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Mittwoch 22.?uni 1927

Terranova öi Sicilia . Ein Abenteuer aus der Inflationszeit. von Ztederik poulsen(überseht von D. Luschnat). (Schluß.) Der junge Kavalier ist womöglich noch süßer als sonst. Dos ganze sei ja eine Formsache. Aber da ein Repräsentant der Banca Eornmerciole in der Stadt sei, so sei es ja ebenso bequem, bei jenem das Geld zu erheben. Giacomo und ich gehen ihn suchen, aber es zeigt sich, daß er niemals existiert hat, und als wir wieder zum chause des Konsuls zurückkommen, ist der junge Kavalier fort: wegen unaufschiebbarer Geschäfte leider gezwungen, in die Zuckerernte hinauszuziehen. Und der alte Marchesc ist kränker als je und nicht zu sprechen. Wir gehen ein wenig flau zu Roceras Haus und ich mache dos Anerbieten, dem Nessen des alten Rocera die Reise nach Palermo mit 2ÜU Lire zu bezahlen und das Geld und die Ware in Palermo selbst auszuwechseln, da es derart an Zutrauen mangelt. Aber der lange Rocera ruft, er wolle 1000 Lire für die Reise haben, und der Alte setzt mit hinterlistigem Lächeln den Preis wieder auf 20 000 Lire heraus. Ich breche die Verhandlungen ob und gehe in der beginnenden Dämmerung zum Hotel, begleitet von den Perrturamönnern. Meine Laune ist nicht besonders, aber ste wird noch schlimmer, als Giacomo -n der Hoteltür mir plötzlich 5 Proz. vom Einkauf des Vormittags abfordert, ZSO Lire. Oho! Zuerst bietet ihr eure Hilse und Gastfreundschaft an, und nachdem ihr Prozente vom Verkäufer genommen hobt, trotz eurer hervorragenden Stellung als Großexporteure und Kavaliere da Mellias Freunde, steht ihr nun da wie zwei Bediente und ver> langt Trinkgeld. Eiacomos Unterkiefer arbeitet: jetzt drückt er zweifellos keine Energie aus, sondern Banditenbrutoliiät. Es ist hier Sitte, bei jedem Handel den Vermittler zu be- -ahlen. Diesem Brauch müssen Sie sich sägen und ihre Beleidigungen lönnen Sie für sich behalten." Heute abend bekommt ihr nichts. Ich werde es mir bis n.o>-gen überlegen." Beim Eintritt ins Restaurant kommt mir der Wirt lächelnd entgegen. Ich habe alles gehört, Signore. Dos hätte ich Ihnen vorher sagen können. Es hätte Ihnen wohl angestanden, mich zum Be- cleiter zu wählen." Ich weife ihn barsch ab, esse und gehe hinauf, um mich in dem s-bmutzigen Solotto niederzulegen. Da klopft es an die Tür. ich offne, und draußen steht der junge Rocera mit einem Freund, der stechende Augen hat und eine milchweiße Fratze. Wollen Sie wirklich mit 3000 Lire in der Tasche von hier ab- reisen? Wollen Sie nicht zuriickkommen, wenn Sie die SO 000 ab- gehoben hoben? Hier in der Swdt gibt es eine Meng« schöner Kunstgegenstände. Mein Freund will Ihnen gern ein Gemälde .Igen, wenn Sie jetzt gleich mitkommen wollen." Die beiden jungen Burschen sehen tückisch und verdächtig aus, aber ich will kein? Angst zeigen und gehe daher mit zu dem Freunde. Das wurde die vergnüglichste Episode des Aufenthaltes in Terranova. Fünf niedliche, junge, schwarzgekleidete Sizilianerinnen empfingen mich mit Lächeln, mit Kuchen und Likör. Kurz darauf trat d-r Bater ein, rotnasig und in Morgenschuhen, und grüßte mit "rmer.Handbewegung: Vou-speak EngJisH?" Dos war, wie sich zeigte, das einzige Englisch, dos er sprach und verstand, ober es war hinreichend, um den Abstand zwischen ihm und der unwissende» Familie zu markieren. Das Gemälde mar eine dürftige Empivesilhouette. Die beiden .fungen Leute und der Vater rutschten vor Angst und Geldgier aus dem Sosa herum, als ich mich weigerte, das Ding zu kaufen. Aber jetzt begonnen die Töchter, durch die Türen aus- und Anzuflattern, und die schauderhaftesten Malereien herzubringen. Sie gurrten wie Tauben: Ich sollt« gar nicht kaufen, nur den Preis sagen. 500 Lire für ihre schönen Augen, ober das Gemälde ist nichts wert. Zuletzt kam eine mit einem alten Brautschleier. Kauft ihr Museum dos nicht?" Ich ergreife ihn und schlinge ihn um ihr schwarze? Haar. Sollen wir gleich zum Brautschemel gehen? Gewiß bin ich verheiratet, aber das ist so weit weg. Run lachen alle, aber es ist Bitterkeit und Enttäuschung in ihrem Gelächter. Und ich kann mich kaum losmachen, da ich gehen will, ahne um eine einzige Lira gerupst zu sein. Am nächsten Morgen ging ich wieder zum Konsul, um seine Luise gegen die Erpressung der Venturamänner anzurufen, aber der junge Kavalier war beständig auf dem Lande und der Repräsentant des Königreichs Dänemark fast todkrank. Draußen im Gang machte ich mir Luft und drohte mit allem möglichen, aber hinter den ge- fchlossenen Türen konnte ich die Wirkung ja nicht feststellen. Beim Hoteleingang stand Giacomo Ventura,«»ein Unterkiefer bebte schon. Als er sprach, brachen arabische Kehllaute durch die sizilianischen Klänge, und je wütender er wurde, desto inehr klang seine Stimme wie ein Sägewerk. Ich will nicht bezahlen. Mein Starrkopf ist geweckt. Der Lazaronijunge hilft mir mit dem Koffer, aber als der'Wagen fährt, springt Giacomo auf. Dabei gleitet seine Jacke beiseite und enthüllt einen kleinen Revolver in der Hinteren Tasche. Wir zanken uns während der ganzen Fahrt, und ein paar Mal tastet seine Rechte nach der kleinenrivoltel!»". Vor der Station springt er ab und versichert unter Eid:Ick) lasse ihre drei Vasen beschlagnahmen." Damit verschwindet er. Ich trage meinen Koffer selbst hinein,-löse die Fahrtarte und gehe aus den Bchnsteig. Da sehe ich einen Karabiniere und fühle mich sicher. Aber einen Augenblick später steht Giacomo vor mir, begleitet vom«ationsvorsteher.II capostarionc", berührt seine rote Mütze und sagt: Es ist mir zu Ohren gekomnien, daß Sie drei Vasen in ihrem Koffer haben, die Sic unserer Stadt zu entführen gedenken. Das kann ohne Erlaubnis des Museums in Syrakus nicht geschehen." Entschuldigen Sie. Herr Stationsvorsteher, aber ich weiß be­stimmt vom Direktor des Museums in Palermo , daß ich ihm nur die Vasen zu zeigen und die Abgabe für�die italienische Regierung zu bezahlen habe, um sie auszuführen. Sie haben also kein Recht, sich einzumischen." Ja, da? habe ich! Ohne meine Genehmigung dürfen kein« Waren die Station verlassen. Wollen S-e also freundlichst ihren Koffer öffnen und nur die Vasen ausliefern." Da ergreife ich den Koffer und trabe zu dem Karabiniere hin- über, stelle mich unter seinen«chutz, berichte von der versuchten Er­pressung, bei der nun offenbar auch der Stationsvorsteher, be- stochen von Giacomo Ventura, Mitverschworener ist. Aber der Karabiniere bedauert:Ich kann mich da nickt ein­mischen. Sie müssen sich mit Signore Ventura auseinanderfetzen." Die Menschenmenge um uns wird dichter und Ventura und der Stationsvorsteher triumphieren. Auch der Kutscher, der mich her- gefahren hat und zwei Gepäckträger raten mir. nachzugeben. Die Schlackst ist verloren. Jetzt gilt es, Haltung zu bewahren: ..Sie verstehen wohl, Herr Karabiniere, daß ich nichts dagegen habe, Ventura für die Zeit zu bezahlen, die er in meinem Dienste ge- stand-m hat. Ich habe ihn gemietet, und ich bin bereit, ihm ö Lire pro Stunde zu bezahlen. Das macht 40 Lire."

Der Stationsvorsteher blickt in die Luft und wirft hin:Drei Prozent!" Run greift der Karabiniere ein:Was ist dos Höchste, das Sie bieten können, Signore?" Ich rechne einen Augenblick noch. Was ist das Abenteuer wert? 100 Lire und keinen Centesimo mehr." Ventura hebt beide Arme hoch und schreit:Dos ist zu wenig. Wir sind zwei! Wir sind zwei!" Sie sind drei," antworte ich mit einen: spitzen Blick auf den caposnaricrne. Aber jetzt wenden sich der Kutscher und die beiden Gepäckträger zornerfüllt an Ventura und machen ihrem Herzen Luft: Ist dein Tag mehr wert als 100 Lire? Wann bietet jemand uns 100 Lire für einen Tag? Du verdienst, überhaupt nichts zu bekommen."

Der Sowjetgranaten-prozeß.

Für diesen Prozeß hatte die Sowjetregierung ihren deutschen Anhängern Beweismittel von großer Durch- s ch l a g s k r a f t geliefert!

Der Stationsvorsteher wittert das Umschlagen der Stimmung, hört die Menge knurren und streckt seine Hand aus: Kommen Sie mit den 100 Lire!" Ader ohne ihn zu beachten, reiche ich den Schein Ventura und füge hinzll:Vial"(Troll dich.) Die Menge lacht, der Großexporteur in Stangen schleicht schielend davon und ich bin umgeben von Sympathie und Anfragen, an denen auch der Stationsvorsteher teilnimmt: Kommen Sie bald wieder noch Terranova?" Nicht solange Sie Stationsvorsteher sind." Das müssen Sie nicht sagen," nist einer aus der Menge. Heben«sie ihre 50 000 Lire ab und kommen Sie wieder." Es läuft mir kalt den Rücken hinunter. Die ganze Stadt weiß schwanger. Das nächstemal sollen sie wohl ihren Anteil an meinem Kredit. Er und sein milchweißer Freund stehen da wie zwei Salzsäulen und sehen mich in den Zug steigen. Ihre Blicke brennen Unheil- schwanger. Dos nächste Mal sollen sie wohl ihren Anteil an meinem Geld bekommen. Kann ich mit so viel Geld wiederkommen?" frage ich an dem- selben Abend einen italienischen Ofsizier, dem ich mein Abenteuer in der großen Halle des herrlichen Hotels des Temples in Girgenti erzählt habe, wo ich die Rückkehr zu Europas Kultur in vollen Zügen genieße. Nicht ohne Begleitung von einem Maffiot, dem Sie 1000 Lire für einige Tage bezahlen müssen, der immer an ihrer Seite sein und in ihrem Zimmer schlafen muß. Aber es wäre töricht von Ihnen, wiederzukommen. Ihr Eifer würde die Preise für olle Altertümer um 100 Proz. steigen lassen. Ick bin selbst Sizilianer und ich weiß, was ich sage. lind Terranova ist eins der schlimmsten Banditen- nester der Insel."-_ Machiavelli kein Machiavellist. Eine Ehrenrettung zu einem 400. Todestag. Von Friedrich Stampfer . Nicola Machiavelli ist am 22. Juni 1527 gestorben. Seit vier- hundert Iahren liegt aus seinem Namen der Fluch einer falschen Unsterblichkeit. Hätte man ihm den Gefallen getan, ihn für ein paar Jahr- hunderte zu vergessen, um ihn später einmal wieder zu entdecken. so würde ihn die Welt heute sehen, wie er wirklich war. Weil es aber üblich war und blieb, von ihm zu reden, ahne ihn zu kennen, sieht ihn heute fast jedermann nur durch die Brille eines Schlag- worts. Dieses Schlagwort heißtmachiavellistifch". Alsmachiavellististh" bezeichnet man eine Politik, die nichts kennt als den Erfola, und die auf dem Wege zum Erfolg ihre Mittel nur noch der Zweckmäßigkeit wählt, ohne sich um ihren sitt- lichen Wert im mindesten zu kümmern. Der Machiavellist, wie er in der Vorstellung der Massen lebt, ist der politische Schweinehund aus Prinzip. In diesem Sinn bekennt sich auch Benito M u s s o- l i n i zum Machiavellismus aus Kongenialitot. Seine Bio- graphin Margherita Sarsati erzählt von ihm, daß er schon als junger Mensch für die Lehren Machiavellis begeistert war. Später hat er sie nur mißverstanden. Machiavell war ein Florentiner und ein Zeitgenosse �dcr Re­naissance. Italien bestand aus unzähligen Flicken und Flickchen, denen jeder nationale Zusammenhang fehlte. In den Stadtstaaten jener srühkapitolistischen Zeit entwickelte sich ein unerhörter Reich- tum und eine neue Blüte von Wissenschaft und Kunst. Aber jeder dieser Kleinstaaten war im Innern vom Umsturz bedroht und führt« nach außen dauernd Krieg. Keiner scheute sich. Franzosen , Spanier oder Deutsche als Bundesgenossen gegen italienische Feinde ins Land zu rufen. Auf dieser Grundlage von Luxus auf der einen Seite, Krieg und Bürgerkrieg auf der anderen, entwickelte sich eine sittliche Verwahrlosung, die jeder-Beschreibung spottet. Politik war damals wirklich ein unsauberes Geschäft.

Seklage ües vorwärts

Aber darf man Machiavelli dafür verantwortlich machen? Er war ein Kind seiner Zeit. Als Sohn einer verarmten Adelsfamilie kam er in den diplomatischen Dienst seiner Vaterstadt Florenz . Als Gesandter lernte er die Politik kennen, wie sie war. In einer Zeit, die an Genies reicher war als irgendeine andere, war er das unerreichbare Genie der politischen Beobachtung und Betrach- tung. Ein glänzender Literat. Kein führender Staatsmann. Als Diplomat hat er der florentinischen Republik gedient. Als die M e d i c i wieder nach Florenz zurückkehrten, wurde er in den Kerker geworfen und gefoltert, später verbannt. In der Verbau- nunq hat er seine Werke geschrieben, weil ihn die Luft zum Schreiben trieb. Seine geschichtlich-aktive Rolle war nicht bedeutend, es haftet ober auch kein Makel an ihr. Als Schriftsteller verdankt er seinen Ruhm dem kleinen schmalen Bändchen, das den Titel trägt:Jl principe". Der Fürst. Diese Schrift wurde verschlungen, weil sie eine Sensation war. Auch heute noch würde sie sich dazu eignen, in der Beilage eines Senso- tionsblattes illustriert abgedruckt zu werden, weil darin von allen möglichen Schandtaten soviel die Rede ist. Hier wird der Fürst geschildert, den Italien braucht. Mag er sich über alle moralischen Bedenken hinwegsetzen, werm es ihm nur gelingt, mit seinen Methoden das ganze Voll unter einen Hut zu bringen und Italien von der Fremdherrschaft zu befre.-m. Das BuchVom Fürsten" war eine politische Gelegenheits- schrift, auf einen bestimmten Zweck eingestellt, ganz auf ihn be- rechnet. Es empfahl als Heilmittel für eilt krankes Land dos, was man heute dienationale Diktatur" nennt. Es entwarf zugleich von dieser nationalen Diktatur ein ungeschminktes Bild. Daß Machiavelli deswegen keingrundsätzlicher" Anhänger der Diktatur war, ergibt sich aus all seinen übrigen Schriften, vor allem aus denGesprächen über die erste Dekade des Titus Lioius". Dieses merkwürdige Buch könnte man im Gegensatz zum Buch über den Fürsten das Buch über die Republik nennen. Findet man doch in ihm u.a. folgende schneidende Abfertigung der erblichen Monarchie: ... Sobald die Souveränität durch Erbschaft statt durch Wahl entsteht, beginnen die Kinder von der Art ihrer Väter aus- zuarten. Statt ihnen in ihrer Tüchtigkeit gleichen zu wollen, sehen sie die Aufgabe ihres Fürstentums darin, sich durch Luxus, Weich- lichkeit und das Raffinement ihrer Vergüngungcn über die anderen zu erheben." Ja, Machiavelli erhebt sich zum Verteidiger der Demokratie: Ich trete," so schreibt er,der allgemeinen Meinung entgegen, die jede Volksherrschast für unbeständig, launisch, leicht beweglich und undankbar hält. Ich behaupte dagegen, daß die Fehler der Völker nicht weniger durch ihre Natur bedingt seien als die d-w Fürsten . Sie beide gleichmäßig anzuklagen, fordert die Wahrheit, und es ist ein Irrtum, die Fürsten von dieser Anklage auszu­nehmen. Denn ein Volk, das sich selbst gesetzlich regiert, ist klug, beständig und dankbar, mehr sogar als ein Fürst, der für weise gilt. Andererseits ist ein Fürst, der von den Zügeln des Gesetzes befreit ist, undankbar, launisch, unvernünftig, mehr noch, als es ein Volk unter gleichen Umständen ist... Wenn ihr einen Fürsten und ein Volk betrachtet, die beide durch das Gesetz in Schranken gehällen sind, werdet ihr immer mehr Tüchtigkeit beim Volke als beim Fürsten finden." Ebensowenig wie in der inneren Politik läßt Machiavelli in der äußeren einen Vorzug der Monarchie vor der Demokratie gelten. Auch hier entscheidet er sich nach reiflichen Erwägungen für und wider zugunsten der Republik , der er eine höhere Bündnis- fähigkeit zuspricht als der Monarchie.Ich glaube bewiesen zu haben," so schließt er diese besondere Betrachtung,daß man sich in einem freien Volke weniger leicht irreiL. kann als in einem Monarchen, daß man sich also mit größerer'Sicherheit jenem als diesem anvertrauen darf. Ein Volk," schreibt er ein andermal,das durch monarchisches Regiment verderbt ist, kann, wenn es frei geworden ist, nur schwer seine Freiheit bewahren." Der Mann, der eine solche Sprache führt, ist wohl alles andere als ein Apostel des Faschismus. Und so ist es auch gründlich falsch, wenn man meint, er hätte die Moral für die Politik in keiner Weise gelten lassen. Seine Zielsetzungen sind sittlich. Wenn er imFürsten " unsittliche Mittel empfahl, so geschah das aus der Einsicht, daß man in jenen Zeiten maßloser Verderbnis mit Moralitäten eben nicht weit kam. Auf olle'Fälle gehören die Werke Mächiavellis zu dem Scharf- sinnigsten, was jemals über Politik geschrieben worden ist. Jeder kann aus ihnen lernen und jeder kann sie ohne Gefahr für seine Seele lesen, wenn er sie nur genau und nachdenkend liest. Denn Machiavelli , um es zum Schluß noch einmal zu sagen, war ja gor kein Machiavelli st!

Die beüeutenüste Sonnenfinsternis. Die Sonnenfinsternis vom 29. Juni wird von allen Freunden der Himmelskunde mit großem Interesse erwartet, wenngleich Deutschland außerhalb der Totalitätszone liegt, und wir erst am 30. Juni 1934«ine totale Sonnenfinsternis erwarten dürfen, deren Zentrallinie wenigstens Ostpreußen berührt. Nach den Berechnungen der Astronomen ist zwar in der Zukunst.für Deutschland alle 29 Jahre eine Sonnensinsternis zu erwarten, aber ein einzelner Ort wird nur selten von einer zentralen Finsternis berührt, etwa alle 250 Jahre, also nur viermal im Jah-tausend. Wir Menschen haben ja selten Gelegenheit, in die ferne Zukunft zu blicken, und so bereitet es denn ein eigentümliches Gefühl, wenn wir genau feststellen können, daß die bedeutendste Sonnenfinsternis des nächsten Jahrtausends in 8 00 Jahren zu erwarten ist. Lizentiat O. Schräder hat dieses denkwürdige Datum berechnet und teilt dar- über näheres im neuesten Heft der MonatsschriftDie Sterns" mit. Am 21. Juli 2726 tritt der Neumond um 12 Uhr 38 Minuten nachmittags«in, und zugleich befindet sich der Mond in allergrößter Erdennähe. Da nun zugleich die Sonne nur 3,30 Grad über ihre größte Erdennähe hinaus ist, sind damit die allergünstigsten Be- dingungen für eine große Totalfinsternis gegeben. Schon im Anfang, im anterikanifchen Teil des Atlantischen Ozeans , dauert die Totalität 3 Minute» 10 Sekunden: die Dauer steigert sich beim Fortschreiten des Mondschattens schnell. Gegen 11 Uhr vormittags erreicht die Finsternis das europäische Festland in der Bretagne , geht über Saint Mala und die Rormandi« ganz nahe an Paris vorüber und verläuft weiter über die Eampagnc nach Straßburg . Die Totalität;- dauer erreicht in unmittelbarer Nähe von Paris um 11� Uhr 20 Minuten die außerordentliche Dauer von 5 Minuten 52,5«ekun- den. Sie nimmt bei dem weiteren Gang der Finsternis durch Süd- deutschland noch zu, führt durch Oberbayern in der Richtung Mem minaen, Rosenhain, Reichenhall nach Oesterreich . In Biberoch wird die Finsternis beim Meridiansdurchaange im Höchststande der Sonne gesehe» und steigt zu vollen sechs Minuten. So wird also auch der 21. Juli 2726 für Süddeutschland ein großes Ereignis sein, denn hier wird man die bedeutendste Sonnensinsternis schauen, die man bisher berechnet hat. Die Herrlichkeit des Himmelsschauspiels wird noch dadurch gesteigert, daß der hellste Fixstern des Himmels, der Sirius, nur wenig über den Meridian hinaus tief unter der total verfinsterten Sonne aufleuchtet, während rechts oberhalb der Sonne, nahe dem Zenith, die hellstrahlende Capella erscheint. Die schönsten Planeten. Merkur , Iuviter und Venus , werden zu dieser Zeit in herrlicher Pracht am Firmament erstrahlen, ja daß der Verfasser wohl zum Schluß in den sehnsüchtigen Ruf ausbrechen kann:Glück- lich die Augen, wenn sie dies« Himmelserschcinung schauen werden!"