bronnen", während er doch„Brunnen" sagen sollte. Wieder ein« Ohrfeig«. Der Lehrer läßt ihm den Satz noch sechsmal vorsagen und sechs- mal spricht Fritz falsch nach. Immer wieder setzt es ein« Ohrfeige, ohne daß der Bub weiß, was er falsch gemacht haben soll. Schließ- lich wird selbst dem Lehrer die Geschichte zu dumm und er macht Fritz wutschnaubend auf seinen Sprechfehler aufmerksam. Aber vor lauter Heulen und Schluchzen kann Fritz jetzt überhaupt tem Wort mehr herausbringen. Der Lehrer weiß sich vor Wut kaum zu fassen. Die linke Hand stützt er auf die Bank, mit der rechten bearbeitet er fein Opfer und erreicht nach beharrlichem Schimpfen und Schlagen schließlich doch, daß der vorgesprochene Satz richtig nachgesagt wird. Da schrillt die Glocke durchs Haus. Der Unterricht ist für heute zu Ende. Buben und Mädels packen ihre Sachen zusammen und stürmen die Trepp« hinunter. Fritz bleibt sitzen. Sein ttänenüberströmtes Gesicht ist rot ver- schwollen. Der Lehrer herrscht ihn an: „Mach, daß du weiter kommst!" Fritz schrickt zusammen. Dann hängt er seinen Schulranzen über und trottet langsam fort, immer noch weinend und schluckend. Unterwegs, an einer Ecke, erwartet ihn Soffele. Sie faßt ihn bei der Hand: „Fritz, wein' nimmer. Wir spielen nachher auch mit meinem Kaufladen und dann erzähl' ich dir ein paar schöne Märchen. Weißt', aus dem großen Buch out den vielen farbigen Bildern."
öeilage des vorwärts
Fritz läßt sich von seiner kleinen Freundin trösten. Die Aussicht auf Kaufläden und Märchen ist doch zu verlockend. Aber das Bild, auf dessen Geschichten er sich so gefreut, und der Lehrer, der ihn so brutal mißhandelt hatte, waren ihm seit diesem Tag oerhaßt und damit alles, was mit der Schule zusammenhing. Noch viele Jahre später, als Fritz längst der Schule entwachsen war, macht« er einen weiten Bogen, wenn er irgendwo den Lehrer Schwarzmann kommen sah.
Ortskundige Tiere. Don Erna Büfing. � Mit dem Ortssinn, dem Orientierungssinn, bezeichnet die Wissen- schaft die Fähigkeit, sich in unbekannter Gegend zurechlzufinden. Daß der Orientierungssinn einiger Tierarten, den des Menschen bei weitem übertrifft, ist allgemein bekannt. Senner Pferd« sind nach Beendigung des Krieges 1870-71 nach Monaten wieder in ihrer Heimat einge- trösten. Diese Tiere, sie wurden ziemlich unbeengt, man sagt sogar wild, groß, waren also noch im Vollbesitz ihrer natürlichen Fähig- reiten, die es ihnen ermöglichten, sich regelrecht oagabondierend ?urchs Leben zu schlagen, um zum Ziele ihrer Sehnsucht, der Stätte ihrer Aufzucht, zu gelangen. Und wer hat nicht schon von Hunden gehört, die vertauft wurden und, trotzdem große Entfernungen zurückzulegen waren, sich bei ihrem alten Herrn wieder einfanden! Mit Katzen hat man ähnlich« Erlebniss«. Freilich redet man oft vom Ortssinn und meint damit da» Zurechtfinden der Tiere in ihnen mehr oder minder bekannten Ge- genden. Wie mancher Dauer behauptet nicht zu Unrecht von seinem Pferd«:„Es kennt genau mein« Felder. Ich könnte die Liese allein gehen lassen, sie würde besttmmt vor m«inem Ackerstück(wo sie immer beschäftigt wurde) haltmachen." Daß bei einem einkehrfreudigen Kutscher die Pferde vor gewissen Wirtschaften Hunger und Durst oerspüren und nicht weiter wollen, hört sich auch gerade nicht lügen« Haft an. Obzwar die Geschichte von dem reichen Herrn, der durch das Pferd seiner Frau von der Untreu« seiner Gattin den Beweis erhielt, manche ins Reich der Fabel verweisen wollen. Bewußter Herr wurde von seiner Frau bewogen, er ahnte e«, doch fehlte ihm eben der Beweis. Der aber wurde ihm ganz unerwartet eines Tage» erbracht, als er das Pferd seiner Frau ritt. Der Ehemann war nämlich kein Held im Sattel, folglich nahm ihm das Pferd die Hand und ging dep gewohnten Weg, der vor das Haus des Liebsten führte. Unerklärlich für uns bleiben die Vogelzüge. Trotz größter land- schaftlicher Veränderungen, die Menschen unbedingt unsicher machen würden, haben die Zugvögel ihre Wege gefunden. Wie findig und ortskundig jedoch Tiere sind, geht aus einigen angeführten Beobachtungen hervor. Artur Vanfelow, der Im brasi- lianischen Urw'ald zu Hause ist, berichtet von eingefongenen und ge- zähmten Tapiren, die ausgebrochen waren und sich nach Tagen wieder einfanden. Dabei müssen diese Tiere weit in den Urwald gedrungen gewesen sein, weil viele auf jeden Fall sehr findige In- dianer sie eifrig, aber vergeblich suchten. Ebenso geht Vanselows zahmes Wasserschwein Lieschen tief, tief in einen Fluß hinein und findet, trotzdem es oft recht lange ausbleibt, stets wieder nach Haufe. Sailer-Jackson erzählt von dem Nilpferd Oedipus , das drei Jahr« in einem festen Gebäude war, bevor der Zirkus da» Tier mtt auf Reisen nahm, folgendes:„Nach neunmonatiger Abwesenheit kehrten wir in unser Heim zurück. Der Nilpserdwagen stand etwa 1<X> Meter vom festen Gebäude«iztfernt, als Oedipus ausgeladen wurde. Ohne sich umzudrehen rannte Oedipus im Trab nach dem Haufe, fand sogleich den Eingang, ging die richtige Trepp« hinunter iH_ den Keller, durchquerte ihn und stieg In sein bereits mit ange- wärmtcm Wasser angefülltes Schwimmbassin." Beim Zirkus Sarrasani nahm einmal, als der Eisenbahnwagen geöffnet wurde, ein Elefant Reißaus. Nun hat ja nicht leicht ein Mensch den Mut, einen Elefanten anzuhalten und auch nicht leicht ein Mensch die Schnelligkeit, einen davonstürmenden Elefanten ein- zuholen. Folglich trottete der Dickhäuter auf und davon. Obwohl nun noch kein Elefant nach dem neuen Zirkusplatz geführt worden war, sondern nur Pferde und Zebras diesen Weg«ingeschlagen hatten. fand sich der Ausreißer dort ein, lange bevor fein« Kollegen an- kamen. Ganz fabelhast gestaltet sich auch da» Leben und Treiben auf den Vogclbergen, aus denen im trauten Berein oft Möven, See- schwalben, Lummen, Alken, Tölpel, Kormoran« und Sturmvögel brüten. Die Menge dieser Vögel ist einfach nicht zu zählen. Wenn alle Vögel Junge haben, findet«in andauerndes Zufliegen und Nohrungbringen statt und jeder einzelne Vogel findet sofort seine Kinder, sein Nest. Dem Schulrelter Emerich Ankncr wurde durch die Ortskundigkeit eines Pferdes das Leben gerettet. In Flandern war er Meldereiter, als von einem Granatsplitter dem Pferde die linke Schulter und dem Reiter der Leib aufgerissen wurde. Da ist das tödlich verletzte Pferd mit dem bewußtlosen Reiter, der als Berufsreiter eben nicht aus dem Sattel zu bringen war, trotz der vielen Granattrichter, durch das Sperrfeuer nach dem richtigen Unterstand gerannt. Die Meldung wurde überbracht, das Pferd verendete, der Reiter genoß von der schweren Verletzung und so wurde ihm, dessen leidenschaftliche Liebe zum Pferde ihn dazu treibt, sein Leben unter Pferden zu verbringen, dieses Leben von einem Pferde gerettet.
Wann entstand das Kruzifix! Es ist merkwürdig, daß in den römischen Katakomben unter den ältesten Erzeugnissen der christlichen bildenden Kunst keine einzige Darstellung des am Kreuz hängenden Christus aufgefunden wurde. Aus den ersten drei Jahrhunderten der von der Geburt Christi an datierenden Zeitrechnung ist überhaupt keine Darstellung irgendeine» Vorganges der Leidensgeschichte des Erlösers bekannt geworden. Bilder eines gekreuzigten Mannes, die sich hin und wieder auf der Wand eines alten römischen Hause» fanden, gehören schon darum nicht hierher, weil es sich dabei um karikaturenhafte Zeichnungen handett. Auch die nächsten beiden Jahrhunderte bringen keinerlei Darstellungen der Leidensgeschichte und Leidenszeit Christi . Zwar sind Bildsolgen der letzten Lebenszeit Christi erholten geblieben. Aber die Ereignisse, die zwischen dem Gang nach Golgatha und der Auferstehung liegen, sind nirgends berührt. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die ersten Darstellungen des Kreuzes, die auf Marmor- artophagen gesunden wurden, auch nicht den gekreuzigten Christus elbst bringen, sondern entweder nur die Anfangsbuchstaben seine» Kamens oder das Lamm mit dem Palmenzweig. Di« überhaupt erste Darstellung von Christus am Kreuz scheint auf einem uralten Mosaikbild in einer Kirche zu Ravenna gefunden worden zu sein. Es ist aber bezeichnend, wie die allmähliche Gestaltung des Kruzi- fixes, das heute bekanntlich eme feste und allgemein verbreitete Form hat, daß auf diesem ersten Mosaikbild aus dem 4. Jahrhundert der gekreuzigte Körper fehlt und nur der Kopf Christi am Schnittpunkt der Kreuzbalken zu sehen ist. Im S. Jahrhundert finden wir das Kruzifix hauptsächlich im Orient in der heutigen Form. Das Abend- land hat dagegen damals davon Abstand genommen, den leidenden Körper des Erlösers darzustellen. Erst im 6. Jahrhundert findet sich eine vollständige Darstellung des Gekreuzigten auf einem Miniatur- gemälde. Di« erste wirklich künstlerische Darstellung der Kreuzigung stellt ein Gemälde in der römischen Kirche Maria Antiqua dar. Dieses Gemälde ist im byzantinischen Stil gehalten und zeigt zum ersten Male eine bewußt« künstlerische Absicht in der Darstellung.