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Nr. 270 44. Jahrgang
2. Beilage ües vorwärts
Zreitag, 10. Juni 1927
Kampf gegen den Kartoffelzoll. Worum es geht. Das Urteil eines Fachmanns.
Nnr einen Kartoffelzoll von 2 Mark will das Schweragrariertum. Und der Reichslandbund, der die Sache der Schweragrarier vertritt, will mitsamt dem ErnShrungs- minister für die Landwirtschaft damit den Eindruck erwecken, als ob das ein höchst bescheidener Wunsch wäre. Diese L e- gende muß zerstört werden. Das ganze Volt muß zum Kampfe aufgerufen werden gegen einen Anschlag, der um so ge- fährlicher ist, als das Ausmaß seiner Gefährlichkeit durch den Schein verborgen wird, daß es sich janur um die Kartoffeln" handelt. Zunächst soll ein unabhängiger Fachmann sagen, worum es geht! Der überwiegende Teil der Landwirte hat an dem Verkauf von Kartoffeln kein oder nur ein sehr geringes In- teresfe. Besonders braucht der fast rein bäuerliche W est e n sowohl für die Ernährung seiner zahlreichen Bevölkerung als auch für Futterzwecke alljährlich große Zuschüsse aus' dem Osten. Man kann in dieser chinsicht sogar von einer gewissen Arbeitsteilung zwischen den beiden Reichshälften sprechen. Schon aus diesem Zu- sammenhang ergibt sich, daß jede Verteuerung der Kartoffeln in der Hauptsache dem vorwiegend auf reine Rohproduktion eingestellten O st e n zugute kommt und eine entsprechende Belastung des Westens zur Folge haben muß. Diese Feststellung ist deshalb wichtig, weil sie unzweideutig zeigt, daß der vom Reichslandbunde geforderte Ein- fuhrzoll von 2 Mark je Doppelzentner als Mindestsatz auf eine starke Begünstigung der östlichenLandwirtschaft, sowett für sie der Kartoffelverkauf eine wesentliche Bedeutung er- langt hat. hinausläuft. Sine falsche Behauptung. Der Reichslandbund begründet feine Forderung mit der Le- Häuptling, daß die deutsche Landwirtschaft trotz der schlechten Ernte des letzten Jahres in der Lage gewesen sei, das deutsche   Volk ohne nennenswerte Hilfe des Auslandes mit Kartoffeln zu versorgen. Die gegenüber dem Vorjahre um 60 bis 100 Proz. höheren Kleinhandels- preise für S p e i s e w a r«, die starken Einschränkungen der be- fonders an der Schweinehaltung interessierten Teile der Landwirt- schaff in der Verwendung der Kartoffeln für F u t t e r z w e ck e, die im letzten Frühjahr durch die hohen Preisforderungen der Saat- gutzüchter von vielen Landwirten erzwungen« Aussortierung von Pflanzgut aus den Feld- und Speisekartoffeln für die Feldbestellung, und die Sttllegung«iner� großen Zahl von Betrieben der kartoffelverarbeitenden Industrien infolge de» un- leugbaren Rohstoffmangels und der unerschwinglichen Preise be- weisen im Verein mit der nicht unbedeutenden Einsuhr aus Holland  , Belgien   und einigen anderen Ländern das direkte Gegenteil. Die Kartoffeloersorgung war in diesem Jahre derart knapp, daß man fast an die Zeiten der Kriegswirtschaft erinnert wurde. Es ist also eine Uebertreibung und eine glatte Unwahrheit, wenn behauptet wird, die Kartoffelversorgung durch die deutsche Landwirtschaft sei im letzten Jahre trotz der schlechten Ernte aus- reichend gewesen. 120 Mill. Mark Belastung für die Verbraucher. Was würde nun die Folge sein, wenn«» wirklich geläng«, seinen 2-Mark-Zoll durchzudrücken? Der Zweck des ganzen Vor- gehens ist doch, die Preise des Inlandes um den Be- trag des Zolles zu steigern. Der Erzeugerpreis von beispielsweise 4 Mark je Zentner würde also auf 5 Mark oder um 25 Proz. erhöht werden. Von den reithlich 120 Millionen Zentnern Speisekartoffeln, die für die Ernährung der Bevölkerung erforderlich sind, werden mindestens 80 Millionen Zenwer durch Vermittlung des Handels den Verbrauchern zugefiihtt. Reben dem Verlader im Erzeugergebiet wollen der Empfänger in der Stadt und der Kleinhändler an der Kartoffel verdienen. Hierzu kommen die oft recht erheblichen Kosten für den Bahnttansport, die Sachverständigengebühren für die Begutachtung, die bei fast jeder Sendung entstehenden Verluste durch Gewichtsminderung, Fäulnis usw. und die sonstigen Steuern und Abgaben, so daß sich oft eine Verteuerung von 100 Proz. ergibt, bevor die Ware in die Hände des letzten Verbrauchers gelangt. Auch dieser Zuschlag wird bei der Erhöhung der Grundpreise, nach denen die Aufschläge erfolgen, ver- größert. Und rechnet man nur eine Neubelastung durch Zoll und Handelskette von 1% Pfennig pro Pfund, so ergibt sich eine durch den Zoll verursachte Mehrausgabe der Ver- braucher von mindestens 120 Millionen Mark. Man muß sich nur darüber wundern, daß es heute noch Menschen gibt, die eine solche Mehrbelastung des deutschen   Volkes öffentlich zu befürworten wagen. Und weitere 125 Millionen für die Viehzüchter. Aber damit nicht genug. Der größte Teil der Kartoffeln man nimmt in Fachkreisen an, daß es mehr als die Hälfte sind wird verfüttert, und zwar fast ausschließlich an Schwein«. Alljährlich gehen große Mengen Futterkartoffeln aus den östtichen Erzeugergebieken in die Viehzuchtdistrikte. Rechnet man hierfür nur 5 Millionen Tonnen, und rechnet man für die Verteuerung durch den Zoll und seine Auswirkungen für jede Tonne einen Mehrpreis von 25 Mark, so ergibt sich eine weitere Belastung um rund 125 Millionen Mark. Sie wird eingeholt durch erhöhte Preise für Schweinefleisch, die wiederum die Verbraucher zahlen müssen. Die Züchter und Mäster haben hiervon keinen
Gewinn: sie werden im Gegenteil durch den auf diese Weise er- zwungenen Rückgang im Konsum noch geschädigt. Die Oualilätsverbesserung zu Ende. Und wie steht es nun in qualitativer Hinsicht mit der Versorgung? In Normaljahren reicht die Kartoffelernte, rein mengenmäßig betrachtet, im allgemeinen zur Befriedigung der Be- dürfnisse unserer Wirtschaft aus, obwohl bei einer Steigerung der Viehhaltung oder einer wesentlich vermehrten Verfütte'rung von Kartoffelstöcken statt der ausländischen Kraftfuttermittel für unseren Bedarf erheblich größere Mengen erforderlich sind. Man pflegt besonders in den hinter der Kartoffelbaugesellschaft stehenden Kreisen gern mit der Behauptung zu operieren, daß Deutschland   der größte Kartoffelproduzent der Welt sei, dabei aber geflissentlich zu vergessen, daß es zugleich auch den größten Kartoffeloerbrauch der Welt aufweist und der Absatz sogar noch wesentlich gesteigett werden kann. Der Bedarf an Speisekartoffeln kann freilich, rein mengen- mäßig betrachtet, ohne Schwierigkeiten aus der heimischen Pro- duktion befriedigt werden. Aber in qualitattver Hinsicht bleibt noch sehr viel zu wünschen übrig. Wenn für dos Jahr 1926/26 ein angesehener Fachmann festgestellt hat, daß mehr als SO Proz. der für Speisezwecke gelieferten Kartoffeln als Fulterware angesprochen werden müssen, dann ist es jedenfalls nicht über- trieben, wenn man behauptet, daß auch heute noch mehr als die Hälfte der auf den Markt gebrachten Speisekartoffeln bei kritischer Beurteilung als für die unmittelbare menschliche Ernährung un- geeignet ausgeschieden werden müssen. Jedenfalls steht fest, daß die Beschaffenheit der für Speisezwecke angebotenen und gelieferten Kattoffeln, besonders soweit sie aus dem Osten stammen, im allge- meinen sehr zu wünschen übrig läßt. Weder in Sötte, Farbe, Aus- sehen und Geschmack noch in der Sortierung entsprechen sie den gestellten Anforderungen. Es ist daher auch kein Wunder, daß die Kattoffelsendungen aus dem Osten so häufig der Beanstandung, der Preisminderung oder gor der Annahmeverweigerung oerfallen und sich aus den Liefergeschäften so zahlreiche Differenzen zwischen Ver- lader und Empfänger ergeben. Zu denken gibt auch die Tatsache, daß alljährlich ein starker Mangel an guten gelbfleischigen Speisekattoffeln auftritt. Obwohl es allgemein bekannt ist, daß be- sonders die Bevölkerung des Westens die mehligeren weißen und roten Sorten im allgemeinen ablehnt und die Nachfrage nach gelb- fleischiger Ware mit jedem Jahre wächst, hat die Landwirtschast es bisher nicht verstanden, sich in ihrer Produktion diesen Verhält­nissen anzupassen. Diese Rückständigteil haben die Holländer in Nuger Weise au». zunutzen verstanden. Durch Lieferung gut sortterter gelbfleischiger Sorten, besonders des Indufttietyps, haben sie nach und nach den we st deutschen  Markt erobert. Darüber ist man in den ostdeutschen Erzeuger- gebieten natürlich e r b o st, und um die Holländer von der Be- lieferung Westdeutschlands auszuschließen, und sich eine gewisse Monopolstellung zu verschaffen, die«ine weitgehende Preis- diktatur ermöglicht, will man den hohen Schutzzoll einführen. Die Folge wäre, natürlich,, daß daim. der Markt wieder mit minder- wettiger Ware, die in den Schweinetrog tznd nicht auf den Mittags- tisch gehört, überschwemmt würde. Da weite Kreise der Bevölkerung den Bortell einer guten Speisekartoffel erkannt haben, und gegebenen- falls auch bereit sind, für sie einen höheren Preis anzulegen, so dürfte sich die Annahme, die holländische Kartoffel vom westdeutschen Markt vollständig auszuschalten, aller Voraussicht noch so lange als ein Irrtum erweisen, als man sich nicht selbst zur Lieferung von Qualitätsware entschließt. Eine Prämie für die Großagrarier. Die Landwirtschaft des Westens hat, von einigen Ausnahmen abgesehen, an der Einführung eines Kartoffelfchutzzolles entweder kein Interesse, oder sie wird durch ihn in der schwersten Weise geschädigt, weil sie sich mehr auf die Veredlung der Bodenerzeugnisse durch ihre ausgedehnte Viehhaltung zu höher- wertigen Produkten umgestellt hat. Der menschenarme Osten dagegen beschränkt sich in der Hauptsach« aus die Gewinnung von Roh- Produkten für den unmittelbaren Verkauf. Hier erzeugt die Land- Wirtschaft nach einer Aeußerung von Professor Beckmann- Bonn auf der gleichen Fläche nur ein Achtel bis«in Zehntel des Ertrages, der im Ruhrgebiet   aus ihr herausgewirtschaftet wird. Statt des notwendigenKopfdüngers", der für viele Landwirte des Ostens dringend angezeigt erscheint und sie zur stärkeren Anspannung ihrer Kräfte antreibt, verlangt man vom Staate eine Rente, damit die Herren leben können. Ist es bei solcher Rückständigkeit in der Betriebsführung ein Wunder, wenn, wie vor einiger Zeit ein Führer des Reichslandbundes festgestellt hat, im Osten fast jedes dritte Gut verkäuflich ist? Gerade diese Verhältnisse beweisen die unbedingte Notwendigkeit einer großzügigen Sied- l u n g. Das will allerdings auch der Reichslandbund, aber m i t Hilfe des Kartoffelzolls. Der Bauer braucht keinen Kartoffelzoll. Er braucht aber billige Futtermittel, also auch billige Kartoffeln oder Kartoffel­erzeugnisse, damit er aus seiner Viehwirtschaft möglichst viel herausholen kann. Der Kartaffelzoll ist also ein Unfug und eine Zumutung, gegen die in diesen Wochen in schärfster Form Protest erhoben werden muß, damit er restlos zu Fall gebracht wird.
Jubiläumstagung üer Raiffeifenbewegung. Die Deutsche Raiffeisenbank A.-G. saniert. Auf der Iubiläumstayung des Generalverbandes der deutschen  Raisfeisengenossenschaften in Köln   zum 50jährigen Bestehen des Verbandes, dessen volkswirtschaftliche Bedeutung wir kürzlich ein- gehender gewürdigt haben, standen zwei Dinge im Mittelpunkt der Verhandlungen. Einmal das Schicksal der Deutschen Raiffeisenbank A.-G., Berlin  , die bekanntlich durch falsche Dispositionen ihrer früheren Geschäftslettung sehr große Verluste erlitten hat und nur durch das Eingreifen der preußischen Zentralgenossenschastskasse mit einem Sanierungskredit von 40 Millionen und durch die Solidar- bürgschaft der Rltisfeisengenossenschaften für diesen Kredit gerettet werden konnte. Zum anderen die Person des Begründers der Raiff- eisenbewegung. Friedrich Wilhelm Raiffeisen  . Der Generaldirektor der Raiffeisenbank, Freiherr o. Braun, hob hervor, daß die Deutsche   Raiffeisenbank wieder festen Boden unter den Füßen habe, und wenn es noch jahrelanger Arbeit bedürfe. bis die Gesamtverluste getilgt seien, so sei doch die Sanierung der Raiffeisenbank als gelungen anzusehen. Es habe sich herausgestellt. daß die Sicherheiten für die zweifelhaften Geschäfte im einzelnen doch wettvoller gewesen seien als man erwartet habe. Allerding» fei mit der Sanierung ein jtarter Abbau von Filialen und
Ange st eilten erforderlich gewesen. Während im Februar 1926 neben dreizehn Filialen noch 44 Geschäftsstellen bestanden, sei die Zahl der Geschäftsstellen im Februar 1927 auf 23 gesunken. Die Zahl der A n g e st e l l t e n habe von 802 aus 550 verringert werden müssen. Dem vom Bankdirektor Wiglow gegebenen Bericht ist zu entnehmen, daß ein prinzipieller Abbau und Umbau die Bank vor großen Schädigungen bewahrt hat. Der Umsatz hat sich wohl für Ende 1926 gegenüber 1925 von 6,888 Milliarden Mark auf 6,701 Milliarden Mark gesenkt und die Bilanzsumme von 252 Millionen Mark auf 235 Millionen Mark. Dagegen konnten die General- Unkosten von 7,458 Millionen aus 4,585 Millionen Mark herunter- gedrückt werden. So schließt das letzte Geschäftsjahr bei höheren Abschreibungen mit einem Vruttoüberschuß von 400 000 Mark und einem Reingewinn von 53 000 Mark ab, während die Bank noch im Jahre 1925 einen buchmäßigen Verlust von 1,7 Millionen Mark auf- weisen mußte. Der zweite Tag der Verhandlungen war ganz dem Jubiläum gewidmet, und es ist begreiflich, daß die Arbett Raiffeisen» beHerr- schend im Mittelpunkte stand. Man möchte aber fast bedauern, daß der Mensch Raisseisen mehr gefeiert wurde als der volks- wirtschaftliche Organisator, der dem deutschen   Bauern- tum zweifellos als solcher den größten Dienst geleistet hat. Daß sittllche Ideale der Bauernjchaft allein mäht helfen können, ift hatte
deutticher als je. Sind es doch gerade die ärgsten Feinde der in der Raiffeisenorganisatton vereinigten Klein- und Mittelbauern, die Großagrarier und der Reichslandbund, die durch den irreführenden Borspann sittlicher Ideale gegen das Interesse der Bauernschaft ihre materiellen Sonderziele verfolgen. Gerade die Kühle des praktischen Denkens ihres Begründers Raiffeisen hat die Roiffeisenbewegung zu dem werden lassen, was sie heute ist. vor einer tVenüung in üerReichsbankpolitik! Der Zentralausschuß einberufen. Der Zentrolausschuß der Reichsbank ist für Freitag, den 10. Juni, 12 Uhr mittags, zu einer Sitzung«inberufen Wörden. In den interessierten Kreisen wird diese Einberufung mit Recht einen Alarm bedeuten. Nach der außerordentlich starken Anspannung der Reichs- bank zum Ende Mai ist kaum zu erwatten, daß der erste Monats- ausweis der Reichsbank eine fühlbare Entlastung gebracht hat. Die Oeffentlichkeit wird also wichtig« Entscheidungen erwarten dürfen. Im Zusammenhang mit der Lag« auf dem Geldmarkt ist auch die Mitteilung von Bedeutung, daß eine Berliner   Bankfirma in Zahlungsschwierigkeiten gekommen ist. Es handelt sich um das Bankgeschäft Ulrich, Wolssohn u. Co., Berlin  . Auch dieser erste Bankkrach seit dem schwarzen Freitag wird seine alarmierende Wirkung nicht verfehlen. Der Hüterverkehr öer Reichsbahn. In der Woche zum 28. Mai ist der Güterverkehr der Reichsbahn nicht unerheblich gestiegen. Die arbeitstägliche Wagengestellung ist gegen die Vorwoche von 150 600 auf 158 500 Wagen erhöht.
Tabellarische Woche
Uebersicht seit März. wöchentlich
27.. 2.- 6. 3- 13. 3.- 20. 3.- 27. 3.- 3. 4.- 10. 4.- 17. 4.- 24. 4.- 1. 5.- 8. 5.- 15. 5.- 22. 5.-
5. 3. 12. 3. -19. 3. -26. 3. - 2. 4. - 9, 4. -16. 4. -23. 4. -80. 4. 7. 5. 14. 5. -21. 5. -28. 5.
1927 835,0 867,1 868,7 874,7 873,0 858,2 725,6 722,0 892,6 890,0 901,8 903,7 792,3
1926 685,7 689,9 702,9 719,0 594,0 594,5 734,2 728,2 709,4 741,8 656,2 756,2 630,7
<Jn 1000 Stück) durchschnittlich Pro Arbeiislng
1927 139,2 144,5 144,8 145,8 145,5 143,0 145,1 144,4 148,8 148,3 150,3 150,6 158,5
1926 114,3 115,0 117,1 119,8 118,8 118,9 122,4 121,4 118,2 123,6 131,2 126,0 126,1
Nachdem schon vor einiger Zeit die Wogengestellungszisfer der r Lorkrieg szett überschritten worden ist, ist der heute erreichte Stand ein beachtlicher Rekord. Die Durchschnittsziffer für den Monat Mai dürste nach dieser Entwicklung einen Stand erreichen, der hinter der seit 1924 im Herbst 1926 erreichten Höchstziffer nicht weit zurückbleibt. Eine neue Reichsgarantie? Wie dasBerliner Tageblatt" mit aller Bestimmtheit glaubt feststellen zu dürfen, hat die deutsche Regie- rung aus dem 100-Millionen-Dispositionsfonds des Reichswirt« schaftsministeriums, der zur Garantierung großer Auslandsaufträge dienen soll, eine Garantie in Höhe von 30 Millionen Mark für den auch von uns gemeldeten Bauauftrag der Julius- B e r g e r° Ti e f b au- A.- G. in der Türkei   übernommen. Der Auftrag lautet auf rund 60 Millionen Mark. Von anderer Stelle wird behauptet, daß das Reich sogar eine lOOproZentige Garantie übernommen habe. Der Nachdruck, mit dem das Reichswirtschaftsministerium durch Reichsgarantien den Export zu fördern bestrebt ist, ist bekannt. Die Oeffentlichkeit muß aber ver« langen, daß ihr über diese neueste und sehr beträchtliche Garantie- Übernahme für das Geschäft einer einzelnen Firma baldigste und ausführlichste Auskunft gegeben wird.- Franksurl gegen die Ferngaspläne der Ruhr. Die Kohlenselder- kaufe der Städte Frankfurt   und Köln   hahen bekanntlich die helle Empörung der Ruhrzechenherren ausgelöst und auch in der Oefsent- lichkeit vielfach nicht das Verständnis gefunden, das sie v e r- dienen. Der Magistrat der Stadt Frankfurt hat jetzt der«taöt- verordnetenoersammlung eine Denkschrift vorgelegt, die mit erfreulicher Deutlichkeit alle die Gründe unterstreicht, mit denen wir die Kohlenfelderkäufe verteidigt haben. Nach dieser Denkschrift liegt die große Gefahr für die Städte und ihre Gaswerke darin, daß die Kohleverwertungs-A.-G. das von ihr erstrebte Ziel auf dem Wege über die ihr zur Verfügung stehende Wirtschaft- l i ch e Macht zu erreichen suche, nachdem die Ueberzeugungskraft ihrer wirtschaftlichen Darlegungen sich nicht als durchschlagend er- wiesen habe. Diese Gefahr drohe nicht nur augenblicklich, sondern sei eine dauernde. Die Stadt Frankfurt   sei stets der Ueber- zeugung gewesen, daß in dem Augenblick, wo die zusammengefaßte Macht des Kohlenbergbaues Einstuß auf einen wesentlichen Teil der kommunalen Versorgungsbetriebe gewinnen würde, dieser Ein- fluß so stark werden müsse, daß eine wirkliche Abwehr- Möglichkeit für die Konsumenten gegenüber den monopolistischen Tendenzen und in der Frage der Preisbildung nicht mehr bestehe. Auch diese Denkschrift oerweist mit Recht auf den von uns oeröffent- lichten Revers, der«ine Brenn st offsperre für unabhängige Gaserzeuger vorgesehen hat, die ober noch den Erklärungen der Kohleverwertungs-A.-G. heute nicht mehr besteht Es ist im übrigen bekannt, daß die Kohleverwertungs-A.-G. ihre Ferngaspläne u m g e st e l l t hat und den Gas beziehenden Städten auch einen Einfluß auf die gasproduzierende Zentralgesellschaft gewähren will. Für diese neue Wendung im Ferngasproblem wird die am 16. und 17. Juni in Kassel   stattfindende Tagung des Deutschen   Ver- eins von Gas- und Wasserfachmännern von erheblicher Bedeutung sein, aus der über den Stand der Ferngasversorgungs- frage der Gaswerksdirektor Müller aus Hamburg   referieren wird. Man darf gespannt darauf sein, ob die schon seit Monaten ver- sprachen« Denkschrift der Kohleverwertungs-A.-G. auf dieferfachmännischen Tagung endlich zur Dis- k u s s i on stehen kann. Günstiger Sohlenabsah auch im Mai. Wie aus Essen gemeldet wird, haben die Absatzzahlen des Kohlensyndikats im Monat Mai sich sehr günstig entwickelt. Es muß Überraschen, daß gegen April noch eine sehr erhebliche Steigerung des Ab- satzes erfolgt ist. Gegenüber 246 000 Tonnen im April ist der arbeits- tägliche Gesamtumsatz im Mai auf 265 000 Tonnen gestiegen, also um fast 8 Proz. Dabei fällt der größere Anteil an der Steigerung noch auf das bestrittene Gebiet, das eine Erhöhung des arbeits- täglichen Absatzes von 107 000 auf 118 000 Tonnen verzeichnet, wahrend der Absatz im unbestrittenen Gebiet nur von 139 000 auf 147 000 Tonnen gestiegen ist. Der Kampf um die Kohlenpreiserhöhung wurde von den Zechen auch mit der Begründung geführt, daß Man der ausländischen Konkurrenz im bestrittenen Gebiet Herr werden müsse. Daß die Absatzvermehrung im Mai haupffächlich aber gerade im bestrittenen Gebiet erfolgte, zeigt zum mindesten, daß von einer zunehmenden Konkurrenzunfähigkeit der deutschen   Zechen nicht die Rede sein kann. Das Volkseinkommen in den Vereinigken Staalen hat nach den Feststellungen der internationalen IndustKetonferenz im Jahre 1926 einen neuen Rekord er-eicht. Es ist von 77,3 auf 78,7 Mil­liarden Dollar, über 310 Milliarden Mark gestiegen, nachdem im Loch« 1924 die noch auf JOB Milliarden Dollar lautete,