Seuche ausgewachsen haben. Die Nomen Dies?. Qutbbe, Bullerjahn, Wandt. F e ch e n b a ch rufen Erhme- rungen an schlimmste Justizwillkür wach. Dieses Erinnern tut not, denn wir haben ein verteufelt schlechtes Gedächtnis in unserer schnellebigen Zeit. Die a n t i- semitische Rechtsprechung, die Prozesse um die SchwarzeReichswehr, die Fememordprozesse, die Eingriffe der Justiz in das Streikrecht, alle diese Fälle, die in den letzten Jahren die Justizkrise bis zur Unerträglichkeit gesteigert haben, finden hier knappe Würdigung. Gerade in dieser Häufung zeigen die Justizskan- date aus den ersten acht Jahren der deutschen Republik, daß nicht vereinzelte Fehlsprüche vorliegen. Vielmehr wird beim Lesen dieses Buches deutlich: Unsere Justiz ist krank im inner st en Wesenund sie bedarf der Reform anchauptund Gliedern! Deshalb werden auch prak- tische Maßnahmen für. die Justizresorm vorgeschlagen, die ernsteste Beachtung verdienen. Die Rechtsfindung unserer Richter ist— im besten Falle — unbewußt beeinflußt durch ihre konservative Ueberzeugung von der Unoeränderlichkeit der Wirtschafts-, Gesellschafts- und Rechtsordnung, mit der sie aufgewachsen sind. Aber es gibt viel bösartigere Fälle. Es gibt Richter in Deutschland , denen Rech ts empfinden Gegensatz zu L i n k s empfinden geworden ist. Es gibt Richter— besonders in politischen Prozessen— denen nicht nur die Fähigkeit, sondern der Wille fehlt, ob- jektiv Recht zu sprechen. Roch mehr: Es gibt Richter, die sich bewußt zu Schildknappen antirepublikanischer, nationalistischer und völkischer Bestrebungen machen, die mit voller Absicht die Jchtiz zu einer politischen Kampfwaffe der Reaktion gegen An- Hänger der republikanischen Staatsform erniedrigen. Das Z u ch t h a u s ist in den Händen solcher Richter zur p o l i t i- schen Waffe geworden. Das muß einmal ohne Rück- halt gesagt werden. Die Erfahrungen, die in den ersten acht Jahren der Republik bei den verschiedensten politischen Pro- zessen gemacht wurden, ermächtigen, ja verpflichten zu dieser Feststellung im Namen des Rechts. Das Uebel liegt in der Person vieler Richter selbst und deshalb muß die Reform dort einsetzen, wo Möglichkeiten geschaffen werden können, Richter, die sich gegen den Geist der bestehenden Verfassung verstoßen, Richter, die zweierlei Recht gegen Rechts und Links sprechen, zur Verantwortung zu ziehen. Die Denkschrift der Deutschen Liga für Menschenrechte schlägt dazu eine Reihe von praktischen Maßnahmen vor. Es seien hier nur einige wenige davon schlagwortartig angeführt: O e f f e n t l i ch e Durchführung der Disziplinarverfahren gegen Richter und Erleichterung der Ein- leitung solcher Verfahren. Erfüllung der Forderung des Preußischen Landtags vom Juli 1922: Die Besetzung der obersten Richterstellcn und Personaldezernenten durch Republikaner . Ermöglichung des Einspruchs durch den Justizminister bei der Geschäftsverteilung. Der entschiedenste Kamps gegen die politische Justiz ist ein« unabweisbare Notwendigkeit geworden. Und dieser Kampf muß in aller Oeffentlichkeit geführt werden. Wie uns keine Freiheit wird, für die wir nicht gelitten, so wird uns kein Recht werden, für das wir nicht gekämpft! Wer sich in diesem Kampf abseits stellt, macht sich mitschuldig an all dem namen- losen Unrecht, das tagtäglich geschieht. Der Kampf gegen die politische Justiz muß solange fortgeführt werdeen, b i s Justiz und Gerechtigkeit wieder eine Einheit find!__ Albanien beschwert sich nicht. Die albanische Regierung hat auf Anfrage des Völkerbundssekretariats mitgeteilt, daß ihre Nole vom 6. d. M. über den Zwischenfall mit Südslawien den Mitgliedern des Völkcrbundsrates als Information mitgeteilt werden soll. Vosse nach Paris . Die deutsche Delegation für die deutsch - französischen Handelsvertragsverhandlungen ist unter Führung von Herrn Ministerialdirektor Posse vom Reichswirtschaftsministerium gestern abend zur Fortsetzung der Verhandlungen nach Paris abgereist.
Duplizität öer Zolle. Von Felix Scherret. Immerhin hatte Kolumbus nach der sensationellen Entdeckung?- fahrt sechs Jahre Zeit, über seine plötzlich« Berühmtheit nach- zudenken, ehe sein Konkurrent Vasco da Gama den Seeweg nach Ostindien ernsthaft suchen ging. Der Rhythmus der Zeit war eben behäbig, und jeder Forscher oder Abenteurer hatte die Gewißheit, wenigstens auf einige Zeit der Gesprächsstoff bei den ästhetischen Tees irgendeines kleinen Renaissance-Potentaten zu bleiben, ge- mirrsani mit seltsamen Affen, Hosnarren, Malern oder Plato. Es waren glückliche Zeiten, die Sonne strahlte länger. Es existierte noch nicht der wilde Existenzkampf. Der ungehemmte Ansturm auf den photographischen Apparat, die große Sehnsucht nach der Groß- aufnähme in einer Wochenschau. Die Gegenwart ist unliebenswürdiger, unkollegialer. Kommt einmal ein Mensch auf die nicht gerade alltägliche Idee, durchaus den Nordpol zu entdecken, dann tritt mit mathematischer Gewißheit die Duplizität der Fälle ein, denn ein anderer fühlt plötzlich die dringende Notwendigkeit in sich, ebenfalls den Nordpol sich näher anzusehen. Jeder Cook findet seinen Peary und jeder Amundfen seinen Scott. In diesem Augenblick gibt es keine andere inter - cssante Gegend auf der Erde als nur die, die der andere berühmt machen möchte. Dabei sind etwa das Amazonasgcbict, der austra- lisch Busch oder die Sahara ebenfalls ungemütliche Landstrich«, aber diese verlieren von dem Augenblick an, von dem der Nordpol hoch notiert, jedes Interesse. Es beginnt dann der entschiedene Ansturm auf die Nordpolaktien. Das ist im Grunde unanständig, blasser Konkurrenzneid. Es sieht so aus, als ob den Menschen nichts einfällt und sie nur das nachmachen können, was ein sogenannter Herdenführer ihnen vor- macht. Ein kleines Mädchen hat sich in den Kopf gesetzt, den Kanal zu durchschwimmen, nebenbei eine völlig überflüssige Uebung ohne jeden praktischen Erfolg, also sie durchschwimmt ihn, und die Welt datiert von diesem Tage wieder einmal den Anfang einer neuen Epoche. Amerika empfängt die liebe Kleine mit Ehrenjung- frauen, Präsidenten und allen möglichen Glück- und Segenswünschen. Doch als die Honorare einsetzen sollen, sind bereits eine Menge anderer Leute ebenfalls durch den Kanal geschwommen und haben sich dabei noch anstelliger gezeigt. Die Welt ist in Verlegenheit, wer soll nun gefeiert werden? Und es gibt so viele schöne Kanäle und Meerbusen in der Welt, die nur darauf warten, durch- schwömmen zu werden, doch ausgerechnet der Aermelkanal hat es den Leuten angetan. Und ein junger Mensch fliegt über den Atlantik, führt zum ersten Male aus, was andere vor ihm planten, erreicht die euro - päische Küste noch 36 Stunden. Die Begeisterung diesseits und jenseits des Ozean» kennt keine Grenzen, Man projektiert unwahr«
tzinöenburg»sittlich angefresien�. „Ermattete, hinfällige Geister." Das Gesetz zum Schutz der Republik ist verkündet. Es steht im„Reichsgesetzblatt " Nr. 22 und trägt die Unterschriften: Der Reichspräsident von Hindenburg Der Reichsmini st er des Innern von Keudell Der Reichsmini st er der Justiz H e r g t. Ob dieser Vcrkündung stimmt die„Deutsche Zeitung" einen Klagegesang an. Hindenburg , schreibt sie, hätte das Gesetz,- das dem Kaiser die Rückkehr verbietet, nicht unterschreiben, er hätte lieber eine Volksabstimmung anordnen sollen. Die„Deutsche Zeitung" übersieht geflissentlich, daß sich Hindenburg dadurch in Gegensatz zu seinen deutschnationalen Ministern gestellt hätte, die als Abgeord- nete für das Gesetz gestimmt und ihm seine Unterzeichnung empfohlen haben. Statt sich an die V c r a n t w o r t l i ch e n zu halten, wendet sich die„Deutsche Zeitung" gegen den Reichsprösi- deuten mit folgenden Ausführungen: Worauf es nach unserer Ueberzeugung ankommt, ist einzig und allein, daß ein solches Gesetz nimmermehr durch den Reichspräsidenten von Hindenburg zustande kommen durfte— um der Seele des deutschen Volkes willen! Täuschen wir uns doch darüber nicht: Die politische Verwahrlosung unseres Volkes ist keineswegs im Abnehmen: sie wächst erschreckend an. Solange es sich, wie in den ersten Nachkriegsjahren, hauptsächlich um Verfallserscheinungen in sowieso sittlich angefressenen Be- oölkerungoschichten handelte, brauchte man noch nicht zu verzagen. Jetzt aber hat die Gefahr auf die besten natio- nalen Kreise übergegriffen. Die Gleichgültigkeit und Stumpfheit wird allmählich grauenerregend.„Es lohnt doch nicht mehr", das ist eine stete Redensart. Und diese Auf- fassung hat durch die verhängnisvolle Handlung des Reichs- Präsidenten jetzt eine neue Bestätigung erhalten— für ermattete. hinfällige Geister. Es scheint, daß im„nationalen Lager" heute weniger Mut dazu gehört, mit Hindenburg anzubinden als mit Keudell und H e r g t. Denn wenn alles dos, was die„Deutsche Zeitung" über„Verfalls- erscheinungen" und„sittlich« Angefressenheit" und„politische Ver- wahrlosung" sagt, richtig ist, dann trifft es nicht den Reichspräfi- denten, sondern die verantwortlichen Minister, die zu seiner Deckung da sind oder da sein sollten. Bisher allerdings haben sie nur in aller Stille für das umkämpfte Gescg gestimmt und es durch ihre Unterschriften verschönt, ohne ihr Verfahren auch nur mit einem Wort zu begründen und zu rechtfertigen. Ob sie jetzt zum Schutz des zu Unrecht an ihrer Statt angegriffenen Reichspräsidenten das Wart nehmen werden, muß man abwarten.
Eine jüüische Angelegenheit. Der i?lug Chamberlins und Levines nach Berlin . Den Ozeanflug nach Deutschland kann man aus verschiedenen Gesichtswinkeln betrachten. Nach der„Roten Fahne" ist anzunehmen, daß die beiden Flieger als Agenten der Bourgeoisie und der von ihr gekauften Sozialdemokratie gekommen sind, um die Aufmerksamkeit von dem„Roten Pfingsttresfen" abzulenken. Anders nimmt sich die Sache wieder in der völkischen Presie aus. Nachdem die„Deutsche- Zeitung" schon bemerkt hatte, daß die beiden- Flieger durchaus keine 5)clden im deutschen Edelsinne sind, hat das„Deutsche Tageblatt" die- richtige„Quelle der Begeisterung" entdeckt: Herr Levine(aus dem bekanntlich sehr„berühmt" gewordenen Geschlecht der L e o i n, das ja über allerhöchste Beziehungen in Deutschland verfügt)„managte" die Sache. Wie man sieht, mit dem gewünschten Erfolg, daß einer der„Auserwähl- t e n" als der große Pionier der Welt von der instinktlosen Masse gefeiert wird. Und diesen Levm« hat Kottbus zum Ehrenbürger gemacht, und der deutsche Botschafter in Washington , v. M a l tz a n, hat an Frau Levine ein Dankteiegramm geschickt, weil ihr Mann den
scheinliche Empfangsfreuden, aber ehe er noch Europa verläßt, über- fliegt ein neuer Mann den Atlantik und legt zu dem Rekord noch tausend Kilometer und einen Passagier hinzu. War das erste Ereignis allein von sportlichem Interesse, so beweist Chamberlin die Möglichkeit eines Passagierverkehrs. Sicherlich wird aber der Empfang Lindberghs in New Park jetzt um einige Grade kühler ausfallen. Hie Lindbergh! Hie Ehamberlin! Ein Preisrätsel, wer der größere ist. Ist Lindbergh der Entdecker von Neuland, so sprechen für Chamberlin die Kilometerzahl und der Passagier. Und während Berlin bei Kottbus und New Dork in Begeisterungs- taumel schweben, präpariert sich ein dritter Mann darauf, der Kapitän Byrd, als dritter den Atlantik von New Jork nach Europa zu überqueren. Ist das notwendig? Ist beispielsweise Teneriffa nicht auch ein nettes Land? Muß es durchaus wieder der Atlantik fein? Und ein Flug von Montevideo nach Eapetown dürft« auch seine Reize haben. Warum läßt man Lindbergh und Chamberlin nicht den Ruhm, warum dämpft man eine durchaus verständliche Begeisterung? Nun projektiert ein ganz kühner Mann— ein Japaner—«in« Ueberquerung des Stillen Ozeans im Flugzeug. Und warum soll er das schließlich nicht tun? Und warum soll er nicht gesund in Amerika eintreffen? Bestimmt aber wird eine wilde Pazifichaussee einsetzen. Vergessen ist der Atlantik. Das neue Stichwort ist geprägt, aber auch der Indische Ozean wird bald seine Forderung geltend machen!
Ein cebensverlängerungsinstitut. Der amerikanische National- Ökonom Irving Fisher , der m den Dereinigten Staaten durch seine Untersuchungen über die Möglichkeiten der Lebensverlängeninq po- pulär geworden ist, schildert in einem Interview, wie er auf seinen Gedanken kam, ein Institut für Lebensverlängerung ins Leben zu rufen.„Vor dreißig Iahren," äußerte Fisher,„machte ich plötzlich die Wahrnehmung, daß ich durch falsche Körperhaltung während der Arbeit meiner Gesundheit schwer geschadet hatte. Ich Hab« da- durch sechs meiner besten Jahre verloren. Hätte ich damals mehr Gewicht auf eine richtige Lebensweise gelegt, könnte ich hundert Jahre lang leben und arbeiten. Ich bin auch zur Ueberzeugung ge- kommen, daß meine scheinbar so gesunden Freunde in Wirklichkeit alle krank sind. Jeder Mensch leidet an irgendeiner Krankheit. Aber nur die wenigsten wollen davon sprechen. Die ganze Welt. die schwächlich und kränklich ist, hat mich auf den Gedanken eines Lebensverlängerungsinstituts gebracht. Einige beqeisterte Freunde halfen mir, meine Idee zu verwirklichen. Das Institut hat eine große Anzahl Geistes- und Handarbeiter aller Kategorien unter- sucht. Die Mehr, zahl der Leute war, obwohl sie sich alle durchweg wohl fühlten, nicht gesund. Wenn sich auch keiner von ihnen als arbeitsunfähig betrachtete, waren in Wirklichkeit doch 99 Proz. der Untersuchten, von strenq wissenschaftlichem Standpunkt aus, arbeits- unfähig. Die jungen Leute würden anders leben, wenn sie wüßten, welchen Schaden sie sich durch ihre Lebensweise zuziehen. Ich habe in memer Jugend die heute so populären Regeln der Diät in ollen Dinge« des Daseins nicht befolgt und bin deshalb wsjcntlich
Flug nach Deutschland o?gankstert haN llnh hebd ist doch der ganze Einfall, per Lust nach Deutschland zu kommen. nichts anderes als wieder einmal eine echt jüdische Zudringlichkeit.
HolschewikiunüSozialisiischeInternatjonale Ist eine Einigung uröglich? In der„Leipziger Volkszeitung" veröffentlicht der frühere führende Kommunist, Reichstagsabgeordneter Dr. Ro s e n b e r g, der bekanntlich aus der KPD. ausgetreten ist, einen interessanten Artikel, in dem er die Frage untersucht, ob eine Einigung zwischen der Sozialistischen Arbeiterinternationale und den russischen Bolschewiki möglich ist. Rosenberg beantwortet diese Frage außer- ordentlich optimistisch. Er setzt den Unterschied zwischen dem Alt- kommunismus und dem Neukom munis nius aus- einander, der gegenwärtig gegenüber dem ersten überall das Feld erobert habe. Der Altkommunift glaube, daß wir in einer akut revolutionären Periode leben, während der Neukommunist oder Stalinist genau so wie der Sozialdemokrat eine relativ? Stabilisierung des Kapitalismus anerkenne. Nach neukom- inunistischer Lehre charakterisiere diese Stabilisierung den ganzen jetzigen geschichtlichen Abschnitt. Es gebe also leine„Revolution zu organisieren". Eine politische Bewegung könne aber nicht davon leben daß sie den Arbeitern verspricht, irgendeinmal, vielleicht wenn es gut geht, in zwanzig Jahren, Revolution zu machen. Auch der Gegensatz zwischen Demokratie und Dilta- t u r hat sich nach Rosenberg stark gemildert, da der Neukommu- nismus die Diktatur nur in Uebereinstimmung mit der Mehrheit des Proletariats durchführen wolle. Der Neukommunismus bejahe auch die Frage der Mitarbeit im kapitalistischen Staat praktisch uno positiv, wie die Beteiligung an der Weltwirtfchaftskonferenz beweise. Durch die Schuld der Komintern sei jetzt Ruhland nicht nur von den kapitalistischen Großmächten isoliert, sondern auch van der großen Mehrheit der westeuropäischen Arbeiterschaft und von der nationalen Freiheitsbewegung Asiens . Da ober die Verteidigung der russischen Revolution trotz alledem ein Lebensinteresse des Welt- Proletariats sei, müsse die Frage der Aufnahme der Bolschewiki in die Sozialistische Internationale gestellt werden. Jene müßten dann auf alle, Zellenbauerei" innerhalb der aus- ländischen Arbeiterbewegung verzichten. Auf der anderen Seite dürfte die Sozialistische Internationale keine Tendenzen mehr unter- stützen, die sich gegen die Herrschaft der Bolschewiki in Rußland richten, was«ine veränderte Stellung nicht nur zu den Linkskommunisten, sondern auch zu den Menschewiki bedingen würde. Damit wäre es auch mit der Dritten Internationale zu Ende. Es würden nur bedeutungslose linkskommunistische Splitter übrig bleiben. Dr. Rosenberg meint, den realistischen russischen Staatsmännern sollte dieser Schritt nicht zu schwer fallen, da ja die Komintern heute der schlimmste Passivposten im Konto Sowjetrußland sei. Dazu muh bemerkt werden, daß eine Neigung der führenden Männer Rußlands nach den Ratschlägen Rosenbergs zu handeln, bisher nirgends zu erkennen gewesen ist. Versuche der sozialdemo- kralischen Pres'«, ein besseres Verhältnis zwischen der europäischen Arbeiterbewegung und dem offiziellen Rußland herbeizuführen, haben bisher nie ein anderes Ergebnis gezeitigt, als wütende Schimpfereien der russischen Presse. Die Sozialistische Arbeiter- internationale hat übrigens niemals Tendenzen unterstützt, die sich gegen die Herrschaft der Bolschewiki in Rußland richten— es wäre denn, daß man unter diesen Tendenzen die geistigen S t r ö- münzen verstehen wollte, die sich gegen die Unterdrückung aller demokratischen Freiheiten in Rußland wenden. Vertreter dieser geistigen Strömungen in der Internationale sind vor allein auch die im Exil lebenden Menschewiki, denen die Sozialistische Inter - nationale wohl niemals das Heimatsrecht in ihren Reihen oerweigern wird. So käme es viel weniger auf ein verändertes Verhältnis der Sozialistischen Arbeiterinternationale zu den Menschewiki als vielmehr auf ein verändertes Verhältnis der Bolschewiki zu jenen an. Sicher ist nur soviel, daß Rosenberg ein äußerst interessantes Problem berührt. Die herrschende Partei eines großen Reiches, die sozialistisch, wenn auch nicht zugleich demokratisch sein will,
schivächer, als ich es eigentlich sein dürste. Unser Institut arbeitet unermüdlich an der Popularisierrmg der gesündesten Lebensweise." Leider scheint dieses Institut sich nicht darum zu kümmern, worum die meisten Menschen zu einer ungesunden Lebensweise durch ihre Verhältnisse gezwungen sind. Schachbegobung— ein Sonderlalenk. Das Laboratorium für experimentelle Psychologie an der Moskauer Universität hat anläß- lich des großen Schachturniers, an dem unter anderen Lasker und Capablanca teilnahmen, eine Reihe von psychologischen Experimenten unternommen, um das Verhältnis zwischen Schachbcgabung und Intelligenz festzustellen. Die Intellioenzprüfungcn, die sich auf eine Anzahl von Personen verschiedenster Bildungsgrade erstreckten, haben folgendes Ergebnis gehabt: 1. Das Gedächtnis des Schachspielers unterscheidet sich keineswegs vom Gedächtnis normalbegabter Wen- fchen, außer auf dem Gebiete des Schachspieles. 2. Das rezeptive Vermögen des Schachspielers ist nicht mehr ausgeprägt als das eines Durchschnittsmenschen. 3. Der Umfang der Aufmerksamkeit ist schwächer als bei den Nichtschachspielern, während das Konzentrations- vermögen außerhalb des Schachgebietes nicht besonders entwickelt erscheint. 4. Dagegen hat der Schachspieler eine besondere Fähigkeit, gleichzeitig mehrere Arbeitsprozesse zu erfassen und ihnen zu folgen. Aus diesen vier Punkten geht hervor, daß das Talent zum Schach- spielen eine besondere Veranlagung ist, die keine besondere Intelli- genz auf anderen Gebieten voraussetzt. In Rußland findet man sogar sehr tüchtige Schachspieler, die weder lesen noch schreiben können. Der Leichnam de» Eamemus. Auf Wunsch tschechoslowakischer Kreise sollte das Grob des großen Pädagogen aus dem 17. Jahr- hundert, Amos C o m e n i u s, der tschechischer Abstammung war, in der alten niederländischen Feste Naarden , unweit von Am- st e r d a m, geöffnet und die Leiche nach seinem Heimatlande über- geführt werden. Die irdischen Ueberreste von Comenius werden bei der sogenannten Waisenhauskasern« vermutet, aber die Lage des Grabes steht nicht einmal fest. Das niederländische Begräbnisgesetz erfordert zur Ausgrabung einer Leiche die Zustimmung des Bürger- Meisters der Stadt, in der das Grab liegt, und der Bürgermeister von Naarden Hot zur großen Enttäuschung der Antragsteller seine Genehmigung zur Ausgrabung oerweigert, so daß der Leichnam des Comemus in Holland bleiben wird. Uns erscheint es als eine unglaubliche Barbarei, daß man die vermorschten Knochen eines vor Jahrhunderten verstorbenen Menschen dafür zu benötigen glaubt, um der Verehrung, für den großen Sohn eines Volkes Aus- druck zu geben.__
Ein« veelhanen-Ausskellua« findet, urzeit in der Londoner M u. s i k b o ch s ch u I e statt. Sie vereinigt Handschristen, Bildnisse, eine Locke des Künstlers, alte Theaterzettel und andere Dokumente aus englischem Besitz. Sebr bezeichnend ist cS, daß auf einem Theaterzettel die erbe Londoner Auflührnng des. F i d e I i o" zusammen mit einer Posse.Taub wie ein Stock' und einem Melodrama.Ter Alpenjäger' angekündigt i>t. Slalistenft- elk In Me«. Bei der Probe zum Reinhard-Gastsvic!„Ta? Mirakel" im Zirkus Renz-Gebäude in Wien brach plötzlich ein Streik der Statisten aus. Sie forderten sofortige Hcraufsetzung der Löhne von tS aus 30 Schillinge. Erst nach Bewilligung der Forderung nähme» die Statisten ihre Tätigkeit wieder auf.