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Mr. 21444.Jahrg. Ausgabe A nr. 109

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Sozialdemokrat Berlin  *

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Sonnabend, den 7. Mai 1927

Vorwärts- Verlag G.m.b. H.  , Berlin   SW. 68, Lindenstr.3

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Vom Brot der armen Leute". Kampfgelöbnis der britischen   Arbeiter.

Schieles neuefter Anschlag gegen die Ernährungs.

wirtschaft.

Brotgetreideverteuerung, Mehlzollerhöhung, beantragte 50prozentige Steigerung des Zuderzolles, neuer Zoll auf Ge­frierfleisch und als Krönung ein Rartoffelzoll von 2 M.: das ist Schieles ,, nationale Wirtschaftspolitik".

Dieser neue Anschlag gegen die Volfsernährung ist um so empörender, meil es ein Nahrungsmittel trifft, das für Minder- und Mindestbemittelte von größter Bedeutung ist und daher mit Recht als das Brot ber armen Leute bezeichnet wird.

In der Vorkriegszeit gab es daher für Serb ft fartoffeln vernünftigerweise überhaupt feinen 3oll; nur Frühkartoffeln unterlagen einem Einfuhrzoll von 2,50 M. pro Doppelzentner. Die Zolliarifnovelle von 1925 brachte nun einen 3oII für Herbstfartoffeln von 50 Pf. pro Doppelzentner für Einfuhr in der Frühjahrstampagne von 4 M. Dieser galt jedoch nicht allgemein. Italien   und Belgien   sowie die an deren meistbegünstigten Länder erhielten vertraglich für ihre Frühtartoffeln eine Ermäßigung auf 1,50 M., Holland  qußerdem noch für die beiden ersten Monate der neuen Saison, die vom 15. Februar ab zählt, die Einfuhr alter Kartoffeln zu 1 m. pro Doppelzentner im deutsch  - holländischen Abkommen zugebilligt. Gegen Polen   wurde nun durch die besondere Berordnung ein Kampfzoll von 2 M. bestimmt, für die Nachkampagne von 5 M. Diefer Kampf 3011 foll nun, so wünschen es die Herren Agrarier, zum Normalfa werden. Darüber hinaus sollen die Ermäßigungen für holländische Kartoffeln alter Ernte, desgleichen die für Früh­fartoffeln durch Kündigung der betreffenden Ab­tommen und Handelsverträge in Wegfall tommen. Die menigen festen handelspolitischen Beziehungen sollen dem­nach fo bald wie möglich wieder zum Abbruch gelangen.

Die Regierung verschlechtert ihren Entwurf noch.

London  , 6. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Jn 20 industriel-| Streit als ungefeßlich erklärt, der geeignet ist, der Allgemeinheit len Zentren Großbritanniens   werden am Wochenende Demon. beschwerlich zu fallen". ftrationsversammlungen der organisierten Arbeiterschaft gegen das Gewerkschaftsgesetz fagen. Am Schluß der Berjamm­lungen werden die Arbeiter aufgefordert werden, ein feier. liches Gelöbn is abzulegen.

Der Wortlauf des Gelöbniffes erinnert zuerst an die Leiden, welche die Pioniere der Gewerkschaften in der Vergangenheit auf sich genommen hätten und schließt wörtlich, wie folgt: In Erfennt­nis der vollen Bedeutung des gegenwärtigen Angriffes auf die Ge­wertschaften geloben wir, unermüdlich für die volle Aufrecht. erhaltung der Gewerkschaften zu kämpfen, das Parteiwesen aus. zu bauen und zu stärken, damit sie ihre volle Handlungsfreiheit

erhalten.

Die Regierung hat am Freitag im Unterhaus zwei Abände= rungsanträge zum Gewerkschaftsgesetz eingebracht, die eine gleiche Behandlung von General- Aussperrungen und Sympathie­Aussperrung durch Unternehmer als Gegenstück zum Verbot des General- und Sympathic- Streits vorfehen. Außerdem hat die Regierung einen Abänderungsvorschlag eingebracht, welcher die Boraussetzung für die legalität eines Sireiks noch über den Wort­laut des bisherigen Gesezentwurfes hinaus verschärft und den

Die Disziplin der Arbeiterfraktion im Kampfe gegen das Ge­wertschaftsgesetz geht aus der Tatsache hervor, daß bei der am Donnerstag nacht erfolgten Abstimmung über die zweite Lesung des Gesetzes fein einziges Mitglied der Arbeiter. partei unentschuldigt gefehlt hat nur vier unab tömmliche Abgeordnete waren abwesend. Sie hatten aber nach

alter englischer Sitte mit vier Abgeordneten der Gegenseite ver= einbart, gemeinsam fern zu bleiben, so daß sich keine Schwächung der Opposition ergab. Unter den vier Abgeordneten der Arbeiterpartei war auch der frank in Amerika   meilende Genosse Macdonald.

Verurteilung des Bergarbeiterführers Smith.

London  , 6. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Präsident der britischen   Bergarbeiter, Herbert Smith, der von einem Schiffs­und Kohlenbergwerksunternehmer wegen Verleumdung(?) ange­flagt worden war, wurde vom Gericht zur Zahlung von ein­tausend Pfund Sterling verurteilt. Smith bestritt, die ihm zur Last gelegten Ausdrüde gebraucht zu haben.

Die Hankauregierung wird umgebildet

Die Forderung wird nun in einem Zeitpunkt erhoben, Kommunisten ausgeschifft.- Zusammenbruch der kommunistischen   Chinapolitik.

in dem die Kartoffelpreise einen Reford stand erreichten. Ende April lag die Berliner   Großhandelsnotierung mehr als dreimal so hoch wie die des Vorjahres. In der ersten Maiwoche sind die Preise noch weiter angezogen. Die Groß handelspreise für Kartoffeln veränderten sich seit August 1925 mie folgt:

Berliner   Gr. Br. 30.8. 30.10. 11. 12. 25. 2. 30.4. weiße Kartoffeln 1925/26 2,30 1,60 1,80 1,55 1,15 per 50 kg, niedr. Rot. 1926/27 2,60 3,- 2,70 3,80 3,60 Die Preisentwicklung des letzten Jahres führte dahin, daß die verbrauchende Bevölkerung, die 1913 ein Pfund Kartoffeln für 2% Pf. faufen fonnte, heute dafür Pf. zahlen muß, fann also ganz gewiß einen 3ollschuß nicht rechtfertigen, den die Agrarier sonst infolge der ruinöfen" Breise zur Abmendung des völligen Er­liegens der Landwirtschaft" zu fordern belieben.

Im Jahre 1924, dem letzten Jahre vor Eröffnung des beutsch- polnischen Zollfrieges, war die Gesamteinfuhr aus Bolen 169 000 Tonnen, also nur etwa Broz. des gesam ten Speisekartoffelbedarfs. Die Belieferung erfolgte fast aus­schließlich aus Westpolen, also aus den abgetretenen posenschen und westpreußischen Bezirken, und wurde zur Dedung des Zuschußbedarfs der Provinzen Brandenburg  , der Grenzmart, Niederschlesien   und Berlins   herangezogen. Das Quantum spielt natürlich auch in diefen großen Verbrauchs­bezirfen feine bedeutende Rolle. Nun behaupten die Agrarier, freilich ohne jede Beweisführung, daß der polnische Produktionspreis nur 60 f. 60 Pf. pro Bentner betrage, während der deutsche Kartoffelbauer die drei bis vierfachen Selbstkosten hätte. Die polnischen Markt­notierungen liegen dagegen durchaus nicht erheblich niedriger als die deutschen  , so daß auch die Erzeugungskosten für gleiche Qualitäten taum erheblich verschieden sind. Es notierten am 4. Mai an der Posener Produktenbörse: polnische Kartoffeln 9,50 bis 10,50 3r. 4,45 bis 4,93 M. Amtliche Kartoffelerzeugerpreise ab märkische Station: 4,- bis 4,30 M. Großhandelspreise( weiße Kartoffeln 5,20 5,70 Selbst bei den heutigen deutschen   Refordpreifen würde sich auch bei nur einer Zollbelastung von 50 Pf. pro Doppel­zentner der Bersand polnischer Ware nach Deutschland   taum verlohnen. Nicht minder unzutreffend sind die Angaben der agrarischen Bresse über die Höhe des deutschen   handelsmäßigen Kartoffelumfazes, der von dieser im ganzen auf nur etwa 6 Millionen Tonnen veranschlagt wird, während nach zu­verlässigen Schätzungen allein der Nahrungsverbrauch von Arbeiterschaft und Mittelstand schon in der Borkriegszeit höher war und sich dieser nach Angaben von Direktor Jahny im landwirtschaftlichen Enqueteausschuß um etwa 10 Broz. gegenüber dem Borkriegstonfum steigerte. Dazu kommen noch die Umsäge in Futter, Pflanz- und Fabrikkartoffeln. Die Deutsche Tageszeitung" fchreibt wörtlich:

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London  , 6. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Der diplomatische Korrespondent des Daily Herald" ftellt feft, daß nach seinen Juformationen für die nächsten Tage der Zusammenbruch oder die völlige Umbildung der Regierung von Hantau im Sinne des rechten Flügels der Kuomintangpartei und des Aus­schlusses der kommunisten zu erwarten ist. Es feien hier­für weder die militärischen Operationen Tschiangtaischets, noch die finanziellen Schwierigkeiten der Hankauer Regierung in erster Linie verantwortlich. Die einzige Urfache bilde vielmehr die Anwesenheit verantwortlich. Die einzige Ursache bilde vielmehr die Anwesenheit von 40 ausländischen kriegsschiffen. Die Männer von Hankau fähen fich veranlaßt, um das drohende Bombar­dement von Hantau abzuwenden, eine Umbildung der Re­gierung durch Ausschiffung der kommunistischen   Elemente vorzu­nehmen. Eine solche Regierung würde nach ihrer Meinung Groß­ britannien   gegenüber eine günftigere Stellung besitzen.

Die Tatsache, daß Chamberlain am tommenden Montag im Unterhaus eine Erklärung über China   angekündigt hat, wird in

schaftsrats wird der Handelsumfah in Wirklichkeit fast doppelt so hoch sein tann ohne jede Schwierigteit von Boten allein geliefert werden, und diese Tatsache bedeutet aljo, daß Polen   es in der Hand hat, die deutschen   Kartoffeln vom deutschen  Markt pöllig zu verdrängen."

Früher wurde jedoch sachgemäß berichtet, daß das legt­jährige polnische Ernteergebnis nicht einmal für die volle Dedung des polnischen Inlandsbedarfs aus reiche. Jetzt auf einmal soll Bolen imftande sein, den ge­samten deutschen   marktmäßigen Kartoffelbedarf zu decken. Das reimt sich freilich schlecht.

Nun zur Frage der holländischen Konkurrenz und der Einfuhr von belgischen und italienischen Frühkartoffeln. Die Gesamteinfuhr an ausländischen, nichtpolnischen Kartoffeln ist zwar im Steigen begriffen. Die Einfuhr betrug 1924 290 000 Tonnen, 1925 392 000 Tonnen, 1926 436 000 Tonnen, im vergangenen Jahr also zirka 3 Proz. des gesamten deut­ schen   Speisekartoffelverbrauchs. Die Gründe für diese ge­ftiegene Einfuhr gibt uns die Deutsche Tageszeitung" felbft an:

Der Grund für die Notlage, in der sich der mit deutschen  Kartoffeln befassende Teil des Handels, sowie namentlich auch die deutsche Landwirtschaft befinde, liegt in der Qualitäts Diffe renz zwischen ausländischen und einheimischen Sendungen."

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Die insgesamt nur geringfügige Konkurrenz der Auslandskartoffeln hat, wie die Agrarier selbst zugeben, ihren Grund in der minderwertigen Qualität der speziell von den norddeutschen Erzeugergebieten nach dem Industriegebiet ver. ladenen Kartoffeln. Diese Konkurrenz wird bei wirklicher Qualitätssteigerung, Sorgfalt in der Auswahl und Die geringe Menge von 6 Millionen Zonnen nach Berech in der Berladung zu einem erheblichen Teil auch ohne Zölle mungen aus der Borrats und Ernteftatistik des Deutschen   Landwirt. abzuwehren sein. Die Landwirtschaft möchte fich aber

Condon so gedeutet, daß man in Regierungsfreifen bis dahin eine Klärung der Hantauer Regierungsfrage erwartet.

Kommunistischer Vormarsch.

London  , 6. Mai.  ( WTB.) Reuter meldet aus Schanghai  , man glaube zu wissen, daß fommunistische Streifräfte auf Gmatau vorrüdten, um die Stadt in Brand zu sehen. Sie seien zurzeit 17 Meilen von Swatau entfernt. Die Truppen der Süd­armee räumten gestern die britische   Konzession von Tschintiang.

Das Schicksal der Frau Borodin  .

Peking  , 6. Mai.  ( Reuter.) Frau Borodin   und die drei Kuriere, die an Bord des Bamiat Lenina" gefangengenommen wurden, sowie die Ruffen, die bei der polizeilichen Durchsuchung der

Nebengebäude der Sowjetbotschaft in Befing verhaftet wurden, werden sobald als möglich von einem ordentlichen Gericht abgeurteilt werden.

nicht nur ein Monopol auf dem inneren Markt schaffen, sondern auch jede beliebige Qualität den Verbrauchern zu­muten. Um noch eine Prämie für geringfügige Sorten einzuheimfen, verlangt sie Aenderung der Kartoffel­säge gegenüber Holland  , Belgien   und Italien  , für die der Frühkartoffelversand von großer Bedeutung ist, um ihrer Profite wegen auch noch die mühselig mit diesen Ländern er­morbenen Handelsbeziehungen zu zerstören und den deutschen  Industrieegport zu vernichten.

Kartoffelpreise und Kartoffelzoll find für die Berbraucherschaft von ausschlaggebender Bedeu­tung. Die Preissteigerung gegenüber dem vorigen Jahr be= deutete bei einem Verbrauch der städtischen Arbeiterschaft und des Mittelstandes von etwa sechs Millionen Tonnen bereits einen Mehraufwand von etwa 180 millionen Mart. Durch den Zollschutz besteht die Gefahr, daß selbst bei reichlichen Ernten die jeßigen enormen Preise aufrecht­erhalten, bei knappen noch weiter gesteigert werden.

Zur gleichen Zeit, zu der so in Deutschland   die Lebens­haltung durch die rücksichtslose Interessenpolitit der Agrarier ständig verteuert wird, hält der Sprecher der deutschen   Delegation auf der Weltwirtschafts- Konferenz, der deutsche Unternehmer v. Siemens, es für nötig, vor dem Forum der Weltwirtschafts- Konferenz zu bemerken, daß das deutsche Lohnniveau für die Industrie, die im vergangenen Jahre in fast allen Zweigen Refordgewinne er­zielte, schwer tragbar sei. Die Front ist geschlossen: Groß­agrarier und Großunternehmer stehen vereint, um das geringe Arbeitseintommen der arbeiten­den Bevölkerung noch zu schmälern und die Lebenshaltung zu verteuern. Es gilt, die gesamte Deffentlichkeit zum Kampf gegen diese ausbeuterile nationale Wirtschaftspoliti?" aufzurufen.