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Vonnerstag 30.�nni 1927 Sei öer Giglin. von Fritz Müller- Partenkirchen  . (Schlutz.) Beim dritten Blindgang stieh ich einem Schutzmann vor den Bauch. So eiderdaunenhaft das auch geschah, er schrieb mich auf. .Wegen wegen" Hier stutzte sein Bleistift. Blindgehen mittels Federbetten war in di« polizeilich zu bestrasenden Laster damals noch nicht eingereiht. Mutiger geworden, neckte ich einen kleinen Dackel. Der kläffte das Bett an, als sei es der Mond. Wupp, fiel mein Bett über einen niederen Dorgartenzaun auf den Rasen. Der Dackel nach. Wütend biß er in die Hüll«. Federn stäubten. Plötzlich war der Hund verschwunden. Wie ein Wunder war es. Nur die Federn stäubten weiter. .Binden S' doch das Loch zu!' sagt« eine Frau. Ich fahre in die Tasche, Schnur heraus, ein Ohr gedreht und zugeschnürt! Aber wie ich das Federbett wieder auspacken will, ein neues Wunder es ist eine Strecke weiter. Es bewegt sich wie ein angetrenntes Stück der sturmgepeitschten See. Jetzt wogt es milder. Stille liegt«s. Wieder an zu atmen fängt es. Jetzt läuft es wild davon. Kein Zweifel mehr, der Motor da drinnen ist der Dackel, der keinen Aus- weg findet, wie er auch herumwühlt. Stumm, denn das wütende Gekläff ist federbetterstickt. Leute sammeln sich. Der ganze Zaun steht voll..Da» öerhexte Bett!' geht es von Mund zu Mund..Schaun'S' nur, wie es zappelt!".Es sollt' mich gar nicht wundern, weim's jetzt fliegen taat!".Wissen S' was? Ich glaub', da drinnen ist der Teufel!" .Jetzt fliegt's! Sie, Herr Iaager, brennen S' ihm eine Ladung auf den Pelz!" .Um Gotteswillen!" schrie ich..Frau Schrettle!" Alle wandten das Gesicht zu mir..Was hast denn, Büberl?" .Mei Bett, mei Bett!" All« rückten ab von mir:Dir g'hört des Teufelsbett?" .Freilich," sagte ich. Seltsam überkam mich plötzlich Fabulier- tust..Ein Zauberer bin ich, ein Bettzauberer!" Di« Leute glotzten mich an. Einer sagt«:.Was sagst? Ein Zauberer, sagst, bist? Ein Schwkndler bist!".Waldmann, pack ihn!" schrie ich. In zauber- haften Sprüngen kam das Bett heran. An dem Zaun suchte das Bett hochzuklettern. Es sah grausig aus. Die Leute stoben aus- einander. Das Bett lag ermüdet still. Ein Schutzmann tauchte auf. Es war der von vorhin. Er schaute streng über das Gitter..Das Bett kenne ich," sagte er. Wupp, sprang das Bett hoch und suchte blasenförmig durch den Zaun zu quellen. Da lief auch der Schutzmann davon. In der Richtung nach der St.-Anna-Kirche. Dielleicht, daß er den Weihwasserwedel holen wollte. Ich aber packte entschlosien mein Bett samt Inhalt und rettete es !n di« Erzgiehereistratze. Im Haus der Frau Schrettle schleppte ich es über drei Treppen. Auf den Versatztisch warf ich's.Tut mir leid," sagte Frau Schrettle,.für Betten, die so dreckig sind wie das, kann ich nichts*Dreckig?" sagte ich beleidigt,.mein Bett dreckig! Sagen S' dos nicht nochmal!"Drecket ist's!" schrie sie erbost. Frau Gigl hat g'sagt, ich muh mindestens dreißig Mark dafür" .Was, dreißig Mark für das dreckete Bett? Höchstens fünfzehn." Da» Bett begann sich zu rühren.Na, meinetwegen zwanzig," sagte Frau Schrettle ängstlich. Das Bett fing an zu hüpfen.Fünfund- zwanzig!" rief Frau Schrettle. Das Bett schlingerte schnurstracks auf Frau Schrettle zu. Angstschweiß brach ihr aus. Dreißig Mark schob sie mir zu:Da hast sie!" schrie sie. Wau, wau!" Die Schnur war aufgegangen. Der Dackel hatte Lust bekommen. Federübersät schoß sein Kopf hoch. Wie ein Bogel sah er aus. Frau Schrettle mußte lachen. Dann vernähte sie den Riß. Und die dreißig Mark behielt ich. O, wie habe ich auf dem Sofa gut geschlafen! Blind ins Land der Phantasie hineingeschlafc�i, wo aus strengen Wahrheitsholmen wunderholde Zauberlllgenblüten brechen und sich lächelnd neigen, mit dem schlanken Finger drohend: .Büberl. Büberl, daß d' mir keine Lug sagst!" Eine Woche später habe ich mit dem Wiedenhofer wieder blind gespielt. Abwechselnd führten wir einander. Auf einmal rannte er an eine Laterne. Dick quoll ihm«ine Beule über der Stirne..Das war für's Nichtabschreibenlafsen heute früh,' sagte ich. Flugs haut er mir ein« runter. Das sah ein fremder Herr und beutelte den Wiedenhofer furchtbar bei den Ohren.Recht bleibt Recht," wendet er sich zu mir,.der Lausbub soll dir nichts mehr tun." Starr sahen wir ihn beide an. spuckten einträchtig noch ihm und rannten fort. Er schaute uns empört nach. Ich erzählte es der Giglin.Hast ihn'troffen?" fragte sie. Ich nickte mechanisch.Dann ist's gut." sagte sie und ging an ihr« Arbeit. War das min recht, war's unrecht? dachte ich. wie laufen doch die Fäden durcheinander. Ziehst du an einem weißen, gehen die schwarzen mit, und zupfst du einen schwarzen, zittern alle weißen durch den Teppich. Einmal war der Gigl auswärt« in der Arbeit. Dort zahlt« man nur vierzehntägig. Der Bankrott war unvermeidlich. Sechs Pfennige Im Küchenschrank, ein Fünferl und einen Kupserpfennig, standen noch dazwischen. Da läutet es. Ich mache auf:Bitt' gar schon um a kleine Gab'.".Frau Gigl." sagte ich.ein Bettler, soll ich ihm den Pfennig?"Untersteh dich. Büberl." sagt sie. Bringest mich ins schönste G'red aus der Stell' gibst ihm das Fünferl!"Aber dann haben wir ja nur mehr*Halt's Maul, Büberl, das verstehst noch net wenn man nimmer schöne» » Ist, hat der Mensch verspielt wie wär's denn, wennst einmal in deiner Sparkass' nachschaun tatst?" Ich schaut« solange nach, bis ich zehn Nickel herausgeschaut hatte. Eine Mark?" sagte die Giglin,ist ja famos Büberl, sollst net umsonst heut Ferien hab'n. Jetzt machen wir uns einen feinen Tag." Ein ganzes Pfund Schafsleisch um 48 Pfennig holt« ich, dazu ein Mäßlein Kaitoffeln um 12 Pfennig, für 15 Pfennig Brot, für 5 Pfennig Zucker, für(5 Pfennig Butter, für 10 Pfennig ein Glas Bier, blieben von der Mark noch der Pfennig« vier. Siehst es," sagt« die Giglin vergnüat,siehst es, Büberl, nicht verzagt fein dann erst meint'« der Herrgott gut mit einem zu dem einen zu gibt's wieder fünf. Für den Fall, daß noch ein Bettler kpmmen tat und jetzt hol's Fleisch vom Ofen..." Wie es an diesem Tage geschmeckt hat, werde ich niemals von der Zungen- schtze bringen. Wieder kam ein langer, mörtclharter Winter. Dem Herrn Gigl aber ist er nicht mehr weh. Der hatte ausgemauert und war tot. Für die Giglin»nd kür mich stand es nun so: War was da, so war's ein Zeichen Gottes, recht vergnügt damit zu sein, soweit die armen Märklem eben langten. Wenn sie nicht mehr langten, war's erst recht ein Finger Gottes, jetzt gerade extra kreuzvcrgnügt zu sei». Leichtsinn hießen fie's im Hause und schlugen hinter uns das Kreuz. Ging's aufs letzte, sagte die Giglin:Büberl, freu dich, heut ist schulfrei."Schulfrei, davon weiß ich nichts."Kein Wunder, Tfchaperl, eben hat der Lehrer einen hergeschickt. Das ist «in Finger Gottes, Büberl, könntest dir bei Gebrüder Mayer was mit Botendienst verdienen, schäneräshalber, verstehst." Anderen Tages gab es ein Verhör am Pult:Worum bist du gestern weggeblieben?"Es war schulfrei." Die Klasie lachte. Wer hat dir das gesagt?" Die der ich sog's nicht." Nach der Stunde nahm er mich auf die Seite:Bub, du bist mein bester, und nun lügst du auch?"Ich nicht."Wer dann?" Die der ich sag'» nicht." Er schwieg lange. Endlich sagte Der Stanöesherr. .Rente für ölutzoll, örauthühner, Leibzehnten und ?uöenschutzzins bezieh' ich schon. Da fällt mir ein: Mein Ahnherr Eustachius?afomirgott hat. im dritten Kreuzzug einen /irm verloren. Gb ich dafür nicht Krlegsbefchädigtenrente beanspruche!" er:Du hast'« wohl schwer bei deiner Pflegemutter?"Nein, Herr Lehrer."Ich meine, daß es euch recht schlecht geht?" Uns geht's gut, Herr Lehrer."Merkwürdig, was man so von den Leuten über die- Frau Gigl hört"Die die wissen nichts von ihr."Ei, und du?"Ich ich bin bei ihr." Er nickte.Es muß euch aber doch nicht gut gehen, weil ihr dann und wann etwas versetzen müßt."Das das müssen mir nicht."Ei, et, versetzen tut man doch nicht zum Vergnügen!" Wir wir schon, Herr Lehrer, weil weil es Spaß macht." Spaß?" sagte er auf einmal streng,das müßtest du mir erst be» weisen, Bub." Da erzählte ich ihm die Geschichte mit dem Dackel- bett. Aber er mußte nicht lachen, sondern legte nur die Hand aus meinen Scheitel und sagt, es sei gut. Eines Tages aber ward ich aus der Giglin-Wohnung fortgeholt. Knall und Fall.Es ist eine Schande, was man von der Frau gehört hat," sagten sie,der Bub wär' meiner Seel' verkommen, und es war die höchst« Zeit..." Die höchste Zeit!" der Klang hatte sich mir eingeprägt. Ich sah die Giglin niemals wieder. Ich weiß, sie hat gelogen. Ich weiß, sie hat sich viel geplagt. Ich weiß, sie war ein Sammel- surium von Dingen, die als Schlechtigkeiten gelten. Und doch, wenn ich ihr heute in einer stillen Gaste begegnete schlecht oder recht, ich gäbe ihr«Inen rechten 5duß. Denn die Armut, die ich bei ihr kennen lernte, die mich bei ihr auf dem Schoß hielt, daß ich«s durch mich strömen fühlte Armut, meine liebe Armut, du warst meine gute Zeit, meine hohe Zeit, meine Höchste Zeit!" sie sollen recht behalten, die Gerechten, die mich damals aus der Gigl-Armut rissen, sollen recht behalten, wie die Giglin damals: schäneräshalber. Gebt Zeuer. Don Willy L c y. Aus der Schulzeit ist mir eine lustige Episode in der Erinnerung. Am letzten Tag« vor den Ferien wurde nämlich nicht gearbeitet, sondern gelesen, aus Büchern, di« von den Schülern mitgebracht wurden. Als schlechter Mensch, der ich damals schon war, hatte ich einen Bond der»aturwissenfchafllichen Märchen Karl Ewalds in der Mappe und zur Verlesung gelangte die Geschichte von der Ameise. Unser Primus verlas also mit breitem Schmunzeln, wie sich ein Buchfinkenpärchen mit einer alten Ameise unterhält und dabei auf die leckeren Amcisensuppen Appetit bekommt.Da kommandiert die alte Ameise:Erste Batterie.... zum Batterieschieben parat.... protzt ab..." Im selben Augenblick legten sich hundert Ameisen auf den Rücken und streckten den Hinterleib in die Luft. Feuer!" rief die alte Ameise. Hundert feine Strahlen stiegen empor und trafen den Buchfinken." Es war Ameisensäure.  --- Vellage des vorwärts Das war meine erste Bekanntschaft mit tierischer Schießwut. Es läßt sich darüber eine ganze Masse erzählen. Jedem Menschen ist das brave Kamel Südamerikas  , da» Lama, bekannt, weil es eine wenig ästhetische, dafür aber höchst sonderbare Waffe hat.Das Biest spuckt," wie manche? ehrbare Mann erfahren haben dürfte. Jedenfalls ist das Lama aber noch gar nichts gegen die Seewalzen oder die Holothurien, die zu den Stachelhäutern gehören und bei dem Experiment aus Gründlichkcitsgründen, oder vielleicht auch aus übertriebenem Raditalismus sämtliche Eingeweide gratis und franko dazugeben, was ihrer Gesundheit übrigens nichts schadet. Sind das alles mehr Schreckmittel als wirkliche Waffen, so haben wir bei den Schnecken eine Schießerei aus Liebe. Sogar mit einem richtigen, etwa zentimeterlangen Pfeil au» Kalkmasse, der bei der Be- .gattung unter schwirrendem Geräusch abgeschossen wird. Don Amors Pfeil darf man hier aber trotzdem nicht sprechen, denn man kann sich im Schneckenreiche auch noch verlieben, wenn der Pfeil schon ver- schössen ist. Es wird aber auch wirklich kriegsmäßig geschossen. Da haben wir in unseren märkischen Wäldern«in merkwürdiges Wesen. Es sitzt in einem kleinen selbstgegrabenen Sandtrichter und lauert. Und wenn eine unvorsichtige Ameise dem Rand« des Trichters zunahe kommt, fliegen Sandtörnchen von unten herauf, die die emsig« Waldarbeiterin vollends auf das abschüssige Gelände bringen rmd im Rachen des gierigen Räubers landen lassen. Der Ameisenlöwe ist es, der da unten sitzt, die Larv« eines Infektes, das im ausgewachsenen Zustand etwa wie eine Eintagsfliege aussieht. Das Verfahren erinnert lebhaft an zwei andere, sowohl vom Ameisenlöwen als auch untereinander grundverschieden« Tiere. Da sind zunächst di« japanischen Schützen- und Spritzsische zu nennen. Sie schwimmen voller Tücke, aber scheinbar friedfertig dicht unter der Wasseroberfläche, und wenn sie in die Nähe einer Wasserpflanze kommen, aus deren Stengel«in Insekt sitzt, werden sie scheinbar noch friedlicher. Sie pirschen sich ganz leise und vorsichtig näher heran-- und plötzlich geht ein Neiner vom Fisch ausgespuckter privater Wolken- bruch über das ahnungslose Kerbtier nieder, daß es allen Halt verliert, ins Wasser fällt und dort natürlich sofort mit aller Ruhe ver- schluckt wird. Di« anderen Tier«, an die ich dabei erinnert werde, sind die Chamäleone, die mit ihrer eigenen Zunge Weittchüsse von etwa 20 Zentimetern ausführen. Auch der Spelerpessalamander Italiens  , der sich noch dadurch auszeichnet, daß er kein« Lynge hat, geht mit einem Zungenlasso auf die Jagd. Es wird in allen Tiergruppen geschossen, die afrikanische Hals- bandschlange spuckt auf Meterweite, die mexikanische Krötenechse spritzt aus den Augenlidern Blut. Die große Tonnenschnecke des Mittel- meeres spritzt Schwefelsäure auf ihre Opfer, di« Seeigel, deren Panzer dadurch zerfressen wird; die Zitterfische, Zitteraal, Zitterrochen, Zitter­wels, teilen elektrische Schlag« aus. Das amerikanische Stinktier (Skunks  ) hat eine geradezu gemeingefährliche Stinkpistole und, ich nenne di« Gegensätze beieinander unser Bombardierkäfer arbeitel mit knallender Salpetersäure. Der Tintenfisch ist sogar doppelter Schütze, er schießt zunächst mit Wasser im Wasser, was ihm(ganz modern) nach Raketenprinzip durch di« Welt fegen läßt: und außerdem mit seiner Tinte, wenn er sich nämlich selbst aus der Tinte machen muß. Bei diesem Tintenfisch wird also bei drohender Gefahr die Lage verdunkelt, ein Krebs dagegen spritzt eine Leuchtflüssigkeit aus, in deren Helle er Untertaucht. Einer der tollsten unter den tierischen Schützen ist nun aber zweifellos ein sehr bekanntes und auch sehr humoristisches Tier, nämlich das Stachelschwein. Beim Altmeister der neueren Naturbc- fchreibung, dem gelehrten Schweizer Konrad G e s ne r, der lateinisch schrieb, dessen Bücher aber auch gleich ins Deutsche übertragen wurden, lesen wir:Dos Dornschwein, wenn es gejagt wird, so bringt es mit seiner Stimm zuwege, daß alle anderen seynesgleichen Dorn- schwein zusammenrüchlen, ihren Balg erschütten und zu den Hunden und Jägern gantz trutzlich mit iren Stachlen schießen: ist auch seyner Schüssen gantz und gar gewiß." Man wollte das lange nicht glauben. Aber es stimmt doch un- geführ, da»Dornschwein" richtet nämlich seine Stacheln bei Gefahr mit gewalligem Ruck auf. und da kann es denn leicht passieren, daß einig« der sehr lose sitzenden Kiele davonfliegen und sich irgendwo ein- bohren, wo sie durch den Hauttalg sogar noch vergiften können. Man könnte sich aber nichts Verrückteres denken, als die Schuß- waffen der Aeolosschnecken. Diese wundervollen durchscheinenden Nacktschnecken der warmen Meer« haben nämlich am ganzen Körper kleine Hautschläuche und wenn jemand versuchen will, ein Aeolis ab, zuknabbern, dann öffnen sich diese Schläuche und brenne» ganz erbärmlich. Das ist etwas, was wir schon von Quallen und Seerosen her kennen. Jetzt kommt's aber. Keine Schnecken, auch die Aeolidier nicht, können solche Nesselkapselu selbst erzeugen. Aber sie haben die Fähigkeit, Seerosen trotz aller VrennbaUerien zu fressen. Und diese Brcnnbatterien verwendet die Schnecke nachdem für sich! Die Natur ist eben immer bedeutend, auch wenn sie lügt. Pflanzenversuche statt Tierversuche. Sir Jagvdiz Bose, der be- kannte englisch« Pslanzenphysiolog«, hielt kürzlich in London   einen Vortrag, über den Mechanismus des Lebens vor einer Versammlung von Naturwissenschaftlern, in der auch Bernard Shaw   als aufmerk- sam lauschender Hörer vertreten war. Wie Bose, der Leiter des nach ihm benannten Forschungsinstituts in Kalkutta  , ausführte, hat ihn die Feststellung, daß das Leben der Pflanzen und der Tiere nach denselben Gesetzen ablaufe, zu der Entdeckung gesührt, daß eine Menge von Arzneimitteln in den Pflanzen verborgen sei, von denen wir uns bisher nichts träumen ließen. Der von ihm er- fundene neue Apparat, der diese Entdeckung ermöglicht hat, und der ungleich stärker ist als das stärkst« Mikroskop, zeigt Schritt fiir Schritt, wie gewisse Chemikalien auf das Gewebe von Pflanzen und Tieren wirken, und ermöglicht den Beweis, daß Tiere und Pflanzen in gleicher Weife in dem gleichen Grade auf diese Mittel reagieren. Auf seine Erfahrung gestutzt, glaubt sich Iapadis Bose zu der Pro- phezeiung berechtigt, daß in Zukunft die Pslanzen in der Frage der Vivisektion den Tierversuch erübrigen werden.Die Zeit nürd kommen," erklärte er unter dem Beifall der Versammelten,daß die meisten der Versuche, bei denen wir heute die Tiere nicht entbehren können, an Pslanzen gemacht werden. Im Organismus des Menschen gibt es nicht«, was nicht sein Analogon in der Pflanze hätte. Der Pslanzenverfuch wird es uns deshalb möglich machen, Schmerzen und Leiden der Menschen zu mildern." Pslanzen sind, wie Sir Iagadis Bole weiter ausführte, ein ungleich zuverlässigerer Gradmesser für die Wirkungen der Heilmittel auf den menschlichen Körper al» der Mensch selbst, und zwar deshalb, weil die Pflanze der Vorstellungskraft entbehrt und deshalb gegen die Autosuggestion gesichert ist. Der Redner erläuterte dies in seinem Vortrag durch zahl- reiche Filmbilder, di« den Beweis erbrachten, daß die Herzschläge verschiedener Pslanzen imd Tier« aus Reize genau in gleicher Weise reagieren. Man sah beispielsweis« die Herzschläge einer Mimose, die der Sonne ausgesetzt war, und konnte im Filmbild sehen, wie diese Schläge schwächer werden, wenn sich di« Sonne mit einer dünnen Wolke bedeckt«. Man sah den gleichen Effekt bei einer Karott«, di« der Chloroformnarkose unterzogen worden war. Di« gleiche Erscheinung zeigte auch Sellerie, die, wie der Redner erklärte, der Ermüdung besonders rasch erliegt.Ich habe weiter feststellen können," bemerkte Iagadis weiter,daß die Herzschläge von Pilan- zen schwächer werden und rasch ganz aushören nach der Injektion einer starken Dosis von Schlangengift, aber bald wieder aufleben, wenn eine zweite Einspritzung von Gift gemacht wird, was beweist. daß di« Wirkung eines Giftes durch die Gegenwirkung eines ande- ren neutralisiert werden kann..