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Adelige Herrschaftsgelüfte.

Geständnisse einer schönen Seele.

Man darf nicht glauben, daß der Feudalismus fich   in Deutschland   schon gänzlich abgedankt fühlt. Im Gegenteil zeigt sich neuerdings wieder eine stark Propaganda für die Borrechte des Adels im Staate. So bekommt es ein Herr von der Goly fertig, im, Adelsblatt" folgende Zeilen zu schreiben:

In unseren Tagen hat der aus führenden Beamtenstellen ans­geschaltete preußische Adel die Pflicht, außerhalb des Staats­dienstes an das Bolt heranzukommen. Wie kann das geschehen? Der landeingesessene Adel wird den Wirtschaftsfampf bestehen, wenn die Landwirtschaft zusammenstehend mit allen erlaubten und möglichen Mitteln den heutigen Staat, in dem sie ein Staatim Staate sein muß, zwingt, ihren Interessen Rechnung zu tragen. Alle Politik ist Machtpolitif. Sie wird es fönnen und zugleich auch im altpreußischen Sinne handeln, wenn sie im Landbund, Werfgemeinschaft und Stahlhelm das gesamte Landvolk einschließlich aller Arbeiter hinter sich sammelt und ihr Führer wird.

Zusammenschluß des Landadels unter weitsichtigen, energischen Führern und Zusammenarbeit mit den in den Städten fest zu sammengeschlossenen vaterländischen Verbänden werden dem preu hischen Adel das Heft in Preußen wieder in die Hand geben und den Händen der Antipreußen Braun, Becker und Abegg entreißen."

Am erfreulichsten an diesem Geständnis einer schönen Geele ist seine Offenheit. Die arbeitenden Massen in Stadt und Land werden den herrschsüchtigen Adligen die richtige Antwort zu erteilen wiffen. Jedenfalls regt es sich schon jetzt in der deutschen   Bauernschaft. Schreibt doch die Pommersche Bauernzeitung":

,, Graf von der Goltz   entwickelt hier das Programm des Land­adels und Großgrundbesizes. Wir sehen hieraus, daß der Adel und Großgrundbesiß, der in fritischer Zeit versagt hat, jetzt mit allen Mitteln um die Macht kämpft. Als Werkzeug benutzt er, wie Graf von der Goltz offen zugibt, den Landbund. Es ist klar, daß bei der Entwicklung innerhalb des Landbundes der Großgrund befiz die Führung der Bauern durch selbstbewußte Bauern nicht will. Die Bauern, die vom Großgrundbesih heute noch im Landbund vor­geschoben werden, um sein wirkliches Ziel, die Erlangung der Macht, zu verschleiern, sind weiter nichts als Strohpuppen und Aus= hängeschilder."

Es wird jedenfalls auch für die Arbeiter und die fleinbürgerlichen Kreise, die heute noch im Banne der Rechtsparteien stehen, nicht wertlos sein, wenn sie er­fahren, daß sie lediglich als Strohpuppen und Aus­hängeschilder für die Bestrebungen der Feudalen dienen, ihre Sonderrechte in der Republik   zu erhalten.

Vortragsgemeinschaft nationaler Verbände.

,, Gegen die margistische Front." Stuttgart  , 1. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Der frühere deutschnationale Reichstagsabgeordnete Alfred Roth   versendet in feiner Eigenschaft als württembergischer Landesvorsitzender der Baterländischen Verbände einen Bettelbrief, aus dem ersicht­lich ist, daß die Verbände eine Vortragsgemeinschaft ge­Bitbet haben. Deren Aufgabe Joll es fein, im Tommenden Winter gegen bie margiftife 3 toni, bie nady Herrn Roths Beus Front", nach nis heute ungebrochen und im politischen Kampf siegreich dasteht, Den Rampf mit neuen Kräften aufzunehmen.

Der Brief läßt erkennen, daß Herr Roth sich durch seinen Aus­tritt aus der tatschnationalen Partei feineswegs aus dem poli­tischen Kampf zurückgezogen hat, sondern nunmehr für sich allein und vermutlich in Anlehnung an die völkische Bewegung vorgehen will.

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Hessen   warnt!

Byrds Ozeanflug.

Paris   überflogen!

nalaleliada sia Die unzulängliche Bodenorganisation.

Im Auftrage des Ministerpräsidenten hat der Präfekt des De­partements Calvados Byrd und seinen Begleitern die Glück­wünsche der Regierung zur Vollendung des Ozeanfluges ausge­sprochen, ebenso hat die französische   Regierung durch Vermittlung des hiesigen amerikanischen   Geschäftsträgers der Regierung der Ver­ einigten Staaten   ihre Glückwünsche ausgesprochen.

Glückwunsch Coolidges an Byrd.

Der erste mit drei Passagieren unternommene Ozeanflug ist be-| Meere niedergegangen. Die Flieger hatten im Nebel die Seine­endet. Commander Byrd, der Führer, hat Paris   im Nebel über- mündung gesucht und, da ihnen der Betriebsstoff ausgegangen war, flogen, und man muß es als eine besondere Tragik bezeichnen, daß darauf verzichten müssen, an der Küste zu landen. Mit Unter­unfichtiges Wetter ihn die Riesenstadt nicht erkennen ließ. Lange ftügung zweier Fischer fonnten sie in einem der mitgeführten Kaut­Sie haben vor­3Zeit sandte das Flugzeug funtentelegraphisch die Bitte, ihm einen schufboote wohlbehalten den Strand erreichen. geeigneten Flugplatz näher zu bezeichnen. Nach dieser Richtung läufig bei dem Adjunkten des Bürgermeisters von Ber- fur- Mer hin hat aber der Funkdienst restlos versagt. Die Beleuchtungs- Wohnung genommen. Der Upparat, der zurzeit von der Flut anlagen des Flugplages Le Bourget, die starkterzigen Scheinwerfer, größtenteils überspült wird, ist zuverlässig festgemacht. die Leuchtraketen und alle anderen Hilfsmittel der flugtechni schen Bodenorganisation haben bei dem über Frankreich  liegenden ungünstigen Wetter restlos versagt. Und so tam es, das Byrd Paris überflog, daß das Geräusch seiner Motoren von der vieltausendföpfigen Menge wahrgenommen und mit lautem Beifallsjubel begrüßt wurde und daß Byrd trotzdem sich wieder von feinem Ziel entfernte und über den Wolfen in nordwestlicher Rich­tung weiterflog und dann eine mit großem Geschick durchgeführte Landung im Kanal ausführte. Bei diesem Entschluß mag die Tat­fache mitgewirkt haben, daß Byrd die hügelige Oberflächengestaltung fache mitgewirkt haben, daß Byrd die hügelige Oberflächengestaltung Nordfrankreichs in Rechnung stellte und bei einem Durchstoßen der Wolkenschichten eine Katastrophe befürchten mußte. Wahrscheinlich ist auch sein Kartenmaterial über Nordfrankreich unzureichend ge= wesen, so daß der kühne Nordpolüberflieger in der Tat nichts Ge­schickteres unternehmen konnte, als auf dem Meer in unmittelbarer Nähe der Küste niederzugehen. Die fliegerische Leistung wird durch diesen legten Endes befriedigenden Abschluß des Fluges nicht beein­trächtigt. Byrd ist im ganzen etwa 43 Stunden in der Luft ge­wesen, aber bereits nach 34stündigem Fluge hatte er Frankreich  erreicht. Man darf hierbei fernerhin nicht vergessen, daß der ganze erreicht. Man darf hierbei fernerhin nicht vergessen, daß der ganze Flug außer Sicht der Erde über den Wolken vonstatten ging. Also auch nach dieser Richtung hin ist die navigatorische Leistung durch­auch nach dieser Richtung hin ist die navigatorische Leistung durch­aus anerkennenswert. Sicherlich wird dieser Flug die Veranlassung sein, die Bodenorganisation, die dem Flieger den Weg auf unbe­allen Umständen mit absoluter Sicherheit durchgeführt werden fannten Streden weisen soll, so umzugestalten, daß Flüge unter fönnen. Hier ist noch eines der wichtigsten Probleme des Verkehrs­flugwesens zu lösen.

Ueber den Flug liegen noch folgende Einzelmeldungen vor: Paris  , 1. Juli.  ( WTB.) Heute früh 2,32 Uhr, und nicht, wie zuerst gemeldet, um 5 Uhr, ist das Flugzeug Byrds 1800 Meter von Ber- fur- Mer und 300 meter von der Küste entfernt auf dem

periode in Kraft tritt. Für das Gesetz stimmten geschlossen|

nur Sozialdemokratie und Zentrum.

Weiter genehmigte der Landtag den neuen Staatsvertrag, be­treffend die preußisch- süddeutsche Klassenlotterie. Die süddeutschen Länder erhalten nunmehr auch einen Einfluß auf die Leitung der

Paris  , 1. Juli.  ( WIB.) Nach einer von der Abendpresse wiedergegebenen Meldung aus Washington   hat Präsident Coo­ lidge   an Byrd und seine Begleiter ein Glüdwunschtele. gramm gefchict, in dem er seiner Zuversicht Ausdruck gibt, daß der Flug der America zur Kenntnis der Bedingungen beitragen werde, die erforderlich seien, um einen fransatlantischen Handels­luftverkehr zu ermöglichen und ungefährlich zu gestalten.

Poincarés Glückwünsche an Byrd.

Paris  , 1. Juli.  ( TU.) Poincaré   hat heute vormittag den Chef feines Kabinetts, Ribier, zum amerikanischen   Geschäfts­träger gefandt und ihn gebeten, die Glückwünsche der französischen  Republik   für den kühnen Ozeanflug Byrds zu übermitteln. Auf Anfrage erklärte die amerikanische   Botschaft in Paris  , daß ihr noch feinerlei Mitteilung aus Ber- sur- Mer vorliege und daß es völlig ungewiß sei, wann die Flieger in Paris   eintreffen würden.

Der Flug Madagaskar  - Mozambique   mißglückt.

Paris  , 1. Juli.  ( WTB.) Wie das französische   Kolonialmini­sterium mitteilt, ist der Major Dagnaug, der von Madagaskar  nach Mozambique   fliegen wollte, infolge Motorschadens ge­zwungen gewesen, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Tananarivo  zu landen.

gegen die Republik   ausgesprochen. Er hat das Zustandekommen der

Republikverfassung und der Staatsform als verächtliches Mach wert bezeichnet, worüber sich Gott erbarmen solle. Das Reichsgericht hielt diese schwere Beleidigung nur als eine Kritik an dem Zustandekommen der Staatsform und

Klaffenlotterie, den sie bisher nicht, hatten. Baden erhält einen sprach diesen völkischen Verseumber frei.

Bertreter in der General- Lotteriedirektion. Die Gewinnbeteiligung richtet sich nicht mehr nach der Zahl der abgesetzten Lose, sondern nach der Zahl der Einwohner. Baden erhält einen Anteil von rund 4,1 Proz. des Reingewinns.

Schließlich stimmte der Landtag dem von der Regierung vor­

gelegten Gebäudesondersteuergeset zu, nachdem ab Mai die vom 1 April ab erfolgte Erhöhung der Mieten zu vier 1. Mai die vom 1, April ab erfolgte Erhöhung der Mieten zu vier Prozent weggesteuert werden soll. Der Rest soll dem Bermieter verbleiben. Der sich ergebende Steuermehrertrag foll im vollen Um­fange für Förderung des Wohnungsbaues verwendet werden. Ein Antrag, eine weitere Loderung der 3wangsmirt­schaft eintreten zu laffen, wurde gegen die Stimmen der Sozial­demokraten und Demokraten angenommen.

Es geht auch mit Reichsfahnen.

Die belehrten Heimattreuen. Der Rheinisch- westfälische Hauptverband heimattreuer Ost- und Westpreußen   hatte den Re­gierungspräsidenten Dr. Amelungen in Münster   gebeten, das Ehrenpräsidium einer großen ostdeutschen Kundgebung zu über­nehmen, die Mitte Juli in Herten   stattfinden sollte. Der Regierungs­präsident hatte die für einen republikanischen Beamten eigentlich felbstverständlich, aber leider noch längst nicht genug erhobene Be­bingung gestellt, daß die verfassungsmäßigen Fahnen der deutschen Republik bei der Rundgebung gezeigt werden müßten. Als sich der heimattreue Verband um die Erfüllung dieser Forderung zu drücken suchte, erklärte Dr. Amelungen mit aller Ent­fchiedenheit, daß er sich dann an der Rundgebung nicht beteiligen würde. Erst jetzt sah der Hauptvorstand heimattreuer Ost- und Westpreußen   ein, was seine nationale Pflicht war. Er erflärte nun, daß die Reichsflagge bei der Kundgebung gehißt werden würde, und daraufhin ist auch der Regierungspräsident dem Ehrenpräsidium bei­

Mittel Ser Länder für die Besoldungsreform. Darmstadt  , 1. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Finanzaus. schuß des Hessischen   Landtags faßte zu der Frage der Be­amtenbesoldung folgenden Beschluß: Der Finanzausschuß des Hessischen   Landtags richtet an die hessische Regierung das drin­gende Ersuchen, die Reichsregierung auf die verhängnisvollen Fol­gen hinzuweisen, die unbedingt eintreten müen, wenn das Reich eine allgemeine Erhöhung der Beamtenbesoldungen beschließt, ohne den Ländern und Gemeinden die Mittel zu überweisen, die erforderlich sind, um die für die Reichsbeamten beschlossene Be­foldungserhöhung auch für die Beamten der Länder und Gemeinden durchzuführen. Insbesondere ist Hessen  , dessen durch die Besetzung verursachte Finanzlage allgemein bekannt ist und dessen Länder­und Gemeindesteuern bereits in unerträglicher Weise angespannt find, in keiner Weise in der Lage, die Mittel für eine Besoldungsreform aus eigener Kraft aufzugetreten und will an der Eröffnung der Tagung teilnehmen. bringen. Das Land hätte, wenn das Reich seine Hilfe verwei­gert, nur die Wahl, entweder seinen Beamten die sehnlichst erwar­tete Berbefferung ihrer Lage zu versagen oder eine Finanzpolitik zu dulden, die zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß geben müßte."

Zu diesem Beschluß gaben die sozialdemokratischen Mitglieder des Finanzausschusses eine längere Erklärung ab, in der die Not der Beamtenschaft und die Notwendigkeit einer Besoldungsreform anerkannt, aber auch zugleich auf die Not der Arbeiter, An= gestellten, Gewerbetreibenden, Kleinbauern so­wie der Erwerbslojen, Sozial- und Kleinrentner hingewiesen wird. Es muß ein höheres Realeinkommen gefordert werden, das durch eine andere Zoll- und Steuerpolitik ermöglicht werden könnte. Für den Fall, daß die Reichsregierung dem Lande Hessen   nicht die genügenden Mittel zur Berfügung stellt, fündigen die sozialdemokratischen Mitglieder einen Antrag auf Er­höhung der Realsteuern des Landes an.

Das badische Landtagswahlgefeh. Besteuerung der Hausbesikergewinne. Karlsruhe  , 1. Juli.  ( Eigener Drahibericht.) Der Badische Landtag nahm am Freitag mit 43 gegen 23 Stimmen bei 3 Ent­haltungen in zweiter Lesung das neue Landtagswahl gesetz endgültig an. Gegenüber der ersten Lesung erfuhr der Gesezentwurf nur insofern eine Aenderung, als ein von der Sozial­demokratie und dem Zentrum eingebrachter Antrag angenommen wurde, wonach die Bestimmung, daß zur Einreichung eines gültigen Wahlvorschlages mindestens zwei Proz. der Wahlberechtigten des Kreises den Vorschlag unterschreiben müssen oder der Nachweis er­bracht werden muß, daß bei der letzten Wahl für die Partei oder Wählergruppe mindestens 30 000 Stimmen abgegeben worden sein müssen für jene Parteien oder Wählergruppen, die zurzeit im Land­tag vertreten sind, erst in der übernächsten Wahl.

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Es lohnte nicht, diesen Vorgang zu verzeichnen, zeigte er nicht, wie sehr es angebracht ist, wenn die Republikaner allerorts darauf bestehen, daß die Reichsfarben geehrt werden.

Aus dem Verleumderfumpf. 200 Mark Geldstrafe für wiederholte Verleumdung. Wegen Beleidigung des Genossen Kuttner durch einen groben | Schimpf- und Schmähartikel wurde am Freitag der verantwortliche Redakteur des Deutschen Vorwärts", Oskar Krüger, vom Einzel­richter des Amtsgerichts Berlin- Tempelhof zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt. Dem Kläger wurde die Publikationsbefugnis zuge­sprochen. Krüger war bereits in einer anderen Sache vor mehreren Monaten, ebenfalls wegen Verleumdung Kuttners, zu einer gleich hohen Geldstrafe verurteilt worden.

Der persönlich nicht erschienene und von einem Rechtsanwait vertretene Angeklagte hatte charakteristischerweise in einem Schrift. satz zugegeben, daß sein Blatt einen systematischen Kampf gegen den Kläger führe. Angesichts dieser und der weiteren Tatsache, daß Krüger nicht einmal versucht hatte, für seine Berleum­dungen Beweis- anzutreten, erscheint die verhängte Ciraje außer ordentlich niedrig. In seiner Urteilsbegründung nefe der Einzelrichter dem Angeklagten die angebliche ,, allgemeine Serrohung der Presse" als strafmildernd an, ohne zu bedenken, daß die Ver­rohung der nationalistischen Hezblätter durch solche Urteile geradezu privilegiert wird.

Aber das Reichsgericht spricht ganz frei. Ceipzig, 1. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Der 1. Straffenat beschäftigte sich am Freitag mit der Revision des Schriftleiters Karl Satlazed aus Dresden  , der vom dortigen Landgericht wegen Bergehens gegen§ 8 des Republifschutzgesetzes zu der niedrigen Strafe von 200 Mark Geldstrafe verurteilt worden war. Satlazed hatte in der Druckschrift Deutsche Wacht" die republikanische Staatsform verächtlich gemacht und schwere Beleidigungen

Späte Erkenntnis.

Das böse Beispiel der Ententemächte in China  während des Weltkrieges.

Das Pariser Journal des Débats" veröffentlicht in seiner Nummer vom 29. Juni einen Artikel aus Pefing, der mit einer geradezu aufsehenerregenden Offenheit bekennt, daß bie effe maligen aliiierten Mächte selbst schuld daran sind, daß das chinesische Volk jeden Respekt vor den Europäern verloren habe und fie jetzt in ihrem Leben und Eigentum bedrohe. Der Verfasser er­innert daran, daß es die Ententemächte waren, die im August 1917 die chinesische Regierung zwangen, Deutschland   und Desterreich­Ungarn den Krieg zu erklären. Damit erhielt China   automatisch wieder das Recht der Gerichtsbarkeit über die Staatsange­hörigen der Zentralmächte, zum Unterschied der Staatsangehörigen aller übrigen Länder:

,, Dies hatte zur Folge, daß jeder portugiesische Mischling in Matao weiter die absoluteste Erterritorialität genoß was in vielen Fällen gleichbedeutend war mit Straflosigkeit während Deutsche   und Desterreicher der chinesischen Gerichtsbarkeit anheim­fielen. Unter diesen befanden sich Gelehrte, Männer, die viel­fach durch das gesamte diplomatische Korps im gemeinsamen europäischen   Interesse zu Ehrenämtern gewählt worden Deutsche   und Oesterreicher   wurden interniert und deportiert, ihr Eigentum durfte fonfisziert werden. Als die Chinesen von den früheren deutschen   und österreichischen Kon­sulaten Besit ergriffen, mußten sie sich unwillkürlich sagen: Wann fommen die englischen, französischen, italienischen Kon­zeffionen an die Reihe?"

maren.

Sodann holt der Verfasser zu einer wuchtigen, wenn auch etwas verspäteten Selbstanklage aus:

Wir sind es, die den jetzigen Kriegsruf Rüdgabe der Kon­3effionen!" erzeugt haben, indem wir im Jahre 1917 den schicksals­fchweren Präzedenzfall schufen. Und als hätten die großen politischen Beschlüsse, deren Folgen wir heute verspüren, nicht genügt wir ergänzten sie durch niedrige Straßenschauspiele zur Erbauung der chinesischen Menge."

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Der Verfasser erinnert dabei an die Ermordung des deut­ schen   Gesandten in Beting von Ketteler im Jahre 1900, der als einziger diplomatischer Vertreter den Mut gehabt hatte, durch einen persönlichen, ihm zum Verhängnis gewordenen Besuch, die chinesi­fchen Behörden vor den Folgen des Boreraufstandes zu wernen. Nach der gemeinsamen Chinaegpedition hatten die europäischen  Mächte einmütig beschlossen, ein Erinnerungsmal an der Mordstelle durch die Chinesen errichten zu lassen:

,, Mehr noch als ein Denkmal für den mutigen Diplomaten, war dies eine dauernde Mahnung an die Chinesen Aber war Ketteler nicht ein Bo che? So dachten eines November­tages 1918 die internationalen Drüdeberger in Beting, als die Nachricht des Waffenstilistandes bekannt wurde. Und sie liefen nach der Hatamen- Straße und versuchten das Er­innerungsdenkmal zu sprengen. Es gelang ihnen zwar nicht. das Denkmal zu zerstören, sondern nur einige Säulen zu erschüt­tern, wodurch der Verkehr gefährdet wurde. Bald danach richteten die chinesischen Behörden eine einschmeichelnde Note an das diplomatische Korps, um ihm mitzuteilen, daß die Stadtverwaltung Beling bereit wäre, das Denkmal auf eigene Kosten zu ent fernen. Das diplomatische Korps gab daraufhin ohne Zögern seine Zustimmung, und das Erinnerungsdenkmal wurde in einen entlegenen Part, weit von der Stelle, wo Ketteler ermordet worden war, aufgestellt.

"

Der Verfasser wirft jodann den Mächten vor, daß sie viel zu spät den Chinesen die notwendigen Konzessionen in den Punkten gemacht hätten, wo ihre Sonderrechte offenfundig ver­altet und mißbräuchlich waren, während man nur dort einen ent­schiedenen Widerstand hätte leisten dürfen, wo es sich um das Wesen des europäischen   Ansehens handelte. Statt dessen habe man im Laufe der letzten Jahre nur im Dunkeln herumge­tappt. Der Verfaffer schließt seinen Artikel, der die Ueberschrift trägt: Wir haben es felbst gewollt!" mit den Worten: Was sich heute ereignet, ist nur die logische Folge der Saat, die wir selber unbewußt ausgestreut haben."

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