Die Stadt Berlin als Lohndrücker.
Gescheiterte und vertagte Verhandlungen.
Der Magistrat der Stadt Berlin hatte sehr lange gebraucht, um zu den Lohnforderungen der Gemeindearbeiter Stellung zu nehmen. Das Ergebnis dieser langen Ueberlegungen ist aber derart, daß die Berhandlungen von vornherein scheiterten. Als Abgeltung für die seit der legten Lohnerhöhung eingetretene Teuerung, fowie der am 1. April vorgenommenen Miet steigerung wie auch der am 1. Oftober zu erwartenden weiteren Steigerung der Mieten hat der Magiftrat den Arbeitern der Rämmereibetriebe eine Lohn erhöhung" in der Spige von ganzen 4 Pfennigen an geboten. Aber auch daran hat er noch die Bedingung gefnüpft, daß der Lohntarif bis zum 31. März 1928 in Kraft bleiben foll. Die Bertreter des Gemeinde- und Staatsarbeiterverbandes haben angesichts dieses unglaublichen Angebots die Erklärung abgegeben, daß jede Berhandlung darüber zmedlos fei. 3Zunächst wird das tarifliche Schiedsgericht morgen zusammentreten, um einen Berjuch zur Einigung in der Lohnfrage herbeizuführen. Wenn der Magistrat seine Auffassung von der Notwendigkeit der Aufbefferung der Löhne der städtischen Arbeiter nicht einer gründlichen Nachprüfung unterzieht, wird es auch morgen gewiß nicht zu einer Einigung
fommen.
Auch bei den städtischen Gas- und Wasserwerfen sind die Berhandlungen bekanntlich gescheitert. Das gleiche gilt für die städtischen Elettrizitätsmerte.
Darüber wird am Sonnabend vor dem Schlichtungsausschuß verhandelt werden. Es fann aber jetzt schon gesagt werden, daß die Verhandlungsmethoden der dafür verantwortlichen Stellen des Magistrats feineswegs geeignet sind, zu einer friedlichen Regelung der Lohnverhandlungen zu führen. Bei den städtischen Arbeitern herrscht vielmehr der Eindruck vor, daß man es auf einen offenen Ronfiift abgesehen hat.
Die Hoffnung, die wir hier ausgesprochen haben, daß der Magistrat zur Einsicht tommen wird, den durchaus bescheidenen Lohnforderungen der städtischen Arbeiter gerecht zu werden, ift leiber getäuscht worden. Es wird endlich Zeit, daß der Magistrat den sozialen Anforderungen der Gegenwart gegenüber sich nicht so verfchloffen zeigt, wie dies bisher geschehen ist. Mehr Berständnis für die wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft, die Riesengewinne für die
Stadt Berlin herauswirtschaftet, kann man füglich erwarten. Es ist jebenfalls unzulässig, daß durch die Verschleppung der Lohnverhand lungen und durch ein derartiges Angebot Konfliktstoff auf gehäuft wird.
Die Straßenbahn kann sich nicht entschließen.
Gestern wurde zwischen dem Verkehrsbund, dem Metallarbeiter. verband und der Betriebsleitung der Straßenbahn über den Neuabschluß des zum 1. April gekündigten Lohntarifes verhandelt. Der Vertreter der Betriebsleitung ließ in seinen Ausführungen weder erkennen, ob die Direktion die Forderung des Personals auf eine Lohnerhöhung von 15 Pf. pro Stunde als berechtigt anerkennt, oder ob sie überhaupt zu Zugeständnissen bereit sei. Er erklärte vielmehr, daß es ihm unmöglich sei, eine flare Stellungnahme der Direktion befannt zu geben, da sie erst den Ausgang der Lohnverhandlungen bei der Eisenbahn, der Reichspost, den Rommunen usw. abwarten müsse, Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, daß die Straßenbahn, wie immer, die Berhandlungen zu verschleppen beabsichtige und betonte, daß die Direktion Wert darauf lege, mit den Tarifgewerkschaften zu einer friedlichen Berständigung zu gelangen.
Generalversammlung der Buchdrucker.
Gestern abend fand im Gewerkschaftshaus eine gut besuchte Generalversammlung der Berliner Buchdrucker statt. Aus dem Bericht des Gauvorsitzenden Braun ist folgendes hervorzuheben:
Der Verein der Berliner Buchdrucker und Schriftgießer zählt gegenwärtig 14 016 Mitglieder. Dieser Bestand ist seit einiger Zeit stabil geblieben. Die Lehrlingsabteilung einen erfreulichen Aufstieg zu verzeichnen; 1898 Behrlinge find jegt in der Abteilung vereinigt. Die Bahl der Arbeitslosen ist in Berlin auf insgesamt 382 zurüdgegangen. Dazu hat vor allem das Eindämmen bes Ueberstundenunwesens beigetragen. Auch in Zukunft find Ueberstunden möglichst zu vermeiden, sie sollen jedoch in feinem Falle das gefeßliche Maß übersteigen. Der Kassenbestand betrug am 26. März 215 530 mt. Die letzte tarifliche Lohna zulage muß entgegen einer Forderung der Unternehmer auf alle bestehenden Löhne gezahlt werden, sofern nicht bei vorherigen Zulagen mit einzelnen Prinzipalen besondere Vereinbarungen getroffen sind.
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In einer Eingabe an die Reichsregierung hat der Berbandsvorstand in schärfster Weise gegen die Gerichtsurteile protestiert, die über Berufsangehörige wegen angeblichen Hochperrats oder Beihilfe dazu schwere Strafen verhängen. Noch mehr als in den Vorjahren ist es in diesem Jahre Pflicht aller Buchdrucker, sich an der Maifeier zu beteiligen. Es gilt, die Maifeier zu einer machtoollen Kundgebung zu gestalten.
Eine sehr ausgedehnte Diskussion entspann sich über den Antrag des Maschinensegervereins, den Beschluß der Generalversammlung im Januar aufzuheben und den kommuAls Begründung für die abwartende" Haltung der Direktionnistischen Vorsitzenden der Maschinensetzer, Engelmeier, nunwurde weiter angeführt, daß durch die Stellung von Anträgen des mehr als Vertreter im Gauvorstand zu bestätigen. Die für AufMetallarbeiterverbandes wie die Regelung der Affordarbeit, der hebung eines Generalversammlungsbeschlusses innerhalb eines Jahres statutenmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fam in der gestrigen Fließbandarbeit in der Hauptwerkstatt, die Schließung von Bezirks- Bersammlung nicht zustande, ſo daß es auch weiterhin bei der merfstätten und Unterbringung der dadurch freiwerdenden Arbeits- Dichtbestätigung bleibt. Als die Kommunisten ihr Ziel nicht träfte betreffend, eine Situation geschaffen sei, zu der die Direktion erreicht hatten, verließen sie den Saal, ohne den nachfolgenden noch nicht eingehend Stellung nehmen fonnte. Es war jedenfalls Vortrag anzuhören. Sie bewiesen dadurch, daß sie für die Gewerknicht möglich von der Direktion irgendeine klare Zusage zu erhalten, schaftsarbeit fein rechtes Interesse haben, wenn sie ihre parteipolitischen 3iele nicht erreichen können. so daß die Berhandlungen vertagt werden mußten.
Troß der gegenteiligen Ausführungen des Direktionsvertreters ließen die Verhandlungen erkennen, daß die Straßenbahnen wieder beabsichtigt, die Verhandlungen hinauszuziehen. Sie übersteht dabei aber ganz, daß die Belegschaften für dieses Berhalten fein Berständnis haben und in Anbetracht der seit dem legten Lohnabschluß eingetretenen Steigerung ber Lebenshaltungsfoften auf eine ausgleichende Lohnerhöhung drängen.
Sodann hielt Regierungsrat Genosse Joachim vom Reichs arbeitsministerium einen sehr intereffanten und lehrreichen Vortrag über das Thema„ Das faschistische System des Arbeitslebens" unter besonderer Berücksichtigung der arbeits- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des Faschismus.
Aussperrung in den Prachtfälen am Märchenbrunnen
Der Inhaber der Brachtsäle am Märchenbrunnen, vormals Schweizer Garten", der Gastwirt Taeschte, der bisher weder die Löhne des Tarifvertrages zahlen wollte noch die Arbeitszeit innehielt und sein Personal von einer wilden Stellenpermittlung durch den Kellner Baltruschat bezog, erkannte Sonnabend abend der vergangenen Woche auf Grund eines von Am den Angestellten gestellten Ultimatums den Tarifvertrag an. gestellten aus. Das Lokal ist zu meiden.
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Metallarbeiter sind seit heute morgen ausgesperrt. Es handelt sich Löhne der übrigen Arbeiter erhöhen sich im gleichen prozentualen Sonntag abend aber brach er sein Wort und sperrte die An=
Ueber 10 000 Arbeiter ausgesperrt. Breslau , 7. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Breslauer um über 10000 Arbeiter der Breslauer Großbetriebe, die für ihren Bezirk die Annahme des Schiedsspruchs abgelehnt hatten, Die Arbeiter des Görliher Bezirkes haben den Schiedsspruch angenommen und find daher von der Aussperrung nicht betroffen. Die Breslauer Metallarbeiter halten vor allem die Bewilligungen für die am schlechtesten bezahlten Hilfsarbeiter für ungenügend. Die Unternehmer haben den Schiedsspruch für ganz Schlesien abgelehnt. Die Behörden dürften neue Verhandlungen fofort einleiten, zumal in Breslau ohnehin faft 50 000 Arbeitslose vorhanden sind.
Lohnerhöhung im Speditionsgewerbe. Insgesamt über 10 Prozent.
Gestern wurden die Lohnverhandlungen für die Rollkutscher und Begleiter des Speditionsgewerbes fortgeführt. Nach mehr als dreistündigen Berhandlungen tam vorbehaltlich der Zustimmung der Funktionäre eine Bereinbarung dahingehend zustande, daß mit Wirkung ab 1. April eine fofortige 3ulage von 3,75 m. pro Woche und ab 1. Oftober bis 31. März 1928 eine weitere Bulage von 1,25 m. pro Woche gezahlt werden solle. In den übrigen Gruppen erhöhen sich die Löhne im gleichen prozentualen Berhältnis.
Die Lohnzulage bedeutet für alle Gruppen ab 1. April eine Erhöhung der Wochenlöhne um 7,8 Proz. und ab 1. Oktober um weitere 2,4 Proz. Die zum gleichen Tage einberufene Funktionärversamm lung hat nach eingehender Diskussion dieser Vereinbarung zugestimmt.
Einigung im Fuhrgewerbe.
Erfolgreiche Lohnbewegung.
Am Montag wurde vor dem Schlichtungsausschuß zwischen der Berliner Fuhrherreninnung und dem Deutschen Verkehrsbund über den Neuabschluß eines Lohnabkommens für das Schwer- und Leichtfuhrgewerbe verhandelt. Da die Fuhrherren nach mehrstündiger Berhandlung ihren Widerstand aufgaben, die Pferdepfleger wie bisher mit einer Bauschale zu bezahlen, sich auch bereit erflärten, für Ueberstunden einen Zuschlag zu zahlen, fam es schließlich zu einem Vergleich.
Nach diesem Bergleich erhöhen sich die Wochenlöhne der Schmerfuhrwertstutser und Kraftwagen. führer einschließlich der Pferdepfleger bzw. Instandhalten der Kraftwagen von 54 auf 59,05 m. mit Wirkung vom 2. April bis
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30. September. Die Löhne der Leichtfuhrwertstutscher find für den gleichen Zeitraum von 49,10 m. auf 53,75 M. erhöht worden. Unständige Arbeiter erhalten in allen Lohngruppen einen um 10 Proz. höheren Lohn als die ständigen Arbeiter. Die Verhältnis. Für Ueberstunden wird ein Zuschlag von 10 Proz gezahlt. Ab 1. Ottober bis 31. März 1928 erhalten alle Arbeiter eine roeitere Zulage von 1 m. wöchentlich. Die Differenzen über den Manteltarif sind durch Zugeständnisse der Unternehmer eben falls beigelegt worden.
Die Bollversammlung, die gestern abend zu diesem Berhandlungsergebnis Stellung nahm, billigte die Tattit sowohl wie das gesamte Borgehen der Lohnkommission e in st i m mig, so daß der drohende Konflikt im Berliner Fuhrgewerbe damit vermieden worden ist.
Lohnbewegung in der Luxuspapierbranche.
Die Unternehmer verweigern jede Lohnzulage.
Eine am Montag in den Musikerfälen tagende Bersammlung der in der photographischen Kunstdrudindustrie, den lithographischen Anstalten und Luruspapierfabriken beschäftigten Mitglieder des Verbandes der Buchbinder und Papierverarbeiter nahm den Bericht von den Berhandlungen mit den Unternehmern entgegen, der durch Lippold gegeben wurde.
Die Berhandlungsfommission fand wenig Verständnis für die Notlage der Arbeiterschaft, die gezwungen ist, nicht nur zu bedeutend niedrigeren Löhnen zu arbeiten, als in den übrigen Gruppen des graphischen Gewerbes hier in Berlin , sondern auch als in Leipzig , München und anderen Großstädten Deutschlands .. Troz guter Be schäftigung, trok reichlicher Ausnutzung der Arbeitskraft durch Ueberstunden und Verrichtung von Hausarbeit nach Beendigung der täg lichen Arbeitszeit bis in die sinkende Nacht hinein stimmten die Unternehmer ein Klagelied nach dem anderen an, daß sie die Notleidenden sind und die Aufträge ohne Profit, lediglich um die Betriebe offen zu halten und der Arbeiterschaft Beschäftigung zu geben, angenommen werden. Eine Lohnzulage tönne nicht zugestanden werden, sondern man habe sich in Unternehmerkreisen sogar mit dem Gedanken eines Lohnabbaues beschäftigt!
Nach längerer Diskussion fand nachstehende Resolution einstimmige Annahme:„ Die am 4. April 1927 in den Musikerfälen ver. jammelten Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Chromo- und Photo branche sowie Luruspapierfabriten nehmen mit Entrüstung davon Kenntnis, daß die Unternehmer es abgelehnt haben, eine Lohnerhöhung zu geben. Die Versammelten protestieren auf das aller entschiedendste hiergegen und bedauern, daß die Unternehmer so wenig Berständnis für die Notlage ihrer Arbeiter aufbringen. Sie beauftragen ihre Branchenleitung, die Berhandlungen weiterzuführen und alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zu einem erfolgreichen Abschluß führen. Die Versammelten verpflichten sich, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Branchenleitung in jeder Beziehung tatkräftig zu unterstützen.
bylian
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Schiedsspruch in der Rheinschiffahrt.
Köln , 7. April 1927.( Eigener Drahtbericht). Unter dem Borsig vom Reichsarbeitsminister bestellten Schlichters fällte der Schlichtungsausschuß für die Rheinschiffahrt einen Teilschiedsspruch über Löhne und Arbeitszeit. Die Löhne sollen am 1. Mai um 1,50 mt. pro Woche erhöht werden, ab 1. Oftober tritt eine weitere Steigerung um 1,50 mt. ein. Die Arbeitszeitregelung bleibt mit einigen Aenderungen nach dem Antrag der Arbeiter in Kraft, darunter fällt die grundsätzliche Anerkennung von Sonntagsruhe, die Berpflichtung unbedingter Einhaltung von freien Sonntagen und für die Verkürzung der Arbeitszeit. Die Erklärungsfrist läuft am 13. April mittags 12 Uhr ab.
Lohnbewegung der mitteldeutschen Gemeindearbeiter.
Magdeburg , 7. April. ( Eigener Drahtbericht.) In einer starf besuchten Funktionärversammlung aller städtischen Betriebe Magde burgs wurde gestern zu dem Schiedsspruch des mitteldeutschen Tarifamtes Stellung genommen, der für die mitteldeutschen Gemeindearbeiter der städtischen Verwaltungen den Spizzenlohn ab 1. April um 5 Pf. und ab 1. Oftober um weitere 2 Pf. erhöhte. Die übrigen Lohngruppen bleiben im bisherigen Berhältnis zum Spizenlohn. Ein gleicher Schiedsspruch wurde für die mitteldeutschen Straßenbahner gefällt. Die Magdeburger Funktionäre lehnten den Schiedsspruch als vollkommen ungenügend einmütig ab.
Beschäftigung von Notstandsarbeitern.
WIB. Nach dem Eintritt der milderen Witterung ist die Zahl der Erwerbslosen , die bei öffentlichen Notstandsarbeiten beschäftigt werden, in erfreulicher Weise gestiegen. Sie betrug am 15. März, nach den Meldungen der öffentlichen Arbeitsnachweise, insgesamt 176 609( davon 148 879 Erwerbslose und 27 750 Krisenunterstügte), das sind 106 Proz. der Gesamtzahl der unterstüßten Arbeitslosen. Der höchste Stand der Beschäftigung von Arbeitslosen bei Notstandsarbeiten, der bisher feit der Stabilisierung der Mart überhaupt erreicht worden ist( 170 105 am 15. Mai 1926) ist damit überschritten.
Berantwortlich für Politik: Bictor Schiff: Wirtschaft: 6. Klingelhöfer; Gewertschaftsbewegung: Friedr. Ekkorn: Feuilleton: R. S. Difcher; Lotales und Sonstiges: Friz Karstöbt; Anzeigen: Th. Glode; fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag, G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts.Buchbruceret und Berlagsanstalt Baul Singer u Co., Berlin SW 68, Lindenstraße 8.
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