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Nr. 151
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Sonnabend, den 25. Juni 1927
Obstruktion in Preußen.
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auf dem Wege über
Die Deutsche Volkspartei will in die Regierung innen- und außenpolitische Sabotage.
Die Rechtspresse frohlockt über die Vorgänge im Preu| Bischen Landtag, obwohl fie allen Anlaß hätte, sich mit den geradezu jammervollen Zuständen in der Reichspolitit zu befassen. Sie frohlockt über eine sch were Niederlage der preußischen Staatsregierung", die angeblich durch die am Freitag erfolgte vorläufige Zurückziehung der Landgemeindeordnung hervorgerufen worden sein soll. Es fann nicht bestritten werden, daß es den Oppositionsparteien in den letzten Tagen gelungen ist, die Verabschiedung des Polizeibeamtengefeges und der Gefeße, die eine Regelung des Verhältnisses der preußischen Kommunen an der Elbe zum Gegenstand haben, um einige Tage zu ver= schleppen. Die Landgemeindeordnung aber ist teine Borlage der preußischen Staatsregierung. Es handelt sich um einen Ürantrag des Zentrums, das großen Wert auf die Beratung und Verabschiedung seines Antrages noch während der jezigen Session legte. Erst auf sein Drängen hin haben sich die Regierungsparteien entschlossen, die Beratung dieses Entwurfes auf die Tagesordnung zu fetzen. Niemals aber hat die preußische Regierung den Entwurf zu dem ihren gemacht, sie hat sich nur damit ein verstanden erklärt, daß er in der jezigen Form verhandelt wird und zur Berabschiedung gelangt.
Das Gerede von der Niederlage gründet sich also auf
Austlang der Reichstagsdebatte. Die Deutschnationalen für Stresemann. - Aufmarsch der Kommunistengruppen gegeneinander.
Die Reichstagsdebatte über die auswärtige Politik ist gestern zu Ende gegangen, ohne daß ein Vertreter der Deutschnationalen das Wort ergriffen hätte. Die sonst so redeluftige Fraktion scheint forporativ dem Trappistenorden beigetreten zu sein und ein Schweigegelöbnis abgelegt zu haben. Ein kommunistischer Mißtrauensantrag gegen Strese mann wurde von den Regierungsparteien und den Demofraten abgelehnt, während sich die Sozialdemokraten der Stimme enthielten.
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falsche Behauptungen der Rechtsparteien. Auch die Volkspartei und vor allem ihre Presse sind an diesen Behauptungen ſtart beteiligt. Das muß festgestellt und hervor gehoben werden, weil gerade prominente Führer der volksparteilichen Fraktion in Preußen erst in den letzten Tagen gegenüber den Regierungsparteien immer und immer wieder die Versicherung abgegeben haben, daß sie an den vorliegenden Gesezesarbeiten im Landtage positiv mit arbeiten würden. Angeblich hielten sie die schnelle und reibungslose Erledigung der zur Beratung stehenden Geseze ebenfalls für notwendig. Aber getan haben sie genau das Gegenteil.
Die Bolkspartei hat gegenüber wichtigen Gesezen, die Staatsnotwendigkeiten darstellen, gemeinsam mit Deutsch nationalen und Kommunisten Sabotage geübt. Sie hat obstruiert nicht nur gegen preußische Geseze, sondern zugleich gegen die amtliche Außenpolitik des Reiches. Ihre Sabotage gegenüber dem Polizeibeamtengesetz richtet sich weniger gegen die preußische Regierung als gegen ihren Parteifreund Stresemann .
Dabei lechzt die Volkspartei in Preußen geradezu nach einer Beteiligung an der Regierung und hat auch daraus gegenüber den Regierungsparteien in den letzten Tagen teinen Hehl gemacht. Ihr Berhalten aber zeigt, daß sie gegenwärtig meder foalitions noch verhandlungsfähig ist.
Seite unter ständiger Beteiligung von Vertretern der in Frage fommenden Industrien geführt worden sind, eine Einigung mit der internationalen Militärfommission über den Gesezentwurf zustande gekommen sei. Auch die Botschafterkonferenz hat dem Gefeßentwurf unter dem Vorbehalte zugestimmt, daß an seinem Wortlaut keine Aenderungen vorgenommen werden. An der Diskussion beteiligten sich die Abg. Da uch( D. Vp.), Graf Bernstorff( Dem.), Stampfer( S03.), Dr. Reichert( Dnat.), v. Raumer ( D. Bp.), Stöder( Romm.) und Kaas( 3.).
Einspruch nicht erhoben.
Nach Beendigung der Aussprache stellte der Vorsigende Abg. Wallraf( Dnat.) fest, daß angesichts der deutschen Zwangslage Don teiner Seite, mit Ausnahme der kommunistischen Fraktion, Einspruch gegen die Annahme des Gesetzes er hoben wurde.
Es folgte die Beratung des Gesezentwurfes über den deutsch italienischen Vergleichs- und Schiedsgerichts
Dertrag.
M
Die Ablehnung des Mißtrauensantrages durch die Deutschnationalen ist nicht darauf zurückzuführen, daß er von den Kommunisten gestellt war. Man denke an Preußen, wo die Rechte schon so oft für fommunistische Mißtrauensvoten gestimmt hat und wo sie auch jetzt wieder mit den Kommunisten gemeinsame Sache macht. Die Ablehnung des Mißtrauensvotums ist ein Bekenntnis der Deutschdirettor Dr. Gauß vom Auswärtigen Amt sowie die Abg. Hierzu sprachen Staatssekretär v. Schubert und Ministerialnationalen zu Stresemann . Abgesehen von dieser Abstimmung bekam die gestrige. Freytagh Loringhoven( Dnat.), Müller- Franken Sigung eine gewisse politische Bedeutung dadurch, daß sie( Soz.), Graf Bernstorff( Dem.) und Stöder( Komm.) von der 3eriplitterung des Kommunismus ein Ein Widerspruch gegen die Annahme des deutsch - italieninoch nie gesehenes Bild bot. Nachdem Stöder am Tage schen Vergleichs- und Schiedsgerichtsvertrages wurde nicht ge zuvor für die offiziellen Kommunisten gesprochen hatte, äußert. Sprachen gestern Ruth Fischer und Korsch gegen die Offiziellen, jedes für seine eigene Gruppe. Es gibt heute im Reichstag, je nachdem wie man rechnet, vier oder fünf kommunistische Gruppen, die jede ihr eigenes Programm hat
Nachdem noch verschiedene Petitionen behandelt worden waren, vertagte sich der Auswärtige Ausschuß.
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Regierung gegen Regierung.
Schiele gegen Stresemann , Curtius gegen Schiele.
Mit ungewohnter Energie, mit größter Beschleunigung und mit besonderer Feierlichkeit hat die deutsche Reichsregierung ihre Zustimmung zu den Beschlüssen der Genfer Weltwirtschaftsfonferenz ausgesprochen. Sie hat sich nicht damit begnügt, durch einen besonderen Kabinetts= beschluß diese Zustimmung festzulegen. Stresemann hat dann die Initiative ergriffen, um den Völkerbundsrat, die Regierungen der Welt, auf die uneingeschränkte Zustimmung festzulegen. Sein Eifer war so groß, daß der englische Außenminister, also der Vertreter eines Landes, das sich augenblicklich nicht mit Plänen für neue Zollerhöhung trägt, einige Vorbehalte glaubte machen zu müssen. So hat die deutsche Regierung in einer für die Weltpolitik entscheidenden Frage unter großem Beifall aller fortschrittlichen Kreise der ganzen Welt die Initiative für eine freiheitliche Wirtschaftspolitik ergriffen.
Bor wenigen Tagen hat nun die gleiche Reichsregierung dem Reichsrat die Vorlage unterbreitet, durch die der Kartoffelzoll von 50 Pf. auf eine Mart und der bisherige 3oll auf Schweinefleisch von 21 M. auf 32 M. erhöht wird. Die Erhöhung des 3 uderzolls von 10 auf 15 M. pro Doppelzentner ist gleichfalls in Vorbereitung. In ihren Beschlüssen über Handelspolitik und Handelsverträge fam die Weltwirtschaftskonferenz zu folgender Schlußfolgerung:
In Anbetracht,
daß die hohen und jederzeit veränderlichen Zölle, die von vielen Ländern erhoben werden, verderbliche Wirkungen auf Produktion und Handel ausüben;
daß es möglich ist, durch immer größere Erleichterungen für den internationalen Handel die wirtschaftlichen Grundbedingungen erheblich zu verbessern; in
daß die Zölle, obwohl sie der souveränen Gefeßgebung jedes Staates unterliegen, nicht allein nationale Interessen berühren, fondern einen großen Einfluß auf den Handel der ganzen Welt besigen; und
daß manche Gründe, die zu einer Erhöhung der Zölle und zur Schaffung neuer Handelsbeschränkungen geführt haben, seit dem Kriege in weitem Maße verschwunden find, und daß die Bedeutung anderer immer geringer wird;
proklamiert die Konferenz, daß der Augenblick gekommen ist, jeder neuen Ueberschreitung der Zolltarife ein Ende zu setzen und fich in entgegengesetter Richtung zu orientieren.
Stresemann hat in Genf besonderen Nachdruck auf den letzten Satz gelegt und erklärt, daß er selbst und die Reichsregierung ihm vorbehaltlos zustimmen. Acht Tage später proklamiert auf Befehl des Landbundes die Reichsregierung neue Zollerhöhungen! Stresemann. hatte feine Vorbehalte. Das war leider bedeutungslos, denn Herr Schiele hatte welche und hat sie durchgesetzt. Das ministers für nicht diskontfähig erklärt. Das haben Wort des deutschen Außenministers ist vor der Welt entwertet. Schiele hat die Unterschrift des deutschen Außendie Deutschnationalen , ob in der Regierung oder in der Opposition, noch immer getan. Das berührt aber den Reichskanzler, der die Richtlinien der Politik bestimmt, nicht weiter. Er hat ja die Anerkennung der Richtlinien durch die deutschnationale Fraktion in seinem Attenschrank. Er hütet sich freilich, das verstaubte Attenstück herauszuholen.
und die sich gegenseitig bekämpfen. Bon diefen Gruppen sind Krisenstimmung der französischen Sozialisten nomisch brauchte der miniſter des gambes gegenwärtig nicht
Dabei mag es für Herrn Stöcker besonders schmerzlich gewesen sein, daß Ruth Fischer ein volles Haus hatte, während er vor leeren Bänken sprechen mußte. Allerdings war von fachlichem Ernst der Zuhörer bei den Reden der streitenden Brüder und Schwestern nichts zu merken. Vielmehr betrachtete man das ganze als einen Riesenspaß, und jedesmal, wenn Ruth Fischer oder Korsch den offiziellen Kommunisten vorwarfen, daß auch sie nichts anderes feien als Sozialdemokraten, erdröhnte der Saal von Gelächter. Und in der Tat, wie jedes dieser Grüppchen bombastisch versichert, daß das Proletariat nur unter seiner Führung siegen werde- das ist eine Groteste ohnegleichen.
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Alle diese Leutchen sind vor zweieinhalb Jahren, im Dezember 1924, auf eine gemeinsame Liste gewählt worden. Jetzt schimpfen sie sich im Reichstag gegenseitig Verräter, und die Bürgerlichen halten sich den Bauch vor Lachen. Ift es nicht Zeit, daß die Arbeiter mit dieser ganzen Affenkomödie Schluß machen?
Das Kriegsgerätegesetz im Ausschuß. Im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages wurde unter dem Borsiz des Abg. Wallraf( Dnat.) zunächst der Gesezentwurf über Kriegsgerät behandelt.
Staatssekretär v. Schubert vom Auswärtigen Amt führte a. aus, daß nach jahrelangen Verhandlungen, die auf deutscher
Renaudels Rücktritt und Faures Rücktrittsdrohung.
Die Deutschnationalen müssen die Stunden ihrer Regierungsteilnahme nügen. Das erklärt die Eile, mit der sie den Wechsel des Herrn Stresemann protestiert haben; denn ökoLandes zu flagen. Das zeigen ein paar Zahlen. Es kostete: Ruder Roggen Kartoffeln Berl. Großhandels- Notierung tür Rohzuder Magd Rotierung per t per 8tr. p8tr.epfl.Steuer 168, Rm. 2,40 Nm. 9,25 Rm. 189,50 1,80 18,70 233,- 18,30 247,- 17,90 278,-
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Durchschn. Preis 1913. 20. Januar 1926 20. Dezember 1926 20. März 1927 20. Juni 1927 Steig. gegenüber 1913 um:
Die Auswirkung auf die Kleinhandelspreise ist folgende:
"
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H
3,20
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"
4,55
"
"
"
5,45
15,60
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"
66 Proz. 127 Proz.
70 Proz.
2 Pfd. Brot
in Pfg.
Kartoffeln Haushaltszuder per Pfd. per Bfd. in Pfg.
in Pfg.
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Paris , 24. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Der Nationalrat der sozialistischen Partei hält am kommenden Sonntag in Paris eine Sigung ab, der größere Bedeutung beizumessen ist, als ursprünglich geglaubt worden war. Auf der Tagesordnung steht das Gefeß, das die Organisation der Nation im Kriegsfalle regelt und das innerhalb der Partei großen Widerspruch hervorgerufen hat. Die hierdurch hervorgerufenen tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten werden auf dem außerordentlichen Kongreß des Nationalrats der sozialistischen Partei ausführlich zur Sprache tommen. Dabei ist es beinahe unvermeidlich, daß auch die krisen. hafte Situation, in der sich die sozialistische Partei befindet und die durch den Austritt Renaudels aus dem Parteivorstand ihren Ausdruck gefunden hat, debattiert wird. Außerdem dürfte ein Bericht des Abg. Compère- Morel über die Lage des Parteiorçans ordentlich stark zurüd gegangen ist, und schließlich wird man Bopulaire" zur Sprache fommen, dessen Leserzahl wieder außer. sich auch über den Rücktritt des Generalsekretärs der Partei Paul Faure unterhalten müssen. Den unmittelbaren Anlaß Wahrscheinlich wird das Brotgewicht noch weiter herabhierzu bildete der Konflikt zwischen Faure und der Gruppe um gesezt werden, so daß ein Zweipfundbrot über 50 Pf. tosten Bracke, die gegen eine von der Vorstandsmehrheit gefaßte Resolution wird. Die Rechtsregierung hat damit den höchsten Brotpreis im Populaire" eine Minderheitserklärung abgeben wollte. Bon produziert, der je unter einer deutschen Regierung da war! führenden Sozialisten werden große Anstrengungen gemacht, Baul Man sieht die Berteuerung der Lebenshal Faure zum Verzicht auf seine Demission zu bewegen. Alle Beiung der breiten Massen, damit ist aber die Steigerung der mühungen waren bisher jedoch vergeblich. Produktionskosten und die Verringerung der Konkurrenz- und
Durchschn. Preis 1913 20. Januar 1926 20. September 1926 Berteuerung gegenüber 1913 um: 64 Proz. 180 Proz. 80 Proz 20. April 1927 20. Juni 1927
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