Werden die Behörden eine allgemeine Waffensuche in Ahrens- darf und Umgebung abhalren? Es wird versichert, daß die Stahlhelmleute und Werwolsleute von Ahrensdorf den U e b e r f a l l auf das Reichsbanner ein- geübt haben. Sie haben schon mehrere Stunden vor der Bluttat das Reichsbanner erwartet und
riefen dem Veichsbannermann fofork zu:„Dich Hund schmeißen wir gleich runter vom Rad!" Ais der Angegriefene keine Antwort gab. riß Zemke dem Hossmann einen dicken Stock aus der Hand und hieb damit auf das Reichsbannermitglied ein. so daß er zu Boden fiel. Mö'röer Schmelzer im verhör. Die bisherige Vernehmung des Mörders durch den Kriminal- kommissar A p p e l t soll ergeben haben, daß der Mörder g e i st e s- g e st ö r t(!) sein soll. Zum Beweis dient ein Attest eines Arztes Dr. Götze aus Fiirstenwalde-Spree, das dos Ausstellungsdatum 3 0. Mai 1927 trägt und bei Schmelzer auffällige Nerven- schwäche bemerkt. Der alte Schmelzer soll dieses Attest zum Zwecke der Unterbringung seines Sohnes in ein« Anstalt angefordert haben, wußte also ganz genau, wie es mit seinem Sohne stand, der ja selbst seinen eigenen Vater schon oft tätlich bedroht hat. Und trotz dieses Umstandes läßt der alte Sch. sein Gewehr im offenen Schrank« stehen, sowie die Patronen offen liegen. Mehr noch: er soll nach der Aussage des Mörders den Sohn zum Schießen auf- gefordert haben! Der Mörder sagte bei der polizeilichen Vernehmung aus, daß er vor der Tat zwei Zigarren geraucht habe und deswegen so auf- geregt gewesen sei. Er beruft sich ferner darauf, daß er im Kriege verschüttet wurde, was eine 20prozentige Erwerbs- Unfähigkeit zur Folge hotte. Die bisherige Untersuchung hat ein- wandfrei und klar bewiesen, daß einmal die beiden Werwolsleute Zemke und H o f f m o n n den Reichs bannerkameraden ohne Grund tätlich angegriffen haben und ein anderes Mal, daß sich der Mörder Schmelzer nicht in Notwehr befand. Schmelzer zog zuerst mit einem alten Türtensäbel los, um später erst die Jagdflinte aus dem Hause zu holen, wobei er mindestens 200 Schritte zurückzugehen hatte, konnte also, wenn er sich be- droht fühlte, im Hause bleiben. Er ging jedoch wieder hinaus. ohne Eile, folgte ruhig dem langsam anfahrenden Auto, um dann zu schießen. Wie der Oberregierungsrat K u r tz i g als Vertreter des Ober- regierungspräsidenten Frankfurt a. b. O. mitteilte, wird die Unter» fuchung im Rohmen der Gesetze mit aller Straffheit geführt. Auch Landrat Breuer versicherte dieses. Insbesondere wird man unter- suchen, ob es sich hier um einen wohlüberlegten und wohl. vorbereiteten Ueberfall handelt. Im übrigen aber ist es der Gauleitung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold zu danken, daß die Untersuchung so schnell als möglich eingeleitet wurde. Daß die beiden eigentlichen Anstifter der Tat, der I7jährige Werwolfmann Zemke und der 18 Jahre alte Wer- wolfmann hoffmann aus Ahrensdorf noch in der Nacht aus den Betten heraus oerhaftet wurden, ist mit einem Mitglied des Gauvorstandes des Reichsbanners und einigen Pressevertretern zu danken, die noch in der Nacht die Fahrt noch Ahrensdorf antraten. Der zur gleichen Zeit in diesem Dorf ein- rreffende Oberleutnant der Landjägerei Kurth hat die Unter- suchung energisch geführt. Eine sofort vorgenonnnene Absuchung der Chaussee nach Patronen hatte Erfolg. Man fand zwei Reh- postenpatronen, die ohne Zweifel aus der Jagdflinte des Mörders stammen. Ein wohlvorbereiteter Ueberfall. Arensdorf— ei« Stahlhelm- und Werwolfparadies. Bereits im vorigen Jahre fand in Ahrensdorf ein Ueber- fall auf Reichsbannerleute statt, wobei, es mehrere Berwundete gab. In Ahrensdorf, Georgenthal, Falkenhagen , Pctershagen und Wil - hejmsdorf gehören fast alle Lauernsöhne dem Stahlhelm und dem Werwolf an. Organisator des Werwolfs in Ahrensdorf ist der Gutsbesitzer 0. Aloensleben. In G e 0 r g e n t h a l hat der Gutsbesitzer Schüler auf seinem Grundstück v e r st e ck t einen Schieß st and eingerichtet. Aus diesem Schießstand halten die Bauernsöhne aus der Gegend ihr Scharfschießen mit RUlitärgewehren ab.
Theater unö Politik. Zum Verlreterlag des Verbandes der deulsche« Volksbühnenvereine. Magdeburg , 26. Juni. Der zweite Verhandlungsiag brachte lebhaft bewegte Debatten, an denen sich neben den Delegierten eins Anzahl von Gästen be- teiligte. Das besonders aktuelle und umstrittene Thema„Theater und Politik" stand zur Erörterung. Den Auftakt machte ein Referat Julius Bads(Berlin ). Gewiß bestehen, so legt er dar, gewisse ursprüngliche innere Beziehungen zwischen Politik- und Theater. Aber das überall wirksame Prinzip der Arbeitsteilung grenzte die Bereiche mehr und mehr ab: die Politik entwickelte sich selbständig mit der Ausgabe, die äußeren Kräfte des Daseins zu ordnen, die Kunst mit der Mission, die Gefühlswelt durch die Macht des Rhythmus zu gestalten und zu beschwingen. Bei dieser Gliede- rung der Bereiche ergibt sich für die Volksbühnen die Verniittlung des künstlerischen Erlebnisses. Kein Erlebnis von künstlerischer Be- deutung darf ausgeschlossen bleiben, die Verantwortung vor einem politischen Forum ist abzulehnen. Kunst bedarf der Freiheit. Die Kunst ist nicht neutral, aber sie muß souverän sein. Natürlich gibt die Politik der Kunst ein ungeheures Stoffgebiet, und die Volts- bühne» haben den Werken mit politischem Gehalt vollste Aufmerk- samkeit zu schenken. Aber entscheidend muß die künstlerische Gc- staltung des Stofses sein. Ein„Theater der Gesinnung" im politischen Sinne wird immer zum parteipolitischen Theater führen. Es gibt aber auch eine„künstlerische Gesinnung", und die niuß in den Mittelpunkt gerückt werden. Bab verweist darauf, daß auch die Massen— selbst bei starken politischen Interessen— im allgemeinen im Theater von Politik wenig wissen wollten. Gewisse Literaten erklärten freilich immer, es handle sich dann eben um Spießbürger, nicht um Arbeiter. Aber das ändert an den Tatsachen nichts. Der Redner wendet sich dann noch gegen ein totes Theater, das nur Museuinsaufgaben erfüllt. Der jungen und jüngsten Dich- tung müsse besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Er spricht von den Keimen einer neuen Gemeinschaft, die aus der gemein- samen Hingabe an das Kunstwerk herauswachsen könnten. Er schließt mit einem stark wirkenden Bekenntnis zu dem Beruf der Volksbühne, unverwirrt durch politische Gesichtspunkt« nur der Schönheit— nicht im Sinne von Behaglichkeit und Nettigkeit, sondern im Sinne einer allgemeinen, überzeitlichen, zu höchsten Erhebungen führenden tünst- lertschen Kraft— zu dienen. In der Aussprache erhebt der als Gast anwesende E r n st Toller gegen die Volksbühnenbewegung den Vorwurf, daß sie die„Klarheit der Gesinnung" verloren habe. Das Drama müsse die gesellschaftlichen Kämpfe spiegeln, ohne daß es deshalb die Theorien des Proletkults zu übernehmen oder Schwarzweißmalerei zu treiben brauche. Doch käme es auf eine gewisse revolutionäre Atmosphäre als Ausdruck dumpfer Gefühle in der Arbeiterschaft an. Nebenher lief eine heftig« Polemik gegen die Leitung der Berliner Volksbühne wegen ihres Verhaltens gegenüber dem Regisseur Piscator.(Der bekanntlich eine Inszenierung ohne Wissen der Volks- bühne in den Dienst radikal-politischer Propaganda stellte und von
Manöver abgehallen. Auch Gewehre und sonstige Waffen sind schon stundenlang vor dem Ueberfall bereitgestellt worden. Nach diesen Schilderungen sind nicht nur die Verhafteten schuldig—, es hat sich darüber hinaus eine ganze Anzahl von Bewohnern von Ahrensdorf des Land- friede nsbruchs schuldig gemacht. Oer Mörder legt hastbefthwerüe ein! Gegen den Landwirt August Schmelzer ist vom Amts- gericht Frankfurt a. d. Oder die Haft verhängt worden. Schmelzer, der zugibt, den tödlichen Schuß abgegeben zu haben, hat Hoftbeschwerde eingereicht, über die das Landgericht Frank- surt a. d. Oder befinden wird. Ein Vertreter des Justiz- Ministeriums hat sich zur Besprechung des Sachverhalts mit den zuständigen Stellen nach Frankfurt begeben.
Aufammenftöße in llanüsberg. Provozierende Stahlhelmer. Bei dem F r 0 n t s 0 l d a t e n t 0 g, den der Landesverband Ostmark des Stahlhelms in Landsberg veranstaltete, kam es zu schweren Zusammen st ätzen mit Arbeitern infolge des provokatorischen Auftretens der Stahlhelmer. Die Arbeiterschaft, die am gleichen Tage ihr Gausportfest abhielt, brachte ihren Unmut über den Aufmarsch des Stahlhelms durch Protestrusc zum Ausdruck, worauf die Stahlhelmer eine wüste Schlägerei begannen. Auf beiden Seiten gab es eine größere Zahl von Verletzten, von denen einige ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Die Polizei, die sich sonst ziemlich passiv verhielt, verhaftete mehrere Arbeiter, ließ sie jedoch später wieder frei. Die Bevölkerung Landsbergs ist über das unglaublich brutale Vorgehen der Stohlhelmleute mit Recht erbittert.
$ür den Verfassungstag. Eine Stimme aus dem Zentrum. Köln , 27. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Für den Antrag der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, den Tag der Verfassung, den 11. August, zum gesetzlichen Feiertag zu erheben, setzt sich nun- mehr erfreulicherweise auch das Kölner offizielle Zentrumsblatt mit Entschiedenheit ein. Das Blatt betont, daß die Zeit jetzt reif fei, den 11. August zum deutschen Nationalfeiertag zu machen. Das Verfassungswert von Weimar fei das Dokument der Kraft eines zusammengebrochenen Voltes, das sich selbst wiedergefunden habe und das sich selbst die Wege einer Wiederausrichtung aus tiefstem politischen Elend geschaffen habe. Der Tag der Geburt eines solchen Werkes sei des Feierns durch- aus wert.
Der Kampf um Sie öefolöungsreform. Die Rechtsblockparteien gegen die Beamten. Der Ausschuß für den Reichshausholt setzte in der Montags- sitzung die Beratung der von den Sozialdemokraten, den Kommu- nisten und den Demokraten eingebrachten Anträge zur Beamten- besoldungsreform fort. Diesen Anträgen stand ein am Freitag gestelltes gemeinsamer Antrag der Regierungsparteien gegei.» über, der die Regierung ermächtigen will, den Beamten tunlichst bald, spätestens am 1. Oktober und 1. November, Abschlags- Zahlungen auf die Gehaltserhöhung zu bewilligen, falls die ge- setzlichc Regelung der neuen Besoldungsordnung bis dahin nicht er- ledigt sein sollte. In der Debatte begründeten die Genossen Stein topf und Seppe! noch einmal den sozialdemokratischen Antrag, der rück- wirkend vom 1. Zlpril 1927 ab den Besoldungsgruppen 1 bis 7
dem die Volksbühnenleitung dann abrückte. Red. d.„V.")— R. Seidel(Berlin ) erklärt— ebenfalls als Gast— die Lolks- bühnenbewegung für einen Zweig der allgemeinen Arbeiterb«- wegung, er betont aber, daß die Idee der Volksbühne nicht im Politischen gesucht werden dürfe, sonst seien Spaltungen unvermeid- (ich.— Prof. Z i e g l« r(Hannover ) setzt auseinander, daß in den Volksbühnen eine sozialistisch und eine„bürgerlich" bestimmte Masse vereinigt sei. Das Proletariat müsse den Besitz der älteren Kultur übernehmen, die bürgerliche Masse das, was von der prole- tarischen Welt an Werten hervorgebracht werde.— Prof. Marek (Breslau ) erklärt vom Standpunkt eines linksstehenden Sozialisten, daß er sehr wohl ein Zusammengehen mit dem kulturellen Liberalismus für möglich, daß er ihn sogar für erforderlich halte.— Dr. Kurf hoff(Berlin ) stellt fest, daß die Volksbühne gar nicht anders sein könne, als sie sei, und in dieser Gestalt auch vom Stand- punkt der kommenden Kunst aus bejaht werden müsse. Er bezeichnet sie alz„Podium der Kräfte".— H i l g e r(Auerbach) bringt die Anschauung eines Volksbühnenvertreters zur Geltung, der in einem kleinen Orr alle Kreis« von rechts bis links in seiner Orgunisation zu sammeln oermochte, und hätt es für notwendig, überall eine solche Gemeinschaft anzustreben.— Dr. Nestriepke(Berlin ) stellt zu- nächst einige sachliche Irrtümer Tollers in seiner Kritik an der Berliner Voltsbühne richtig und umreißt dann die„Idee" der Volks- bühnenbewegung. Er lehnt das politische Gesinnungstheater ab, be- kennt sich aber zu einer Kunstgestnnung und einer Kulturgesinnung. Jene verlange,' jedem großen und lebendigen Wert von künstlerischer Bedeutung Raum zu geben, diese fordere besondere Aufmerksamkeit für eine Kunst, in der die Idee einer neuen, freiheitlichen Gemein- Ichast zum Ausdruck komme. Er bestreitet, daß die Volksbühnenbe- wegung je ein politisches Gesinnungstheater gewollt habe. Ein« Abgrenzung gegenüber kulturreoktionären Kreisen sei nötig, aber zu verwerfen jede einseitige politische Festlegung.— Frau Z i l s (Breslau ) ist davon überzeugt, daß die Volksbühne sich nicht in den Dienst einer einzelnen radikalen Richtung stellen könne, sondern sich darauf beschränken müsse,„Zweckoerband" zu sein. Dann folgt das Schlußwort Bads, der noch einmal die Notwendigkeit der Kunst als Kriterium der Voltsbühne betont, aber darauf hinweist, daß die Volksbühne nach ihrem Aufbau und ihren Einrichtungen ja auch eine gewisse soziale und demokratische Tendenz besitze, die irur mit politischer Parteizugehörigkeit nichts zu tun Hab«. Bab schließt mit einer stark wirtenden Skizzierung der großen kulturellen Bedeutung der Bewegung. Nach kurzen geschäftlichen Erörterungen, die in einer einstimmi- gen Wiederwahl des Berbandsvor stände» gipseln, schließt der Vorsitzende Vaake die eigentlichen Verhandlungen. Er tut es, indem er zunächst— er gehört zu den Gründern der Berliner Bolksbühne— feststellt, wie wenig die Vertreter der Bewegung je ein politisches Gesinnungs- und Propagandatheater gewollt hätten. Di« Berliner Bolksbühne sei um 1890 aus der sozialistischen Ar- belterschaft herausgewachsen, aber nur, uni diesen Massen einen Anteil an den vorhandenen Kulturgütern zu sichern, und im übrigen eegen manchen Widerstand in der offiziellen sozialdemokratischen Partei. Baake betont, wie sehr die Debatten weitergeführt hätten; und daß sie möglich gewesen, sei vielleicht der beste Beweis für die Gesundheit der Bewegung, die wahrlich ein„Podium der
Vorauszahlungen in Höh« von 20 M. monatlich auf diet neue Bcscldungsordnung gewähren will. Für den Fall der Ab- lehnung dieses Antrages würden die Sozialdemokraten Zahlung der Zuschläge vom 1. Juli ab beantragen. Im Einklang mit den Rednern der bürgerlichen Parteien konnten die Sozialdemokralen dia Finanzlage der Länder nicht so schlecht ansehen. Das gehe doch auch daraus hervor, daß Baden, zum Teil auch Preußen, Hamburg und Bremen , ja selbst Kommunen wie Stettin mit den Besoldungs- erhöhungen bereits vorangegangen seien. Die preußische Landtagsfraktion sei, wie ausdrücklich bemerkt werde, mit dem Vor- gehen des Reiches einverstanden und werde ihrerseits sich anschließen, Auf den Vorwurf, daß die Opposition demagogische Anträge stelle, verlasen unsere Gegner eine Reihe von Anträgen, die vom Zentrum, den Deutschnationalen und der Voltspartei in früheren Jahren gc- stellt waren und fragten, welche Anträge demagogisch, welche sach- lich wären. In der Debatte kamen alle Fraktionen noch einmal mit mehreren Rednern zum Wort. Ohne daß die Debatte zum Abschluß kam, wurden die Verhond- lungen auf Freitag vertagt.__ Der Pfarrer tzell legt Berufung ein. Gegen die Strafen oder gegen die Begründung? München , den 27. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Gegen da» Urteil des Münchener Strafgerichts im Hell-Prozeß, das den„Vorwärts" mit 2000 M. und„Lachen Links" mit 1000 M. Geldstrafe belegte, hat der Pfarrer Hell Berufung eingelegt. Auch von den Verurteilten ist Berufung eingelegt worden.
Litauischer Terror. Sozialistenverhaftunge».— Kommunistenprozeffe. Kowno , 27. Juni. (OE.) In Krakunowo wurde der g e- samte Vorstand der sozialdemokratischen Orts- gruppe verhaftet. Im Kreise Birschi wurden serner die sozialdemokratischen Mitglieder des Kreisausschusses festge- nommen. Allen Verhafteten werden staatsfeindliche Umtriebe zur Last gelegt.— Das Kriegsgericht in Ponewesch verurteilt« den Soldaten Heinrich Segalowitschius wegen kommunistischer Propa- ganda in der Armee zum Tode. Der Staatspräsident hat auf ein Gesuch des Verurteilten hin die Todesstrafe in 20 Jahre Zucht, haus umgewandelt.
Naßregelung Trohki-Sinowjews. Sie sollen aus der Parteileitung entfernt werden. Moskau . 27. Juni. (Telegvaphenagentur der Sowjetunion .) Das Präsidium der Zentralkommission der Kommunistischen Parter beschloß, auf der bevorstehenden gemeinsamen Tagung des Zentral- komitees und der Zentraltontrolltommission die Frage des Aus- schlussesSinowjews und Tr 0 tz ki s aus der Zahl der Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei anzu- regen angesichts ihrer wiederholten Uebertretung der Par« teidifziplin und ihrer unausgesetzten fraktionellen Tätigkeit. Der Beschluß weist auf die Reden und parteifeind» liehen Aktionen Sinowjews und Trotztis in der letzten Zeit hin, und insbesondere auf das Auftreten Sinowjews in einer am 9. Mai außerhalb der Partei veranstalteten Bersommlung, in der er Ausfälle gegen das Zentralkomitee unternommen habe, ferner auf die Teilnahm« Trotzki » und Sinowjews an einer auf dem Moskauer Bahnhof unter dem Vorwand des Abschieds von dem Anhänger der Opposition S m i l g a, dem früheren stellvertretenden Vorsitzenden des staatlichen Planwirtfchaftskomitees veranstalteten Kundgebung, bei der Trotzt! an die Demonstranten eine Ansprache gerichtet habe. Der Beschluß hebt hervor, daß die Partei von den Führern der Oppo- siiion eine wirtliche Unterordnung unter den Parteiwillen nicht erreichen tonnte, daß die Opposition unter Führung oppositio- neller Mitglieder des Zentralkomitees eine fraktionll« Tätigkeit ent- wickele, die Parteieinheit untergrabe und ihre in der Erklärung vom 16. Ottober 1926 übernommene Verpflichtung, den Kampf einzustellen, vollkommen gebrochen Hab«.
Kräfte" sei. Wahrung des Erbgutes und Offensive für das Neue, beides könne und müsse zusammengehen. Ein Hoch aus die Volks- bühnenbewegung findet begeisterten Widerhall. Ein besonderes Erlebnis brachte dann der Sonnabendabend mit einer künstlerischen Veranstaltung in der neu erbauten maiestä- tischen Stadthalle. Bor 4000 Besuchern leitete hier das städtisch? Orchester unter Generalmusikdirektor B e ck mit einer Suite von Hindemilh Aufführungen von Sprech, und Bewegungschören ein. Der Sprechchor der Chemnitzer Volksbühne zeigte ein Werk seines Leiters Walter I l l i n g„A u f b r u ch d e s G e i st e s" mit starten theatralischen Wirtunyen. Ganz neue Sphären aber er, schlössen die Darbietungen des Sprach, und Beweg ungs- chors der Berliner Bolksbühne unter Leitung von Karl Logt und Berthe Trümpy , an denen sich auch die Tanz- gruppe Skoronel-Trümpy beteiligte. In Illings chorischem Weihespiel waren noch einige Klippen sichtbar, die aber das Gesamtwerk nicht zum Scheitern brächten. Die Jugend befreit das unterjochte Alter durch die Macht der sozialistischen Idee von seinen Fesseln, die Erdgeister strömen aus ihren Tiefen herauf und verbünden sich mit den Lebenden zu einen, Chor der Freude, in den auch der Zwingherr und Ausbeuter mit hineinge- rissen wird. Klingt hier noch vieles— auch sprachlich— an Goethes„Faust" an, so streiften die Darbietungen der Berliner Volksbühne, „E r w e ck u n g der Massen", ein reiner Sang- und Bewegungs- chor von Vera Skoronel , und das Spiel für bewegten Sprech- chor von Bruno Schönlank „Der gespaltene Mensch" die Bindung an die Vergangenheit völlig ab. Hier erst konnte das Spiel der bewegten Körper unmittelbar miterlebt und mitempfunden werden. Und als Schönlank auch noch die Zungen löste und die Ar- beitsmenschen unter der Fron des laufenden Bandes, die Arbeits. losen unter der Peitsche des Hungers, die Schuftenden als Ankläger der Drohnen, das Weltproletariat in den Ketten des Weltkapitals. und schließlich alle auseinandergerissen durch eine irrsinnige Gesell- schaftsordnung, die Mystik gegen ein« verflachend« und mechani- fierende Zivilisation und Amerikanisierung ausspielt, als den„Ge- fpaltenen Menschen" vor Augen führte mit seiner ungeheuren, elementaren Sehnsucht nach Einheit und Harmonie der Persönlich- keit— da fuhr es wie ein elektischer Schlag durch die Tausende. die die Stadthalle füllten. Da brach die Schranke nieder zwischen Bühne und Publikum: Da spürte jeder am eigenen Leibe, wie sich die Wirklichkeit zum Kunstwerk erhöhte und zum rhythmischen Er- lebnis zusammenballte. Der Berliner Sprech- und Bewegungschor lveckte diese auf ganz knappe Sätze, fast schon Schreie, gestellte Dichtung in hinreißender Art zum Leben. Unerhörter Rhythmus trägt die Worte und Bewegungen. Wie diese Schreie. Flüche, Ge- bete, Anpreisungen und Klagelieder durcheinandergellen,-wirbeln, -zucken, wie die Massen sich dazu wieder und wieder ballen, er- scheinen, durcheinanderströmen, im rhythmischen Spiele der Glieder an- und ausdeuten,— das gibt einen ganz großen Eindruck. * Am S 0 n n t ag früh fand in der gleichen Stadthalle eine über- füllte öffentliche Kundgebung von seltener Wucht und Gc, jchlossenheit stall. Der Lchrergesongverein eröffnete und schloß. Da-