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Str. 166 44.Jahrg. Ausgabe A nr. 84

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Freitag, den 8. April 1927

Der Zwischenfall von Peking .

nehmen.

Reuter berichtigt seine Meldung. Doch die Angelegenheit bleibt dunkel. Es bestätigt sich, daß die Aktion Tschangtfolins nicht| fammenstöße und dergleichen mit größter Vorsicht aufzu­gegen die eigentliche Sowjetbotschaft, sondern gegen ein Nebengebäude der Gesandtschaft vorgenommen wurde. Reuter forrigiert seine Meldung vom Mittwoch mittag durch folgende zweite Berichtigung von WTB. aus London übermittelte Darstellung:

Wie Reuter aus Pefing erfährt, bestand die in der gestrigen meldung über die Haussuchung in der Pekinger Sowjetbotschaft erwähnte Ermächtigung des Diplomatischen Korps darin, daß den chinesischen Behörden gestattet worden war, Truppen und Polizei auf der Straße des Gesandt fchaftsviertels 180 Meter weit bis zu einem Neben gebäude der russischen Gesandtschaft vordringen zu laffen. Die Ermächtigung, in dem Gesandtschaftsviertel Berhaftungen vor­zunehmen und in den dort stehenden Gebäuden, mit Ausnahme der Gesandtschaften selbst, Haussuchungen zu veranstalten, wird den chinesischen Behörden gewöhnlich erteilt und ist eine natür. liche Sache.

Bom deutschen Gesandten in Beling, Boné, liegt jetzt ein telegraphischer Bericht in Berlin vor, der fich im allge­meinen mit den neuen Bersionen deckt, über die Hinter: gründe und Ergebnisse dieser Polizeiaktion geht jedoch daraus faum etwas hervor.

Daß Tschangtfolin seinen antibolfchemistischen Kurs bedeutend verschärft hat, ergibt sich wohl auch aus der Tatsache, daß Wellington Roo als Ministerpräsident zurückgetreten ist und durch den Hauptratgeber Tschangtfolins, den General Yangyutiang ersetzt werden soll.

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Behrens.

Deutschnationale Reiniger vor die Front!

Vor wenigen Wochen ist ein forrupter Parlamentarier aus dem Landtag von Medlenburg- Strelitz entfernt Führer der Bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft" worden. Der Zimmermeister Reinde aus Neustrelitz , der Gunsten inforrekt über Staatsgelder verfüge. Er war Bächter im Landtage, verlangte, daß sein Fraktionsminister zu seinen einer staatlichen Schneidemühle, wurde zahlungsunfähig und forderte Nachlaß seiner Holzschulden an den Staat, obwohl der Bertrag für den Fall der Zahlungsunfähigkeit die Löjung Reinde vom Staat einen neuen Bertrag und Beteiligung des Vertrags vorsah. Nach der Lösung des Vertrags forderte neter Reinde setzte er sich im Finanzausschuß des Land­ an staatlichen Aufträgen. Als Landtagsabgeord tags dafür ein, daß dem Zimmermeister Reinde staatliche Aufträge erteilt würden. Das war der in Mecklen­ burg regierenden bürgerlichen Koalition zu viel. Die eigene Fraktion rückte von Herrn Reinde ab. Man warf ihn hinaus. Er mußte fein Mandatniederlegen, und die Fraktion der Nationalen Arbeitsgemeinschaft" gab ihm die Erklärung mit auf den Weg, daß sie die Aus­n üßung des Landtagsmandats durch Reinde zu geschäftlichen 3meden mißbillige". Herr Reind e benutzte das Landtagsmandat, um die London , 7. April. ( TU.) Es ist bemerkenswert, daß der Ueber- Gesetzgebung und Verwaltung für seinen geschäftlichen Nuzen in Bewegung zu setzen. fall der Truppen Tschangtfolins auf das russische Gesandtschaftsviertel Der Presse von der englischen Breffe zu einem Ereignis von untergeord neter Bedeutung herabgedrückt wird. Redaktionell wird der Bor: fall nur spärlich oder gar nicht kommentiert. Nur der liberale Manchester Guardian" gibt seiner ehrlichen Entrüstung Ausdruck und fordert den englischen Außenminister auf, zu der Be­schuldigung Stellung zu nehmen, daß der Ueberfall im Einvernehmen mit dem britischen Gesandten in Beting ausgeführt worden sei. Wenn dies richtig wäre, dann habe England im chinesischen Bürgerkrieg Partei ergriffen.

Ob die Sache wirklich so gewöhnlich" und natürlich" ist, wie es die englische Nachrichtenzentrale behauptet, möchten mir bezweifeln. Daß es gerade der holländische Ge sandte war, der als Doyen seine Zustimmung erteilte, beweist feineswegs, daß die Aktion gerechtfertigt war. Denn gerade Hollands Diplomaten sind zum Teil stock reaktionär. niederländische Antibolschemismus geht so weit, daß Holland zu den ganz wenigen Ländern gehört, die sich noch immer nicht dazu entschließen fonnten, Sowjetrußland anzuerkennen und die diplomatischen Beziehungen zu Moskau auch nur in­offiziell wieder aufzunehmen. Schon im Hinblick auf die gefährlichen Rückwirkungen dieses Vorgehens hätte der Donen seine Zustimmung dazu verweigern sollen.

Unverständlich bleibt es nach wie vor, wieso das Reutersche Bureau die erste Meldung verbreiten konnte, die nicht nur ausdrücklich von dem Botschaftsgebäude selbst sprach, sondern auch von einer Festnahme des Botschafts­personals. Geschah dies aus Leichtfertigkeit, Sensationsluft oder gar in der Absicht, zu provozieren? Nach dieser Er­fahrung wird man jedenfalls mehr denn je Veranlassung haben, alle englischen Meldungen aus China - nicht zuletzt des offiziösen Reuterschen Bureaus über Zwischenfälle, Zu­

Brotverteuerung!

Neue Bürgerblocktaten im Reichstag.- Deutsch­französischer Handesvertrag.- Arbeitszeit- Notgeset. Der Reichstag hat gestern seine vorletzte Sigung vor der Osterpause abgehalten. Zunächst Fall Behrens: Herr Behrens gab eine Erflärung ab, die ihn reinwaschen sollte. Der Aeltestenausschuß hat indes unter dem Eindruck der Ent­hüllungen des Genossen einig beschlossen, das Zünd= holzgesetz erst nach der Osterpause zu erledigen. Deutsch französischer Handelsvertrag. Genoffe Hilferding begründete die Ablehnung der Sozial­demokratie: die Erhöhung des Mehlzolls muß zu einer Ber teuerung des Brotpreises führen. Der Bertrag läßt für die künftige Handelspolitik das Schlimmste befürchten. Der Vertrag wurde mit 189 gegen 163 Stimmen bei 20 Enthaltungen angenommen, der sozialdemo= fratische Antrag, die Brotteuerung durch Suspendie­rung der Roggenzölle abzumehren, vom Bürgerblock nieder­geftimmt.

Arbeitszeit Rotgeset. Im Ausschuß war es

Wellington Koo war sicher fein Bolschewiftenfreund, aber er und seine Regierung sympathisierten mit dem Süden und unterhielten zu Sowjetrußland zumindest forrette Beziehun­gen. Indem jezt an die Spitze der Zivilregierung ein Ge­neral tritt, und zwar ein aftiver Mitarbeiter Tschangtfolins, dürfte nunmehr der außenpolitische Kurs der Nordregierung einen ausgesprochen ruffenfeindlichen Charakter annehmen.

Soll sich der Vorfall in Schanghai wiederholen?

Schanghai , 7. April. ( WTB.) Der Generalfonful der Sowjet­ union Linde besuchte den norwegischen Konsul, Doyen des Kon fularforps von Schanghai , und teilte ihm mit, daß, falls eine aussuchung im Shanghaier Sowjettonfulat stattfände, wie es in Befing geschehen sei, er das Schanghaier Konfulartorps dafür verantwortlich machen würde.

ein erregtes Rededuell zwischen der Regierung und den Sozialisten wegen der Apanage für die vermögende Schwester des Königs ab. Ihr wurden 600 000 Lewa jährlich bewilligt, während in der der Arbeitslosen wegen Geldmangels abgelehnt gleichen Sihung der sozialistische Antrag auf unterstühung wurde.

Präsidenten- Neuwahl in Lettland .

Drei Wahlgänge ergebnislos.

Riga , 7. April. ( WTB.) Bei der Wahl des Staatspräfi­denten in der Saemasigung find drei Wahlgänge ergeb. nis los verlaufen. Im zweiten und dritten Wahlgang erhielt der Kandidat der Rechten weesis 45 Stimmen, der Kandidat des demokratischen Zentrums und der Linten Juraschewsti 41 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen. Für die Entscheidung ist eine absolute Mehrheit von 51 Stimmen erforderlich.

Gegen das Antistreikgeseh!

ordneter und Mitglied des volkswirtschaftlichen Ausschusses Herr Behrens ist deutschnationaler Reichstagsabge­des Reichstages. Er ist Aufsichtsratsmitglied der Preußischen Hypotheken- Aktienbank, deren Aktienkapital fich je zur Hälfte in der Hand des Schwedischen Zündholztrusts und der Investment- Corporation, der Geldgeberin des Schwedentrusts, befindet. Der volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstags hat das Zündholzgefeß beraten. Die Gesellschaft, bei der Herr Behrens ist, hat das lebhafteste geschäftliche Intereffe am Zu­standekommen dieses Gesetzes; denn es gibt dem Schweden­trust ein Monopol in Deutschland . Herr Behrens, der Reichstagsabgeordnete, hat sich als Mitglied des volkswirtschaftlichen Ausschusses lebhaft für die Vorlage ein­gesetzt, die der Gesellschaft des Aufsichtsrats Behrens geschäftliche Vorteile bringt. Mehr noch, er hat sich zum Be­richterstatter des Ausschusses für diese Borlage ernennen laffen.

Hat Herr Behrens anders gehandelt als Herr Reinde?

Herr Reinde ist Inhaber des Geschäftes, für dessen ge­schäftlichen Nugen er die Klinte der Gesetzgebung ergreifen wollte. Herr Behrens ist nur Aufsichtsratsmitglied einer Gesellschaft, die an dem Trust beteiligt ist, für dessen geschäft­Gesetzgebung gedrüdt hat. Für Herrn Rein de besteht der lichen Nußen Herr Behrens energisch auf die Klinke der geschäftliche Nußen im Gewinn, für Herrn Behrens in der Lantieme, die vom Geschäftsgang abhängig ist.

Herr Reind e hat eine etwas altmodische Geschäftsform. Herr Behrens hat im Reichstag erflärt, er wäre nicht dar­über informiert gewesen, daß die Gesellschaft, bei der er Auf­fichtsrat ift, am Schwebentrust interessiert sei. Bei Herrn Reinde ist das subjektive Moment, daß er forrupt handeln wollte, ohne weiteres flar. Bei Herrn Behrens muß man sich nach seiner Erklärung im Reichstag darauf beschränken, festzustellen, daß er objektiv sein Mandat ausgenügt hat zu geschäftlichen Zwecken.

Herr Reinde mußte sein Landtagsmandat niederlegen. Herr Behrens hat heute noch nicht sein Amt als Bericht erstatter des volkswirtschaftlichen Ausschusses niedergelegt. Die Fraktion der Nationalen Arbeitsgemeinschaft" in Mecklenburg - Strelig hat Herrn Reinde abgeschüttelt. Die deutschnationale Reichstagsfraktion hat sich Bresse findet das Verhalten des Herrn Behrens anscheinend in bester Ordnung. Wo bleibt die Reinigung Deutschlands von der parlamentarischen Korruption? Wird die Ver­quidung von Politik und Geschäft nur mißbilligt, wenn es einen Zimmermeister aus Neustreliz trifft?

der Sozialdemokratie gelungen, einige fleine Verbesserungen Kongreß der britischen Gewerkschaftsvorstände einberufen. zum Fall Behrens nicht geäußert. Die deutschnationale

durchzubringen. Alle Versuche, wesentliche Verbesse rungen im Plenum zu erreichen, wurden niederge stimmt, so ein Antrag, den Lohnzuschlag von 25 Proz. für alle Ueberstunden über acht Stunden zu sichern, Anträge über die Einbeziehung der Lehrlinge in die Ueberstundenbezahlung, über die Einführung des Achtstundentages für Schwerarbeiter, Bergarbeiter und Arbeiter in der chemischen Industrie. Alles abgelehnt!

Bulgarisches Parlamentsende. 600 000 Lewa jährlich der Königsschwester Sen Lets Arbeitslosen nichts.

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Sofia , 7. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die letzten Sigungstage des bulgarischen Parlaments, dessen Mandatsablauf endgültig auf den 10. April festgefeht ist, nehmen einen stürmischen Berlauf, da durch rüdsichtsloje Dittatur der Regie­rungsmehrheit die Empörung der Opposition zur Siedehige gefteigert ist. Täglich kommt es zu Standalizenen wegen der Ber­sleppung der Wahlreform. Am Donnerstag spielte sich

London , 7. April. ( Eigener Drahtbericht.) Der Generalrat der Gewerkschaffen hat zum 29. April einen außerordent lichen Kongreß sämtlicher britischer Gewerkschaftsnorftände nach London einberufen. Diesem Kongreß werden die endgültigen pläne des Generalrats für seine das ganze Caud umfaffende kam­pagne gegen das Gewerkschaftsgeseh vorgelegt. Inzwischen sind im Hauptquartier der Gewerkschaften unzählige kund. gebungen und Berichte aus dem ganzen Cande eingelaufen, die in überwältigender Weije bezeugen, daß die gesamte organisierte englische Arbeiterschaft in dieser Frage gefchloffen hinter ihren Führern steht.

Die Liberalen gegen Baldwin. London , 7. April. ( WTB.) Die Liberale Partei hat eine Entschließung angenommen, die fich für eine zurüd­weisung der Regierungsvorlage zum Gewerkschafts­gefeh ausspricht, aber gleichzeitig eine Berurteilung des General­ffreits im vorigen Jahre enthält. Weiterhin trift die Entschließung für die Schaffung einer Enquetekommission ein, die die Frage etwaiger Aenderungen des bestehenden Gewerkschaftsgefehes zu unterfuchen hätte.

Man erinnert sich der ekelhaften Barmat- Hezze. Die Tat­sache, daß Sozialdemokraten einem Geschäftsmann in stürmisch bewegten Zeiten Empfehlungen gaben, wurde zu einem Ver­leumdungsfeldzug größten Stiles gegen die Sozialdemokratie benutzt. Dieser Berleumdungsfeldzug war finanziert und ge­leitet von den Deutschnationalen. Unter der Parole: Reini­gung des öffentlichen Lebens.

Es hat sich herausgestellt, daß die vornehmsten Macher der Barmat- Heze selbst forrupt waren.

Was war das Ergebnis der Barmat- Heße? Es wurde ein Parlamentarier angeklagt und prozessiert. Das war fein Sozialdemokrat, sondern der Zentrumsreichstagsabge­ordnete 2ange Hegermann. Der Prozeß Lange= Segermann im Rahmen des Barmat- Prozesses war inter­effant, sehr intereffant. Aber wo blieben die Reiniger des öffentlichen Lebens"? Es war sehr ftill in der deutschnatio