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In strenger Befolgung diefes Befehls ift denn auch von den Parteien des Bürgerblods jeder noch so bescheidene und forgfältig überlegte Antrag der Sozialdemokratie auf Ber­besserung des Aufwertungsrechts niedergestimmt worden. Die Sparkassen bleiben also auf die kleinen Reste ihrer ausgeliehenen Kapitalien angewiesen, die ihnen auf Grund des geltenden Auswertungsgesetzes zufließen. Auch bei der Anleiheaufwertung wird es dabei bleiben, daß die Spar­fassen durch das Auslosungssystem im Berlauf von 30 Jahren die fläglichen Reste der von ihnen gezeichneten vielen Mil­liarden tropfenweise hereinbekommen.

Nachdem so die Regierungsparteien die grundlegende Berbesserung der Sparkassenaufwertung vereitelt hatten, blieb nichts anderes übrig, als die im Gange befindliche Durchfüh rung der die Sparkassen betreffenden Gesezesvorschriften einer Prüfung zu unterziehen. Das ist von der Sozial­demokratie im Rechtsausschuß geschehen. Sie war es, die den von den größeren Ländern vorgeschriebenen Einheits­faz der Aufwertung von 12% Broz. beanstandete; sie war es, die eine allgemeine Heranziehung der Garanten zur Ver­stärkung der Teilungsmasse verlangte; sie war es, die sich gegen das schwere Unrecht wandte, daß die in entwerteter Bapiermart gemachten Rückzahlungen zum Nennwert auf Goldmarkeinzahlungen angerechnet werden; sie war es auch, die eine beschleunigte Auszahlung der Aufwertungsbeträge forderte. Zunächst ohne jeden Erfolg. Die Regierungs­parteien lehnten den sozialdemokratischen Antrag auf Um­rechnung der nach dem Rückwirkungsstichtag für die Hypo­thekenaufwertung( 15. Juni 1922) geleisteten Rückzahlungen in Goldmark glatt ab. Wenn schließlich Preußen und ihm folgend einige andere Länder, die einen Einheitssag von 12% Proz. festgesetzt hatten, sich bereit erklärten, diesen Saz fallen zu lassen und durch stärkere Inanspruchnahme der Sparfaffengaranten einen höheren Satz zu erstreben, so war das in erster Linie eine Frucht der sozialdemokratischen Be­mühungen.

Leicht ließe sich noch mehr zugunsten der Sparer erreichen, Leicht ließe sich noch mehr zugunsten der Sparer erreichen, wenn unserem Borschlag gefolgt worden wäre, nicht nur die Spartassen mit fleiner, sondern auch die mit großer Teilungsmasse zu Beiträgen zu verpflichten. Warum darf nicht bei fämtlichen deutschen   Sparkassen ein erheblicher Teil der Reingewinne, die sie seit der Martstabilisierung er zielt haben, für Aufwertungszwecke Verwendung finden? Dank der großen Spanne zwischen den Soll- und Habenzinsen waren diese Gewinne in der ersten Zeit nach Schaffung der festen Währung genau wie bei den Banten außerordentlich hoch. Sie hätten diese Höhe nie erreicht ohne die voraus­gegangene Währungstatastrophe, find also auf dem Rüden der 21tsparer gemacht worden. Es wäre darum nur recht und billig, bei allen Sparkassen wenigstens einen Teil dieser Gewinne für die Aufwertung der Guthaben der Altsparer zu verwenden. Die Regierungsparteien lehnten auch diesen Gedanken ab. Mit den Palliativanträgen, die sie in den letzten Tagen im Unterausschuß vorbereitet haben, ändern sie an der Sparkassenaufwertung herzlich wenig. Auf die fleinen Sparer werden sie damit also auch keinen Eindruck machen.

Lohnsteuererstattungen.

Der Voranschlag seit Monaten überschritten.

Im Jahre 1925 fetzte die Sozialdemokratie durch, daß zuviel gezahlte Lohnsteuer infolge Berdienstausfalls oder bei geringer Leftungsfähigkeit auf Antrag des Steuerpflichtigen   erstattet wird. Für das Jahr 1925 find auf Grund dieser Bestimmung an drei bis vier Millionen Lohnsteuerpflichtige insgesamt 53,6 millio= nen Mark Lohnsteuer zurückgezahlt worden. Diese Lohnsteuer­erstattungen haben auch für das Jahr 1926 große Bedeutung er­langt. Millionen Erwerbstätige, die im Laufe des Jahres 1926 nicht voll beschäftigt gewesen sind, aber während der Zeit ihrer Be schäftigung die vollen Lohnsteuerbeträge entrichtet hatten, erlangten einen Anspruch auf Rüderstattung der zuviel gezahlten Beträge.

Deutsches Schlummerlied.

Beißt du, wieviel Sodensterne stehen Ueber Deutschland putschbereit? Beißt du, wieviel Claße spähen, Bb   getommen ihre Zeit?

Ludendorff   hat sie gezählet, Daß ihm auch nicht einer fehlet, Wenn sein Tag herangenaht. Weißt du, wieviel Roßbachulfen Auf den Gütern einquartiert, Wieviel morsche Wicking- Hulken Consul Ehrhardt tommandiert?

Herr v. Keudell, der wird wadjen, Daß sie teinen Unfug machen, Daß fie alle artig sind,

Weißt du, wieviel Hitlerschelme Unsere Flagge zieh'n in Rot? Weißt du, wieviel Mordstahlhelme

Rüften zu der Freiheit Tod?

Schlafe, deutscher Michel, schlafe! Hindenburg   zählt seine Schafe Rennt auch dich und hat dich lieb... Mich. v. Lindenheden.

Hypnose."

Bon Dr. Werner Leibbrand.

Ju dem soeben abgelaufenen Duisburger   Kindermordprozeß er lebten wir wieder einmal die fenfationelle Bendung", die Mörderin fei von einem Untermieter aus Rache hypnotisiert worden, um das Berbrechen auszuführen. Die Berichte entbehrten nicht der Schilde rung einer theatralischen Dapertutto" oder Dr. Miratel"-Pose des angeblichen Hypnotiseurs, welcher als Samiel- Erscheine!" im Ge­büsch auftauchte.

| Die 3ahl der Anspruchsberechtigten war zweifellos im Jahre 1926 infolge der Maffenerwerbslosigkeit größer als im Jahre 1925. Die Höhe des Anspruchs im Einzelfall aber scheint geringer gewesen zu sein, weil inzwischen die Freigrenzen wesentlich erhöht, die Familien. beträge heraufgesetzt und die Steuerlast dadurch im einzelnen Fail vermindert worden ist. Da selbstverständlich niemals mehr erstattet werden kann, als an Lohnsteuer gezahlt ist, so mußte das in dem Gesamtbetrag der Rückerstattung zum Ausdrud tommen. Auf Grund der Angaben des Reichsfinanzministeriums sind für das Jahr 1926 bisher an Lohnsteuer erstattet worden: im Januar. 8,8 Millionen

Februar.

10

"

März

B

April Mai

15,5

16,7

T

10,6 5,7

Nichts von der Bersicherung des gefallenen Engels, bie Himm lischen könnten ihm nicht mehr imponieren, denn er habe sie nadi gefehen.

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Nichts von der dramatischen Szene, wie sich der lange blonde Urbahns- auch ein Gefallener zu den Himmlischen wandte, mit dem Finger auf den kleinen Scholem   wies und ausrief: Vor dem habt ihr doch gefagbudelt!" Sic transit gloria mundi! So vergeht der Ruhm der Welt!

Beflaggung der Polizeigebäude.

Ein Erlaß und eine Interpellation. Der preußische Minister des Innern teilt in einem Erlaß mit, daß die allgemeinen Runderlasse über die Beflaggung der Insgesamt sind also in diesen fünf Monaten 57,3 millio. Dienstgebäude auf Polizeiunterkünfte, Polizeischulen, Land­nen Lohnsteuer zurückgezahlt worden. Da noch Anträge unerledigt jägereischulen, Polizeipräsidien und Polizeiämter uneingeschränkte An­find, ist anzunehmen, daß der Gesamtbetrag etwa 60 Millionen Mart rendung finden. Ob die Beflaggung bei Polizeirevieren, Revier. erreichen wird. Diese Summe, durch die sicherlich manche Not im zweigstellen, Polizeiwachen, Landposten und Landjägereidienststellen Arbeiterhaushalt beseitigt worden ist, verdanten die Lohnmöglich oder empfehlenswert ist, entscheidet unter Beachtung der all. steuerpflichtigen der Arbeit der Sozialdemokra. gemeinen Runderlasse für die Polizeidienststellen der zuständige tie, ohne deren Drängen niemals eine solche Bestimmung geschaffen staatliche Polizeiverwalter, für die Landjägereidienststellen der zu worden wäre. ständige Landrat.

Rechnet man die zurückerstatteten Lohnsteuern dem ausgewiese nen monatlichen Ertrag der Lohnsteuer hinzu, so erhält man folgen­des Ergebnis: zurüd ausgewiefener Betrag Brutto- Ertrag erstattet in Millionen Mart

Januar. Februar

8,8

15,5

16,7

B

10,6

.

5,7

März April

Mai insgesamt. 57,3

103,6

79,7

81,4

91,8

100,0

456,5

112,4 95,2 98,1 102,4 105,7 513,8

Die Lohnsteuer bringt also bereits seit Monas ten mehr als den vorgesehenen Ertrag von 100 millionen monatlich. Lediglich die Monate Februar und März haben einen Minderertrag aufzuweisen, der auf besonde andere Zahlungstermine für die Entrichtung der Lohnsteuer an die ren Ursachen beruht. Berücksichtigt man außerdem, daß seit April Finanzämter gelten, so tann man annehmen, daß die nächsten Monate ein weiteres Steigen des Ertrages der Lohnsteuer bringen werden. Ist dies der Fall, dann wird sich der Reichstag   bald mit der Frage der Erhöhung der Freigrenzen und der Familienermäßigungen beschäftigen müssen.

Es war einmal..

Als sie vor Scholem   kazbuckelten.

Jetzt vor drei Jahren war der im Mai 1924 gewählte Infla tionsreichstag in seiner Sünden Juniblüte. Ganz vorne auf der äußersten Linken saßen Werner Scholem   und Ruth Fischer  und dirigierten das weltrevolutionäre Konzert.

Die Sozialdemokraten wunderten sich. Sie waren nämlich schon damals der Meinung, daß diese tatendurftigen jungen Leute zu Führern einer Arbeiterpartei nicht ganz geeignet seien. Sie wagten jogar, diese Meinung in aller Bescheidenheit zu äußern. Hei, wie wurden sie dafür von Koenen, Stoeder und Thälmann  beschimpft!

Dann

Gestern war Roenen Sprecher der Fraktion zum Straf gefeßentwurf. Die Fahne" berichtet darüber spaltenlang. aber heißt es: Nachdem der Abg. Scholem   für die sogenannten linfen Kommunisten die Haltung der KPD. für zu schwächlich er­flärt hat..., wird das Strafgesetzbuch einem besonderen Ausschuß überwiesen."

Sonst nichts!

Nichts von den wiederholten Erttärungen des ehemaligen Führers, die KPD  . sei völlig dem Reformismus verfallen und nur noch eine zweite sozialdemokratische Partei".

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Nichts von den streng marxistisch leninistisch, prinzipiell- tief­gründigen Ausführungen, in denen diese These besonders bewiesen

vor solchen Eventualitäten den Bürger schützen; im neuen Straf­gesetzbuch ist dies auch m. E. vorgesehen. Immerhin ist bekannt, daß schon die Veranlassung zum Diebstahl im Schlafzustand nicht

gelang.

Die Psychologie der laienhaften Hypnosevorstellung schließt aber geheime Wünsche ein, die einer aufklärenden Entzauberung bedürfen, ohne daß man dadurch der Hypnose als Heilmittel Abbruch tut. Die sensationelle Wendung" in Duisburg   war ein solcher heimlicher Wunsch.

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Tief eingeprägt in der menschlichen Seele, besonders des deutschen   Bürgers, ist der Autoritätsglaube", der Glaube an den allmächtigen Bauberer", den wir als Kinder anftaunten; er bringt den Gläubigen in völlige Passivität. Bon dem Kirchenliede Wer nur den lieben Gott läßt walten" über den Glauben an den be­rühmten Schulenburg mit seinem Jetzt ist Ruhe die erste Bürger­pflicht" bis zum Glauben an die Reichspräsidentenwahl, deren 3er gliederung Theodor Lessing   viel Unannehmlichkeit brachte, ist taum ein Schritt. Dieser Kinderglaube an den Bauberer" mag er Hitler  , Ludendorff oder Häuffer heißen verpflichtet so wenig. Man braucht sich nicht den Kopf zu zerbrechen, irgendwo hat ein Mensch in unfaßbarer Weise zwei Kinder ermordet, und schon schreit die Welt nach dem Bauberer", den man ersehnt, um ja der Sach­lichkeit" entgehen zu können. Das Tribunal wird zur Szene", das Publikum hat seine Sensation; wie schön wäre das alles; wir hätten feine vier kontradiktorischen Gutachten gebraucht. Gerade der aufgeklärte Zeitgenosse sollte sich gegen diese verdrängten Wünsche wehren. Wie oft glaubt das Bublifum, der Nervenarzt fönne plö liche Erregungszustände oder gar Geistesttanke durch den Zauber­blid" wie Werner Krauß   bannen; wie gerne gäbe der entmutigte Nervöse sich einem Dr. Caligari" hin. Alles dies sind Unsinnig feiten. Ihre psychologische Wurzel liegt in jener Sucht nach Un­verantwortlichkeit, in jenem Mangel an persönlichem Mut, der ge­bietet, selbst an der Gemeinschaft mitzuarbeiten; diese Art der Ruhe" ist heute feine Bürgerpflicht mehr, sondern ein Schaden für das teimende Gemeinschaftsgefühl, das unter blindem Barieren ausftirbt. Der Nervöse" tann nur gefunden, wenn er mit dem Arzt an der Aufklärung seiner Lebensinteressen arbeitet. Der Gemeinschafts­staat fann nur entstehen, wenn der Bürger die Verantwortung selbst übernimmt, um sich gegen autoritative Bauberer" in" Sachlichkeit" zu schützen.

Die Angst vor der Hypnoseverführung fann durch fein besseres Beispiel gebannt werden als durch jenen Versuch Lombrosos, der erst fürzlich von Hener berichtet wurde: Lombroso   suggerierte mit Die Organisation der deutschen   Tänzer. Die Eeftion für organisatorische Fragen auf dem Magdeburger   Tanzerfongreß beschloß am Mittwoch abend Erfolg einem Studenten in der Hypnose, er fei Napoleon  ; der Hyp- ben beutschen Zänzern den organisatorischen Anschluß an den Deutschen notisierte nahm auch sofort die typische Feldherrnstellung ein; als ihm Chorfänger- und Ballet- Berband zu empfehlen. Ueber die Form des aber befohlen wurde, einen Tagesbefehl auf eine Tafel zu schreiben, Anschlusses soll noch beraten werden. weigerte er sich und schrieb: Soldaten! Weil man jetzt dem Kaiser befehlen darf, etwas auf eine Tafel zu schreiben, lege ich mein Amt nieder! Napoleon."

Man soll die hypnotische Beeinflussung nicht unterschäzen; ein gemiffenloser Hypnotiseur tann Schaden stiften, und das Gefes müßte

In einer fleinen Anfrage des Genoffen Simon wird darauf hingewiesen, daß in der Schu potaserne Prinz- Friedrich- Karl. Straße Polizeiunterkunft Linden in Berlin   auf Anordnung des Polizeimajors Balzer im Haupteingang zur Polizeiunterkunft große Wandembleme des Eisernen Kreuzes   in Verbindung mit Lorbeerkränzen und acht schwarzweißroten Schleifen angebracht seien. Diese Anordnung schwarzweißroter Schleifen sei als eine Provokation der Republik   und als eine bewußte Heraus­fehrung der monarchistischen Gesinnung des Polizeimajors Balzer zu betrachten. Es wird gefragt, ob das Staatsministerium bereit sei, 1. die Bandembleme historisch getreu gestalten zu lassen( am schwarz­weißen Bande), 2. gegen Bolizeimajor Balzer bas Not­wendige zu veranlassen.

Sozialisten und Heeresreform.

In Paris   Mehrheit für den Gesezentwurf Boncours.

Paris  , 23. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Dem sozialistischen Bezirkstag des Seine- Departements, der zu dem am nächsten Sonn­tag stattfindenden Nationaltongreß über die Heeresreform Stellung nahm, lagen drei Entschließungen vor: 1. der äußersten Linken, die überhaupt jede Berteidigungspflicht für tie Sozialistische   Partei ablehnt; 2. 2. die des Delegierten 3yromski, der in dem Paul Boncour- Gesetz für die Arbeiter­tlaffe und den Sozialismus bedrohliche Vorschriften sieht und 3. die des Delegierten Kahn, die das Paul Boncour- Gesetz rückhaltslos billigt. Der Parteiführer Léon Blum   erklärte, daß man das Paul Boncour- Gesetz unverändert hinnehmen könne, daß man aber im Einverständnis mit der Parteileitung in den Ausführungsbestimmungen gewisse Garantien einführen könne. Die Abstimmung ergab eine Mehrheit von 1318 Stimmen für das Paul Boncour- Gesetz; 3yromsti erhielt 1253 Stimmen und der linke Flügel 386 Stimmen.

heißen

Mahraun und Sodenstern. Der Urteilsspruch im Prozeß Sodenstern- Mahraun wurde in unserer heutigen Morgenausgabe entstellt wiedergegeben. Ma hraun wurde so muß es richtig wegen übler Nachrede zu 300 M., Sodenstern wegen formaler Beleidigung zu 180 m. Geldstrafe verurteilt. Keudells Fufferkrippe. Wie BT. erfährt, ist der Regierungsrat Möller vom Finanzamt Charlottenburg  - Oft als persönlicher Hilfsarbeiter des Reichsministers des Innern v. Kendell und damit Ministerialdirektors v. Ramete in das Reichsinnenministerium berufen worden. Herr v. Keudell hat zur Bewältigung seiner Arbei­ten den dritten Hilfsarbeiter berufen. Man sagt in parlamenta rischen Streisen dazu, daß im Reichsinnenminifterium zurzeit der Bedarf an Hilfsarbeitern im umgekehrten Berhältnis zur praf­tischen Arbeitsleistung steht.

Er schweigt.

Bie tief betrübend für schwarzweißrot getigerte Herzen flingt die Meldung einer Telegraphenagentur: In den Tagen vom 14. bis 17. Juni waren auf Einladung des ehemaligen Kaisers eine Reihe deutscher   Gelehrter in Doorn  !" Jeder anständige Mensch schlucht in sein Taschentuch: Warum nicht im föniglichen Schloß zu Berlin  ? Wo bleiben denn die Mühlen, die bekanntlich langsam, aber desto sicherer mahlen und die in gewissen Zusammenhängen mit der Gerechtigkeit stehen? Wo? o? Einfam friert ein stiller Ber bannter in einem wohltemperierten Ausland. Seine Zähren tropfen, aber es gibt noch genug wackere Rauschebärte, die zu trocknen ver­stehen und wissen, was Mannestreue bedeutet.

Ein herrliches Gartenlaubenbild erscheint in Großaufnahme. Still und schlicht sitzt der hohe Verbannte in einem gut bürgerlichen Klubseffel, zwei Dackel vergnügen fich harmlos um die Stuhlbeine herum, und vielleicht knistert im Ramin sogar ein trauliches Feuer, die hohe Gemahlin stopft Socken, und Aeolsharfen spielen Tosellis Keine betreßte unvergeßliche Serenade. Bielleicht! Und davor? Dienerschar, teine Hofmarschälle, feine feilen Stlaven, die irgend­einen Gegenstand nach Verdis Rigoletto" höchstbietend verhandeln, o, nein, jeder Prunk ist diesem reinen Herzen fern. Der Blid schweift über ein herrliches Panorama gebeugter Rüden, ergreifend in ihrer rührenden Einfalt. Rücken, die den Führern der Nation gehören, also Männern, die hier wieder einmal Mannesstolz vor Königsthronen, in Sperrdrud, offerieren und die wissen, daß sie von der Republit immerhin ganz anständige Honorare taffieren dürfen und daß ihnen diese Huldigung darum nicht als Servilismus mit allen seinen liebenswürdigen Folgeerscheinungen ausgelegt merden fann. Leise klimpern die Orden unter den umgehängten ollsäcken. Hochgefühl flutet über steifgestärkte Hemdbrüste.

Und wovon spricht man? Vielleicht erörtert man die wichtige Frage, ob deutscher Seft doch letzten Endes beffer ist als franzö fischer? Vielleicht erinnert sich der erlauchte Verbannte daran, daß ihm ehemals Champagner mit einem deutschen   Etikett serviert wurde. D, pfui, so tönnen nur gemeine Seelen empfinden! Aber so denkt nicht er, der Unvergeßliche, und so denken nicht die sogenannten geistigen Führer der Nation, die sich hier ein Rendezvous geben. spricht nicht über Kaviar und Austern, über die subtilen Unterschiede Hier, in Doorn  , wird unentwegt gearbeitet, der Schweiß rinnt. Man zwischen Champagner und deutschem Sekt, nein, hier rührt man an die tiefsten unaussprechlichen Dinge, die ein Menschenherz bewegen tönnen.

Ilias, ber zusammenhang von Mythen und Lebensgefühle, der Aus­Die Lehre des Zoroaster, die Götterwelt und Mythologie der bau von Kultursammlungen und dazu Hesiod   als Dessert stehen zur Diskussion, werden von Meistern der Dialektik hin und her gewendet. Man hört die gesalbten Stimmen, das Tremolo der Rührung und Berehrung. Jeder will den anderen übertreffen, und er, der Wirt, fit da und schweigt. Er schweigt! Kaum glaublich! Kann man er­messen, was das heißt? Wie oft hat er über Babel und Bibel oder ähnliche Dinge gesprochen. Wie oft hat er Professoren beschämt. Eröffnung des weftdeutschen Tuberkulofeforschungsinftituts. Sm Sibungs­saal des Ständehauses in Düsseldorf   wurde heute mittag mit einer Ber  - Selbst sein Sohn weiß davon zu berichten! Jetzt sitzt er da und fammlung von Vertretern, von Trägern der Sozialversicherung in der schweigt. Wer ist imftande zu ermessen, welche Qualen er dabei Rheinprovinz  , der Provinzialversicherung, der Städte und Gemeinden leidet! Oder sollten die anderen geschwiegen haben? Handelt es fowie der berufenen ärztlichen Organisationen das weftdeutsche Zuberkulose- fich hier um einen Irrtum der Telegraphenagentur? Niemand erjohungsinstitut und das Rheuma  - Forschungsinstitut gegründet. meiß es! Alfred Arna