Nr. 275+44. Jahrgang
Beilage des Vorwärts
In legter Stunde mußte der Flug Chamberlins und Levines nach München und Wien verschoben werden. Bei der gründlichen Ueberprüfung des Flugzeugs ist festgestellt worden, daß eine Reparatur an zwei Zylindern des Motors der„ Columbia" unbedingt erforderlich war, weil diese durch den Ozeanflug überanstrengt waren. Zudem war die Wetterlage so schlecht, daß schon dadurch der Erfolg des Fluges in Zweifel gestellt war. So fand sich auf dem Flugplatz Tempelhof Sonntag früh nur eine fleine Gemeinde ein, die unentwegt auf unsere beiden amerikanischen Gäste wartete, da plötzlich das Gerücht verbreitet war, Chamberlin und Levine würden auf einem Flugzeug der Deutschen Lufthansa ihren Flug antreten. Dies bewahrheitete sich aber nicht, und um die zehnte Morgenstunde leerte sich der Flugplatz.
Die Reparaturarbeiten an der Zylinderanlage des historischen Flugzeuges werden fortgesetzt. Spätestens in zwei Tagen soll alles in Ordnung sein. Amüsant war die veränderte Bemalung der „ Columbia": Statt der alten inneramerikanischen Aufschrift las man
jezt: New York - Berlin - koffbus.
Die Flieger haben sich gestern nach Baden- Baden begeben, da sie nach den Anstrengungen des Dzeanfluges und den unaufhörlichen Berliner Feierlichkeiten dringend einer Ausspannung bedürfen. Entgegen anders laufenden Meldungen ist es sicher, daß die beiden Amerikaner doch nach Wien fliegen werden. Nach den bisherigen Dispositionen werden sie am Sonnabend morgen in Tempelhof starten und nach München fliegen. Dort dürfte übernachtet werden, so daß die Ankunft in Wien für Sonntag mittag zu erwarten ist.
Dauergärten eine Lebensfrage Berlins .
Kleingärtner- Demonstration im Luftgarten.
Ueber eine halbe Million Berliner Kleingärtner kämpfen um ihre Scholle! Mit unendlich viel Liebe und Mühe haben sie sich in langen Jahren ihr kleines Stückchen Land bebaut, mit ihren geringen Mitteln notdürftig das geschaffen, was zum Lebensunterhalt dringend notwendig ist. Eines schönen Tages will man sie dann einfach wegjagen, all das mühsam Geschaffene vernichten, um irgendeinem Sport- und Spielplatz Raum zu geben.
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Der Provinzialverband Groß- Berlin im Reichsverband der Kleingartenvereine hatte seine Mitglieder zu einer Protest tundgebung nach dem Lustgarten aufgerufen. Troß des schlechten Wetters hatte sich die ungeheure Masse all dieser um ihre Kleingärten Besorgten ungefähr 20 000 an der Zahl eingefunden. Aus allen Stadtteilen famen die Züge und auf den mitgeführten Schildern waren ihre Forderungen zu lesen. Die Versammlungsredner führten aus, daß in Berlin ungefähr 13 000 Kleingärten bestehen, die 546 000 Menschen Heimat und gleich zeitig Erholung gewährten, wofür die Stadt eine jährliche Bacht von 144 Millionen Mark erhält. In Berlin gebe es noch über 10 Millionen Quadratmeter unbebauter Wohnflächen, gar nicht zu reden von den zahlreichen Baulücken in den einzelnen Vororten. Wenn man jezi 1400 Kilometer neue Straßen anlegt, unzählige Sport- und Spielpläge schafft und aus diesem Grunde die Kleingärtner aus ihrem Befiz vertreibt, würde sich dies große Unrecht dadurch rächen, daß man fünftig mehr Geld für Krankenhäuser und andere Heilanstalten werde aufbringen müssen. Die Frage der Dauergärten sei vom voltsgesundheitlichen Standpunkt eine Lebensfrage Berlins .
In einer Resolution wurde der Magiftrat Berlin aufgefordert, das Ortsgefeg über die Heimstättengebiete baldigst zu verabschieden und genügend städtisches Land für Kleingärten zur Verfügung zu stelln. Es müsse Klarheit über die Zukunft der Kleingärten geschaffen werden.
Auf dem Bürgersteig totgefahren.
Wieder in der Oranienstraße..
Montag, 13. Juni 1927
Zusammenschluß der Eheberatungsstellen.
Ein wichtiger Schritt zu ihrer Weiterentwicklung.
Die Eheberatungsstellen haben sich in furzer Zeit rasch gemehrt. Schon fann an einen Zusammenschluß deutscher Cheberatungsstellen gedacht werden, der die Möglichkeit eines gegenseitigen Austausches von Erfahrungen schaffen soll. Berlin übernimmt dabei die Führung. Leiter deutscher Eheberatungsstellen und andere auf diesem Gebiet arbeitende Persönlichkeiten waren im Hauptgeſundheitsamt der Stadt Berlin am Sonntag zusammengekommen, um die Frage einer zusammenfassenden Bereinigung zu erörtern. Vertreter von Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden nahmen an der Tagung teil.
Der Berliner Stadtmedizinalrat Prof. Dr. v. Drigalski , Vorfizender des vorbereitenden Ausschusses, leitete die Besprechung ein mit einem Rückblick auf die erfreuliche Entwicklung der Eheberatungsstellen in Deutschland . Eine angenehme leberraschung sei gewesen, daß auch der preußische Wohlfahrtsminister sich den Förderern anschloß und in einem Erlaß die Eheberatungsstellen empfahl. Von dem Berliner Stadtarzt Dr. Korach( Prenz lauer Berg ), der als erster in Berlin auf Einrichtung einer fommurialen Eheberatungsstelle gedrängt habe, sei auch die Anregung zu dem jezt geplanten 3usammenschluß ausgegangen. Prof. v. Drigalski betonte, daß man den bisherigen leichtfertigen Anschauungen über die Fortpflanzung des Menschen ein Ende Anschauungen über die Fortpflanzung des Menschen ein Ende machen müsse. Die Erfahrungen mit der Eheberatungsstelle in Berlin- Prenzlauer Berg haben bewiesen, wie erfolgreich das Verantwortungsgefühl der Heiratenden und Ver= heirateten geweckt werden kann. Welchen Schaden z. B. Geschlechtskrankheiten der Eltern dem Nachwuchs bringen, davon habe man besonders in Frauenkreisen bisher keine Ahnung gehabt. Daß den Wert der Eheberatungsstellen auch die Bevölkerung zu schäzen weiß, habe man an der wachsenden Inanspruchnahme sehr bald gesehen.
Dann sprach Stadtarzt Genosse Dr. Rorach über 3 med und Biel des Zusammenschlusses. Unter den jetzt etwa hundert Cheberatungsstellen im Deutschen Reich seien nur wenige, die sich schon auf reiche eigene Erfahrungen stügen fönnen. Unterstützung durch Austausch von Erfahrungen sei notwendig, und für Aufbau und Betrieb der Cheberatungsstellen müsse man bestimmte Grundsäge gewinnen. Es sei z. B. zu wünschen, daß die Eheberatungsstellen ihre Fürsorge nicht auf Heiratende beschränken, sondern( was jetzt noch feineswegs alle Eheberatungsstellen tun) ihren Rat auch Verheirateten geben. Eine Vereinigung von Eheberatungsstellen können auch nachdrücklicher auf Behörden und Gesez
durch Unvorsichtigkeit entstanden. Auf dem Dach werden Reparatur arbeiten vorgenommen, mobei Teer überkochte, der das Dachgebält in Brand seßte. Die starte Rauchentwicklung, die zuerst ein Großfeuer vermuten ließ, hatte eine große Zuschauermenge angelodt.
Rot Front" und Stahlhelm.
Zu schweren Ausschreitungen zwischen Roten Frontkämpfern und Stahlhelmern tam es gestern abend auf dem Borplatz des Bahnhofs Wustermart. Die Gegner hieben mit Messern, Schlagringen usw. aufeinander ein. Bald lagen mehrere Personen blutüberströmt am Boden. Zwei Stahlhelmer sollen Messerstiche davongetragen haben, so daß sich ihre Ueberführung in das Krankenhaus als notwendig erwies. Der Polizei gelang es, die Ruhe wieder herzustellen, es wurden mehrere Berhaftungen vorgenommen. Auf der Langen Brücke in Köpenid geriet gestern nacht gegen 42 Uhr ein größerer Trupp Stahlhelmer , der von einer Feier heimkehrte, mit Roten Frontkämpfern in ein Handgemenge. Der 31jährige Arbeiter Bruno G. aus Köpenick , der dem RFB. an gehört, erfitt Berlegungen im Gesicht. Ein 32jähriger Rudolfe M., ebenfalls aus Köpenick , der vorgibt, parteilos zu sein, wurde derart geschlagen, daß er bewußtlos zu Boden fant. Die Rädelsführer, zwei Stahlhelmer und ein RFB.- Mann, wurden zwangsgestellt und der Abteilung Ia im Polizeipräsidium zugeführt.
Wie wir mitteilten, fuhr am Sonnabend in der Oranienstraße eine Kraftbroschke auf den Bürgersteig und verlegte dabei einen Bassanten tödlich. Gestern nachmittag turz vor 3 Uhr ereignete sich an der Ecke Oranien und Adalbertstraße ein ähnicher schwerer Unfall. Der Führer einer vom Moritzplatz tommenden Kraftbroschte mußte an der Straßenkreuzung plöglich Scharf bremsen. Der Wagen geriet auf dem schlüpfrigen Straßenpflaster ins Schleudern, rafte über den Bürgersteig und fuhr schließlich in die Schaufensterscheibe eines Schuhwarengeschäftes hinein. Drei Straßenpassanten wurden von der Kraftbroschte erfaßt. Während zwei von ihnen mit leichten Ver legungen davonkamen, wurde der 22jährige Kaufmann Herbert Michael aus der Adalbertstraße 18 so unglücklich zwischen Wagen und Schaufenster einge quetscht, daß er schwere innere Berlegungen und Knochenbrüche davontrug. M. wurde durch das Städtische Rettungsamt in das Bethanientranten- feine rechtmäßige Gattin durch einen Sturz zum Krüppel geworden, haus gebracht, wo er nach der Einlieferung an den Folgen seiner Verlegungen st arb. Die beiden anderen Berunglückten konnten nach Behandlung auf der nächsten Rettungsstelle und Anlegung Don Notverbänden in ihre Wohnungen entlassen werden. Die Schuldfrage bedarf noch der Klärung.
Gefährlicher Wohnungsbrand.
Am Sonntag abend, turz nach 9 Uhr, wurde die Feuerwehr nach der Charlottenstraße 27 alarmiert, wo in einer im ersten Stockwerk des Quergebäudes gelegenen Wohnung Feuer ausgebrochen war. Zwei fünf und fiebenjährige Rinder des abwesenden Wohnungsinhabers gerieten in ernste Ersti dungsgefahr. Auf die gellenden Hilferufe eilten Hausbewohner herbei und schlugen die Türfüllung ein. Es gelang beide Kinder glücklich ins Freie zu bringen. Das Feuer fonnte nach furzer Zeit gelöscht
werden.
Vier Löschzüge der Feuerwehr wurden heute früh kurz vor 8 Uhr nach dem Doppelschulgrundstück Spreestraße 27/29 zu Charlottenburg gerufen. Ein Teil des Dachstuhles stand in hellen Flammen. Es gelang das Feuer zu lokalisieren, bevor es größere Ausdehnung annehmen konnte. Nach über zweistündiger Tätigkeit verließ der letzte Löschzug die Brandstätte. Das Feuer ist vermutlich
Zur Premiere der Freilichtbühne des Bezirksamtes Span dau am Sonntag gab es auch eine richtige Schauspielpremiere. Der Dichter Diederich Röhling, den nationalen Kreisen bestens bekannt durch sein Stüd Sie Bollern allzeit", hat abermals ein hohen zollern - Stück gedichtet, das der Uraufführung im Freilichttheater in zollern- Stück gebichtet, das der Uraufführung im Freilichttheater in Spandau für wert befunden wurde. Seit Ernst v. Wildenbruch ( Wuotan hab ihn selig!), Eberhard König und insbesondere Josef Lauff weiß man ja, wie solche Stücke gedichtet" werden. Natürlich auch diesmal ein Hohenzollern - Schauspiel. Joachim der Zweite, von dem das Wort stammt:" Es ist wahrhaft fürstlich, allen wohlzutun", erstand von den ergriffenen Zuschauern in aller Pracht seiner Kur würde. Indessen tat er sich selber zuerst wohl, indem er sich, als in der Ehefrau des Geschüßgießers Dietrich in Spandau einen hübschen Bettschat zulegte. Drob Entrüstung beim Kurprinzen Johann Georg und der armen Mutter. Sohn gegen Bater, Frau gegen Mann. Aber wen interessieren heute noch die hohenzollernschen Seitensprünge und Familienſorgen von vor 400 Jahren, selbst wenn es ein Stückchen pifanter Historie ist. Den Freunden der Dynaftie wurde denn auch zum Schluß die Genugtuung, daß der Nachfolger Sohann Georg die schöne Gießerin von einem femehaft Vermummten abführen und im Schloß Grunewald einmauern ließ, allwo ihr Gerippe heute noch hinter Mauern versteckt sein soll. Von diesem netten Johann Georg stammt der schöne Sinnspruch: Gerecht und milde! Außerdem stellte uns Herr Röhling Johann Georg als waschechten Antisemieten vor, und die Spandauer Spießer wälzen sich vor Lachen, als er den Hofjuden seines Vaters, Lippold, ausschmierte. Dk Tollen( Joachim II. ), Gertrud Gerlach Jacoby( Kurfürstin), Robert Ahmann( Kurprinz), Elfriede Binder ( Gießerin) und Georg John ( Lippold), mühten sich mit Ernst und Eifer um dieses historische Schauspiel in fünf Atten". Die schöne Waldbühne will aber anders als historische Masterade, mill Tanz, Spiel und Kurzweil, Schelmenstücke von Hans Sachs , Rüpelszenen aus Sommernachtstraum", und Waldschreck und Rautendelein aus der Bersunkenen Glocke". Man foll, bei sinten dem Abend und mit Fackeln, dieser Bühne die Romantit geben, die ihr gebührt, und uns mit verstaubten Ritterdramen verschonen.
Bergmann
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gebung einwirten und die Weiterentwidlung des Bertes der Cheberatung fördern.
Dr. Feticher Dresden berichtete über die Eheberatungsstellen Sachsens . In Dresden habe schon 1911 die erste Eheberatungsstelle Deutschlands als private Einrichtung die Arbeit begonnen. Der Redner meint, daß eine Bererbungsvorhersage möglich werden könne. Doch sieht er fürs erste den Hauptwert der Cheberatungsstellen darin, daß sie Schäden verhüten. Dr. Scheumann- Berlin teilte aus der von ihm geleiteten Eheberatungsstelle Prenzlauer Berg mit, daß über zwei Drittel aller Beratungsfälle Heiratende betrafen. Dem verantwortungsbewußten Staatsbürger gebe die Eheberatungsstelle eine Möglichkeit, seine Lebensführung in der Ehe zu regeln. Scheumann hat übrigens bei Ratsuchenden selten beobachtet, daß fie Geburtenbeschränkung wünschten. Viel häufiger war der Wunsch nach dem ihnen bisher perjagt gebliebenen Kindersegen. Genosse Dr. Kautsky, Leiter der heberatungsstelle Wiens , überbrachte Grüße des Genossen Prof. Dr. Tandler- Wien , als dessen Vertreter er fam. Kautsky konnte feststellen, daß die Wiener Cheberatungsstelle, die Tandler als erste tommunale Eheberatungsstelle Europas ein. richtete, seit jetzt fünf Jahren mit glücklichstem Erfolg gearbeitet hat. Er erwähnte die Bemühungen der Gemeinde Wien , die Geschlechtskrankheiten einzudämmen und auch die Eheberatungsstellen hierfür nußbar zu machen. Der Sozialhygieniter Genosse Prof. Dr. Grotjahn Berlin nannte die Eheberatungsstellen eine Krönung der sozialen Fürsorge. Zur Frage der Be fruchtungsregelung hob er hervor, daß man dabei nicht sogleich an einen geburtenmindernden Einfluß der Eheberatungsstellen zu denken brauche.
In der weiteren Erörterung, an der sich noch mehrere Redner beteiligten, vertrat Dr. Kaufmann Hamburg den Standpunkt, daß die Vereinigung auch die nicht von Aerzten geleiteten Eheberatungsstellen einbeziehen soll, aber die Mehrheit der Tagungsteilnehmer schien anderer Meinung zu sein. Prof. Dr. v. Drigalsfi erklärte, daß es sich um den Zusammenschluß nur der von den Kommunen eingerichteten öffentlichen Cheberatungsstellen handle, die sämtlich von Aerzten geleitet werden. Es wurde dann die Gründung einer freien Bereinigung öffentlicher Gheberatungsstellen beschlossen und der vorbereitende Ausschuß als einstweiliger Vorstand mit der Geschäftsführung be. traut. Diesem Borstand gehören an Prof. Dr. v. Drigalsti, Dr. Roradh, Dr. Scheumann, Stadtobermedizinalrat Dr. Boetter- Leipzig, Prof. Dr. Poll- Hamburg, Dr. Fetscher- Dresden und andere.
Die achtzehnjährige Lustmörderin. Prozeßbeginn gegen Käte Hagedorn in Duisburg .
Heute nachmittag findet in Duisburg der Prozeß gegen die Doppelmörderin Käte Hagedorn seinen Anfang. Der Prozeß ist deshalb von besonderem Interesse, da das erst achtzehn. jährige Mädchen vielleicht die erste Lust mörderin der Kriminalgeschichte ist und die Urteile der Sachverständigen weit auseinanderflaffen. Es war am 24. Juni 1926, als ein Duis burger Arbeiter mit Frau und Kind einen Ausflug in die waldige Umgegend der Stadt machte. Plötzlich sieht er, wie ein junges Mädchen mit einer blauen Jacke über dem Arm mit allen Zeichen Don Erregung und Nervosität zum nahen Didelsbach eilt. Er geht, mißtrauisch geworden, dem Mädchen nach und findet zu seinem Entsehen zwei Rinderleichen, die nur dürftig mit Gras bedeckt find. Ein Knabe, ein Mädchen! Die Hals- und Pulsadern sind mit einer Nähschere durchschnitten. Anzeige erfolgt.
Käte Hagedorn aber ist inzwischen in die Badeanstalt gegangen, wo sie ihre Kleider vom Blut gereinigt hat. Ruhig ist sie dann zu Hause angekommen und steht hinter dem väterlichen Ladentisch. Ja, unter Tränen tröstet sie die Großmutter des ermordeten Knaben und beschuldigt einen Hausbewohner. Aber die blaue Jacke wird zum Verhängnis: Als sie von der Aussage des Duisburger Arbeiters erfährt, flieht sie im Auto ohne einen Pfennig Geld. Einen Chauffeur betrügt sie, beim zweiten fommt sie nicht durch! In einem Kellerraum findet man sie, und sie wird identifiziert und verhaftet. Nach vielem Leugnen gesteht sie.
Die Sachverständigen stehen vor einem Rätsel. Käte Hagedorn galt in Duisburg als ordentliches Mädchen, das Männern gegenüber zurückhaltend und sehr finderlieb war. Dr. Magnus Hirschfeld , der zum Brozeß geladen ist, schließt auf einen Serualrausch und meint, daß die Hagedorn im Augenblick des Mordes wirklich nicht wußte, was sietat. Der Psychiater der Irrenanstalt, in die sie zur Beobachtung geschickt war, behauptet das Gegenteil und hält sie für voll verantwortlich. Sie selbst gibt sich fofett und phantastisch, vergleicht sich mit Harmann, Bandru und Denke und schwärmt für Bühne und Film. Ja, fie versteigt sich zu dem unverständlichen Wort:" Ich bin die jüngste Doppelmörderin!" Es ist wahrscheinlich, daß für den größten Teil des Prozesses die Deffentlichkeit ausgeschlossen wird.
Gasexplosion auf der Gute Hoffnungshütte.
Oberhausen , 13. Juni. ( WTB.) Durch eine gestern früh gegen 5 Uhr auf bisher ungeklärte Weise erfolgte Gas explosion in der Kaltluftleitung auf Ofen 6 der Gute Hoffnungshütte wurden größere Zerstörungen an den Windleitungen und den Ge bläseteilen einer Gebläsemaschine auf der Eisenhütte 1 angerichtet. Durch die bei der Explosion weggeschleuderten Eisenteile sowie durch die dabei aufgetretene Stichflamme wurden elf in der Nähe beschäftigte Arbeiter verlegt und teilweise per brannt. Neun davon fanden Aufnahme im Krankenhaus, wo einer der Verletzten am Abend star b. Die erforderlichen Aufräumungs- und Instandsetzungsarbeiten find im Gange. Die Er mittelungen wurden eingeleitet.