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Die beleidigten Offiziere der Hamburg  ".

Berufungsverfahren.

Heute morgen begann vor der Strafkammer des Landgerichts I die Berufungsverhandlung in der Samburg"- Beleidigungsfache gegen den früheren verantwortlichen Redakteur Ernst Reuter  , der in der ersten Instanz zu einer Geldstrafe von 500 Mark ver= urteilt worden war. Wie erinnerlich, hatte der Vorwärts" aus dem Karlsruher   Parteiblatt den Brief eines Offiziers vom Kreuzer Hamburg  " übernommen. Darin wurde den Offizieren ein despektierliches Verhalten gegenüber den Reichsfarben und mährend der Rede des Bürgermeisters von San Francisco   vorgeworfen, der fich sympathisch über die Deutsche Republik ausließ. Sowohl die Verteidigung als die Staatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil Be­rufung eingelegt. Das erste Urteil war insofern von Interesse, als das Gericht die in jenem Brief behaupteten Tatsachen als wahr unterstellt hatte.

Auf die Frage des Vorsitzenden, ob Genosse Reuter den Brief als auch den zweiten Artikel, der diesen Brief gloffierte, gelesen habe, erklärte Genosse Reuter, daß er den Artikel nicht gelesen haben fonnte, da er an dem fraglichen Morgen im Rathaus beschäftigt gewesen sei, jedoch die preßgesehliche Verantwortung übernehme. Rechtsanwalt Landsberg   stellt den Antrag, den Redakteur Victor Schiff   darüber zu vernehmen, daß Reuter den zweiten Artikel wirklich nicht gelesen haben konnte. Redakteur Schiff muß darauf den Saal verlassen, um evtl. später vernommen zu werden. Der Borsigende stellt darauf die Frage, aus welchem Grunde er den Brief für glaubhaft gehalten habe. Der Angeklagte: Der Brief ist zuerst in einer badifchen Zeitung erschienen, im Zusammenhang mit anderen Vorgängen mußte angenommen werden, daß er öffent­liches Interesse befize. Bors.: Wollen Sie nicht den Ver­fasser nennen? Anget: Nein.- Staatsanwalt:

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Welches Interesse hatte der Angeklagte, den Artikel zu veröffent­lichen? Stand er nicht in Verbindung mit der Flaggenverordnung? Der Angeklagte, Gen. Reuter, verneint dies. Der Staatsanwalt: Handelte es sich hier nicht um bestellte Arbeit, vielleicht der badischen Zeitung? Angel.: Bestellte Arbeit ist nach der Lage der Dinge vollkommen ausgeschlossen, sowohl für den Vorwärts" als auch für das Karlsruher   Blatt. R.-A. Lands= berg: Der Brief war an den Karlsruher Bolksfreund" als Familienbrief zur Verfügung gestellt worden. Staatsanwalt: Der Angeklagte hat immer noch nicht gefagt, was er mit der Veröffentlichung bezweckt hat. Wenn ihm daran gelegen war, die Offiziere zu beseitigen, so hätte er fich mit einer Klage an das Reichswehrministerium wenden fönnen. Hätte er sich nicht sagen müssen, daß durch die aufgestellten Behauptungen des Ansehen der Marine leiden würde? An= gefl.: Es unterliegt keinem Zweifel, daß von dem politischen Stand­Funft aus, auf dem der Vorwärts" steht, ein dringendes öffentliches Interesse vorlag, den Brief zum Abdruck zu bringen. Seit Jahren wird ein Kampf geführt, um alle Behörden zu veranlassen, die verfassungsmäßigen Farben zu respektieren. Bekanntlich haben bis heute noch die einen und die anderen Behörden fich dieser Forderung nicht angepaßt. Vom Standpunkt eines großen politischen Blattes war die Beröffentlichung unter solchen Umstän­den eine direkte Verpflichtung.

Bors. Haben Sie sich nicht sagen müssen, daß der Brief Be­leidigungen enthält? Angefl: Eine Beleidigung hat dem " Borwärts" vollständig ferngelegen. Ob eine Beleidigung in dem Brief enthalten ist, darüber können die Ansichten auseinander­gehen. Die Absicht des Vorwärts" ist gewesen, gewisse Ber= stöße gegen die Reichsfarben der Republik   zu rügen. Und man fann wohl sagen, daß durch den Kampf, den er führt, das Verhalten gegenüber der Republik   und seine gefeßmäßigen Farben ein anderes geworden ist.

Staatsanwalt: Der Angeklagte hat noch nicht die Frage beantwortet, weshalb er sich nicht an das Reichswehrministerium gewandt hat. Angefl.: Es bedeutet eine völlige Verkennung der Aufgabe des Publizisten durch den Staatsanwalt. Pflicht der Presse ist, öffentliche Schäden aufzudecken. Es kann aber auch feine Rede davon sein, daß es die Absicht des Vor­wärts" habe sein sollen, die Reichswehr   herunterzureißen. Daß es sich aber in diesem Falle nicht um einen Einzelfall gehandelt hat, ließe sich durch eine ganze Skala von Fällen erhärten. Es genügt, an den Vorfall in Konstanz   zu erinnern, wo Mit­glieder der Reichswehr   die Reichsfarben heruntergerissen haben. Die Behauptungen des Vorwärts" bezogen sich selbstverständlich nicht auf alle Offiziere, sondern nur auf die Offiziere, die an den Vorfällen in San Francisko beteiligt waren. Auf die Frage des Staatsanwalts nach Beweis anträgen erklärt der Ange flagte: Mein Verteidiger hat bereits in der ersten Instanz be­antragt, sämtliche Offiziere, Decoffiziere und Fähnriche über die behaupteten Tatsachen zu vernehmen. Das Gericht hat damals die Beweisanträge abgelehnt und die behaupteten Tatsachen als wahr unterstellt.

Staatsanwalt: Ich habe diese Handlungsweise der ersten Instanz seinerzeit in höchstem Maße bedauert. Es war ein völlig unmögliches Verfahren, derartig beleidigende Tatsachen, die das Ansehen der Marine in höchstem Maße schädigen mußten, als wahr zu unterstellen. Ich stelle deshalb erneut den Antrag, alle Offiziere und Fähnriche, deren Liste mir vorliegt, z u Dernehmen. Unter allen Umständen könnte aber der Komman­dant, Kapitän Groß, vernommen werden, den ich bereits in das Gerichtsgebäude bestellt habe. Er würde bestätigen, daß er von sämtlichen Offizieren und Fähnrichen dienstliche Erklärungen über die angeblichen Vorgänge in San Francisco   eingefordert habe und daß sie ergeben haben, daß nichts ähnliches vorgefallen sei.

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Rechtsanwalt Landsberg  : Ich stimme dem Antrag des Staatsanwalts, sämtliche Offiziere und Fähnriche zu ver= nehmen, bei. Es wäre aber ein unmögliches Verfahren, sich mit der Vernehmung des Kommandanten zu begnügen. Die Ver­nehmung der Offiziere, an der das Reichswehrministerium im höchsten Grade interessiert ist, wäre auch im Interesse des An­sehens der deutschen   Marine erforderlich. Wenn der Staatsanwalt sich darauf beruft, daß die Behauptungen des Vor­märts" schon aus dem Grunde unwahr sein müßten, weil sie un glaubhaft erscheinen, so wäre dem zu entgegnen, daß auch heute noch Traditionsfompagnien der Reichswehr   an den ver= schiedensten antirepublikanischen Feiern teilnehmen.

Das Gericht zog sich darauf zur Beratung zurück.

Nach einer Stunde verkündet das Gericht, daß es die Anträge der Verteidigung, Offiziere und Fähnriche zu vernehmen, ablehne. Dagegen beschloß es die sofortige Bernehmung des anwesenden Kapi­täns Groß, die nunmehr beginnt.

Liberias   Weltfriegskosten. Die afrikanische Megerrepublik Liberia   hat ihre Kriegsschulden bei den Vereinigten Staaten   getilgt: es waren 26 000 Roller Kapitalbetrag und 9160 Roller aufgelaufene Rinjen. Sie wurden mit einem einzigen Scheck an das amerikanische  Schazamt bezahlt!

Aus der Partei.

Zum Tode Wilhelm Blos  '. Der Parteivorstand hat an die Genossin Anna Blos   in Stuttgart   folgendes Beileidstelegramm gerichtet: Bum Tode Ihres lieben Gatten übermittelt Ihnen der Vor­stand der deutschen   Sozialdemokratie den Ausdrud seines herz= lichsten Beileides. Wilhelm Blos   hat über fünf Jahrzehnte in unserer Partei journalistisch und agitatorisch Hervorragendes geleistet und dann im hohen Alter als württembergischer Staats­präsident in Deutschlands   schwerster Zeit führend gewirkt. Sein Sein Andenfen wird unvergessen bleiben,"

Großer Feiertag in Prag  .

Tschechische Generale ehren die Internationale.

F. Kt. Prag  , den 6. Juli 1927.

Es lohnte sich an diesem letzten Tag der Internationalen Arbeiter Olympiade Brag in feiner ganzen Schönheit, er füllt mit Menschen aller Trachten und Zungen, zu sehen und als Erlebnis in sich aufzunehmen. Ein schöner Tag voll blendender Sonne und auch ein heißer Tag. Es gab einen großen Fest umzug durch die Straßen Prags  , an dem sich alle Nationen beteiligten, die bei dieser Olympiade vertreten sind, einen Festzug der 80 000, dessen Borbeimarsch zwei Stunden währte und das wohl das großartigfte darstellte, was Europa   bei internationalen Arbeiterveranstaltungen je gesehen hat.

Der Umzug fand seinen Abschluß Dor dem Denkmal des Johannes Huß, dessen Gedenken mit dem Werden der Tschechoslowakei   so eng verbunden ist. Also ein nationaler Feiertag, der durch das Wesen dieses Märtyrers eine internationale Auslegung im weitesten Sinne zuteil wurde. Der Platz vor dem alten Rathaus am Altstädter Ring war bereits gegen 10 Uhr vormittags von einer dichtgescharten Menge besetzt. Das Huß­denkmal, vor dem aus einer Schale riesige Feuer loderten, war mit Kränzen reichgeschmückt, von den alten Grebelhäusern wehten Flaggen und Girlanden. Auf dem Balkon des Rathauses hatte

Präsident Masaryk   mit den Regierungsvertretern

Blah genommen, als ein Redner auf der Tribüne die Menge, die den Markt bis auf den letzten Plaz besetzt hielt, aufforderte, Platz zu machen, da man den Anmarsch der internationalen Arbeiter sportler in wenigen Minuten erwarte. Und wirklich, ohne polizeiliche Hilfe räumten die Tausende den Plaz, zogen fich freiwillig, ohne gestoßen und gefnufft zu werden, auf die Bürgersteige und in die angrenzenden Straßen zurück. Das mächtige Rarree mar in furzer Zeit völlig von Menschen frei, ohne daß die Polizei die Hand gerührt hätte.( Man denke, welche Szenen sich bei solcher Gelegenheit in Berlin   abgespielt hätten.) Dann kam der Zug, in endloser Reihe, zwei Stunden während, von Musikkapellen begleitet. Während ein Teil der fahnentragenden Delegationen auf dem Play verblieb, marschierte der andere Teil wieder ab, so daß zum Schluß die Vertreter aller Länder den Plaz um das Hußdentmal besetzt hielten. Es tamen mit den wehenden Fahnen und Abzeichen ihrer Bünde   die tschechischen Abordnungen, die Amerikaner, die Engländer, die Franzosen  , die Deutschen   vom Arbeiter Turn- und Sportbund  ( in sehr großer Zahl, weißgekleidete Turnerinnen und Turner, vom Bublifum lebhaft be­grüßt, unter Führung des hier Aufsehen erregenden Pfeifen. und

Trommlerforps) dann die Schar der anderen Arbeiterfurner aus der ganzen Welt.

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Die Generale des tschechoslowakischen Heeres waren wieder er­schienen, Abordnungen der Regimenter und die Militärkapellen marschierten im Zuge. Unter dem Balkon des Altstädter Rathauses wurde Manifestationszug von den Vertretern der Stadt Prag   mit dem Primator Dr. Bara und den beiden Primatstellvertretern an der Spize, von Vertretern der Regierung und vielen ausländischen Gästen erwartet. In seiner Begrüßungsansprache erinnerte Dr. Bara an die Tage der 1. Arbeiter Olympiade im Jahre 1921. Er hob hervor, daß Prag   die Arbeiterturner herzlich be= grüße. Alle, so sagte er, sind wir uns bewußt, was seit Jahren der Arbeiter für den Fortschritt und die Freiheit der Nation bedeute. Er begrüßte in den Anwesenden die Bekenner des befreienden Sozialismus, der die Beseitigung allen Unrechtes verlange und wahrhaftige soziale Gleichheit aller Arbeitenden fordert. Besonders begrüßte er die ausländischen Gäste und sprach den Wunsch aus, ihre Anwesenheit möge das

Gefühl der internationalen Brüderlichkeit stärken und den ersehnten Frieden zwischen den Staaten, damit die Menschheit sich dem sozialen und kulturellen Fortschritt widmen tönne. Als alles versammelt war, sprach der Borsigende der tschechischen Arbeiterturner und dankte im Namen der Arbeiter= turner für die Gastfreundschaft der Stadt Prag  . Darauf sprach als Festredner Gen. Abg. Tomojet über die Bedeutung Huß. Nach Absingen der Roten Fahne" und der Internatio= nale sowie hussitischen Liedern war der imposante Festakt zu Ende. Die riesige Demonstration, die auf dem alten Plaz ein unbeschreib­lich schönes Bild bot, zählte 700 Fahnen und 28 Musikkapellen.

Der Nachmittag sah das Prager   Bolt noch einmal im Stadion. wieder ein großer Tag. Freiübungen und Musterübungen im groß­angelegten Schaustil, mustergültig ausgeführt. Der Abend verfam­melte die fremden Gäfte im Voltshause zu einem Abschiedsabend.- Dem gleichen Zweck diente am Abend vorher ein Empfang, den Minister Benesch im Szanischen Saal der alten Burg auf dem Hradschin veranstaltete.

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Das Stadion war am Dienstag nachmittag von 70 000 Menschen besucht. Der Sanitätsdienst legte wieder eine Probe feiner ausgezeichneten Bereitschaft ab; infolge der großen Hize hatte der Sanitätsdienst an diesem Tage 1540 Fälle zu be handeln. Den Dienst versahen in 7 Ambulatorien und im Haupt­lager 41 Aerzte, 210 Samariter und 80 weibliche Hilfskräfte.

Die Eisenbahnkatastrophe im Harz.

Die Stätte der Katastrophe.

Bisher 9 Tote.

Berlin  , 7. Juli.  ( TU) Nach Mitteilung der Reichsbahn-| personal noch mit einem Regierungsbaumeister und einem erfahrenen Der Zug wurde in langsamer direktion Berlin   hat sich die Zahl der bei dem Eisenbahnunglüd Bautechniker bejetzt worden. ums Leben gekommenen Reifenden nach den letzten Feststellungen Fahrt zu Tal geführt. Trotzdem hat diese Vorsichtsmaßnahme um fünf erhöht, so daß die Gesamtzahl der Toten bisher neun das Unglück nicht verhindern können. Das Lokomotivpersonal, Lofou beträgt. motivführer Gierte und Heizer Schmidt aus Nordhausen  , Re­gierungsbaumeister Meyer und Bautechniker Bothe, beide aus Wernigerode  , fanden ihren Tod durch den Sturz der Maschine in die Fluten. Außer der Maschine sind ein Backwagen und ein Per­magen einige Passagiere tödlich verunglückt. Im Krankenhaus Wernigerode   sind zehn Verlegte untergebracht. Die Verlegungen sind im allgemeinen leichter Natur. Nach Auskunft soll Lebensgefahr für feinen der Verletzten vorliegen. Mehrere Leichtverletzte fonnten nach Anlegung von Notverbänden wieder entlassen werden. Durch das vorsichtige Fahren und das schnelle Wirten der Bremsen sind die übrigen Wagen fofort zum Stehen gebracht worden, so daß Verlegungen in diesen Wagen nicht vorkamen. Die fofort behördlicherseits ein­geleitete Hilfsaktion hat es ermöglicht, daß die Berlegten sehr schnell bem Krankenhaus Wernigerode   zugeführt wurden.

Die Unglücksstelle liegt etwa 20 Minuten oberhalb des Wersonenwagen abgestürzt. Leider sind auch aus dem Personen= nigeroder Stadtteils Hasserode   zwischen den Sta tionen Hasserode   und Steinerne Renne, und zwar in einer Kurve, die die aus einem Tunnel kommende, mit ziemlich

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DJIsenburg

DER Brocken Thum

Muhlen X Kpf

Schierke

Braunlage  

Dwernigerode

Hasserode

Blankenburg  

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Elbingerode

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Hasselfelde

Benneckenstein  

17722

aus Hildesheim  .

Die Opfer des Unglücks.

Die Namen der getöteten Fahrgäste konnten bisher noch nicht ermittelt werden. Von dem Fahrpersonal fanden Cotomotivführer Gierte und Heizer Schmidt aus Nordhausen  , Regierungsbau­meister Meyer und Bautechniker Bothe, beide aus Wernige­ rode  , infolge Absturz der Maschine ihren Tod in den Fluten. Die Namen der dem Krankenhaus Wernigerode   eingelieferten Ber­letzten find: Frau Kabelit, Uthleben   bei Nordhausen  ; Frau Frida Balke, Berlin  - Köpenid; Herr Rosenhagen, Berlin   W. 15; Frau Salomon, Wittenberge  ( Bez. Pots­dam); Herr Leonhard, Lingen  ( Ostfriesland  ), und Herr und startem Gefälle versehene Bahnstrecke im Thumkuhlental beschreibt. Frau Brabant, Wittenberge  , und der 18jährige Willy Hilder Kurz vor der Brücke, die über die Chaussee und über den Bach führt, hatten die Fluten des Hochwassers, die naturgemäß in der Krümmung mit besonderer Wucht gegen den etwa 10 Meter hohen Bahndamm strömten, das Erdreich am Fuße des Dammes start unterhöhlt, ohne daß der Oberbau der Strecke zunächst gelitten hatte. Aus diesem Grunde konnte das Personal des schon mit größter Vorsicht fahrenden Zuges auch keine Beschädigung der Strede erkennen. Kaum hatte der Zug aber die Kurve erreicht, als der Damm infolge der Unterhöhlungen nachgab, jo daß die Lokomo­five, der Padwagen und der Waggon 2. Klaffe abstürzten. Der dritte Wagen dagegen legte sich auf die Seite und bewahrte so den restlichen Teil des Zuges vor dem Absturz. Nur dadurch konnte eine noch größere Ausdehnung der Katastrophe verhindert werden. Als ein glücklicher Umstand ist es außerdem anzusprechen, daß infolge des Unwetters der vom Brocken kommende Zug, der in Dreiannen­Hohne mit dem von Nordhausen  - Benneckenstein   kommenden Unglücks­zug Nr. 35 vereinigt werden follte, nicht rechtzeitig auf der Knoten­station eintraf, so daß die vom Brocken kommenden Wagen zurück­blieben.

Der Bericht der Direktion.

Zu dem Eisenbahnunglück bei Dreiannen- Hohne im Harz  , über das wir bereits in der Morgenausgabe berichteten, teilt die Direktion der Nordhausen  - Wernigeroder   Privat­bahn, der sog. Harzquerbahn, in Wernigerode   folgendes mit:

Am Mittwoch, dem 6. Juli, 17,40 Uhr, entgleiste infolge Dammrutsches ein Teil des Zuges 105 von Nord aufen Bennedenftein- Braunlage fommend. Gegen 15 Uhr brach in dem nördlichen Harzgebiet eine Wettertata­strophe aus, die in kurzer Zeit den Thumkullenbach zu einem reißenden Strom anschwellen ließ. Das Wasser staute sich vor dem Bahndamm und trat über sein Bett weit hinaus. Es bildete sich vor dem Bahnübergang eine Wasserstauung mit Wasserwirbeln, wo­durch vermutlich der untere Teil des Dammes unterspült wurde, so daß im Augenblick des Herüberfahrens des Zuges der unversehrt scheinende Bahnförper nachgab. Mit Rücksicht auf gemeldete Hoch­wassergefahr und die teilweise Ueberflutung der Schienen war die wassergefahr und die teilweise Ueberflutung der Schienen war die Lokomotive von Station Dreiannen- Hohne außer mit dem Maschinen

Mitteilung eines Augenzeugen. Wernigerode  , 7. Juli.  ( TU.) Ein Augenzeuge berichtet über das schwere Eisenbahnunglück im Oberharz   u. a. folgendes:

Die Unglücksstelle bietet ein schauerliches Bild. Tief unten liegt die Lokomotive, umbrauft von dem wildtosenden Wasser. Ein Personenwagen zweiter und dritter Klasse ist auf den Kopf gestellt und das Dach zur Hälfte in der Längsrichtung abgerissen. Die Wagenräder starren zur Luft. Rechts von der Lokomotive liegt ein vollständig zertrümmerter Packwagen. Auf dem Bahndamm sieht man einen Personenwagen fast zur Hälfte über dem Abgrund hängend. Die Holzschwellen mit den darauf befestigten Schienen hängen seitlich verbogen weit über den Abgrund. Ausgewurzelte Baumstämme, mächtige Fichten liegen im herabströmenden Wasser und bilden ein unentwirrbares Chaos.

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Unter Heranziehung aller verfügbaren Kräfte der Eisenbahn, der freiwilligen Feuerwehr, Sanitätsmannschaften sowie der Be­völkerung von Hasserode   wurde an der Unglücksstelle die ganze Nacht hindurch bei Fackelschein gearbeitet, um die Leichen der mit dem Wagen 2. Klasse abgestürzten Fahrgäste zu bergen. waren unsagbar schwierig, weil der Wagen bei seinem Sturz aus einer Höhe von zirka 10 Metern in das gerade an dieser Stelle sehr felsige Bett des Thumkuhlenbaches völlig zerschmettert wurde, und weil das reißende Hochwasser, das nach der gestrigen Wetterfata­strophe einsette, die Hilfsmannschaften felbft in höchste Gefahr brachte. Die Leiche einer Frau wurde einen Kilometer talmärts am Lossen Denkmal aufgefunden, wohin sie vom Hoch­wasser gespült worden war. Die reißenden Fluten hatten die Kleider völlig weggerissen, und der Schädel der Frau war halb zertrümmert. Die Personalien der vier Toten konnten bisher noch nicht festgestellt werden. Da die Fluten auch riesige Schlamm- und Geröllmengen mit sich talabwärts gerissen haben, die sich nun an den im Wasser liegen­den Zugirümmern stauen, sind die Nachforschungen nach weiteren Toten aufs äußerste erschwert. Mit Sauerstoffgebläfen müffen die Eisenteile der Wagen und der Lokomotive auseinandergeschweißt werden, um sie aus dem Bett des Baches zu heben,