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Mitglieder dieser Körperschaften sollen gewählt, das letzte Drittel von der Regierung ernannt werden. Die Vor fizenden werden gleichfalls von der Regierung ernannte, nur ihr verantwortliche und geradezu mit Allmacht ausgestattete Beamte sein, so daß den Landes- und Bezirksvertretungen faum mehr als die Bedeutung einer Dekoration zukommen wird. So dient die Verwaltungsreform dazu, die Selbstver­waltung von Grund auf zu zerstören. Gleichzeitig enthält die Borlage Polizeibestimmungen, die weit ärger find als alles, was es früher jemals selbst in den reaktionärsten Zeiten Desterreichs gegeben hat. Durch die Verschärfung und gefeßliche Festlegung der aus dem Jahre 1854 stammenden faiserlichen Verordnung, die unter dem Namen Prügelpatent" unrühmlichst bekannt ist, wird die Strafvollmacht in einem Maße gestärkt, daß damit die letzten Schranken der Polizeiwillkür   niedergerissen werden.

Die tiefe Unzufriedenheit über dieses Werk reaktionärsten Geistes verpflanzt sich bis in die Reihen der Anhänger der deutschen   Regierungsparteien und der Slowaken. Die deutsch­bürgerlichen Parteien versuchten anfangs, verlockt von der Aussicht, durch die Wahlrechtsverschlechterung den Einfluß der Arbeiter auch in den zu bildenden Verwaltungskörperschaften zu brechen, den Sturm zu besänftigen; aber es half nichts. So mußten sie wohl oder übel von der Regierung Aenderun­gen der Vorlage in nationaler, politischer und kultureller Hin­ficht fordern. Die Vorlage wanderte aus dem Verfassungs­ausschuß des Abgeordneetnhauses in die Geheimkammern der Koalition zurüd, von wo sie nach drei Monaten an den Aus­schuß zurückgelangte. In der Zwischenzeit wurde im Parla­ment ein anderes, gegen die Selbstverwaltung gerichtetes Gesetz beschlossen, das die finanzielle Selbständig­teit der Gemeinden und Bezirke aufhebt. Es ist dies das Gesetz betreffend die Finanzgebarung der Selbst­verwaltungskörper, das diese Körper, also vor allem die Ge­meindeverwaltungen, unter die Vormund­schaft einer Aufsichtsbehörde stellt und ihre Steuerrechte auf ein Minimum einschränkt, um sie an der Erfüllung ihrer sozialpolitischen und humanitären Aufgaben zu hindern.

An dem Entwurf der Verwaltungsreform sind einige Veränderungen vorgenommen worden, aber er ist ein solches Monstrum, eine solche Ausgeburt tollmütigster Reaktion, daß die vorgenommenen Abänderungen in ihrer Wirkung auf das Ganze nur der Wirkung von Schönheitspfläster­chen gleichkommen. Die Faffade ist ein wenig ausgebeffert, das Innere aber unberührt geblieben. Der Charakter des Gesetzes als der einer Maßnahme, durch die der gesamte Ber­waltungsmechanismus der tschechischen Bureaukratie in die Hände gespielt und die autonome Verwaltung, welche die erste Borauslegung für einen nationalen Ausgleich wäre, erdroffelt wird, dieser Charakter hat keine Veränderung erfahren. Sogar eine außerhalb des politischen Getriebes stehende Körperschaft, der kürzlich stattgefundene Deutsche   Ju­riftentag, hat vor der Verwaltungsreform, wie sie geplant ist, gewarnt, hat sorgfältige Vorbereitung und die vor­herige Anhörung von Theoretikern und Praftitern des Ver­waltungsrechts und der beteiligten Interessenkreise verlangt, was alles nicht geschehen ist. Unter Hinweis darauf, daß die neue Organisation der Verwaltung das friedliche Einver­nehmen aller Staatsbürger im Sinne der verfassungsmäßig zugeficherten Gleichberechtigung zum Ziel haben muß, hat der Deutsche Juristentag die Schaffung tunlichst einheitlicher, national getrennter Verwaltungskörper und Berwaltungs­sprengel, ferner die volle Wahrung und Sicherung der Sprachenrechte der nationalen Minderheiten verlangt und er hat betont, daß der vorliegende Entwurf diese Forderungen nicht erfülle. Aber auch die tschechischen Juristen haben über den Entwurf ein vernichtendes Urteil gefällt. Die Advokatenkammer für Böhmen   hat der Regierung ein Memo­randum überreicht, in dem die der oft jungen und lebens­unerfahrenen Beamtenschaft durch die Verwaltungsreform er­tten Bollmachten als für die Bevölkerung gefähr­ich erklärt werden, wie überhaupt das Gesetz- so heißt es

Der Sensationsprozeß.

Von Hans Bauer,

wörtlich­

- eine Rückkehr in die Zeiten des allerschrecklichsten Druces eines Polizei­staates" bedeute.

Bei alledem machen die deutschbürgerlichen Parteien mit. Die Hoffnung, daß die tschechisch- deutsche Koalition die Profit­interessen des Bürgertums wahren und die Sozialpolitit ab­bauen werde, macht sie taub gegen alle Vorstellungen. Die Genugtuung an der sozialen und politischen Unter­drückung läßt sie über die nationale Unterdrückung hinwegsehen. Die Opposition gegen das Gesetz ist eine ge­ringe, der Abwehrkampf wird allein von der Sozialdemo­fratie geführt. Der trockene Faschismus etabliert seine Herr­schaft in der tschechoslowakischen Republik. Wer dies zuerst und am stärksten zu beklagen Anlaß haben wird, das wird das deutsche Bürgertum und seine politischen Parteien sein, für die weder der Dank vom Hause Schwehla noch die Ab­rechnung durch die deutsche Wählerschaft ausbleiben wird.

Obstruktion gegen Durchpeitschung.

Prag  , 27. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Heute nachmittag tam es im Parlament bei der Eröffnung der Debatte über die Ber waltungsreform, durch welche im früheren Gaugesetz ent­haltene Anfäße einer gewissen Selbstverwaltung für die Minderheit in den Bezirken und Gauen restlos vernichtet und die Gewalt der Bureaukratie ins Ungemessene gesteigert wird, zu heftigen Kra­wallszenen. Trotz der Einwände der Opposition, die Vorlage nicht zu übereilen, beharrte die Koalition darauf, die Vorlage in wenigen Tagen zu erledigen. Die Opposition, namentlich die deutschen   Sozialdemokraten und Kommunisten beant­morteten dies Vorgehen mit einem scharfen Protest sturm, der sich in einem ununterbrochenen Pultdeckelkonzert, Pfeifen, Trom peten und Zwischenrufen äußerte. Dieser Lärm dauerte eine in­halb Stunden an, solange als der Referent Dr. Kramarich sein Referat zu halten sich bemühte.

ein Verdienst anrechnen, den Anschlag der Bürgerblodregie­rung auf die Mieter vorläufig abgewehrt zu haben. Auf An­trag der preußischen Regierung hat der Reichsrat die unter­breitete Abänderung des Kündigungsrechts abgelehnt und die Reichsregierung genötigt, die Vorlage zunächst zurückzuziehen und, um das Chaos eines vertragslosen Zustandes zu ver­meiden, von sich aus eine provisorische unveränderte Fort­dauer der geltenden Bestimmungen einen Monat zu beantragen. Der Reichsrat hat sich gestern damit einverstanden erklärt, der Reichstag   wird sich dem wahrscheinlich heute anschließen.

um

Eine Niederlage der Rechtsregierung, eine empfindliche Blamage. Sie muß vor der Deffentlichkeit zugestehen, daß sie dank ihrer sozialen Rücksichtslosigkeit und ihres taktischen Ungeschicks die Gefahr eines Chaos in der Mieterfrage herauf­beschworen hat. Aber die mieterfeindlichen Pläne der Reichs­regierung sind damit noch nicht endgültig erledigt. Sie wird dem Reichstag   zugleich mit dem Antrag auf provisorische Ber­längerung sowohl ihre bisherige Vorlage als auch den Stand­punft des Reichsrats, der sich für eine lückenlose Aufrecht­erhaltung des bisherigen Zustandes ausspricht, unterbreiten. Die Herren um Hergt, Schiele und Keudell hoffen offenbar, die Bürgerblockmehrheit im Reichstag gegen den Reichsrat ausspielen zu können. Sie provozieren einen Konflikt mit dem Reichsrat, sie scheuen nicht davor zurück, nach Ablauf der Verlängerungsfrist wieder mit leeren Händen dazustehen und so das Tohuwabohu in der Mieter­frage zu schaffen.

Der preußischen Regierung und den Parteien der Wei­marer Koalition ist es gelungen, die erste Attacke auf die schutzbedürftigen Mieter abzuschlagen. Ihre Aufgabe wird es bleiben, die wirtschaftlich Schwachen zu schützen.

Verlängerung um sechs Monate?

Der Sozialdemokratische Pressedienst meldet:

Nach dem Bekanntwerden der Absichten der Reichsregierung Für Abbau des Mehlzolls. haben noch einmal Berhandlungen der Regierungsparteien Sozialdemokratischer Antrag im Reichstag. mit der Regierung stattgefunden. Es verlautet, daß man dabei zu Durch den Ablauf des deutsch  - französischen Handelsvertrages dem Ergebnis gekommen jei, die Berlängerung der Mieter­droht eine wesentliche Berteuerung des Mehl- und Brot- chuhgefehe zunächst um sechs Monate vorzuschlagen. Man hat also anscheinend eingesehen, daß die Wachsamkeit der So­preises. In dem bisherigen französischen   Handelsvertrag betrug zialdemokratie im Interesse der Mieter die Verschlechterung des der Zoll 11,50 m. Nach Ablauf des Vertrages vom 1. Juli steigt Mieterschuhes sehr erschwert und die Regierungsparteien unter Um­er auf den Sah von 12,50 m., den die Rechtsmehrheit des Reichs­tages vor einiger Zeit gegen den Willen der Sozialdemokratie be- tänden gegenüber ihren eigenen Anhängern angesichts der nächsten schloffen hat. Um das zu verhindern, hat die Sozialdemo- Reichstagswahlen in eine schwierige Lage bringen wird. Die So­frafie im Reichstag   den Antrag eingebracht, den Sah wieder zialdemokratie verlangt die Verlängerung der Mieterschut wie früher auf 10,50 m. für den Doppelzentner festzusetzen. Da gesetze in unveränderter Form für zwei Jahre. Eile geboten ist, ist am Schluß der geftrigen Reichstagsfihung auf Antrag der Sozialdemokraten befchloffen worden, diesen Antrag in der Dienstagfihung dem Handelspolitischen Ausschuß des Reichstages zu überweisen.

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Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, wird die Vorlage der Regierung über die 3olländerungen noch in dieser Woche im Reichstag behandelt werden,

Um den Mieterschuh.

Preußen gegen das Reich. Ein Erfolg Ser Weimarer Koalition.

Die bestehende Mieterschutzgesetzgebung läuft am 1. Juli ab. Die Bürgerblockregierung hat nicht die Absicht, den bis­herigen Zustand aufrechtzuerhalten. Sie will den Mieter schuh   abbauen. Erfolgte der durch die Kündigung aus­gesprochene Räumungszwang bis jetzt erst nach der Bestäti­gung durch ein gerichtliches Urteil, so soll nach den Absichten der Reichsregierung zukünftig die einfache Kündi­gung genügen, um den Mieter auf die Straße zu sehen. Einer der wichtigsten Teile des Mieterschutzes würde damit beseitigt werden.

Die preußische Regierung und damit die Weimarer   Koalitionsparteien dürfen es sich als

um die Heldin des Sensationspöbels zu werden. Man hat im Wiener Gerichtssaal Pfui gerufen, als ein Zeuge gegen Frau Grojavescu aussagte, und man hat Hoch gerufen, als sie freigesprochen wurde. Eben das Publikum, das sich den Teufel darum schert und es ganz in der Ordnung findet, wenn etwa ein schlichtes, verkümmertes Ding für lange Zeit ins Zuchthaus wandern muß, weil es, in grenzenloser Verzweiflung, ihr Neugeborenes umgebracht hat, das hat längst für verschüttet gehaltene Minneinstinkte wach werden gefühlt und einen stumpfen, herzlosen Mord romantisch interpretiert.

Wir aber wissen, daß solche urteilslose Parteinahme für eine hysterische Frau und die Verniedlichung ihrer Untat nur die galante Kehrseite des bösartigen Spießers ist, der seine Beigerung, der Frau als Gefährtin anzuerkennen, durch ihre gelegentliche Bevorzugung prinzipielle Gleichberechtigung mit dem Mann einzuräumen und sie und Berhimmelung wettmachen zu fönnen glaubt.

Siebenschläfer!

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Es gibt mannigfache Wege, sich in das Herz eines Volkes zu schmeicheln. Eine völlig aussichtslose Sache ist natürlich wissenschaft liche und sonstige allgemeinnützliche Arbeit. Einfacher ist schon ein Flug über den Ozean oder eine andere verblüffende Sportleistung. Am raschesten und bequemsten reussieren aber noch immer Frauen, die ihren Mann um die Ecke bringen. Selbstverständlich gelten auch hier gewisse Vorbedingungen. Beispielsweise darf die Attentäterin kein von der Natur vernachlässigtes und den niederen Ständen an­gehörendes Menschenfind sein, das etwa, aus allen Herzenswunden blutend, sich um ihr bißchen Lebensglück betrogen sah und sich in ein paar verzweifelten Minuten zu einer Mordtat hinreißen ließ. So etwas kommt mit ein paar Zeilen in die Lokalchronik, und da han delt es sich um eine gewöhnliche Eifersuchtstragödie ohne alle Kom plikationen. Ganz anders wird die Sache, wenn eine Dame der Gesellschaft wie Frau Grosavescu zum Revolver greift. Ihre Tat verhält sich zur entsprechenden Tat eines Arbeitermädchens wie das Pistolenduell zum gemeinen Raufhandel: aus einem kriminellen Vor­gang ist eine psychologische Sensation geworden. Was ist doch diese Frau Grosavescu für ein kleiner, zerfahrener, unsympathischer Mensch! Keine gigantische Leidenschaft hat in ihr gelodert, die das Unverzeihliche verständlich hätte machen können. Sie hatte nicht die mindesten Bedenken, ihren ersten Mann zu ver­lassen, als sie Appetit auf einen anderen bekam, und hielt ihn nur noch für gut genug, ihr eine halbe Stunde vor der neuen Hochzeit eine größere Summe vorzustrecken, damit sie für ihren zweiten Mann Kleidung kaufen könne. Ihr zwölf Tage altes Kind verließ fie trop aller Warnungen der Aerzte. Sie war herrschsüchtig, tyrannisch, heimtückisch, knallte den angeblich so geliebten Mann hinterrücks nieder, nur weil er sie nicht mit nach Berlin   nehmen wollte, und brachte nicht einmal im Gerichtssaal die heroische Gebärde des aus Liebesirrsinn zur Mörderin gewordenen Weibes auf. Sie schwärzte, Meinlich- schäbig, den Gemordeten an, um sich zu entlasten. Alles an dieser Frau iſt deprimierend. Kein einziges großes, befreiendes Wort entströmte ihr. Lächerlich, mit welcher Verbissenheit sie Bert auf die Meinung der Umwelt legte, daß sie por ihrer Heirat mit Grofavescu niemals in intimen Situationen" mit ihm angetroffen worden sei. Häßlich, wie sie ihre vermeintliche Nebenbuhlerin ver­dächtigte! Das ist in jeder Faser ein wildgewordenes Kleinbürger­weib, ohne alle Tiefe, ohne allen Sturm der Gefühle, und wäre sie nicht gereizt und launisch, so wäre sie honett und reputierlich. Diese Frau hat niemals ernste Lebenssorgen gehabt, die ihr die Empfinde- sonderer Furcht erwartet. Darum ist die Feststellung erfreulich, daß feien vermutlich ausgetrieben hätten. Ein gelangweiltes Bourgeois- der Glaube an die Siebenschläfer trügerisch ist. dämchen, hohl, grillig, selbstsüchtig, unbeschwert von Verantwortung, vergriff sie sich ohne Notwendigkeit an einem Leben, das wertvoller

Der Tag der Siebenschläfer 27. Juni wird allgemein mit Bangen erwartet, da eine alte Bauernregel besagt, daß es sieben Wochen hintereinander regnen muß, wenn es am Tage der Sieben schläfer regnet. Dieser Tag ist aber nicht halb so schlimm, wie der Bolfsglaube haben will, denn tatsächlich liegt nicht die geringste Ver­anlassung dazu vor, daß der Regen an dem Lage dieser sieben Heiligen fieben Wochen Regen bringen muß. Der Ursprung dieses Glaubens, daß es fieben Wochen regnen muß, wenn es am Tage der Sieben­schläfer regnet, ist auf den ,, Ewigen Kalender  " zurückzuführen, den der Bamberger   Abt Mauricius Knauer im Jahre 1654 fertiggestellt hatte. Diesen Kalender benutzte im Jahre 1701 Chriftof von Hellwig, um aus ihm einen hundertjährigen Kalender zu machen, in dem er Wetter­prophezeiungen festlegte, die sich meist auf alte Bauernregeln ftüßten. Auf diese Weise entstanden eine Menge charakteristischer Tage, die an geblich für die kommende Witterung von entscheidendem Einfluß find. Da sich an diesen Tagen das Los" der kommenden Wochen ent­scheidet, so nennt man sie Lostage  . Der Ursprung dieses Glaubens geht bis in die ältesten Zeiten zurück, denn man findet schon in Indien  ähnliche Anschauung. Der 100 jährige Kalender ist eine Zusammen­fassung aller dieser Bauernregeln, die im Laufe der Jahrhunderte im Volksmunde entstanden sind und noch heute vielfach als maßgebend angesehen werden. Zu den bekanntesten Lostagen gehören die Lage der drei Eisheiligen", die ja, wie wir wissen, nicht zu Unrecht ihren Namen führen. Die anderen Lostage aber haben einen durch nichts begründeten Ruf, denn die meteorologische Wissenschaft weiß nichts davon, daß diese Tage tatsächlich wetterbestimmend find. Die Wetter lage ist augenblicklich höchst ungünstig. Da die sieben Wochen, die auf die Siebenschläfer folgen, die Reisezeit darstellen, so wird das Wetter an dem Tage der Siebenschläfer von Millionen Menschen mit be­

Finanzkrise in Bayern  .

Zusammenbruch der Gemeinden.

München  , 27. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Eine Reihe ge meindlicher Körperschaften in Bayern  , vor allem die Be­zirke, die unmittelbar vor dem finanziellen Zusammen­bruch stehen, wodurch allein Tausende gerade der ärmsten Volks­genoffen, die der öffentlichen Fürsorge zugewiesen find, aufs aller­schwerste betroffen und dem nackten Elend preisgegeben werden, haben in mehreren Fällen bereits die Zahlungsunfähigkeit der Bezirke erklärt, in anderen haben Bezirke, um ihre Fürsorge­verpflichtungen einhalten zu fönnen, zu unge jeglichen Maß­nahmen gegriffen. Da diese gefährliche Situation vor allem durch die fortwährende Verzögerung der Vorlage des innerbayeri fchen Finanzausgleichs( Regelung zwischen Staat und Ge­meinden) durch die bayerische Regierung selbst heraufbeschworen wurde, versucht die sozialdemokratische Fraktion durch eine im Land­tag eingebrachte Interpellation die Regierung zur Ent­scheidung zu bringen. Die tatastrophale Lage der gemeindlichen Körperschaften in Bayern   ergibt sich allein aus der Tatsache, daß 58 reichsunmittelbare Städte feit der Stabilisierung, also innerhalb dreier Jahre, eine Gesamtverschuldung von 360 Millionen Goldmark aufweisen.

Der preußische Gesamtkatalog. Das Fehlen einer deutschen  Zentralbibliothet, wie sie Frankreich   und England befizen, ist oft beklagt worden, und man hat schon früher erkannt, daß diesem Mangel nur durch das Schaffen zentraler Kataloge abgeholfen der thüringischen Bibliotheken zu schaffen. Treitschke   war es, der werden könne. Goethe erwog schon den Plan, einen Gesamtkatalog 1884 einen deutschen   Gesamtkatalog forderte; aber bei dem Versuch, diesen Plan durchzuführen, scheiterte die Verwirklichung an den Be denken der außerpreußischen Länder, besonders Bayerns  . So mußte man sich denn damit begnügen, die Schaffung eines Gesamtkatalogs der sämtlichen preußischen Staatsbibliotheken in Angriff zu nehmen. Diese Arbeit wird jekt seit einem Bierteljahrhundert gefördert, und sie ist nun soweit gediehen, daß an den Druck des Gesamt­Börsenblatt. Die Grundlage der ganzen Arbeit bildete der Zettel­tatalogs herangegangen werden kann. Ueber den Abschluß der Borarbeiten berichtet Bibliothetsrat Dr. Krabbe im Buchhändler­tatalog der Berliner   Staatsbiliothek, der abgeschrieben werden mußte, worauf die Abschriften bei den übrigen Bibliotheken zur Er­gänzung in Umlauf gesetzt wurden. Sämtliche Sendungen von A bis 3 find jetzt zurüdgefehrt, mit Ausnahme einer einzigen außer ordentlichen Sendung, dem Abschnitt Luther  ", und durch die Ge­schäftsstelle bei der Berliner   Staatsbibliothet bearbeitet worden. Diese etwa 2% Millionen alphabetisch geordneten 3ettel des Gesamtkatalogs bilden ein bibliographisches Hilfsmittel allerersten Ranges und bieten die Grundlage für die Arbeit des Auskunftsbureaus der deutschen   Bibliotheken, durch das alles An­fragen nach seltenen Werken erledigt werden. Von 10 000 solcher Nachfragen im letzten Jahr konnten fast 8000 pofitiv beantwortet werden. Um diese gewaltige Arbeit auch einem größeren Kreise zugänglich zu machen, soll nach Erledigung einiger noch notwendiger Borarbeiten mit dem Druck des ersten Bandes begonnen werden.

Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften hielt in Dresden   ihre ordentliche Hauptversammlung ab. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der die Notwendigkeit zum Aus­brud gebracht wird, daß alle öffentlichen und privaten Stellen sich die Förderung der Wissenschaften mindestens im gleichen Maße wie bisher angelegen sein lassen möchten. Dann hielt Prof. Dr. Baur­Berlin einen Vortrag über die experimentelle Erzeugung leistungs­fähiger Rassen unserer Kulturpflanzen. Er wies darauf hin, daß die Tragfähigkeit unserer Kulturpflanzen noch ganz erheblich gesteigert werden könne. Schon eine sicherlich erreichbare Ertragssteigerung unserer Getreidearten um 10 Proz. bedeutet für Deutschland   eine Mehreinnahme von 500 Millionen Mark im Jahr. Es handelt sich hierbei also um ein Problem von allergrößter volkswirtschaftlicher Bedeutung. Außer der Züchtung von Kombinationen weisen die Fortschritte der Bererbungswissenschaft noch andere neue Wege, wie die experimentelle Erzeugung von Riefenformen. Hier weiter zu arbeiten würde die ausschließliche Aufgabe des geplanten Forschungs­institutes für Züchtungskunde sein.

Das Ehezeugnis in Merifo. Die merikanische Regierung hat eine Verordnung erlassen, durch die das Chezeugnis obligatorisch gemacht wird. Rein Standesamt darf künftig eine Eheschließung vornehmen, ohne daß zusammen mit den sonst erforderlichen Bapieren Das 250 jährige Jubiläum der Universität wurde in 3nnsbrud eine Bescheinigung einer amtsärztlichen Stelle über die zureichende

war als ihres, Aber das alles find gerade die rechten Eigenschaften, feierlich begangen,

Gesundheit der Ehepaare vorgelegt wird,