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Str. 18244. Jahrg. Ausgabe A Nr. 93

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Dienstag, den 19. April 1927

Gegenstoß der Kantontruppen.

Kein weiterer Vormarsch der Nordtruppen.

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Der Jangtse nirgends über­schritten.- Englische Flugzeuge in Schanghai . Condon, 18. April. ( TU) Wie der Sonderforrespondent von den Kommunisten angekündigt worden. General 3d, der kom des Observer" aus Schanghai berichtet, ist es den Kantoneser mandeur des Kantoneser Bezirks, 30g darauf alle verfügbaren Truppen gelungen, den Vormarsch der Nordtruppen Truppen zusammen, und bereits in den frühen Morgenstunden war durch einen starken Gegenstoß nördlich von Nanking zum Still- ein großer Teil der Kommunisten entwaffnet worden. In ft and zu bringen. Die beiderseitigen Verluste werden mit 20 000 mehreren Bezirken hatten sich die Kommunisten jedoch eingenistet Mann angegeben. Dem gleichen Bericht zufolge steht nunmehr end- und konnten nur mit Waffengewalt vertrieben werden. Die gültig fest, daß die Nordtruppen den Jangtje an teiner Stelle Berichte über die auf beiden Seiten erlittenen Verlufte gehen ausein­überschritten hatten. ander. Nach Meldungen aus Hongkong wurden dreißig om munisten getötet, siebzig verletzt und zwei verhaftet. Zum Schutz der auf Schameen lebenden Ausländer waren umfassende Vorsichts­maßnahmen getroffen worden. Die Führer der kommunistischen Bewegung find entkommen. Die Kuomintang in Kanton ist nunmehr reorganisiert worden und alle Führer gehören jetzt dem ge­mäßigten Flügel an.

Die englische Garnison hat über Ostern eine weitere Verstärkung erfahren. Die Anlage eines englischen Flughafens in Shanghai , der bereits vier Flugzeughallen mit vorläufig sechs Flugzeugen umfaßt, hat zu einem chinesischen Protest geführt, der sich vor allem gegen die Flüge über weite Streden chinesischen Gebietes wendet. In den nächsten Tagen werden weitere englische Flugzeuglandungen erwartet.

Blutige Kämpfe mit den kommunisten. London , 18. April. ( TU) Während der Osterfeiertage haben Tichangtaifchet und seine Generale mit großer Energie ihren artikommunistischen Feldzug fortgefekt. Den Zusammenstößen find, nach Meldungen aus Schanghai , sehr scharfe Maßnahmen gefolgt. Am Sonnabend war eine antiimperialistische Demonßration

Deutschland und Oesterreich. Eine Rundgebung für den Anschluß und die öfter. reichische Sozialdemokratic.

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Kommunistischer Aufruf zum Proteststreik. Condon, 18. April. ( TU) Wie aus Schanghai berichtet wird, hat die Allgemeine Arbeitergewerkschaft beschlossen, alle ihre mit glieder in Südhina, deren Zahl fich auf etwa 800 000 be­läuft, als Proteft gegen die Entwaffnung von Arbeitern und die Schließung der Gewerkschaftsbureaus in Schanghei, Nanking und anderen Plätzen zum Generalftreif aufzurufen.

Der Parteitag in Lyon .

Ein Vorstoß gegen die Völkerbundsvertretung bürgerlicher Regierungen.

ilne Wien , 18. April. ( Eigener Drahtbericht.) Am Osterinontag fand and Paris , 18. April( Eigener Drahtbericht.) Un dem am Sonn­cirf der Hohen Barte im Zusammenhang mit den Veranstaltungen fag in Lyon begonnenen 24. Nationalfongreß der Französischen der Arbeitersportler eine deutsch - österreichische Anschlußfundgebung Sozialistischen Partei nehmen rund 400 Delegierte teil Eine Reihe statt. Vor dem Beginn des Länderfußballspieles Deutschland- Defter ausländischer fozialistischer Delegierter ist anwesend, darunter die reich über das wir im Sportteil berichten erfolgte der Auf. Reichstagsabgeordneten Dr. Breitscheid und Kurt Rojen­marsch aller Wiener Sportler und Turner. Dabei hielten die Gefeld. Delegierte aus Schweden , Belgien , Georgien , Südflawien, nossen Dr. Julius Deutsch und Hermann Müller Ansprachen. Palästina und der Tschechoslowakei . Genosse Dr. Deutsch erklärte, daß die einzige Hoffnung, den Anschluß an Deutschland zu erreichen,

ein voller Sieg der Sozialdemokratie bei den Wahlen ist. Er verwies auf die außenpolififchen Gefahren, die infolge der Annäherung zwischen Italien und Ungarn und der Einsetzung eines Habsburger in Ungarn entstehen könnten und die nur durch den An. fchluß abgewehrt werden tönnten. Genoffe Hermann Müller sprach von der Trennung, die zwischen Deutschland und Desterreich durch bie Bismardsche Politit eingetreten ist. Das deutsche Bolt, das sich mit dem Friedensvertrag abgefunden hat, verlangt, daß man ebenso die Willensfundgebung Defterreichs, fich an Deutschland anzuschließen, respektiert

Bereits in der geftrigen Bormittagsfihung unternahm 39­tomiti als ein Delegierter des Seinedepartements einen Borstoß gegen den am kongreß nicht teilnehmenden Paul Boncour ; er legte eine vom Bezirksverband des Seinedepartements ange­nommene Entschließung vor, den Mitgliedern der Partei zu ver­biefen, eine bürgerliche Regierung im Bölterbund zu vertreten. Man müsse, so begründete der Redner die Ent­schließung, an die Folgen denken, die sich für den Sozialismus die allein im Bölkerbund Stimme hätten und deren gefährliche aus den Aktionen imperialistischer Regierungen ergeben tönnten, Haltung allen Machenschaften die Tür offen ließe. Ein weiterer Redner vertrat den gleichen Standpunkt und erklärte: Da diese Frage dem 3nternationalen Kongreß im Jahre 1928 zöfifchen Sozialistischen Partei vorher mit ihr beschäftigen. Nach feiner Anficht dürfe ein Sozialist lediglich den Sozialismus ver­freten.

und das kann nur ein Sieg der österreichischen Sozialdemokratie bei unterbreitet werden würde, müßte fich der Nationalrat der Fran­den Wahlen herbeiführen.

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Die Balkankrise spitzt sich zu. Italien will den Tirana - Vertrag nicht erörtern direkte Verhandlungen scheinen zwecklos. Paris , 18. April. ( TU.). Petit Parifien" läßt sich aus Belgrad melden, daß die friedliche Regelung des italienisch­füdflawischen Streitfalles durch die hartnädige Haltung der italie­ nischen Regierung aufgegeben zu fein scheint. Das offizielle Communiqué, in dem Rom feine Abficht befundet, teine Inter­pretation des Tirana - Abkommens zuzulassen, tomme einem Brudh gleich. Die Regierung von Belgrad , die fich an die Anregungen der Großmächte halte, werde ihren Standpunkt in der Frage der inter­rationalen Lage Albaniens nicht ändern. Das Problem scheine also unlösbar, und der Horizont des Balkans verdüstere sich aufs neue. Die Regierung in Rom scheine zu den schlimmst en Eventualitäten bereit zu sein. Die Großmächte müßten in dem Konflikt intervenieren, deffen Ernst man sich nicht verhehlen

fönne.

Der Völkerbund war der Ausweg! Belgrad , 18. April. ( WTB.) Das Organ Nintschitschs Breme" schreibt zum jugoslawisch- italienischen Konflikt: Es wird immer deutlicher, daß diejenigen recht hatten, welche den Völker­bund als das einzig geeignete Forum für die Beilegung des Kon­fliftes betrachteten.

Eine bestellte Heherfrage an Mussolini . Rom , 18. April. ( WTB.) Der Abgeordnete Dudan hat an den Minister des Auswärtigen die Anfrage gerichtet, ob nicht angesichts der dauernden systematischen und schweren Verlegungen internatio­naler Berträge durch Jugoslawien zum Schaden Italiens " nunmehr der Zeitpunkt gefommen sei, wo man eine Kündigung jämt. licher mit Jugoslawien geschlossenen Verträge ins Auge faffen müsse, insbesondere die Kündigung des Bertrages. von Rapallo , der die Grundlage aller späteren italienisch- jugoslawischen Verträge bilde.|

Der Kongreß erledigte eine Reihe organisatorischer Fragen. Aus dem Geschäftsbericht ist zu erwähnen, daß die Partei im letzten Jahre 28 000 neue Mitglieder gewonnen hat.

Kritik am französischen Wehrgeseh. Paris , 18. April. ( Tul.) In der Debatte des sozialistischen Barteitages über das Wehrgesetz wurde die Haltung Paul Boncours sowie die Stellungnahme der sozialistischen Rammergruppe start tritifiert und das lebhafte Bedauern über diese Mißgriffe in einer Entschließung niedergelegt, in der u. a. auch die Ein­berufung des Nationalrates nach Versailles verlangt wird, der sich mit dem Gefeßentwurf befaffen soll.

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Eine längere Aussprache entspann sich über das Verhalten ver­schiedener Landesverbände der Sozialistischen Partei bei den Senatsmahlen im Januar, da verschiedenen Unterorgani fationen der Vorwurf gemacht wurde, die vom Natoinalfongreß ge­faßten Beschlüsse über das selbständige Vorgehen der Partet bei den Wahlen außer acht gelassen zu haben.

Der Geldgeber Janibonis.

Eine plötzliche Verhaftung. Rom , 18. April( TU) In Cividalese wurde der ehemalige Direktor der dortigen Landwirtschaftsbant, 3anuttini, verhaftet. Er soll im Verdacht stehen, der Familie Zaniboni vor dem Attentat auf Muffolini einen größeren Geldbetrag zur Verfügung gestellt zu haben, von dem die Vorbereitungen für das Attentat beftritten wurden. Aus der Stadt Cividalese stammte bekanntlich auch das Spezialgewehr( öfferreichisches Fabrikat), aus dem die Schüffe auf Muffolini fallen sollten. Die Vorführung Janutfinis im 3ani­boni- Prozeß, der am Dienstag wieder aufgenommen wird, ist an­geordnet.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

Boftichedtonto: Berlin 37 536 Banffonto: Bank der Arbeiter, Angestellten and Beamten, Wallftz. 65: Diskonto- Gesellschaft, Devofitentaffe Lindenstr. 3.

in

Englands Defizit

Churchills Budget der Verlegenheit.

E. W. London , am 16. April. Winston Churchill , dieser Napoleon plus Mussolini Westentaschenformat, in der Rolle des Finanzministers ist und bleibt ein Schauspiel für Götter. Sein und Schein fallen hier noch deutlicher auseinander als bei anderen Dilettanten in der Rolle von Fachministern. Gewiß ist es die Aufgabe der parlamentarischen Exekutive in der Demokratie, sich nicht in Sach- und Fachkenntnissen zu verlieren, sondern politisch zu kontrollieren; aber Churchill mit Ziffern und Etatseinzel­heiten jonglieren zu sehen, deren Bedeutung ihm selbst oft faum flar geworden sein dürften, bleibt ein ewig denkwürdiger Anblid.

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fachenbericht einen Schwung zu verleihen, der den Budgettag Dabei versteht es dieser geistige Bohemien seinem Tat­äußerlich wenigstens immer wieder einen reizvollen Anstrich gibt. Philip Snowden , dieser durch und durch überlegene Finanzpolitiker der Labour Party , dessen sachliche Solidität felbst die City überzeugt hat, traf wieder einmal den Nagel auf den Kopf, wenn er den Finanzminister Churchill kaustisch mit folgenden Worten beschreibt: Nicht jeder habe wie Chur­ chill die Gabe, einen Schwan in jeder Gans zu sehen und den Churchill ist Schwierigkeiten gegenüber gestanden, die die Silberstreifen noch im schwärzesten Gewölt zu entdecken. meisten Sterblichen zur Verzweiflung gebracht hätten. Aber der Schazkanzler ist nicht ein Mann wie andere Männer. Ber etma erwartet hätte, ihn in Sack und Asche zu sehen, wie es feiner angemessen gewesen wäre, fennt ihn nicht. Er mag zwar Rechtfertigungsgründe vorbringen, jedoch nie und nimmer eine Entschuldigung. Er hält sich in den Gefilden der Phan­tafie auf. Er berauscht sich an großen Ziffern, und wenn er schon feinen großen Ueberschuß haben fann, dann soll es wenigstens ein ordentliches Defizit fein. Der sehr ehrenwerte Gentleman gleidht Karl VII. von Frankreich , von dem da gesagt wird: Nie hat ein Mann sein Königtum mit so viel Würde verloren".

Churchill hatte zunächst sein Riesendefizit von 38 Millionen Sterling, das größte Friedensdefizit, das die englische Geschichte fennt, zu verteidigen. Er schob alles auf den Generalftreit, aber er ließ sich nicht auf Diskussionen ein, er stehe, sagte er, nicht als Richter oder Angeklagter, sondern als staatlicher Strafvollzieher" vor dem hohen Hause. Diese Begründung für sein Defizit ist naturgemäß von seinen fon­fervativen Barteifreunden als eine ausreichende Erklärung für dieses riesige Bersagen der Churchillschen Regierungskunst akzeptiert worden. Aber selbst das furze Gedächtnis von Zeit­genossen dürfte sich daran erinnern, daß Generalstreit und Rohlenkampf die direkten Folgen des Versagens der Re­rung der Subsidien und eine Infraftfegung des Samuelschen gierung gewesen sind, daß eine kurz befristete Verlänge­Kohlenberichtes die ganze Katastrophe des vorigen Jahres verhindert hätte.

gerade Winston Churchill war es, der fampfentschlossen wie Aber das hätte einige wenige Millionen gekostet und immer, dagegen protestierte. Die Kosten der Katastrophe find naturgemäß unvergleichlich größer als es selbst die freizügigste Gewährung von Staatssubsidien und der größte Aufwand bei der Durchführung der Samuelschen Vorschläge gewesen wären. Aber es gibt ja bekanntlich auf staatspolitischem Gebiete ganze Bezirke, wo das fühle faufmännische Denken, das bei sozial­politischen Ausgaben so ausgezeichnet funktioniert, zu ver­fagen pflegt. Die Militärbudgets beinahe aller Länder der Welt geben Zeugnis hierfür, und auch Churchills Spesen­rechnung über den Generalstreit gehört in dasselbe Kapitel. man zahlt lieber zur Führung und Liquidierung eines inneren Krieges viele Millionen und nimmt die ungeheuren Verluste der Volkswirtschaft auf sich, als daß man berechtigten Forde­rungen der Arbeiter rechtzeitig entgegen fäme.

Nachdem Churchill mit sichtlichem Behagen in den Wun­den der Vergangenheit gewühlt hatte, tam er auf das laufende Finanzjahr zu sprechen, dessen Budget nach der Absicht des Schaktanglers um 818 Millionen Pfund Sterling banlan­zieren soll. Wir haben uns im Laufe der Nachkriegszeit der­art an phantastische Budgetziffern gewöhnt, daß ein Budget von über 16 Milliarden Mart, das überdies gegen ihr Vorjahr eine Erhöhung von 700 Millionen Mart darstellt, nicht mehr als außergewöhnlich empfunden wird. Und doch ist dieses Budget viermal so groß als das letzte Friedensbudget. Selbst wenn man den durch den Krieg verursachten Schuldendienst und die Ausgaben für Kriegspensionen insgesamt etwa 400 Millionen in Abzug bringt, bleibt die Tatsache bestehen, daß sich die Staatsausgaben Englands in einer Beit verminderter Ronkurrenzfähigkeit auf dem Wettmartt perdoppelt haben, und daß sie noch weiter in einem ständigen Anstieg begriffen sind.

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Gewiß hat die Geldentwertung gewiffe gleich­bleibende Ausgabeposten erhöht. Gemiß hat er Staat in den lezten Jahren zusätzliche soziale Lasten auf sich genommen. Die Tatsache bleibt jedoch bestehen, daß England trotz aller