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cereinler, die ehrfurchlslos diese oberhirtlichen Theorien als ..Blech" bezeichnete. Es genügt die Feststellung, daß die katholischen Arbeitervereine die Emanzipationsbewegung der Proletarier durchaus als Machtkampf aufzufassen De- ginnen. So liest man im neunten Jahre der de jure demo­kratischen deutschen Republik in Nr. 2 der katholischenWest- deutschen Arbeiterzeitung": Wir, die wir von unten kommen, sind trotz alledem nicht ebenbürtig, nicht gleichen Wertes, sind fremd, sind ousge- stoßen. Das arbeitende Volk kommt aus der Tiefe und nimmt seinen Weg nach oben. Das ist fein innerstes Lebens- gesetz. Den Weg muß es gehen. Und es wird ihn gehen, ollen Widerständen zum Trotz. Ein Rechts verlangen steht hinter ihm. Aber es weiß auch, daß der Macht einsatz notwendig ist." Das klingt nicht gerade nach Jenseitsträumerei..... Ein Mann von streng marxistischer Denkweise wie Paul L e v i beschwört soeben in einem Aufsatz die Partei: sich in der Konkordatsfrage nicht in eineliberale" Kultur- kampfstimmung hineinhetzen zu lassen.Nichts wird unseren Kampf um die politische Seele der Zentrumsarbeiter so sehr zerstören, als wenn wir' deren katholische Seele an- greifen" sagt Paul Levi . Diese ausgezeichnete Formu- li.erung verliert auch dann nicht an Wert, wenn man weiß, daß Levi das Problem rein politisch sieht und ohne Würdi- gung der noch immer sich erneuernden religiösen Kräfte. Das ist es: Unser Kampf gilt dekn brutalen, ganz und gar irdischen Kapitalismus und nicht den zarten Poesien, die der Glaube um die Himmelskönigin webt, gilt den robusten internationalen Kapitalsmagnaten und nicht den katholischen Heiligen im Büßergewand der Askese. Wollen die katholischen Arbeiter durchaus in der Sprache des Neuen Testaments Mammonismus" sagen, wo Karl Marx von Kavitalismus spricht so lassen wir sie dabei, bis ihre steigende Erkenntnis mit klarem Denken auch klare Begriffe schafft. Redet, ihr christlichen Arbeiterführer einer versinkenden Periode deut- scher Arbeiterbewegung, was ihr wollt: wachsende christliche Poletariermassen fühlen wie wir. Sie und wir müssen sich begegnen. Wir werden uns finden, weil sie im Grunde Sozialisten sind wie wir.

Stresemanns Abbitte für Hergt. Eine Demütigung für das deutsche Volk. Der deutsch -polnische Zwischenfall, der durch die Rede des Vizekanzlers H e r g t auf der deutschnationalen Tagung in Beuthen hervorgerufen wurde, ist durch eine gemeinsame offizielle Erklärung beigelegt worden, deren Wortlaut in unserer Freitag-Abendausgabe erschienen ist. Diese Erklärung ist ein für Deutschland äußerst p e l n- l i ch e s Dokument. Strefemann war genötigt, auf die pol- nische Beschwerde mit der Versicherung zu antworten, daß die deutsche Politik gegenüber Palen keine Aenderung erfahren habe und daß ähnliche Vorfälle wie in Beuthen nicht mehr vorkommen würden: Eine demonstrative Abschütte- l u n g des Vizekanzlers Hefgt durch den Reichsinnenminister Stresemann . Für Herrn Hergt fst dieses öffentliche Abrücken der Reichsregierung von seinen nationalistischen Agitations- rhrasen eine Demütigung. Aber das selbstvcrschulddte persön- ljihc Mißgeschick dieses deutschnationalen Kabinettsmitgliedes ist Nebensache. Viel wichtiger ist, daß die Abgabe einer der- artigen Erklärung aüf Verlangen der polnischen Regierung eine schwereDemüiigungfürdasdeutscheVolk darstellt. Wir wollen daraus dem Außemninister keinen Vorwurf machen. Er konnte eben nicht anders, als die Suppe auszu- löffeln, die ihm sein deutschnationaler Ministerkollege ein- gebrockt hatte. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Kabi- nettssitzung, in der der Beuthener Zwischenfall besprochen und

die Art seiner Beilegung beschlossen wurde, recht stürmisch verlief. Aber die Mehrheit der Regierung sah ein, daß es keinen anderen Ausweg gab, als die Abgabe dieser gemein- samen Erklärung, durch die Stresemann öffentlich hat geloben müssen, daß sich in' Zukunft die deutschnationalen Minister l o c a r n o m ä ß i g" verhalten würden. Herr Hergt kann für sich den Ruhm in Anspruch nehmen, Polen zu einem moralischen Sieg über Deutsch- land verholfen zu haben. Wenn irgendein nationalistischer Tölpel ein fremdes Konsulatsschild zertrümmert, �dann ist die Entschuldigung des Auswärtigen Amtes eine Selbstver- ständlichkeit, eine reine Formfache, die keinen Menschen auf- regt. Wenn aber ein Minister durch seine unüberlegten Redensarten die eigene Regierung zwingt, eine hochpolitische Erklärung, die im Versprechen künftigen Wohlverhaltens gip- felt, abzugeben, dann ist das eine für das ganze Volk höchst peinliche Angelegenheit. Im ersten Falle pflegt der nationalistische Uebeltäter ein paar Wochen Gefängnis abzusitzen. Was geschieht aber im zweiten Falle, wo der moralische Schaden unverhältnismäßig größer ist, mit dem Minister, der sein Vaterland in eine derartige Lage gebracht hat? Gar nichts geschieht mit ihm! Er bleibt Minister und sogar Vizekanzler! Die Partei Westarp-Hergt hat jahrelang damit agitiert, daß Deutschland erst dann eine erfolgreiche, mannhafte, wirk- lich nationale Außenpolitik würde machen können, wenn s i e in dck Regierung sitzen würde. Nun sitzen die Dcutschnatio-- nalen� vier Mann stark seit vier Monaten in der Regie- nmg. Und der erste konkrete Erfolg? Eine Demütigung vor Polen ?_

Republiksthutzgesetz wirü verlängert. Die Dcutschnationalcn haben zugestimmt. Der Initiativantrag der Regierungsparteien zur Verlängerung des Republikschutzgesetzes ist im Reichstag einge- bracht worden. Er hat folgenden Wortlaut: 8 1. Die Geltungsdauer des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1322 in der Fassung des Abändsrungsgesetzes vom 31. März 1926 und 8. Juli 1S2S wird um zwei Zahre verlängert. Die noch bestehenden Zuständigkeiten des Staaksgerichtshofe» zum Schutze der Republik gehen auf das Reichsoerwallungsgericht imd bis zu dessen Errichtung auf einen Senat des Reichsgerichts über, der durch den Geschästsverteilungsplan bestimmt wird. 8 2. Dieses Gesetz tritt am 25. Juli 1327 in Kraft. Ferner beantragen die Regierungsparteien die Entschließung: Die Reichsregierung zu ersuchen, in Erwägungen darüber ein- zutreten, für welche Vorschriften des Gesetzes zum Schutze der Republik ein Bedürfnis der Beibehaltung besteht. Der Initiativantrag ist unterzeichnet von Graf Westarp sDnat.) und Fraktion, v. Gu�rard(Z.) und Fraktion, Scholz(D. Vp.) und Fraktion, Leicht(Bayer. Vp.) und Fraktion. Der Reichskanzler verhandelt. Die Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei hat gestern nachmittag ihre Zustimmung zur Verlängerung des Republikschutzgesetzes gegeben. Der Reichskanzler hat gestern abend mit den Führern der sozialdemokratischen Fraktion und der demokratischen Fraktion Fühlung genommen, um ein« Zweidrittelmehrheit für die Verlängerung her- beizusühren. Der Reichskanzler erklärte den Führern der sozialdemokratischen Reichstagsfrakkivn. daß die Regierung eine Verabschiedung des von den Regierungsparteien vereinbarten Initiativantrages ohne Kommissionsberatung wünscht. Es besteht die Absicht, den Antrag schon auf die Tagesordnung der Montagsttzung des Reichstages zu setzen. Diese plötzliche Eile erklärt sich daraus, daß die Deutschyationalen infolge der sich innerhalb ihrer Partei gegen eine Verlängerung geltend machenden Widerstände die baldige Erledigung des Gesetzentwurfes wünschen.

Ein deutschnationaler Protestler. In derKreuzzoitung" schreibt Generalleutnant a. D. von Eramon über die Zustimmung der Deutschnationalen zur Verlängerung des Kaiserparagraphen: Daß die Linksparteien mit ganzer Energie diesen erneuten Boykott verlangen, ist nicht wunderbar, es entspricht dies viel- mehr vollkommen ihrer Einstellung, daß aber auch andere Parteien, denen Persönlichkeiten angehören, die das G e- suhl sür Dankbarkeit und Treue doch wohl kaum ganz verloren haben können, sich soweit ver- g e s s e n. daß sie einem Monarchen, der über 30 Jahre unser Deutsches Reich regierte, und unter dem es zur größten Blüte und zum größten Wohlstande gelangte, auch heute noch den Affront bieten, seine Rückkehr nach Deutschland unter Ge- sctzesparagraphen stellen zu wollen, das ist ein trauriges Zeichen für den Geist, der deutsche Männer beseelt." DieKreuzzeitung " fügt aus eigenem hinzu: Wir haben schon darauf hingewiesen, daß wir teinBer- ständnis dafür haben, wenn die Deutschnationalen einer solchen Verlängerung des Republikschutzgesetzcs mit� dem sogen. Kaiserparagraphen zustimmen würden. In den Ausführungen des obigen Artikels ist nochmals unser Standpunkt zum Ausdruck gebracht. Wenn die Regierungsparteien gleichzeitig mit dem Initiativantrag eine Entschließung einbringen wollen, nach der die Regierung aufgefordert wird, in Erwägungen darüber einzutreten, welche Bestimmungen des Gesetzes überhaupt beide- halten und in das Reichsstrafgesetzbuch übernommen werden sollen, so kann dies auch keinerlei Beruhigung schaffen. Tatsache würde doch immer sein, daß zunächst auf zwei Jahre das Verbot der Rückkehr gegen den Kaiser bestehen bleibt," Die Doppelzüngigkeit der Deutschnationalen , deren Führer eben erst ein Bekenntnis zum Monarchismus abgelegt hat. wird wieder einmal'herrlich offenbart. Zum Tröste empfiehlt ihnen die Deutsche Allgemeine Zeitung", vom Zentrum Kompensationen zu fordern in Preußen.

Die neue Seipel-Negierung. Zwei Landbündlcr, ein Großdeutscher aufgcnominen. Wien . 13. Mai.(Eigener Drahtbericht.) Die Verhandlungen über die Umbildung der Regierung S e> p e l sind beendet. Die Großdeutschen verzichten zugunsten des Landbundes auf die Stelle des Vizekanzlers. Außerdem soll der Landbund das Ministerium des Innern besetzen. Die Großdeutschen dürsten das Justizministerium erhalten. Unbestimmt ist noch, wer von den Landbündlern in die Regierung eintritt.

Kurt Eisners HO. Geburtstag. Die Sozialdemokratische Partei gedenkt heute in Trauer eine» Toten. Heute hätte Kurt E i s n e r, der am 11. Mai 1867 in Berlin geboren war, seinen 60. Geburtstag seiern können, wenn ihn nicht acht Jahre zuvor die Hand eines Mörders niedergestreckt hätte. Niemand, der ihn gekonm hat, zweifelt daran, daß dieser Mann, wenn er heute noch lebte, mit der ganzen Begeisterung seil«» Herzens zur geeinten Partei stände. Wer weiß, ob er dann nicht auch im Zentralorgan der Partei wieder einen Platz gefunden hätte, den er, der geistvollste Journalist der Partei, wie kein anderer auszufüllen berufen war. Das Schicksal wollte es anders. Es.ließ den Mann, der stets den Mut seiner Ueberzeugung bis zum äußersten besaß, in München als Opfer seiner Ueber- zcugung verbluten. Sein Meinen und sein Handeln war hart um- kämpft, unbestritten aber bei allen, die ihn kannten, die Reinheit seines Wollens. Seinen reaktionären Gegnern, die mit Lüge und Verleumdung solange gegen ihn hetzten, bis ein stumpfer Fanatiker ihn niederschoß, war er an Geist und Eharakter turmhoch. überlegen. Er siel als Soldat im großen Freiheitskampf der Menschheit und als Märtyrer der Idee.

Komment. Von Peter Scher . Ein Maiin aus Havanna , mit dem ich in New Dort eine Zeit- lang imAstoria" lunchte, empfand das größte Vergnügen, wenn ich ihm in trüben Stunden den Zillrunkritus, genanntKomment", unserer Korpsstudenten praktisch demonstrierte Wenn wir oben in seinem Zimmer waren, pflegte er mit einer lustigen Handbewegung den Vorhang eines Bücherregals zurückzustreifen, worauf sich meinem entzückten Auge der Anblick reihenweis«, aufgestellter Gallonen mir Whisky, Portwein und Burgunder bot. Der Kubaner, der ziemlich gut deutsch sprach, denn er hatte jahrelang in Hamburg e riebt, mirte einige leuchtende Sachen; wir nahmen einander gegenüber am Tisch Platz, und ich eröffnete die Lustbarkeit, indem ich meinen Becher, den Arm im steifen Winkel haltend, dem Mund nahebrachte, wozu ich mit schneidiger Stimme, den Blick tierisch ernst in seinen Blick gesenkt, loslegte:..Iestatte mir kolossalen Fegen... werte Anverwandte einseschlossen!" Worauf er, indem es in seinem Innern von aufsteigender Heiterkeit brodelt« und seine Augen feucht zu zwinkern begannen, mit tiefem Ernst zurückschnarrte:Ehrt mich kolossal!... Werde jebührend zu rühmen wissen!" Ruck zuck! waren die Becher leer und mit scharfein Knall auf den Tisch zurückgefetzt. Woraus die Schatten der Schwermut allmählich wichen und insbesondere über dem Gemüt des Kubaners die Sonne der Anti- prohibilion aufging. Manchmal, wenn die New Uorker Nebel zu schwer auf unsere Hirne gedrückt hatten, bedurfte es jedoch stärkerer Mittel, um den Geist der Erhebung zu beschwören. Wir rempelten uns im Verlaus der Sitzung burschenhaft an, ein Wort gab das andere, Beleidigungen slooen hin und her, und den Abschluß bildete gewöhnlich die For- derung:Darf ich aufs Klosett bitten!?" Diesem Höhepunkt vermochten auch die schwärzesten Trübsal,- anwandlungen nicht standzuhalten. Der Mann aus Kuba strömte von Lachtränen über und schwor mir, daß er alles daran setzen werde, derartige Bräuche i» seiner Heimat einzuführen. Aber eines Tages war er verschwunden, und ich mußte nun in meinen trüben Stunden zusehen, meinen Bedars an deutscher Burschenromantik anderweitig zu decken. Einige Wochen vergingen, da erhielt Ich aus Havanna Nach- richt. Er hatte in einer dringlichen gcschäsilichen Angeiegenheit so plötzlich abreisen müssen, daß er sich nicht einmal verabschieden konnte. Run lud er mich mit der herzlichen Dringlichkeit, die diesen Halbwilden eigen ist, aus seine Kasseeplontage nach Kuba ein und versprach mir die denkwürdigsten Abenteuer. Ich hatte inzwischen New York so satt, daß mich die Aussicht nach dem Süden entzückte. Aber da mir gerade in einer verbotenen Rum"-Schenke am Cast River das Scheckbuch mit meinem ganzen Vermögen aus der Tasche herausgeschnitten wvrden war, konnte mir die Begeisterung für die Antillen allein wenig nützen. Zehn Dollar, die ich in der Westemasche isoliert hatte, waren mein ganzes Vermögen. Immerhin telegraphierte ich dem Kubaner meinen Un- fall. Dann dachte ich nicht mehr an die Sache, denn ich hatte tage- lang genug zu tun, Bürgen auszutreiben, damit ich das Scheckbuch jperren lassen tonnte.

Mitten in diese anregende Tätigkeit hinein kam eine tele- graphische Geldanweisung aus Kuba mit dem Befehl: Sofort ab- reisen! Es war eine abenteuerliche Zeit aber such ig like, wie wir Globetrotter sagen. Ich raste«inen Tag lang von einem Ende Manhattans zum anderen, trieb endlich einen Bürgen aus: da» Scheckbuch wurde gesperrt und ein Advokat übernahm es, die Sachs weiter zu verfolgen. Dann reiste ich ab. Aber es ist hier nicht der Platz, eine Reisebeschreibung anzu­bringen. Alle Leute machen Reisebeschreibungen. Ich mernerseits brenne darauf, zum Ziel meiner Geschichte zu kommen, die eine Huldigung an kerniges Burschcnwesen bedeutet. Kuba ist schön und unterhaltsam. Als ich, noch etwas geblendet und mit gut gespielter Naivität wie Konrad Veidt in Hollywood die Wunder des Südens be- glotzend, jenem sonderbaren Schwärmer in die Arme sank, schrie der Wilde, freudig strampelnd:Sie werden sich wie zu Hause fühlen!" Der schwarze Diener neben dem schwarzen Ehauffeur funkelte Heiterkeit mit hundert blanken Zähnen. Fort jagte da» Auto. Unter Palmen kehrten wir ein Palmen, nichts als Palmen! Ich wollte schon bemerken, daß ich mir den Süden nicht ganz so kitschig vorgestellt hätte, aber mein Gastneber war so offenkundig im Begriff, mir eine Ucberraschung zu bieten: er zappelte so selig erfüllt vom Bewußtsein eines Geheimnisses, daß ich von seiner Auf- regung angesteckt wurde zumal ich gerade ein sehr schönes halb- farbiges Mädchen mit ff. Thumannschen Märchenaugcn blitzschnell in einer Tür auftauchen und verschwinden sah. Aber damit hat es wieder eine andere Bewandtnis und wir wollen in dieser Geschichte nicht darauf zurückkommen. Die Hazienda war entzückend eingerichtet. Ich wusch mich in meinem Zimmer, wobei der Hausherr meist an meiner Seite blieb und mich wie ein nervöser Derwisch umtanzte. Rur ab und zu huschte er einmal hinaus und kam jedesmal ungeduldiger zurück. Endlich war' ich in Ordnung. Wir tranken einige eisgekühlte Grapefruit-Cocklails, wobei der Schurke sich den Anschein gab, als ob er mit Rücksicht auf die Schwarzen strenge Prohibition einhalte dann konnte er sich nicht mehr beherrschen: er mußte mir nun unverzüglich den Clou seiner Veranstaltung vorführen: er war ein richtiges Kind. Also los! Es ging durch eins ganze Flucht von Räumen, in denen überall die Bentilaioren fausten so glühend heiß war es. Plötzlich blieb er stehen und sah mich an, wie eine deutsche Mutter am Weihnachtsabend im Augenblick der Bescherung ihr Kind ansieht. Was war das? Ich horchte auf und er beobachtete mit unsäglichem Entzücken, daß ich ein überaus dummes Gesicht machte. Aus dem Raum, vor dessen Tür wir standen, erschallte ein deut- lich schnarrendes:Iestatte mir kolossal!: Mensch!" rief ich und faßte ihn an der Schulter. Da hörte ich das dumpfe, einen Lachsturm einleirend« Brummeln und Kochen, das ich von New Park her so gut an ihm kannte. Er riß die Tür aus und ich sah folgende Szene:

In einem Ring oberhalb des Tisches wiegte sich ein grüner Kakadu, der eben wieder mit erstaunlicyer Berne die Worte:Je- statte mir kolossal!" schmetterte, und ihm gegenüber in einem Stuhl sah, mit vorschriftsmäßig rechtwinlliger»Armhaltung überaus korrekt einen Becher zum Mund führend, ein stattlicher Schimpanse. Jedesmal, wenn der Kakadu:Iestatte mir!" krächzie, setzte der Schimpanse de,, Becher an, trank würdevoll in strammer Haltung nnd setzte den Becher laut knallend wieder ab. Ich explodierte aus der Stelle. Es warf mich zu Boden neben meinen Gastgeber hin, der vor Entzücken wie ein Maultier wieherte. Es war ein schönes Erlebnis, und ich möchte es aus meiner tatenreichen Laufbahn nicht ausgestrichen wissen.

Unser neuer Roman hat zum Verfasser einen denVorwärts"- Lesern wohlbekannten Namen: B. Tranen, dessen erste Werke, Die Baumwollpflückcr" undWobbly", zuerst in unserem Feuilleton erschienen. Wir brauchen zur Charakteristik dieses Dichters nichts zu sagen. Wer seine Erstlingswerk« gelesen hat, kennt ihn und seine Eigenart. Kennt seine unvergleichliche Kunst, den herbsten, tragisch- sten, ergreifendsten Stoff mit einem überlegenen, echt männlichen Humor zu gestalten. Einem Humor, der nicht Resultat einer spiele- lisch ästhetischen Einstellung ist. sondern eigenem schwerstem Erleben und tapferstem Ueberwinden entsprang. Denn Traven hat selber erlebt und erlitten, was er in dichterischer Form uns bietet.Die Brücke im Dschungel" spielt, wie dieBaumwollpflücker" und Wobbly", Im Innern Mexikos und gibt am Faden einer knappen, spannenden Handlung meisterhaft gesehene und in Traoenscher Art gezeichnete Landschaft-, Sitten- und Charakterbilder. Eine Reihe Photos, die der Dichter in jener Gegend aufgenommen hat, wo seine Dschungelbrücke steht, bringt die morgen erscheinende Nummer von Volt und Zeit". Frankreichs Teilnahme an der Liebermann -Ehrung. An der Ehrung, die dem 80jähriaen Max Liebermann durch eine Aus- stellung der Preußischen Akademie der Künste dargebracht wird, be- teiligt sich auch Frankreich . Das Luxembourg-Museum schickt das berühmte BildBiergartcn in Brannenburg", das in Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr zu sehen war, als Leihgabe. Der sran- zösische Botschafter De Margens soll sich besonders für diesen Eni- schluß eingesetzt haben. Politischer Kunststreit. In Warschau spielte sich vor kurzem ein Streit um eine Plastik ab. der einen politischen Hintergrund hat. Es handelte sich um«ine Büste des Advokaten Montwills, der im Jahre 1905 wegen einiger gemeinsam mit Pilsudski begangenen poti. tischen Straftaten von den Russen hingerichtet worden ist. Die Büste wurde von der Jury der Warschauer Kunstausstellung ausgeschlossen. Die Folge waren Demonstrationen der dem Marschall Pilsuoskl nahe­stehenden Verbände und Offiziere, die schließlich die Büste an dem größten Platz Warschaus ausstellten und bekränzten und hierzu nach- träglich die Genehmigung der Regierung erhielien.

Der Sinn der Kunsk-Zsmcn ist dciS Tbema des Vortrags mit Licht- iildern, den Pros. Moboly-Nagy vom Baubau» Dessau am IS. Mai imSturm", Potsdamer Str. 134», halten wird.