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Abendausgabe

Nr. 30544. Jahrgang Ausgabe B Nr. 150

Bezugsbedingungen und Anzeigenpr eife sind in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292- 297 Tel- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  

10 Pfennig

Donnerstag

30. Juni 1927

Vorwärts=

Berliner   Dolksblatt

Berlag und Angetgenabteilunga Gefchäftszett bts 5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin   SW. 68, Cindenstraße& Fernsprecher: Dönhoff 292-287

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Weltwirtschaft und Zollpolitik.

Genosse Hilferding   rechnet mit dem Rechtsblock ab.

In der gemeinsamen Sigung des Auswärtigen, des Handels-| lichen und der städtischen Genossenschaften und über das landwirt­politischen und des Boltswirtschaftlichen Ausschusses des Reichstages schaftliche Bildungswesen sei zuzustimmen. am Donnerstag wurde die Aussprache über die Genfer  Weltwirtschaftstonferenz zunächst durch zwei Berichte

der

deutschen   Sachverständigen fortgesetzt. Minister a. Dr. Hermes referierte über die Agrarprobleme, während der Ver­treter der Arbeiterschaft, Genosse Eggert vom ADGB.  , die Auf­faffungen der Arbeiterfachverständigen wiedergab. Die Sozialdemo­fratie hat in dieser Sigung zum erftenmal offiziell zu den Ergeb. niffen der Genfer   Weltwirtschaftstonferenz Stellung genommen.

Als erster Diskussionsredner sprach Genosse Dr. Hilferding  . Der Zusammentritt der Weltwirtschaftskonferenz sei von der Sozialdemo­fratie begrüßt worden, er sei en Beweis für die internatio. male Berflechtung der nationalen Wirtschafts= fräfte der einzelnen Staaten, die ein Organ zur Regelung der internationalen Beziehungen erferberlich macht. Es sei bedauerlich, daß die Interessen der Arbeiterfasse auf der Konferenz zu schwach pertreten worden seien; die Zahl der Arbeitervertreter war viel zu gering.

Insbesondere treffe die deutsche Reichsregierung der Vorwurf, bei der Zusammensetzung der deutsden Delegation gegen das Prinzip der Parität verfoßen zu haben.

Bon den Ergebnissen er Konferenz fönne man im all. gemeinen befriedigt sein. In der Kartellfrage aber habe man eine zu große Zurückhaltung gebt. Wenn es auch richtig ist, daß eine internationale Kontrolle der Kartelle eine nationale Kon­

trolle vorausjege, so habe sig die Konferenz noch nicht einmal dazu aufschwingen fönnen, eine folche nationale Kartellgesetzgebung zu empfehlen. Die Entschließung über die Landwirtschaft zeige einen erfreulichen Fortschrit durch die Anerkennung, daß auch Lier die Gefeße der international Arbeitsteilung gelten. Auch den Beschlüssen über die Rotwendigte der genossenschaftlichen Organi­fation der Landwirtschaft, die direte Verbindung der landwirtschaft

Kein Handelsvertrag mit Frankreich  .

Die Frtführung der Verhandlungen. Zwischen Deutchland und Frankreich   läuft das letzte noch geltende Handelsprovisorium heute ab. Von morgen, den 1. Juli, an gelten im gegenseitigen Handelsverkehr die höchsten 3011säge. Diese Zustand ähnelt einem Wirtschaftstrieg, ist aber eus zwei Gründer nicht ganz als ein solcher zu bewerten. Einmal bleibt das jogenante Saarabtommen in Kraft, das den Güteraustausch de jetzt unter französischer Oberhoheit stehenden Saargebiets mit om deutschen   Mutterlande regelt. Zum anderen aber erfolgt nicht ein Abbruch der Verhandlungen, vielmehr er­klärten beide Deleationen in ihrem heute morgen veröffentlichten Kommuniqué überinstimmend, daß man den vertragslosen Zustand nur deshalb eintren lasse, weil ein vorläufiges Abkommen doch nicht mehr die stwendige Zustimmung der Barlamente finden würde, und weil an sofort in Verhandlungen auf breiterer

Basis" eintreterwolle.

Die Hauptbedeutung der Konferenz aber liege in ihren Be­schlüssen zur Handelspolitif. Die Reichsregierung habe ihnen zwar ausdrücklich zugestimmt, aber man müsse das für eine nug lose Geste halten, wenn maßgebende Regierungsorgane die Genfer   Beschlüsse unwidersprochen als Genfer Geschwäh" be­zeichnen dürfen. Zu diesem Zweifel trage auch bedauerlicherweise Die praktische Haltung der Reichsregierung zu den schwebenden Fragen der Zoll- und Handelspolitik wesentlich bei. Wenn der Minister Schiele den Beschlüssen des Kabinetts ausdrücklich zuge stimmt hat, trogdem er öffentlich stets das Gegenteil davon vertritt, dann hat er das sicherlich in dem Gedanken getan:

Reden ist Silber Schweigen ist Zollerhöhung!

Menschen, nicht Maßnahmen!

Zur Frage: Junglehrer und Lehrerverjüngung. Dreißigtausend junge Lehrer stehen vor den Toren un­ferer Schule und warten auf Einlaß. Arbeitslos- Schicksal unferer Zeit sagt die Regierung des Bürgerblods, sagen die schulfreundlichen" Rechtsparteien in Reich und Land. Arbeitslosigkeit überall, warum nicht auch hier? Ist es wirklich fo? Und muß es so sein?

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Dreißigtausend ältere, dreißigtausend überalterte Lehrer versperren den jungen den Weg. Sie sind Beamte, sie haben ihre wohlerworbenen Rechte schön. Man kann fie nicht entlassen, um ihren jungen Kollegen die Stelle frei­zumachen. Aber der Arbeitsmartt" auf dem Gebiete der Schule fällt ja nicht unter die tapitalistische Regel von An­gebot und Nachfrage. Eine Senkung der Klassen­frequenz, eine Berlängerung der Schulpflicht um ein Jahr schafft Raum für Tausende und fördert zugleich Erziehung und Heranbildung der Jugend der breiten Massen unferes Boltes.

Die Taten der Reichsregierung stehen also in schärfstem Wider- tein Problem der Arbeitslosigkeit schlechthin, spruch zu ihren Worten. Die Frage der Zollermäßigungen wird geprüft, die Zollerhöhungen aber durchgeführt.

Daher verlangt der sozialdemokratische Antrag, daß von jeder Erhöhung von 3ollsägen abgesehen und eine a II­gemeine Ermäßigung der deutschen   3ollfäße gemäß dem Beschluß der Weltwirtschaftskonferenz vorgesehen wird. Deutschland   wird aus seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht herauskommen, wenn nicht der Anfang mit der Beseitigung des herauskommen, wenn nicht der Anfang mit der Beseitigung des handelspolitischen Bettrüftens gemacht wird.

Uebertriebene Schutzzollpolitik ist nicht nur die Politik der anderen, sondern auch die Deutschlands  .

Die wirtschaftlichen Gegenfäge haben immer die Gefahr politischer Konflikte hervorgerufen. Dem müffe vorgebeugt werden. Wenn auch in Genf   nicht alles gefagt und beschlossen worden sei, was in dieser Beziehung notwendig ist, so sei doch das Beschlossene geeignet, die weltwirtschaftlichen Schwierigkeiten abzumildern.

Die Rede Hilferdings bildete die Grundlage für die weitere Distuffion, an der sich Bertreter fast aller Parteien beteiligten.

politik liegen diese sachlichen Gründe darin, daß es gelingen muß, möglichst auf lange Frist zwischen zwei Staaten enge Handels­beziehungen zu erreichen. Das aber lehnen gerade die Für sie besteht die sachliche Handelspolitik darin, die Einfuhr frem­grarier unter Führung des Herrn Schiele grundsäglich a b. der Waren abzuwehren, auch dann, wenn Deutschland   damit seine eigene Warenausfuhr und damit seinen Arbeitsmarkt schädigt. Daher ist die Kritit der Rechtspresse dahin auszulegen, daß man schon jetzt bei der Ankündigung neuer Verhandlungen deutsche Zu geständnisse auf dem Gebiete des Gartenbaues, der Wein-, Getreide­und Fleischeinfuhr um jeden Preis verhindern möchte. Gegen diese Bestrebungen, die auf eine Sabotage einer deutsch  - französischen das schärfste protestieren. Dem Reichswirtschaftsminister Wirtschaftsverständigung hinauslaufen, muß die Arbeiterschaft auf aber muß man es überlassen, wie er die Spannung mit Frant­reich und die Spannung innerhalb seines Kabinetts in dieser Frage überbrücken wird. Er trägt vor dem Bolte dafür die Verant wortung, daß seine wohlgesetzten Reden über die Notwendigkeit des internationalen Warenaustausches endlich einmal praktische handelspolitische Erfolge zeitigen. Mit den Wechseln auf einen Frei­handel in der Zukunft wird er jedenfalls nicht über den Mißerfolg handel in der Zukunft wird er jedenfalls nicht über den Mißerfolg hinwegtäuschen fönnen, der bisher den Berhandlungen mit Frant reich beschieden war, und der die fatastrophalsten Folgen zeitigen muß, wenn der pertragslose Buftand nicht bald überwunden wird. Bertagung der französisch  - belgischen Wirtschafts­verhandlungen.

Wenn somit ich nicht von einer ausgesprochenen Handelsfeind fchaft zwischen Titschland und Frankreich   die Rede sein kann, so bleibt der gegenuttige Buftand doch überaus charakteristisch für das fortgelegte a veren der deutschen   Handelspolitit, die es entgege, allen Zusagen und Bersprechungen nicht dahin gebracht hat, au. nur mit den wichtigsten unserer Abnehmerstaaten Handelsverträgeubzuschließen. Die fortgesetzten Quertreibe= reien der Coßagrarier gegen die deutsche Handelspolitik haben in den Seundschaftlichen" Bruch mit Frankreich   eine neue Paris  , 30. Juni.  ( WTB.) Nach einer vom Petit Journal" ver­Frucht getragen nachdem wir schon seit Jahr und Tag mit Polen   breiteten Meldung aus Brüssel   sind wegen der Wendung in den im Handelstrie stehen und nachdem die Wirtschaftsverhandlungen deutsch  - französischen Handelsvertragsverhandlungen mit Kanada   e Iglos geblieben sind. Für die gesamte Export- französischen Wirtschaftsverhandlungen vertagt worden. Wahrschein­die belgisch­industrie ergibt jedenfalls aus dem vertragslosen Zustand mit Frankreich   ein Rechtsunsicherheit, die zu einer Beeinträchti- lich würden sie nicht vor Ablauf mehrerer Monate wieder aufge­gung der Barenausfuhr führen muß. Denn niemand weiß, ob sich d Hoffnungen auf den baldigen Abschluß eines neuen

der Fall fein nn.

nommen werden.

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ein, die egotischen Wünsche einiger Interessen- Shanghai  , 30, Juni.  ( WTB.) Ein Funkspruch aus Hankau

Nein, das Problem der Junglehrernot unserer Tage ist kein Problem der wirtschaftlichen Depression, sondern eine Frage der Schulpolitit, eine Frage fulturellen Fortschrittwillens.

Es ist kein Geheimnis, daß ein großer Teil des jungen Lehrergeschlechts, der mit sehenden Augen durch Krieg und Revolution gewandert ist, sich mit vollem Herzen zu den Idealen der neuen Zeit bekennt, bereit ist, die Jugend im Geiste republikanischer und demokratischer Gesinnung, im Geiste der Bölferversöhnung und sozialem Gerechtigkeits­gefühl zu erziehen. Und es ist ebensowenig ein Geheimnis, daß 99 Proz. der alten und überalterten Lehrer in der Tret­denen jede innere und äußere Beziehung zu den großen ful­mühle des Berufs zu Schulbeamten geworden sind, turellen und sozialen Bewegungen unserer Zeit fehlt. Es ist mehr als ein Symptom, daß die Stadt Berlin   in ihrem dies jährigen Haushalt eine besondere Summe einstellen mußte für Kurse, in denen die Lehrerschaft in Wesen und Entwicklung der Arbeiterbewegung und in die Grundlagen des Margismus eingeführt werden soll, meil kein an­deres der Fortbildungsinstitute der Lehrerschaft sich bisher dieser Aufgabe angenommen hat.

Hier liegt der Schlüffel für die ausgesprochene Jung­lehrerfeindschaft aller Rechtsparteien, die durch die wohlwollendsten Worte nicht bemäntelt werden tann. unlängst den Parteien des Bürgerblods im Reichstag   zurufen Hier liegt der Schlüssel dafür, daß Genosse Sollmann erſt mußte: ,, Obwohl Ihnen das furchtbare Elend der Junglehrer und die furchtbare Zukunft unserer Schule genau bekannt ist und obwohl Sie im Lande, in der Bresse und auch hier im Hause mit bewegten Worten dieses Schicksal unserer Schule und der Junglehrer geschildert haben, so zeigt sich doch, daß Sie nun nicht einen Pfennig dafür übrig haben!"

Schule. Es handelt sich nicht nur um die Frage, wie viele Es geht nicht um die Lehrer allein, es geht um die tausend arbeitswilliger, arbeitsloser, junger Menschen ihrem Beruf erhalten bleiben oder wieder zugeführt werden können drängend zur Debatte, sondern es gilt den Kampf dagegen, -die Frage steht überall im Wirtschaftsleben genau sp daß bie fortschrittsfreudigsten, wegebahnen= den und wegeweisenden Kräfte Jahr um Jahr von der der Erziehung unserer Jugend ferngehalten merden. Nirgends jonst in anderen Berufen richtet sich die Spitze der Beschäftigungslosigkeit so ausschließlich gegen den jungen Nachwuchs, nirgends sonst bedeutet der arbeitslose oder nur halbbeschäftigte Nachwuchs eine solche Gefahr für die Ent­( widlung des gesamten Berufs. Alle schulreformerischen Maß­nahmen sind zwecklos, wenn die Männer und Frauen fehlen, die sich aus innerster Ueberzeugung heraus zu ihnen bekennen, die aus innerster Ueberzeugung heraus bereit sind, fie durchzuführen.

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Darum ist die Sozialdemokratie die Vorfämpferin für eine schnelle Eingliederung der Junglehrer in die Gemein­schaft der Boltserzieher geworden, darum tritt sie mit Selbstverständlichkeit für eine rasche Behebung der Junglehrer­not ein. Darum bedarf es bei ihr nicht erst der Rippenstöße von seiten der Selbstbetroffenen, um sie an ihre Pflicht zu Stöße bei den Parteien, die den Schulfortschritt nicht ollen, bisher nichts geholfen und werden auch in Zukunft nichts helfen. Wie praktische Arbeit für die Junglehrerschaft

mahnen. Und weil es so ist, darum haben auch diese Rippen­

Birtschaftsabtamens auch wirklich erfüllen werden, und wann das Die Sowjetleute müssen aus China   heraus! Jedenfallsetzen jetzt bereits auf beiden Seiten die Bestrebungen 24 Stunden- Ausweisung. Vormarsch der Südarmee. gruppen egen die Staatsinteressen beider Länder auszuspielen. Frankreich   rührt sich insbesondere der Weinbau, um größere ngeffionen zu erreichen, weil er seine Erzeugnisse alle Angehörigen der Sowjetunion  , soweit sie nicht beim im Rahmen der jezigen unzulänglichen Reichsgesetzgebung nach Deutschle ausführen will. Gegen diesen Wunsch wehren sich sowjetruffischen konsul beschäftigt find, das Land innerhalb aussieht, zeigt am besten das Beispiel Berlins  . Nicht 24 Stunden verlassen werden. Die Abreise Borodins, Winzer eines wesentlichen Teil ihrer politischen Demagogie beforetrussischen Beraters der Hankauregierung, wurde für gestern

n

ftreiten, und je auch den Gartenbau politisch vor ihren Karren Spannen worn. Rechtsgerichtete Zeitungen, wie der Tag" und bie Deuthe Tageszeitung", stellen denn auch schon heute die technischa Gründe, die zum vorläufigen Abbruch der Handels. beziehunger gefhrt haben, als minder wesentlich hin. Der Tag" fordert von de Franzosen den Minimaltarif für sämtliche deutschen   Ware mährend sich das Agrarierorgan darauf beschränkt, das scheinbar selbstverständliche auszusprechen, nämlich, daß die fachlichen ründe für den Abschluß oder die Ablehnung eines Handelsvertras maßgebend sein müssen. Das ist scheinbar felbft perständlich un doch vieldeutig. Für eine freihändlerische Handels­

befagt, daß auf das Ultimatum Tichiangtaifchets und Fengbjuhsiangs

abend erwartet.

Weitere Nachrichten melden, daß General Feng die Truppen Tichangtfolins an der Bahnlinie Peking  - Hankau zurückgeworfen hat. Ju gleicher Zeit marschiert General Tschiang an der Bahnlinie Tienffin- Pulau enflang auf Beking.

Hiernach ist die norgestrige Melbung von einer schmeren Nieder lage des Südens unbestätigt geblieben. Es hat sich mohl nur um eine Schlappe gehandelt, die auf dem Wege nach Europa   aufge­bauscht wurde.

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auch

Widerspruch festgestellt, daß die fozialdemokratische

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Schulverwaltung Berlins bisher am meisten für die Junglehrer getan habe. Sie hat sich weit über den Pflichtteil" hinaus zur Anstellung von Junglehrern ent­fchloffen nicht allein um der Junglehrer willen, sondern im Intereffe der ihrer Bermaltung unterstehenden Schulen. Alle Lehrkräfte, die mehr als zehn Dienstjahre vertretungs­meise an Berliner   Schulen beschäftigt waren, find restlos angestellt. Das nächste Ziel ist die Herablegung der zehn. jährigen Diätarzeit zunächst auf fieben Jahre. Dazu find jeweilig 270 Neuanstellungen erforderlich, die erstmalig im Herbst beschlossen worden find.

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