wollen— obwohl die Erfolge dieser Methode höchst Zweifel- Haft sind— werden sie weiter die Arbeiterbewegung schädigen und mit ihr ihr eigenes Land, Rußland !
Rpkow über internationale Spionage. Eine Rede vor dem Moskauer Sowjet. Moskau , 2. Juni. (MTB.) Im Plenum des Moskauer Sowjet hielt R y t o w über den englisch -russischen Bruch«ine Rede, in der er u. a. sagte, eine unbefangen« Untersuchung der Tatsachen und Ereignisse der letzten zwei Monate ergebe keinerlei Gründe, die den Bruch rechtfertigen könnten. Weder die Er- klärung der englischen Regierung im Parlament noch die Note an Rosengolz habe irgendwelche triftige Beweise enthalten, dah die Sowjetregicrung ihre Berpflichtungen verletzt hätte. In den Vor- b e u g u n g s m a ß n a h m e n, die die Sowjetangestellten ange- sichts des Ueberfalles getroffen hätten, wolle man verbrecherische Handlungen erblicken. Dabei sei genau festgestellt worden, daß die englische Mission in Moskau in den letzten Tagen sich die ganze Zeit damit besaßt habe. Schriftstücke zu verbrenne«, obgleich im Sowjet- staate Ueberfälle auf exterritoriale Räumlichkeiten sich nicht ereigneten und sich auch nicht ereignen würden. Die Sowjetregierung habe nie dagegen Einspruch erhoben, daß Sowjetbürger für Spionag.e Handlungen nach den Gesetzen des betreffenden Landes gerichtlich bestraft würden. In derselben Weife sei die Sowjetregierung gegen englische Spione vorgegangen, von denen einer namens Filin, der im Auftrage des Sekretärs der britischen Mission in Moskau , C h a r n o ck> gearbeitet und sie über den Zu st and der Truppen des Moskauer Militärbezirks informiert habe. dafür erschossen worden sei. Ein anderer englischer Spion, ein Offizier der Koltschaktruppen, P e s ch k 0 w, habe eine ganze Truppe zur Spionage zugunsten Eng- lande organisiert und sei daraufhin verhaftet worden. Von der englischen Spionagetätigkeit zeuge auch folgendes Zitat aus einem Briefe des englischen Konsuls in Leningrad , Preston , vom 22. April 1924, der an die britische Mission in Moskau gerichtet sei und folgendermaßen schließe: ..Beziehung nötiger Informationen fällt mir nicht leicht. denn meine russischen Vögel, die ich mit derartigen Austrägen aussende, sehen sich ernster Gefahr aus von GPU. wegen Spionage gehängt oder gevierteilt zu werden." Rykow verlas ferner eine Reihe von Dokumenten über eine k o n t e r- revolutionäre Spionage Englands, insbesondere in der Ukraine und in Transkaukasien . Obwohl die Sowjet- regierung über ganz genaue Angaben oerfüge, habe sie bisher wegen dieser Dokumente keinen Alarm geschlagen und in ihnen keinen Grund für den Abbruch der Beziehungen und selbst für diplomatische Konflikte gesehen. Für die Sowjctregierung sei es unzweifelhaft, daß die Spionage eine unmittelbare Funktion eine» jeden kapitalistischen Staates sei, was eine Reihe von Rednern im Unterhause restlos zugegeben habe. Die englische Regierung könne keinen einzigen Fall anführen, wo auf dem Gebiete Großbritanniens ein Sowjetbürger festge- nommen worden wäre, der im Auftrage von Sowjctorganen solche Funktionen ausgeübt, und den ein englisches Gericht auf Grund eng- lischen Rechts verurteilt hätte. Rykow erklärte in seiner Rede weiter, der Kriegsgefahr werde die Sowjetunion eine unverrückbare Friedenspolitik entgegensetzen. Durch planmäßige Wirtschaftsführung werde die Sowjetunion es verstehen, etwaige durch den Bruch bedingte Schwierigkeiten zu beseitigen. Innerhalb des Landes seien genügend Quellen für den sozialistischen Ausbau vorhanden. Die letzten Berichte über den Abschluß der Anleihen erwiesen, daß die Note Chamber- lains den Sowjetgeldmarkt nicht im geringsten geschädigt habe. Das Land Hobe den Bruch ohne Verwirrung und in festem Ver- trauen auf seine Kraft aufgenommen. Der Bruch sei in erster Linie
Dehmels �Menschenfreunde". (L e s s i n g- T h c a t e r.) Eugen Klopfer gefällt sich in der Rolle das Wander- komödianten. Er reist durch Deutschland und auch über die Grenzen und spielt, was er für tragisch und erschütternd hält. Mit Wonne vertieft er sich in jene Mannscharaktere, die als Helden alles Kol- portageleidens schleifen, stampfen, keuchen, trauern und schließlich auch sterben. Er will ein Hexer sein, der Parkett und Ränge bei den primitiven Instinkten packt. Man soll zittern und schlaff werden, dann auch, wenn der hundstagsmäßige erste Junitog die Körper- kräfte schon tüchtig zerrieben hat. Mit seinem„Ensemble", heißt es. zieht Eugen Klopfer in das L e s s i n g- T h e a t e r ein. Sein Ensemble, dos ist eben die Wandertruppe, die ihn verehrt und an- staunt, und die er nun befeuert durch seine Komödiantenglut. Tuch- iige Leute sind darunter, Frieda Richards, die ewig Gute mit der Herzensstimm« und der unvergeßlichen Altweibergüte, Rudolf Blümner , der kurioje Homunculus des Theaters, der immer karikiert, wenn er charakterisieren will, und der trotzdem ein vorzüglicher Episodenspieler ist, JohnGottowt, Manfred Fürst und andere. Werden nun diese Schauspieler wirklich von Eugen Klövser so zuchtvoll zusammengehalten, daß unter seiner Füh- rung«ine Theatektruppe ineinanderschmolz, die gesehen werden muh um jeden Preis? Man kann es nicht sagen, weil Klöpser zum ersten Abend das greulich mißlungene Stück, den ausgeklügelten Schund des unsterb- liche» Richard Dehme! auswählte, dessen Lyrik uns noch immer im Blut klingt, wenn wir auch seine Tragödie„Die M e n- s ch c n f r e u n d e" in den Orlus gewünscht hätten. Die Seele hin- derte Richard Dehmel . an das Kino und das Schmierenkauderwelsch . zu gelangen, das Kinogemüt hindert die Dramatiker von 1927 an die Seele zu gelangen. Da nun Richard Dehmel vor zehn Jahren ungefähr den dreckigen Soldatenrock auszog, verlor er sich einige Monate lang an das Kolportagebedllrfms, das gleich einer Geistes- krankheit in Deutschland grassierte. Er schrieb ein Schaucrdrama, das schauriger und schlimmer ist als das allerdümmste Kino. Dehmels Herer ist ein gemeingefährlicher Teufelskerl, der einstmals seine SlI-Millionen-schwere, aber stinkgeizige Tante beerbte und dadurch einen armen Vetter um alle Erbhoifnungen brachte. Hat nun der neugebackene Millionär, der mit Millionen für wohltätige Stif- tungen pbantastisch»m sich wirft und nacheinander durch fürstliche Gnaden Kommerzienrat. Geheimer Kommerzienrat, Exzellenz und sogar Baron wird, die Tante ermordet? Das ist das Rätsel um den Multimillionär und Menschenfreund. Den Multimillionär trifft aber der Schlng, bevor das Rätsel gelöst ist. Eugen Klöpfer und seine Leute meinen, daß sie ein mächtiges Tbeater spielen, und sie spielen bloß mit dem Theater. Eugen Klöpser an der Spitze, mit allen Mitteln einer großen Natur, doch soviel Unnatur ist nicht zu verbergen. Das Stück eines Dichters, der ein Kolportagehcxer fein wollte, verleitet«inen famosen Schauspieler. nur mit 5vxenkur.stst2cken des Komödianten aufzuwarten. M. H.
ein Schlag gegen England und nicht gegen die Sowjetunion . * Aus dieser Rede geht hervor, daß die bloße Erkundigung über den Z u st a n d von russischen Truppen von den Sowjet- behörden als ein Spionageverbrechen angesehen wird, das mit dem Tode durch Erschießen bestraft wird.
Paul ßaure bleibt. Einigkeit im sozialistischen Berwaltungsrat Frankreichs . Paris , 2. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der Verwaltungsrat der sozialistischen Partei hielt am Mittwoch eine außerordentliche Sitzung ab, um die i n n e r e Krise in der Partei, die zu einer Demission des Generalsekretärs Paul Faure zu führen drohte, bei- zulegen. Nach längeren Verhandlungen gelang dieser Versuch, zumal Faure vor der offiziellen Sitzung eine längere Aussprache mit der Linksopposition in der Partei gehabt hatte. Es gelang, ihn von seiner Absicht abzubringen. Im weiteren Verlauf der Sitzung hielt der Nölkerbundsdelcgierte Paul B o n c o u r einen Vortrag über die Arbeiten der vorbereitenden Abrüstungskonferenz des Völkerbundes, der von der Versammlung diskussionslos zur Kenntnis ge- nommen wurde.
tzilfe für Sacco und vanzetti. Einsetzung einer Prüfungskommission. Boston , 2. Juni. (MTB.) Der Gouverneur des Staates Massa- chusetts, Füller , hat den Präsidenten der Havard-Universität, Lowell, den Präsidenten des Technologischen Instituts in Massachusetts , Stratton, und andere Persönlichkeiten zu Mitgliedern eines Aus- s ch u s s e s ernannt, der sich mit einer neuen Prüfung des Falles der zum Tode verurteilten italienischen Kommunisten Sacco und Vanzetti befassen soll.
Neue fimerita-Spannung. New Jork , 2. Juni. (MTB.) Präsident Calles hat vor kurzem den mexikanischen Regierungsstellen verboten, amerikanische Waren zu kaufen. Dieses Verbot soll darauf zurückzuführen sein, daß die Regierung der Vereinigten Staaten die Ausfuhr von acht durch die mexikanische Regierung im Februar bestellten Flugzeugen nicht zugelassen hat, da das Staatsdepartement befürchte, daß die Flugzeuge für Sacasa bestimmt seien. In Kreisen des Staatsdepartements wird die neu eingetretene Verstimmung um so peinlicher empfunden, als das Staats- departement Calles durch die Entfernung des Botschafters Sheffield , der einem Konflikt mit Mexiko günstig gestimmt ge- wescn sein soll, entgegengekommen ist und deshalb annahm, daß die seinerzeit eingetretene Entfremdung zwischen den beiden Staaten aus der Welt geschafft sei.„World" kommt auf die Angelegenheit der sogenannten gefälschten Dokumente über die Kriegstreidereim gegen Mexiko zurück und deutet an, daß die Dokumente in Wirk- lichkeit von Sheffield herrührende Aufforderungen zu ent- schiedenem Vorgehen gegen Mexiko enthielten. '«- Daß Washington seinen bisherigen Botschafter zurückberufen hat, war bisher nicht bekannt. Man hat offenbar darauf gewartet, Mexiko einen Vorwurf machen zu können. Das Verbot der Flug- zeugausfuhr nach Mexiko war natürlich nicht deshalb geschehen, um die Unterstützung des nikaraguanischen Gegenkandidaten durch Mexiko zu verhindern. Calles sollte keine amerikanischen Flug- zeuge gegen die Aufständischen im eigenen Lande er- halten. Der hessische Finanzminister Henrich scheint aus der Annahme der sozialdemokratischen Anträge zum Polizeietat eine K a b i- n e t t s f r a g e machen zu wollen, falls bei der zweiten Lesung die Beschlüsse des Landtags einer Revision nicht unterzogen werden sollten. Die übrigen Minister dürften jedoch derartig weitgehende Konsequenzen nicht ziehe». Von welchem Ergebnis die Versuche begleitet sind, den Finanzminister von einem Rücktritt abzuhalten, bleibt vorläufig abzuwarten. Eine Revision der Landtagsbeschlüsse ist nicht zu erwarten.
Heine unö Hamburg . Von Ha n s M o r g e n st e r n. Heute wurde in Altona das Heine-Denkmal, daZ ehemals iin Achillcion aufKorfu stand, eingeweiht Harry Heine kam im Sommer des Jahres 1816 aus seiner rheinischen Heimat in die Tore Hamburgs gefahren, der großen Stadt des Handels und des Geldes. Nicht aus eigenem Willen— denn die Triebe seiner Natur waren auf Wissenschaft und schöne Künste gerichtet—, sondern auf Geheiß des verarmten Vaterhauses sollte er Kaufmann werden bei dem berühinten Onkel Solomon Heine, dem märchenhast reichen Inhaber eines der ersten Bankhäuser am Platze. Wenn nirgends sonst, hier mußte es zu lernen sein, wie man Millionär wird. Drei voll« Jahre blieb der junge Heine in Hamburg , nach außen hin als Kaufmann tätig, innerlich aber„über dem düsteren Schacht seines Traumlebens brütend", wie er an den Düsseldorfer Schul- freund Christian Sehte schreibt. Für die längste Zeit saß er im Kontor des Onkels, aber— auch das schreibt er an Sehte— ohne das geringste Interesse an seinen merkantilen Obliegenheiten auch nur zu heucheln. Solomon lzatte mit dem„ungeratenen" Neffen Engels- geduld und etablierte ihm im letzten Jahr sogar ein selbständiges Kommissionsgeschäft englischer Manufakturwaren unter der Firma Harry Heine u. Cie. Die alten Notariatsregister im Staatsarchiv geben Kunde, daß damals gegen den jungen Heine drei Wechsel- Proteste erhoben sind. Im Frühjahr 1819 mußte seine Firma liqui- dieren. Mit Harrys kaufmännischer Karriere war es nun aus. Der Onkel schickte ihn nach Bonn zum Studium der Rechte. Während seines Hamburger Aufenthalts hatte Harry natürlich vollen gesellschaftlichen Anschluß an Solomon Heines Haus, in dessen Stadtwohnung am Jungfernstieg und elegantem Landsitz zu Ottensen die ersten Kreis« Hamburgs und Deutschlands , ja Europas verkehrten. Davon gibt Harry, bereits mit mokantem Unterton, Beispiele: „Millionäre, hochweise Senatoren, diplomatisches Federvieh." Das echte Kind aber dieses vornehmen Milieus war des Onkels schöne, verwöhnte Tochter Amalie Heine. Harry hatte die Cousin« schon früher kennen gelernt und sich sofort in sie oerliebt.„Es zieht mich nach Norden ein goldener Stern" hatte er vor der Abreise nach Hamburg gedichtet. Dieses um drei Jahre jüngere Mädchen wurde feine große, schicksalhafte Liebe, welche zeitlebens an seinem Herzen fraß. Amalie Heine, eine stattliche, etwas üppig« Erscheinung, war eitel und kokett genug, an der Liebe des schwärmerischen Vetters Gefallen zu finden, ohne sie im mindesten zu erwidern oder über- Haupt ernst zu nehmen. Eine Verbindung mit diesem aussichtslosen Jüngling, der an der Börse versagt hatte, der die Schwächen der Menschen, statt sie zu benutzen, ungezügelt ironisierte, der in zynischen Versen sein eigenes Gefühl verspottete, eine solche Wahl wäre für sie geradezu absurd gewesen! Im Jahre 1821 gab sie sich dem reichen Königsberg «? Gutsbesitzer John Friedländer zur Ehe. Harrys Briefe an Sehte geben Zeugnis, wie tief und wahr seine Liebe, wie zersetzend sein Schmerz gewesen ist. Allmählich nur ver- mochte er den Krampf seines Herzens zu lösen und seine Qual in tleinen Liedern zu kristallisieren, von denen einige in das„Buch der
Gefährdung des Serliner Saumarkts. folgen der Börsenpolitik Schachts. Die unberechenbare Börsenpolitik des Reichsbankpräsidcnten Dr. Schacht droht jetzt, wie wir von vornherein befürchteten, sich unmittelbar auf den Arbeitsmarkt auszuwirken. Die Durchführung des Berliner Wohnungsbauprogramms hängt nämlich davon ab, daß außer den Hauszinssteuerhypotheken ausreichende Beträge von Kapitalien am freien Kapitalmarkt beschafft werden können. Nur drei Zehntel der Bausumme werden aus Mitteln der Hauszinssteuer sinanziertz Weiter vier Zehntel sollen durch ein« er st st ellige Hypothek beschafft werden, die restlichen drei Zehntel der Kosten durch zweit st ellige Hypotheken ösfent- lich-rechtlicher Grundstücksbanken, wobei die Stadt Berlin als Bürge eintritt. Als das Bauprogramm aufgestellt wurde, stand der Hypotheken- und Pfandbriefmarkt so, daß man mit einer reibungslosen Be- schaffung der Mittel rechnen konnte. Da platzte die Börsen- deroute dazwischen; der Kapitalmarkt geriet aus den Fugen. Offenbar hat ein Teil der Börsenspekulation ihre Effekten- käufe so finanziert, daß sie auch festverzinsliche Werte verpfändet hatte. Infolgedessen war sie gezwungen, Pfandbriefe und Rentenpapiere abzustoßen, wenn sie wenigstens einen Teil des Aktienbesitzes holten oder die bei der Spekulation entstände- neu Kursdifferenzen auszahlen wollte. Wie dem auch sei, Tatsache ist, daß auch der Markt der festverzinslichen Werte in Ver- w i r r u n g geriet, obwohl er an sich mit der Spekulation am Effektenmarkt wenig zu tun hat. Die Folge ist nun, daß die H y p o- thetengelder nicht aufgebracht werden können, deren Beschaffung in der Regel durch Ausgabe festverzinslicher Pfand- briefe erfolgt. Damit ist aber nicht nur die weitere Durchführung des Berliner Bauprogramms insofern gefährdet, als man vor- läufig neue Bauten in großem Stile nicht vornehmen kann; selbst die Ausführung der bereits schwebenden und in Angriff genommenen Projekte stößt auf die größten Schwierigkeiten. So ist der Bau von 10 990 Wohnungen unter den Bedingungen vergeben worden, die das Bauprogramm enthielt, weil die Hypothekenbanken ihre Bereitschaft erklärt hatten, die notwendigen Hypothekenbeträge auszubringen. D r sie dazu jetzt nichtinderLage sind, ist die Stadt Berlin natürlich in der größten Verlegenheit und man arbeitet daran, den plötzlich aufgetauchten Schwierigkeiten zu begegnen. In jedem.Falle sind schwere Störungen in der Bautätigkeit unausbleiblich. Da aber der Baumarkt die stärkste Stütze für den Arbeitsmarkt ist, kann es nicht Wunder nehmen, wenn sich die Wirkungen der Schwierigkeiten in diesem speziellen Gewerbezweig sehr bald auch auf anderen Ge- bieten zeigen. Mit anderen Worten: Die Arbeiterschaft wird mit erhöhter Erwerbslosigkeit oder mit einem verlang- samten Abbau der Arbeitslosenkrise die Kosten des Börsen- t a u m e l s tragen. Für die Börsenkrise sind bekanntlich die Großbanken in erster Linie verantwgrtlich zu machen, die früher die Spekulation in erster Linie begünstigt haben, und der Reichsbankpräsident Dr. Schacht, der diesem Treiben nicht rechtzeitig und planmäßig entgegentrat, sondern plötzlich mit unvorhersehbaren Radikal- k u r e n eingriff. Die Wirtungen werden jetzt am Baumarkt ficht- bar, sie werden aber auch für andere Teile der Produktion von dcr ernsthaften Finanztritit bereits befürchtet. Nicht nur im Berliner Bauprogramm, auch anderwärts werden die Dispositionen in der Gütererzeugung und Verteilung durch die künstlich herausbeschworenen kritischen Zustände am Kapitalmarkt über den Haufen geworfen. Das unberechenbare Vorgehen des Reichsbankpräsidenten und die verantwortungslose Börsenpolitit der Großbanken wächst sich so zu einer Gefahr für die gesamte Wirtschaft aus. Die Reichsregierung aber sieht dem u n t ä t i g zu, wie ihre eigenen Maßnahmen zur Behebung der Krise durch die Schwankungen am Kapitalmarkt in Mitleidenschaft gezogen werden.
Mussolini läßt sich loben. In Vicenza in Oberitalien wurde eine Internationale Eijenbahnkonferenz«rösfnet. Der Schweizer Vorsitzende hielt es für nötig, Mussolini ehrerbietig wissen zu lassen, daß alle Delegierten über Italiens Fortschritte in den letzten Jahren überrascht seien.
Lieder" übergegangen sind. An Sehte schreibt er:„Ich fühle ein inneres Ersterben: mein äußeres Leben ist toll, wüst, zynisch, ab- stoßend." Auch warf er sich, um ein Narkotikum gegen den Schmerz der verschmähten Liebe zu finden,!>> das Nachtleben der sündigen Großstadt, trieb sich in Gesellschaft der„hanseatischen Vestalinncn" uniher. In seinen späteren Schriften hat er aus solchen Erlebnissen kein Hehl gemacht zum Entsetzen der„deutschen Kartoffelphilister". Man versteht, daß unter solchen Umständen der junge Romantiker sich' in Hamburg nicht wohlfühlcn konnte, der„Stadt des Rauch- fleisches", wo„nur der Geist Banko herrscht". Und doch hat ihn ein sonderbar mystischer Trieb seines Herzens immer wieder nach Ham burg gezogen, der„schönen Wiege meiner Leiden", wo er„das Liebste verlor", wo ihm das Leben zum ersten großen Erlebnis ge- worden war. Hamburg , di« Wiege seines Schicksals: Amalie Heine als Person, die reiche Hamburger Gesellschaft als Institution waren die realen Mächte, auf welche der junge Idealist stieß, an welchen er sich zerrieb, welche ihn in seine innere Welt zurückwerfen mußten. Sei» eigent- liches Leben fand nur mehr in„dem inneren Schacht seines düsteren Träumens" Platz, er wurde in die Bahn zum Dichter, zum Künstler gezwungen. Selbstverständlich war der Gegensatz zur Well und zu den Menschen seiner Natur ins Blut gegeben, aber in Hamburg erst wurde ihm solche verhängnisvolle Diskrepanz zum bewußten Erleben, die Macht des Hamburger Milieus war es doch erst, die den Künstler Heine in jene eigentümliche Form preßte, wie sie aus dem deutschen Geistesleben nicht wegzudenken ist. Schon seine ersten Lieder aus der Hainburaer Zeit lassen jenes rätselhafte, uiniachahmlich« Fluidum der romantischen Ironie spüren, die hervorquoll aus der Spaltung dieser Menschenseele in ein verwirrtes, leidendes, blutendes Herz und einen spiegelnden, geistreichen Verstand, durch welchen er das Leid der Welt in sich zu überwinden suchte und überwand. Hamburg w-n- die Wiege seiner Leiden geworden, also auch die Wiege seiner Kunst. Nun endlich, 70 Jahre nach seinem Tode, ist Heinrich Heine das erste offizielle D«ntmal in Ha ni bürg gesetzt. Hugo Lederer hat es geformt. Unter freiem Himmel, vor grünen Bäumen, in denen des Sommers feine geliebten Vögel singen, steht das Bild des jungen Dichters. Ein Arm ist über den Leib gelegt, auf den anderen stützt sich der sinnende Kopf. Und auch Altona -Ottensen hat jetzt sein Heine-Denkmal: Das schicksalreiche Steinbild des sitzenden, kranken Dichters aus der Zeit der Pariser Matratzengruft. Dieses Denkmal, 1871 von dem dänischen Bildhauer L. H a s s e l r i i s in Rom geschaffen, wurde, da seine Aufstellung in Deutschland verboten war, von der österreichischen Kaiserin Elisabeth nach ihrem Schloß Achilleion auf Korsu geholt, wurde von hier aber durch Wilhelm II. oertrieben und fand schließlich 1919 im Barkhof zu Hamburg sein« Stätte. Da es hier vor Buben- Händen nicht sicher war, mußte es wieder entfernt werden und lange verborgen bleiben, bis es jetzt in den schönen Anlagen des Elbufers bei Ottensen , nicht weit von den Klopstock -Gräbern, einen neuen, würdigen, hoffentlich endgültigen Platz erhielt.
Ilnbekounie» von Zola. In Pari» wird eine kommentierte ReuauSqab« der sämtlichen Werke Emile Zolas erscheinen, die auch bisher unverösscnt» lichte Schriften bringen fall.