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wung mehrerer Belastungszeugen, die der Angeklagte zur Hauptverhandlung geladen hatte, wurde unter Berufung auf das neue, sehr harte Preßgesetz von dem Grichtshof abgelehnt, was übrigens gesetzwidrig sein soll. Die Verhandlung endete mit der Verurteilung Erzens, weil er schon zweimal vorher zu Geldstrafen verdammt worden war, zu drei Monaten Arrest, mehrere tausend Dinars Strafe und ebensoviel Buße an den Kläger. Dieses Urteil hat die Arbeiter sehr erregt und zu einer antikirchlichen Bewegung geführt, die sich in der Gründung von Freidenkerklubs und Austritten aus der Kirche äußert. Freidenker v e r e i n e bedürfen behörd- licher Bewilligung, darum nur Klubs, für die sich die Behörden lebhaft interessieren.... Die untersteierifchen Genossen haben wenigstens zwei Vertreter im Gautag, eine Anzahl Gemeindevertretungen Sloveniens sind in unserer Hand, besonders in Untersteier- mark mit seiner stark deutschen, industriellen Arbeiterschaft und in Krain  , wo das proletarisch« neben dem klerikalen Genossen- schaftswesen gut entwickelt ist. Auch die Kinderfreunde» bewegung hat dort schon«ingesetzt. Aber weder in Belgrad  noch in Serajewo haben wir jetzt auch nur ein Gemeinderats- mandat inne! Dabei ist Serajewo, die Hauptstadt Bosniens  , mit ihrem schönen Arbeiterheim ein wirklicher Zentralpuntt der serbokroatischen Sozialdemokratie: erscheint doch auch dort die einzige wissenschaftliche Zeitschrift der Partei: ihr Wochen- blatt zeigt lateinische Schrift(slowenisch und kroatisch werden lateinisch geschrieben, das mit dem Kroatischen   ziemlich iden- tische Serbisch in zyrjllischen Buchstaben) und zyrillische unter- einander. Als Altösterreich im Sterben den Krieg mit Serbien   und Montenegro führte, verbot es dierussische"' Schrift: den? sozialdemokratischen Blatt« wurde ihr Gebrauch jedoch wieder erlaubt, nachdem ein Verfahren wegen ,groß- russischer Propaganda" hatte eingestellt werden müssen. Da- für aber hat Bosnien-Herzegowina   heute noch eine große Mehrheit von Analphabeten, wie Montenegro und Maze- donien auch. Es sind wie auf kulturellem und sanitärem Gebiet, so auch in der Berwaltungspraxis noch erhebliche Unterschiede Snfchen den Teilgebieten Südslawiens vorhanden. Während s eigentliche Serbien  , obschon Monarchie ein altdemo- kratisches Land ist die türkische   Fremdherrschaft hatte keinen Standesunterschied bei den Unterworfenen geachtet und ein- heitlich war der Befreiungskampf des Serbenvolks und die Belgrader   Genossen über Verfolgung durch Polizei und Gerichte nicht besonders klagen, hat die Leitung der ein- heitlichen, auch die deutschen Genossen umfassenden Gesamtpartei soeben ein scharfes Manifest gegen den Polizei- terror besonders in den neuen Gebieten verössentlicht. So weist alles den Betrachter aus Mitteleuropa   zum Vergleich mit den Jugendzeiten seiner Heimatpartei die zerstörende Spaltung ebenso wie die ökonomische und kulturelle Rück- ständigkeit. Sie haben es furchtbar schwer, unsere Genossen in Iugoflawien, sie haben aber dafür auch die Begeisterung einer jungen Bewegung!
Die nassen deutschnationalen. .Unentwegt ist und bleibt die Gesinnnng." Aus dem Reichstag erhält die offizielle' deutsch  - nationale Parteikorrespondenz folgende historisch-philosophische Ermunterung:> Es ist leichter den Geist einer Truppe zu halten, wenn sie unauf- haltsam vorwärtsstürmt, als wenn sie im nassen Schützen- graben liegt. Die sachlich« Notwendigkeit aber kann dazu zwingen, auszuharren, und zurzeit eine Entscheidungsschlacht nicht anzu- nehmen. In dieser Lage sind heute die Deutschnatio» n a l e n, auf denen noch immer der 2. November 1218 lastet.
Die jungen Vögel schreien... s Don E. P. H i e s g e n. i Juni. Die jungen Vögel schreien. 1 Aus Bäumen und aus Sträuchern klingt und klimpert es, als wären all die grünverborgenen Vogelnester.Klingelbeutel" voll lebendiger Gold- und Silberstück«. Die Sonn« prägt und ziseliert in Linden und in Buchen Millionen Herzen und Ovale. Die Sonne bügelt wie ein heißes Eisen alle Morgen jedes Blatt. Sie hängt die wunderbarsten.Valencienner" Spitzen über den Kastanienbaum. Die öffentlichen Gärten sind die Zuflucht aller, die nach einem Stück vom Paradiese schmachten. Mütter mit ihren Kindern sitzen hier und alle Invaliden und jung« Arbeitslose. Hier brauchst du keine Dildermappe, willst du von»Käthe Kollwitz  " Bilder sehen. .Raffaels" Engel spielen hier im Sand und.Michelangelos" Sklaven sitzen auf den Bänken neben dir... Und vor mir zappelt ein großer, bronzefarbener Laufkäfer mit halben Beinen und zerbochenen Flügeln. Ein junger Star hat ihn aus seinem Schnabel fallen lassen und schon ist auch die Staremnutter hinterher, schlägt zwei-, dreimal den Käfer auf den Kopf, greift ihn und über mir seh ich das Kerbtier in einem großen, gelben Schnabel verschwinden. Die Jungen schreien lauter, wenn die Sonne steigt. Sie schreien, daß es aus den Gärten auf die Straßen dringt, die sich wie steinern« Kanäle um die Gärten ziehen. Die Fronten der sich gegenüberstehen- den Hotels und Warenhäuser sind wie steile, schroffe Userfelsen, darum die Strömung der Asphallkanäle brandend tobt. Im Licht und Schatten grüner Kuppeln sitzt ein Arbeitsloser neben mir. Er sieht nicht auf aus seiner englischen Grammatik... ein arbeitsloser Zimmermann baut sich«in Sprungbrett noch Amerika  . Ich sehe sein Gesicht er könnte.Lindberghs" Bruder sein. Kühn und kindlich strahlen seine Augen. An einer Grasrispe häll ein Kohlweislingweibchen mit ge- spreizten Flügeln einem vorüberflatternden Männchen seinen weißen Körper hin. Spielend« Sonnenkringel scheuchen das Liebespärchen auf, das liebeetoll über die Goldlackstauden torkelt. Der Arbeitslose sieht die Falter nicht. Er stählt unbeugsam seinen Willen, und wie die Daumstämme sich Ring um Ring verstärken, so stärkt er fein Gehirn zur Tat. Er will zum Unterschied von jenem jungen.Lind- bergh" über ein Meer von Elend setzen, dos tragischer und stürme- voller ist als jeder Ozean. Das Schwalbenvolk, das eben noch wie Pfeil« nach der Sonne schoß, schrillt plötzlich eisern nah« über mir vorbei, als würde ein« Notbrems« gezogen als wollten eiserne Luftdruckbremsen ein nahendes Unglück verhüten. Ein Sperber fällt wie ein Stein in einen Taubenschroarm, stößt nach und trägt sein Opfer auf dos nächste Kirchenkreuz. Dort oben auf den Zinken zerfleischt der Sperber seine Taube schnobelrecht für seine Brut, die irgendwo in einer Luke
In dieser Lage waren dieRömernachderSchlachtbet E a n n ä. Fabius Maximus  . nach der Niederlage der Römer am Trasimenersee zum' Diktator ernannt, hat es wahrlich nicht leicht gehabt, seine Taktik gegenüber den Römern, die ihn als.pflaumen- weich" schalten, durchzusetzen. Diestarten Männer" Minucius und Terentius Darro galten der Volksmenge mehr. Die Geschichte aber hat dem.Zauderer" recht gegeben. Und zweierlei ist auch heut« nötig: einmal, daß wir Deutsch  - nationalen warten können. Kovallerieattacken nützen nicht, wenn drüben die Maschinengewehre in Menge stehen, hätten wir jetzt beim Republltschuhgcseh den Kamps um die Monarchie aufgenommen, wir hätten nur dem monarchischen Gedanken geschadet und ihm in nicht» genützt..Unentwegt' sein ist schön: man kommt aber leicht dabei in die Stellung der französischen   Monarchisten, die nicht vom Lilienbanner weichen wollten. Was sind sie heute? 4 Unentwegt ist und bleibt die G e s i n n u n g. Parlamentarische Kämpfe aber nimmt man nur dann an, wenn man dadurch die Lage bessert und sie nicht verschlechtert. Es ist nicht ganz u n m ö g- l ich. daß die Deutschnattonalen in den letzten Iahren in dieser Richtung nicht immer in den Parlamenten das richtig« getroffen haben. Schweigenwirdavon. Es ist nur nötig, daß die letzten Ziele klar bleiben. Wir tun die häßliche, schwere Pflicht des Alltags, um stark zu bleiben für die Zeit, da unsere Ernte reift. Die edlen Römer der deutschnationalen Partei erfahren damit, daß sie ihre Niederlage von Cannä   hinter sich haben. Aber sie genießen den Trost, daß sich unter dem Diktator Fabius Maximus Westarp   alles wieder zum Besten wenden wird. Einstweilen freilich liegen sie«im Schützen- graben" und haben nasse Hosen. tzinüenburg und Schwarzrotgolö. Authentische Feststellung von Ohrenzeugen. Hamburg  , 3. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Gegenüber den Meldungen bürgerlicher Zeitungen über den Wortlaut der A e u ß e- rung des Reichspräsidenten zum Gauleiter von Schleswig-Holstein   des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold wegen der Reichsfarben wird unserem Hamburger Vertreter auf Nachfrage bei Ohrenzeugen noch einmal auf das Bestimmteste ver> sichert, daß der Reichspräsident sich w ö r t l i ch so geäußert hat: .Wir haben zusammen unter Schwarzweißrot gekämpft, jetzt ist die Reichsfahne fchwarzrotgold und jetzt wollen wir unter diesen Farben für die Einigkeit und den Wiederaufbau und für das große Deutschland   arbeiten." Diese Aeußernug ist sofort niedergeschrieben worden. In keinem F o l l ist«in Satzaber gerade weil Ihr unter den Farben Schwarzweißrot gekämpft habt, dürft Ihr die alten Farben nicht schmähen", in diesem Zusammenhang gefallen. Wenn der Herr Reichspräsident dieses Gespräch in etwas anderer Erinnerung hat, so ist das wohl mit der Unzahl der Eindrücke dieser Tage zu er- klären. « Die Aeußerung Hmdenburgs in der vorliegenden Form ist ehrenwert. Sie entspricht seiner Stellung als Reichs- Präsident, sie entspricht seiner früheren Stellung als General  - feldmarschall im kaiserlichen Deutschland  . Sie enthält ein Bekenntnis zur Gegenwart, ohne die Vergangenheit zu ver- leugnen. Sie ist das Wort eines aufrechten Mannes. Die nachträglichen Deutungsoersuche sind nur geeignet, das klare Bild zu verwischen. Sie schädigen das Ansehen Hindenburgs als Reichspräsident und als Mensch, Indem sie den Anschein erwecken, als bedauere er nachträglich, sich ein- deutig zur Reichsfahne bekannt zu haben. Deutschnationale Taktik mag es fein, sich bei offiziellen Gelegenheiten zu den Farben Schwarzrotgold und zum Gegenwartsstaat zu bekennen, um in der Parteipresse später wieder alles abzuleugnen. Der Reichspräsident sollt« es sich verbitten, daß an feinen Worten gedreht und gedeutelt wird.
hungrig schreit. Der Arbeitslose nickt mir schweigend zu und Hattert   eine Seite um. Ein Mädchen hat sich uns gegenüber hingesetzt. E» breitet«in« Rosenstickerei auf seinem Schoß« aus und stickt... Ich seh in seiner Hand den roten Fad«n, der ttef hinein zum heißen Herz«n geht. Ich sehe Stich um Stich das Leben, das au» s«in«n Augen ruft. Sie glättet bei der Arbeit das Rosenkiss«n auf dem Schoß ich sehe all die Rosenkissen in den Mütterschößen und jehe all die roten Fäden, die in Mutterhänden nie zu Ende gehen. Die jungen Vögel schreien lauter als zuvor. Von ollen Türmen schreit und hämmert die Zeit. Ich seh«, wie die Zeiger sich zur Mittagszeit beschwörend wie zwei Fäuste in die Sonne heben. Dann steigt und schwillt die Strömung in den steiner- nen Kanälen brausend hoch. Lauter al» junge Vögel schreien Zeitungsjungen und eiliger al» aller Vögel Flügelschlag brausen Motor« ihr heißhungrig Lied. Ich sehe nur die Häuserfronten, die wie steil«, schroff« Felsen stehen, fühle mich mit Millionen anderen daran angekettet und höre junge Vögel nach mir schreien...
Galsworthp gibt Noratlehren. Auf die neue Komödie von John Galsworthy .Fenster", die das R e n a i I s a n c e t h e a t e r gestern heraus- gebracht hat, durfte man nach dem nachhaltigen Erfolg seinerGe- jellschaft" gespannt sein. Der erste Akt ist denn auch, obwohl von keiner oorwärtstreibenden Handlung getragen, packend gestaltet und führt in ein interessantes Problem ein. Kitty, eben aus dem Ge- fängnis gekommen, wird von einem wohlhabenden, mildtätigen und weich empfindenden Schriftsteller als Dienstmädchen angenommen, was feine Frau, die mit beiden Beinen mitten im Leben steht, als ein gefährliches Experiment ansieht. Im zweiten Akt beginnt zwischen dem Sohn des Hauses und der hübschen Kitty ein kleiner Flirt, der, wie das m der bürgerlichen Weltordnung so üblich ist. für da» Dienstmädchen verhängnisvoll ausgeht. Es wird von der Frau des Hauses entlassen, womit aber die übrigen Familienmit- glieder durchaus nicht einverstanden sind. Dieser zweite Akt ist ein bißchen breit geraten, aber man hosft aus den dritten, der da» aufgegriffene Problem in origineller Weise lösen wird. Der dritte Akt sst ober noch dünner, noch breiter und noch langweiliger als der zweite. Das mit Verve angefaßt« Problem läßt der Verfasser einfach links liegen. Kitty verläßt freiwillig das Haus, um wahr- scheinlich in kurzer Zeit irgendwo im Rinnstein zu enden. Man sieht, das Stück hat eine Moral. Es will belehren. Da- gegen ist an sich nichts einzuwenden. Seit etlichen Jahrhunderten wird ja das Theater als moralische Anstalt betrachtet. Galsworthy  stellt den in den Wolken schwebenden Idealisten seiner Frau gegen- über, die die Wirklichkeit kennt und daher viel herzloser scheint als ihr Mann. Es wäre nun gewiß interessant zu erfahren, wem von den beiden Galsworthy   recht gibt. Er macht sich die Sache ober höchst einfach. Im letzten Akt trinkt nämlich die Frau des Schrift- stellers eine Flasche Kognak aus, wodurch die geäußerten Lebens-
Got und wirth. Eine Betrachtung ans dem Lager der Bolkspartei. Der parteiamlliche Pressedienst der Deutschen Volkspartei zitiert die Hamburger   Rede des deutschnationalen Reichstagsabgeordneten G o k, in der er von einem Fiasko der sogenannten Locarnopolitit sprach, und bemerkt dazu: Sok ist nicht der einzige D e u t s ch na t i o n a l e, der sich ähnlicher agitatorischer Entgleisungen schuldig macht. Ww würden es deshalb auch für praktisch halten, wenn sich zunächst ein- mal die deutschnationale Parteileitung bei Herrn Gok erkundigt, ob die Berichte der Presse über seine Rede richtig sind. In diesem Falle aber müßt« Herrn Gok deutlich zu verstehen gegeben werden. daß seine Weise, die Koalition zu fördern, die denkbar schlechteste ist. Sachlich hat er nach diesen Berichten ungefähr dasselbe gesagt, was auch Herr Wirth zum Ausdruck brachte, nämlich, daß ihm diese Koalition gestohlen bleiben kann. Die Korrespondenz der Volkspartei nimmt damit Wirth gegen seinen Parteigenossen Reichskanzler Dr. M a r x in Schutz. Sie be- scheinigt dem Bürgerblockkanzler und Vorsitzenden der Zentrums- partei indirekt, daß er gegen die deutschnationalen Nicht- linienrepublikaner bedeutend duldsamer ist als gegev ehr- liche Republikaner und seine Parteifreunde.
Der Unfug der Landesverratsprozesse. Landesverratsverfahrcn und kein Ende. Der Oberreichsanwalt Werner hat gegen dieRote Fahne" ein Landesverratsversahren eingeleitet. Grund: sie hatte aus der..Weltbühne' und demBerliner Tageblatt Teil« der M a h r a u n-Denkschrift nachgedruckt. Aus ähnlichen Gründen ist vor einiger Zeit ein Landesverrats- verfahren gegen unser Parteiblatt in Köln  , dieR h e i n i s ch e Zeitung" eingeleitet worden. Soll dieser Unfug fortgesetzt werden?
Zorn auf einen Aufrechten. Di«Deutsche Tageszeitung" erklärt, worin ihr schwerster Vorwurf gegen Wirth besteht: Einpures" Republikanertum würden wir Herrn Wirth nicht übelnehmen. Jeder nach seiner Ucberzeugung! Aber, daß er darüber hinaus im deutschen Staat nichts anderes gelten läßt, sondern insture m", doktrinärem Republikanertum über der Form den Staat als solchen vergißt, das schafft ein« innere K l u f t. die auch durch die energischsten Ausgleichsoersuche nicht auszufüllen sein wird. Daß es grundsatzfeste Republikaner   gibt, nachdem die Deutschnationalen den monarchischen Grundsatz ver- kaust haben, ist allerdings bitter. Man versteht den Zorn der schwankenden Gestalten auf einen Aufrechten.
Die ernannte Nationalversammlung. Primo schafft sich ei» neues Werkzeug. Paris  , 3. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Nach Meldungen aus Madrid   soll die sogenannt« Nationalversammlung, deren Abgeordnete von der Regierung ernannt werden, am 13. September, dem vierten Jahrestag der Diktatur Primo de Rivera  », zusammentreten. Sie soll aus 302 Abgeordneten b«- stehen. Ihr« Hauptaufgabe wird die Schaffung einer neuen Vcr» fassung und eines neuen Wahlgesetzes sein.
Landgerichlsdirekkor Zürgens sollte nach Pressemeldungen van der preußischen Justizverwaltung an ein Zivilgericht außerhalb Berlins   versetzt und über sein bisheriges Amt in Berlin   anderweitig verfügt worden sein. Beide Nachrichten sind falsch. Die preußische Justizverwaltung hat noch keine Entscheidung darüber gefällt, wie Jürgens weiterdeschästigt wird, sondern ihm zunächst Krankenurlaub erteilt.
auffassungen schwankende Formen annehmen. E« ist auch sehr hübsch, wenn der Autor sein soziales Gefühl offenbart und uns über die schwierige Lage der entlassenen Strafgefangenen orientiert, wenn er die Herzlosigkeit des Strafvollzugs geißelt und den Lebenshunger der Gequälten, die der Freiheit wiedergegeben werden. Daß einen jungen Menschen der Durst nach dem Leben und Erleben packt, nachdem er' zwei Jahr« brutal niedergehalten ist, das begreifen wir schon, wenn es«in- oder zweimal gesagt wird. Galsworthy   über- füttert uns ober mit diesem selbstverständlichen Gedanken. In der Form hat da»Fenster" manches Bestechende. Gals- worthy hat von seinen Landsleuten Oskar Wilde und Bernard Shaw  viel gelernt. Der philosophierende Fensterputzer, der Dater Kittys, ist eine durchaus beshawliche Figur. Der dramatische Aufbau der Komödie ist aber verkehrt, indem die Spannung abnimmt, je weiter sie sich dem Schluß nähert. Am Ende bleibt«in schales und leeres Gefühl zurück, woraus wir sehen, daß wir auf die Vorstellung ver- geblich« Hofsnungen gesetzt haben. Die von Hans Leibelt   ge- leitete Ausführung holte aus der Komödie heraus, was heraus- zuholen ist. Er selbst spielte den fenstei putzenden Philosophen, glaub- Haft und mit blitzenden komischen Lichtern durchsetzt. Roma Bahn  hat da» Format, das die Rolle der Strafgefangenen Kitty erfordert, das Geduckte, Verkniffene, Leichtangefaulte. Sie bringt ihren Lebens- Hunger auch dann zum Ausdruck, wenn sie nichts sagt: Ein Zu- sammenkneifen der Augen, ein plötzlicher Ruck mit Kops und Armen macht die dumpfe Glut deutlich, die sich aus ihr befreien möchte. Ein betuliches Hausfaktotum mit allen Zeichen der Güte gab Eli- s a b e t h N e u m a n n. den Schriftsteller RudolfLettinger, seine Frau Ida Wüst  . Ida Wüst   ist leider überroutiniert. Sie macht aus ihrer Roll«, was ihr paßt. Das paßt aber nicht immer zu der Figur, die sie verkörpern soll. Sie ist nicht vornehm genug, sie spielt Operette, wo Tragik am Platze wäre. __ Ernst D e g n e r.
Schüler-Musik. Vortmgsabende In Massen. Das bringt der Sommer, gleich nach Einschlafen der Musiksaison jährlich mit sich. R o b i t s ch e k vom Klindworth-Konseroatorium führt an mehreren Abenden mit stilvoll zusammengesetzten Programmen die besten seiner singenden und spielenden Zögling« vor. Die Agenten passen auf, daß ihnen kein Talent entgeht. Aehnlich in der Hochschule für Musik. Hier erregt der jugendlich« Schellenberg aus der Klasse R a a tz- Brockmann als Hans Heiling berechtigtes Aufsehen. Hier wer- den Volkslieder im wundervollen Satz und unter Leitung von Sieg­ fried Ochs   doppelt und dreifach verlangt. Hier dirigiert der jung« Karl Mengelberg(neben dem schon routinierten Kurt Teich- mann u. a.). Ein Neffe des berühmten Willem, führt er echtes Kapellmeisterblut in seinen Adern. Ob er gerade das große Gefühl für Bau und Proportionen der Regerschen Mozart-Lariationen hat, das wird nicht ersichtlich. Die Schlußfuge jedoch, präzis und mit Inbrunst schwungvoll und mit glänzender Steigerung interpretiert, verrät den guten, den hoffnungsvollen Musiker, der bei seinem Blick für das wesentlichste der Partitur ein Berufsorchester heute schon gut vorbereiten, und der seinem Willen auch ohne stärkst« Körpergymnastik Resonanz oerschaffen könnte. Die Uraufführung