Häuptern der Minister zusammenzieht, wird nicht bloSdiese treffen, sondern auch den Militarismus. DasLieferanten-Unwesen, das in der Katastrophevon Madagaskar eine so verhängnißvolle Rolle spielt, wirdvon Cavaignac in seinem Bericht an die französischeBudgetkommission scharf gegeißelt. Es wird dieser Punkt inder Kammer ohne Zweifel zu heftigen Debatten führen; und dagleichzeitig auch das Kapitel der Soldaten�Mißhand-l u n g e n und des barbarischen Militär-Stras-gesetzbuchs auf der Tagesordnung steht, so wird dienächste Parlamentssession aller Voraussicht nach ganz hervor-ragend dem Militarismus und dessen Unverträglichkeit mitden Einrichtungen eines freien Staatswesens gewidmet sein.—Deutsches Reich.— Sonderbare Pläne Raiffeisen'scher Ge-nossenschaften ergeben sich aus einem„vertraulichen"gedruckten Zirkular, welches aus Kassel am 14. September aneine große Zahl landwirthschaftlicher Vereine und landwirth-schaftlicher Adressen im ganzen Deutschen Reich versandt wordenist und das die„Freisinnige Ztg." veröffentlicht. Dieses Zirkularmacht Reklame für ein paten tirt es Gelinck'sches Ver-fahren zur Herstellung eines Kornbrotes ohne vor-herigen Mahlprozeß, wie es gegenwärtig in Hamburgund Altona fabrizirt wird. Dieses Zirkular ist unterzeichnet vonR e x e r o d t, Verbandsanwalt Raiffeisen'scher Genossenschaftenfür den Regierungsbezirk Kaffel, und G e r l a n d t, General-s ckretär des landwirthschaftlichen Zentralvereins für den Regierungs-bezirk Kassel. Das Zirkular fordert zu Zustimmungserklärungenaus, um die Regierung zu ersuchen,„der Land-wrrthschaft" zur Erwerbung des Patentes aufdieses Brot von den Inhabern desselben C. A. Gropfe u. Cie.in Hamburg hilfreiche Haud zu bieten und durch Zuwendungbilliger Kapitalien es„der Landwirthschaft" zu ermöglichen,überall landwirthschastliche Genossenschafts-Bäckereienzu errichten in Verbindung mit Silo-Anlagen. Auf solche Weisewürde dann die Stadt- und Landbevölkerung seitens der Land-wirthschaft wie seither mit Butter, Milch, Käse:c., für die Folgezum größten Theil auch mit Brot versorgt werdenkönnen. Das würdefreilich die Müller und die Bäcker verdrießen, aber dieselbennehmen ja auch auf die Landwirthschaft wenig Rücksicht. Außer-dem bliebe ihnen noch immer die Weißbrolbäckerei. In Ver-bindung mit diesen Plänen wird auseindergesetzt, daß der Land-wirthschaft durch Erwerbung des Patents„ein Monopol" ge-schaffen werden müfle für die Herstellung solchen Brotes. Dazuwürde man alsdann nur inländisches Getreide verwenden.etwa fehlende Quantum würde aus dem Ausland künftig vonlandwirthschaftlichen Vereinen einzukaufen sein. Die jeweiligenPreise des zur Verarbeitung gelangenden Korns würden seitenseiner Kommission von Landwirthen festzustellen sein. Aus dieseWeise werde der ganze Terminhandel und die Terminbörse über-flüssig, und damit wurden auch alle jene Spekulationen hinfällig,wie sie an der Produktenbörse jüngst betrieben worden seien. Esfolgt alsdann eine Darstellung dieser Geschäfte in der bekanntenWeise der agrarischen Presse.— Zu der„Landesverraths"- Affäre erhält die„Vossische Zeitung" eine Zuschrift, die sich auf den in Berlinverhaftete» Ingenieur Ludwig Pfeiffer bezieht und da sieaus Pilsen datirt, nach Ansicht des Blattes von der Leitungder Skoda'schen Maschinen- und Geschützfabrik veranlaßt wordensei. Es heißt darin:„Ingenieur Pfeiffer ist Beamter der FirmaE. Skoda in Pilsen und hat den Auftrag gehabt, sich eineZeit lang in Berlin aufzuhalten, um von dort aus Geschäftskreisen in die benachbarten Staaten zu machen und sich auchüber Anncelieferungen und Neuigkeiten auf dem Gebiete derKriegstcchnik zu informiren. Jedenfalls hat er nicht den Auftrag gehabt, sich um Sachen zu bekümmern, die ihn mit demStrafgesetz in Konflikt bringen konnten, da seine Aufgabe einerein geschäftliche war. Das Skoda'sche Fabriksunternehmen isteines der bedeutendsten in ganz Oesterreich-Ungarn. Ursprunglich blos aus die Erzeugung von Maschinen, insbesondere fürBrauereien und Zuckerfabriken, eingerichtet, umfaßt die Fabrikseit einige» Jahren auch eine Kanonengießcrei."Darnach gewinnt die Sache ein immer harmloseres Aussehen.—- Im ReichStags-Wahlkreis Pleß-Rybnikhat der von polnisch-katholischer Seite aufgestellte PropstWolczyk öffentlich erklärt, nicht gegen Herrn v. Huene kandidiren zu wollm. Nunmehr fordert der„Goniec Wielkopolski'die„polnischen" Wähler des Wahlkreises auf, einen neuen Kan-ditaten aufzustellen, und meint, falls sich in Schlesien keinKandidat finden sollte, gebe es gewiß„Patrioten" genug in derProvinz Posen, die eine Kandidatur annehmen würden.— Soleicht werden die Zentrumsleute der polnischen Propaganda, diesich auf die„kleinen Leute" stützt, nicht Herr werden.—Holland.Amsterdam, 28. September.(Eig. Bericht.) Die Wiener„Neue Freie Presse" bringt in ihrer Nummer vom23. September einen Artikel über die Sozialdemokratie inHolland, der unter vielen anderen Unrichtigkeiten eine Be-hauptung enthält, welche unbedingt der Richtigstellung bedarf.Am Schlüsse des betreffenden Artikels wird nämlich be-merkt, daß sich in der letzten Zeit eine gewisse Erschlaffungin dem Streite zwischen den beiden Fraktionen— gemeintsind die parlamentarische Fraktion und die FraktionDomela Nieuwenhuis— bemerkbar macht,„welche viel«leicht auf eine erneuerte gemeinschaftliche Thätigkeit hin-deutet". Diese Ansicht des Verfassers ist durchaus unrichtig.Wenn unsere Presse sich nur noch ausnahmsweise in einePolemik mit dem„fliecht voor Allen" einlaßt, so kommtdas eben daher, daß der prinzipielle Unterschied, der diebeiden Richtungen trennt, jetzt genügend klargestellt ist.Die sozialdemokratische Arbeiterpartei hat sich, nachdem der inner-liche Säuberungsprozeß vollzogen ist, wohlweislich mit aller Energieaus dieAgitation nach außen hinverlegt.SiehatdurchauskeinJnteressean ein erneuertes Zusammengehen mit derRichtung Domela Nieuwen-hiiis. welche die Sozialdemokratie bei den anständigen Arbeiternin Mißkredit gebracht hat. Ueberdies wird der"Anarchismuswohl bald abgewirlhschaftet haben. Sei» konsequentester Versechter,Luitjes. der Urheber der Resolution gegen jede Benutzungdes Wahlrechts, hat in der Provinz Groningen, wo er dieBewegung lange Zeit beherrscht hat, die Arbeiter schondermaßen abgestoßen, daß er sich völlig unmöglich gemacht undvor einigen Wochen seinem früheren Kampfplatz Lebewohlgesagt hat. Tomcia Nieuwenhuis mußte neuerdingspersönlich in Maastricht erfahren, daß die Arbeiter seinerleeren Phrasen und verleumderischen Redensarten überdrüssig sind.In einer Versammlung, wo er mit Genoffen V l i e g e n debattirte,erlitt er eine zerschmetternde Niederlage, und als er nach Hauseging, erbat der revolutionäre Held sich die Begleitung' derPolizei, aus grundloser Angst vor den sozialdemokratischenArbeitern.—— In dem Prozesse wegen des Zusammenstoßes derDampfer„Elbe" und„ C r a t h i e" sind die Plädoyers aufden S. Oktober vor dem Gerichtshose in Rotterdam festgesetzt.—Oesterreich.— Ueber die Wahlrechtsdemonstration unsererWiener Genossen versendet das Bureau Herold folgende Depesche:„Die für gestern geplante Demonstration der Sozialdemokralen,destehend in einer Ringstraßen- Promenade, hat Vor-mittag unter außerordentlich zahlreicher Betheiligung statt-efunden. Etwa 20 000 Arbeiter promenirten mit Frauen und Ilindern die Ringstraße entlang. Zahlreiche Polizisten begleitetenden Zug, hatten jedoch keine Veranlassung einzuschreiten, da die|Demonstration ruhig verlief.Ungarn.— Das Budget wurde am 30. September dem Ab-geordnetenhause durch den Finanzminister Lukacs mit einerlängeren Rede vorgelegt. Er führte aus, daß nach verschiedenenGesetzen aus den Kassabeständen 20,6 Millionen entnommen werdensollten. Thatsächlich betrug die Entnahme 5,2 Millionen Gulden,daher ist die Einnahme um 15,4t Millionen Gulden günstiger alsveranschlagt gewesen. Das rechnungsmäßige Resultat � stellt sichum 34 Millionen günstiger, als der Voranschlag. Der Vor-anschlug für 1896 bilanzirt bei 473 000 000 Gulden mit 77 000Gulden Ueberschuß-und weist dabei im Ordinarium eine Mehr-ausgäbe um 16 Millionen Gulden auf. Die Regierung stehe vorder'Lösung wichtiger Fragen: der Valutaregelung, der Bank-frage, der Reform der Verzehrungssteuer. Sie müsse sich ernstlichmit der Frage der Einziehung von Staatsnoten im Betrage von112 000 000 Gulden beschäftigen.In der Erläuterung zu dem Budget wird die Erhöhung derordentlichen Ausgabe um 16 Millionen Gulden durch densteigenden Bedarf der Staatsbetriebe begründet, wie Staats«bahnen, Maschinenfabriken, Eisenwerke, Post, Telegraph, Tele-phon und das Tabakmonopol, welche Betriebe auch steigendeErträgnisse aufweisen. Für die Staatsbahnen sind auch imExtra- Ordinarium 7�/2 Millionen Gulden mit dem Bemerkeneingestellt, daß der Bedarf auch hiermit nicht gedeckt ist, weshalbfür die Ergänzung des Fahrparkes u. f. w. eine Kreditoperationnöthig sein wird.Erhöhten Bedarf zeigen das Ministerium des Innernwegen der Errichtung der Standesämter, sowie der Ver»mehrung der Gendarmerie und der Staatspolizei,ferner das Ministerpräsidium wegen der Kosten für dieMillenniumsseier, das Ministerium für Kultus und Unter-richt wegen der ausgiebigeren Unterstützung der Kirchenund der Errichtung von 400 neuen staatlichen Volksschulen an-läßlich der Millenniumsfeier, schließlich das Ackerbauministeriumwegen der Ausdehnung des landwirthschaftlichen Unterrichts.Dagegen zeigen die direkten und indirekten Steuern, sowiesämmtliche Staatsbetriebe erhöhte Erträgnisse, so daß ein Ueber-schuß der gesummten Finanzgebahrunz mit recht erwartetwerden kann.Von der und Genrerve-zölzlung oonr 14. Juni 1895liegen zetzt die ersten vorläufigen Ergebnisse in der letzten Nummerder statistischen Korrespondenz für die Provinzen und Regierungs-bezirke Preußens vor. Wir begrüßen die Veröffentlichung dieserersten Angaben, wenn dieselben auch noch nicht die Ergebnissebringen, auf die der Sozialpolitiker am meisten gespannt seinmuß, weil die Hoffnung nun doch ausgesprochen werdendarf, daß man auch bald die Zahlen über dieArbeitslosigkeit in diesem Frühsommer veröffentlichen wird. Wiewir ganz bestimmt wissen, sind schon für wichtige Orte dieseAngaben zusammengestellt und könnten sofort veröffentlicht werden.Wir sind überzeugt, daß die Angaben trotz der relativ sehr günstigenZeit, in der die Zählung vorgenommen wurde, außerordentlichbedenkliche Aufschlüsse über den Umfang der Arbeitslosigkeitbringen werden. Die Veröffentlichung dieser Zahlen,welche weit mehr Aenderungen unterworfen sind, als alle an-deren Angaben der letzten Zählung, erscheint uns viel dringlicherals die Veröffentlichung aller anderen Ergebnisse. Wir glauben,daß einsichtige Sozialpolitiker aller Richtungen diese Ausfassungtheilen werden.Was die vorliegenden Tabellen anlangt, so ist bemerkens-werth« daß die Zahl der Gewerbebetriebe mit mehreren In-habern, mit Gehilfen oder Motoren seit dem 5. Juni 1832 inPreußen von 635 795 auf 742 119 und in Berlin von 41 896 auf59 744 gestiegen ist. Im Rheinland stieg die Zahl von 111 505auf 123 677, in Posen von 25 935 ans 30 286 Betriebe.Die Ergebnisse der Landwirthschaftsstatistik werden die Agrariersehr erfreuen. Es sind 3 331 659 Landwirthschastsbetriebe gezähltworden gegenüber 1 232 168 am 5. Juni 1882, in Berlinwurden damals 102, in diesem Jahre— 3321(!.') Land-wirthschaftsbetriebe gezählt. In Schlesien stieg die Zahlvon 197 257 auf 377 773, im Rheinland gar von 195 309 auf522 633! Dies ist das Ergebniß der seitens der Agrarier in derRegierung durchgesetzten Grundsätze bei der Ausnahme dieserStatistik, wonach jeder, auch der kleinste fußbreit Boden, alsLandwirthschaftsbetrieb gezählt werden müßte.Bis die Erklärung dieser Zahlen in weiteren Veröffent-lichungcn gegeben wird, werden die Agrarier daraus Kapitalschlagen und der Bund der Landwirthe voller Freude auf dasErgebniß feiner Agitationsarbeit zur Zeit der Aufnahme derStatistik zurücksehen, wobei in aufdringlichster Weise aufgefordertwurde, möglichst viel Landwirthschaftskarten auszufüllen, damitam Grundbesitze interessirten möglichst groß er-derdie Zahlscheine.Wir lassen nun die Zahlenführlich zurückkommen müssen:folgen, auf die wir noch anS-II. Städte.