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SeBfcfttß bort Jgtein�imrtfgcn", B. y. vs« De  « schert und von Juden, die für sich das Recht der Option bean- spruchen,überschwemmt werde". Mit Hilfe der Minderheiten ist schließlich ein Gesetz zustande gekommen, das zwar nicht alle vollauf befriedigt, jedoch im großen und ganzen den ge- rechten Forderungen der in Lettland   wohnenden Nichtletten entspricht. Daß dies gelungen ist, bedeutet nicht zuletzt einen Erfolg der sozialdemokratischen Koalitions- regierung. Ihr ist es auch gutzuschreiben, daß die deutsche Bevölkerung Lettlands   wieder in dem Besitz des Herder-Instituts, einer privaten Hochschule in Riga  , gelangt ist. Die kulturelle Autonomie der Minderheiten, die in Europa   neben Lettland   nur in Estland   besteht, ist somit einen Schritt weiter gediehen. Man darf wohl behaupten, daß die Konsolidierung der verschiedensprachlichen Bevölke- rung zu einem Staatsganzen unter der Koalitionsregierung Fortschritte gemacht hat. Die Exzesse der Nationalisten, ins- besondere gegen die jüdische Bevölkerung, haben, dank dem energischen Durchgreifen der Behörden, endlich aufgehört. Jedoch nicht allein auf dem Gebiete der Innen- und Außenpolitik wie auf dem Gebiete der Minderheitsprobleme verfolgt die sozialdemokratische Koalitionsregierung ihre gerade Linie; natürlich tut sie das auch auf dem Gebiete der Sozialpolitik. Die Möglichkeiten finden aber hier leider ihre Grenze in den dürftigen finanziellen Quellen des Staates. Die Armee dieses kleinen Landes, das an das ge- waltige immerfort sich rüstende Sowjetrußland grenzt, ver- schlingt allzu große Mittel. Die vorhergegangene nationa- listische Regierung hat den Staatsetat zudem noch durch eine Flotte belastet, gegen deren Neuschaffung seinerzeit die So- zialdemokratie gestimmt hat; eben erst war sie gezwungen, sie feierlich einzuweihen. Trotz der ungenügenden finanziellen Mittel darf Lettland   dennoch auf seine Sozialpolitik stolz sein. Die meisten Genfer   Abkommen sind hier ratifi- ziert. Es besitzt ein Krankenkassengesetz, das zu den modern- ften in Europa   gehört, und es hat unter der sozialdemokrati- schen Koalitionsregierung neuerdings ein Unfallgesetz er- halten, das sich sehen lassen kann. Schlimm steht es mit der Wohlfahrtsgesetzgebung, mit der Arbeitslosen- und Alters- gesetzgebung. Zur Durchführung dieser Gesetze fehlt das Geld. Für die Alten sorgen aber im großen und ganzen die Städte, und die Arbeitslosigkeit ist minimal. Die Krankensterbkich- keitsziffer wie auch die Kriminalität sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Für die Verminderung der Roheits- kriminalität war nicht zuletzt das Antialkoholgesetz maßgebend. Bon 12 Uhr mittags am Sonnabend bis Mon- tag früh d,arf kein Alkoholausschank stattfinden. Unmittelbar vor Parlamentsschluß versuchte die Opposition durch einen Ab- änderungsyorschlag zum Antialkoholgesetz der Regierung ein Bein zu stellen: Bier sollte nicht als alkoholisches Getränk gelten. Noch im letzten Augenblick gelang es aber, die Ent- sch�idung in dieser Frage zu verschieben. Dem, der Jahr für Jahr Lettland   besucht, fällt ein un- bedingter Fortschritt ins Auge. Seit die sozialdemokratische Regierung am Ruder ist, haben sich die Berhällnisse in er- höhtem Maße konsolidiert. Der lettische Chauvinismus, der mit dem Faschismus identisch ist, hat sich geduckt. Die demo- kratischen Kräfte innerhalb des Volkes fühlen sich als wachsende Machtfaktoren. Die kleine lettische Republik   be- findet sich auf dem Wege zur wahren Demokratie. Die So- zialdemokratie sorgte dafür, daß sie mit sozialem Gehalt er- füllt wird. NM, r.,'-.mi. Keuüells Rachefelüzug. Der Schvst geht nach hinten los. Der Reichsinnenminister von Keudell hat dem preußischen Ministerialdirektor Dr. B a d t in öffentlicher Reichsratssitzung Bruch der Vertraulichkeit und Irreführung der Oeffentlichkeit vorgeworfen. Der Reichsinnenminister hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, nachzuprüfen, ob die von seinen deutschnationalen und monarchistischen Vertrauens- männern im Reichsinnenministerium entworfene Erklärung
gegen Ben Genossen Dr. Bad! mkt seiner eigenen Haktung- im Rechtsausschuß des Reichstags übereinstimmt. Am 8. Juli hat Herr vonKeudellim Rechtsausschuß des Reichstages im Anschluß an die Ausführungen B a d t s erklärt, Dr. Badt habe in völlig korrekter Weise dies seine eigenen Worte! nichts über die Sitzun­gen der Reichsratsausschüsse mitgeteilt und in Anbetracht des vertraulichen Charakters nichts mitteilen können. Hätte der Reichstag  , so meinte Keudell, Kenntnis vom Verlauf dieser Sitzungen, so würde er ein anderes Bild gewinnen. Er hat diese Erklärung noch ein zweites Mal unterstrichen. Entgegen dieser Erklärung behauptet er am 14. Juli, Genosse Dr. Badt sei inkorrekt vorgegangen und habe die Vertraulichkeit gebrochen. Angesichts dieses Widerspruches ist die Erklärung des Reichsinnenministeriums unglaubwürdig. Die Herrschaften um Keudell haben über den politischen und moralischen Niederlagen, die die Regierung des Rechtsblocks im Reichsrat erlitten, hat die Nerven ver- loren, sonst hätten sie nicht diesen an den Haaren herbei- gezogenen Vorgang zu einer Gegenaktion benutzt und Herrn v o n K e u d e l l, der am 14. Juli auf ihren Rat das Gegen- teil von dem erklärte, was er am 8. Juli erklärt hat, so bös- artig bloßgestellt._
Hapern und fein prejfechef. Zentrumsanfrage an die bayerische Regierung. München  , 15. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) Nachdem das Dementi des Pressechefs der Bayerischen   Regierung gegen die von Dr. Wirth erhobenen Anklagen völlig unzureichend gewesen ist, hat die Fraktion der Freien Vereinigung im Bayerischen Landtag  , der die in Bayern   gewählten Zentrumsleute an- gehören, folgende Anfrage eingereicht: Billigt die Regierung das Verhalten ihres Presiechefs, der in einer südamerikanischen Zeitung gegen die deutsche Zentrums- partei und gegen führende Mitglieder derselben schwere Beschimpfun- gen erhoben haben soll? Wenn nicht, was gedenkt die Regierung gegen diese Art von Schriftstellerei ihres Pressechefs zu unternehmen und welche Mittel wird sie ergreifen, um dieses Tun und Treiben für die Zukunft wirksam zu unterbinden?"
Antrag im plauener Prozeß. Es soll bei der Gefängnisstrafe bleibe». Plauen  , 15. Juli.  (TU.) Am Schlüsse seines mehr als ein- stündigen Plädoyers beantragte in der Berufungsinstanz des Be- leidigungsprozesses des Reichsaußenministers Dr. Stresemann Staatsanwalt Dr. Schaufuß, die Berufung des angeklagten Rechtsanwalts Dr. Müller zu verwerfen und den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe zu oerurteilen, wobei er sich auf seinen erstinstanzlichen Antrag, der auf sechs Monat« Gefängnis lautet, bezog. Der Staatsanwalt bezeichnete die Tat des Ange- klagten, der nachgewiesenermaßen öffentlich unwahre und ehren- rührige Anschuldigungen gegen den Außenminister vorgebracht Hot, als st a a t s g e f ä h r l i ch.
Keine Veränderung in Mecklenburg-Strelitz  In Mecklenburg-Strelitz   war nach dem Wahlausfall, der einen deutlichen Linksruck ergab, der Versuch unternommen wor­den, eine Regierung aus Sozialdemokraten, Demokraten und der Fraktion der Handwerker und Gewerbetreibenden zu bilden. Dieser Versuch ist jedoch gescheitert. Daraufhin sind Dsutschnationale, Volks- partei, Demokraten und Handwerker übereingekommen, die bisherige, aus einem DeutschnatioNolen und einem Demokraten bestehende Regierung weiter im Amte zu belasten. Der neue Land- tag stt auf den 2S. Juli einberufen worden, um diese Regierung zu bestätigen und die Präsidentenwahlen vorzunehmen.
Die Ligen für Menschenrechte hielten in Paris   ihren inter  - nationalen Kongreß ab. Ein Protesttelegramm wurde an den Gouverneur von Massachusetts   wegen Sacco und Vanzettt gesandt.
Helgkfihe KoaNtionsprobkeme. Sozialistische Heeresforderungen. Nur sechs] Monate Dienstzeit. Brüssel, 14. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) Im sozialistischen  Generalrat fand eine gründliche Aussprache über die Heeres- r e f o r m statt. Das Referat hatte Genosse de Brouckere. Re- ferat und Debatte ergaben, daß die Frage der Heeresreform die ganze politische Lage wesentlich beeinflussen und zu einer Krise beim Beginn der Herbstsestion des Parlaments führen kann. Der General- rat beschloß, die sechsmonatige Dienstzeit vorzuschlagen und diesen Vorschlag in Regierung und Parlament zur Debatte zu stellen. Der Kriegsminister Broqueville   und Premierminister Iaspar scheinen zwar geneigt zu sein, weitgehende Zugeständnisse zu machen, aber der Vorschlag einer sechsmonatigen Dienstzeit stößt auf entschiedenen Wider st and der Militärbehörden. Selbst die bürger- lichen Minister, die dieser Eesorm nicht abgeneigt zu sein scheinen, werden voraussichtlich Bedingungen stellen, die für die So- zialisten schwer annehmbar sind, so namentlich militärische Ertüchti- gung der Jugend» starke Vermehrung des O ff i zi e r k a d e r s, Befestigungsbauten an der Grenze. Es läßt sich voraus- sehen, daß«in« Einigung der Sozialisten mit den bürgerlichen Par- teieu über solche Vorschläge sehr schwer sein wird. Eine R e. gievungskrise im Herbst ist deshalb keineswegs ausgeschlossen. Hinzu kommt, daß die Sozialisten als Voraussetzung der Fortdauer der Drci-Parteien-Regierung weitgehende Sozialresorm und Sozial- Versicherung fordern. Auf Grund der Vorschläge de Brouckeres werden von den So- zialisten genaue Forderungen zur Heeresrefonn ausgearbeitet. Der Grundgedanke dabei ist, dem technischen Z i v i l e l e m e n t in Heer und Kriegsführung dem Bcrufsmilitär gegenüber eine wichtigere Rolle als bisher zu geben. Für Vorschläge im Sinne der fron  - zösischen Heeresrefonn wird die belgische Arbeiterpartei nicht zu haben sein.
Oer Kaufpreis für die Rückkehr nach Genf  . Spanien   will dafür die Alleinherrschaft in Tanger  . London  . 15. Juli.  (EP.) Zu den Verhandlungen über Tanger  meldet der diplomatische Korrespondent desDally Telegraph", daß Spanien   anscheinend bereit sei, wieder dem Völkerbund beizutreten, wenn es allein für die Aufrechterhalwng der Ordnung und der Verteidigung der Tanger  -Enclave verantwortlich gemacht würde. Dies sei kein offizielles Angebot, vielmehr nur ein Hinweis, wozu der Besuch des Königs von Spanien   in England die Gelegenheit gegeben habe. Es sei jedoch selbstver- ständlich, daß Großbritarmien lebenswichtig« strategische Interessen hinsichtlich Tanger   nicht ausgeben könne.
Nanfen-paß für italienifthe Emigranten. Ein dringendes Problem für den Völkerbund. Das Problem der P a h e r t e i l u n g an die italienischen Emi- granten bezieht sich nicht nur auf die ihrer Staatsange- Hörigkeit beraubten italienischen Antifaschisten, die nun- mehr ohne jede internationale Zugehörigkeit sind, sondern auch auf die Tausende von Italienern  , die sich im Auslande befinden und ihr« Pässe von den Konsuln nicht erneuert bekommen, da diese angewiesen sind, sie Anttfaschisten nicht zu bewilligen. Der Völkerbund hat sich also nicht nur mit der Verleihung' des N a n f e n- P a s s e s an die Handvoll Entnationalisierten zu be- schäftigen, sondern mit einem Prinzip, an dem Tausende persönlich interessiert sind. Man wird nun das Schauspiel erleben, daß Mussolini  einersetts behauptet, die Größe einer Nation stehe im Zusammen- hang mit der Zunahm« ihrer Wiederheimkehrer, gleichzeitig aber Tausende und Abertausend« von Italienern  , die nichts anderes ver- brachen haben, als nicht seine Anhänger zu sein, zwingt, sich eine nicht-italienische internattonale Zugehörigkeit zu oerschaffen.
Eine Ortsgruppe der ASP. ist in Berlin   gegründet worden. Sie besteht aus August W i n n i g und Bernhard Rausch.
das örückenopfer. Zahlreiche Zeitungsberichte wissen von einem grauenhaften Aberglauben zu melden, der in P a n c o r a an der Donau   in Serbien   aufgetaucht sst: Man glaubt, daß man zum Bau der dortigen Donaubrücke, die der größte Brückenbau Europas   werden soll, das Blut von 175 Kindern benöttge. Dieser Aberglaube durchbricht alle Schranken, die Wissenschast, Bildung und Aufklärung zwischen der vorgeschichtlichen und der heutigen Zeit errichtet haben. Er führt zurück bis in die Urgeschichte der Menschhett, als noch Strom, Sumpf und Bach nach der Anschauung des primittven Menschen von Dämonen bevölkert waren. Unübersehbar ist die Fülle der Sagen. in denen der finstere blutrünsttge Wassergeist seine Opfer verlangt. Kaum einen Sttom oder See gibt es in Deutschland   an dem nicht der Glaube heilig gewesen wäre, daß der Dämon des Wassers in der Iohannisnacht oder an fonsttgen Togen des Jahres ein oder mehrere Menschenopfer verlangt hätte. In enger Verwandtschast mit dieser Sagengruppe steht der Glaube an ein sogenanntes Bau- oder Fundamentopfer, der jetzt in Pancora eine so furchtbare Wiedergeburt geseiert hat. Der primitive Mensch, der stets in Angst und Grauen vor dem in jedem Sttom wohnenden Geist erfüllt war, glaubte, der Bau einer Brücke bedeute eine Störung des Wassergottes, der von jetzt ab nur darauf sänne, sich für diesen Eingriff in sein Reich an den Menschen zu rächen. Um ihn zu versöhnen, opferte man ihm Men- schen oder Tiere, die man schlachtete oder in Brückenpfeiler ein- mauerte. Mit diesem Glauben verknüpfte sich eine zweite An- schouung: man wollte für die Brücke einen Schutzgeist schaffen, der diese vor dem Einsturz bewahren sollte. Aus diesem Grunde wählte mon besonders unschuldige Kinder oder Jungfrauen, die nach dem primitiven Glauben besonders wohltätige Kräfte besitzen sollten. Dieser entsetzliche Aberglaube vom Bauopfer wurde nicht nur von unseren engeren Vorfahren, sondern von den primitiven Völkern der ganzen Welt in die Tat umgesetzt. So fand man beim Neu- bau der Blacksriars-Brücke in London   1867 nt den Fundamenten eines Pfeilers menschliche und tierische Knochen. Noch 1871 wurde Lord Leigh, der Brückenbauer in Stoneleigh, angeklagt, acht Men- schen in seine Brücke eingebaut zu haben. Auf der gleichen An- schauung beruhte das Gerücht, daß auch in die große amerikanische  Brücke zwischen New Port und Brooklyn   Menschen eingemauert seien. Aber auch in Deutschland   erzählte der Volksglaube an vielen Orten von Brückenovfern. So soll der Bau der Gölffchtal-Brücke in Sachsen   mit Menschenopfern erkauft worden sein. Als im Jahre 1843 die Elifabeth-Brücke in Holle   gebaut wurde, brach in der Stadt eine ähnliche Panik aus wie heute in Pancora. Angstvoll hielten abergläubische unwissende Mütter ihre Kinder zu Hause, da sie fürchteten, daß man ihre Lieblinge als Brückenopfer verwenden würde. In Griechenland   erzählte das Volk sich von einer Brücke, daß sie immer wieder eingestürzt sei, bis der Baumeister, der schon seine beiden ältesten Töchter geopfert hatte, auch noch sein jüngstes Kind bingab.
Auch im Kinderlied wirkt dieser Aberglaube bis zum hemttgen Tage nach. Wenn im Brückenspiel die Kinder singen: Ziehe durch, ziehe durch, Durch die goldene Brücke Sie ist entzwei, Wir wollen sie wieder flicken. Mst was? Mit Gras, Mit Steinerlein, mst Betnerlein, usw. so bedeutet dieses.Beinerlein" nichts anderes als menschliche Knochen. Dieser Glaube an ein Fundamentopser ist auf niedriger Kulturstufe naturhaster Menschen verständlich. Daß er aber in der heuffgen Zeit noch von ungezählten geglaubt werden kann, fft eine der vielen Beweise dafür, wie unendlich viel noch auf dem Gebiete der VolksausNäruug und Bildung zu arbeiten ist. _ Dr. Else Möbn». wie öle Iranzofea in Saarbrücken   einzogen. Zum Abzug der Franzosen aus dem Saargebiet. Es war im November 1918. Ein endloser Zug wälzte sich durch die Hauptstraßen der Stadt: Menschen und Fahrzeuge Reiter, Kanonen, Bagage! Von den Fenstern grüßten Fahnen. Die Ein- wohner bildeten Spalier und halfen, wo sie konnten: Frauen eilten mst Kaffee: Kinder steckten den Soldaten Schokolade und Zigaretten zu. Schnell nahm jeder, was ihm gerade geboten wurde; ein slüch- tiges Wort des Dankes, und hastig zogen sie weiter. Immer fort. Wohin? Zum Rhein  ! Dieser Rückmarsch der deuffchen Truppen war für uns Iungens eine Quelle von Freuden. Jeder Soldat wurde unser Freund wir wurden jedes Soldaten Freund. Die Gewehre waren schwer, aber wir trugen sie. Protzen holperten über das Pflaster; wir kletterten hinauf und fuhren mit bis vor die Stadt; dann liefen wtt wieder heim. So wurde jeder Tag ein Erlebnis. 22. November. Seit Stunden sind keine Truppen durchge- kommen. An der Saar  , unter der Bismarck-Brück«, vertreiben wir uns die Zeit mit Jndianerspiel. Mitllerweile ist es dunkel ge- worden. Plötzlich rasseln Wagen über die Brücke:Soldaten! Sol- daten!" Wir lassen alles stehen und liegen und stürzen die Treppe hinauf. Mit Gejohle laufen wir den Ankommenden entgegen; im nächsten Moment bleiben wir erschrocken stehen: Franzosen  ! In raschem Marschtempo ziehen sie vorbei. Die blanken Bajonette schimmern schwach über den Schultern, und unter den Stahlhelmen schauen ernste, entschlossene Gesichter hervor. Sie sind sich ihrer neuen Rolle voll bewußt vielleicht auch ihrer neuen Kraft und Macht. Wir Kinder drücken uns scheu an den Mauern vorbei. Hier und da stehen Saarbrücker  . Man weiß nicht, was größer ist: ihr Mut oder ihre Neugier. Die Vorsichtigen schauen hinter Fenstern und Gardinen auf die Feinde; denn: man kann nie wissen. In der Ecke unseres Haustores erholen wir uns langsam von unserem
Schreck. Mit Interesse betrachten wir die Vorüberziehenden. Es kommen immer mehr. Sie marschieren in die Kasernen der preußi- schen Ulanen. Anscheinend wissen die Franzosen genau Bescheid bei uns. Jetzt dröhnt es wieder: ein graues Etwas kriecht um die Ecke, noch eins und noch eins: Tanks! Schwerfällig schieben sich die stählernen Ungeheuer durch die Sttaße. Fest verschlossen und geschützt verbergen sich Tod und Verderben. Ein schmaler Schlitz nur ist in der Panzerplatte und dahinter bewegen sich zwei Augenpaare. Der Anblick ist grausig. Das schlimmste aber ist das kleine Rohr mit der runden Oefsnung; es könnte das Auge sein, mit dem ein Henker seine Opfer betrachtet. Unheimlich schaut dieses Auge auf seine neuen Bekannten, die wie gelähmt herumstehen. Auch uns Kinder überkommt eine groß« Angst. Ein spätes Ahnen der Entsetzen des Krieges? Da drückt sich ein Mann schnell durch die Haustür ein deutscher Soldat mein Vater. Am anderen Mvrgen schlendern die ersten französischen   Offiziere mit ihren blauen Umformen und roten Mützen durch die Stadt. Sie können ein gewisses Machtgefühl nicht verleugnen und sonnen sich in ihrer neuen Eigenschaft als Sieger. Verwundert schauen ihnen die biederen Saarbrücker   nach. Paul Siegmann.
Falsch verstandenes Amerika  . Es ist hundert gegen eins zu wetten, daß dasGeständnis", vom Theater in der Klosterstraße alsamerikanische Geschichte" etikettiert, nie über den großen Teich kam und kommen wird, und daß sich hinter den Autoren Sidney Garricks und Ernst Vajda gute Deutsche verbergen. Es fehlt diesem Kriminalstück der wesentliche amerikanffche Eharatterzug solcher Werke: die Spannung. Der Zu- schauer weiß vom zweiten Bild an bis in jede Einzelkeit genau, wie alles kommen wird. Alle Handlungen sind so resttos eindeutig seelengut oder gemein, alle Figuren Schurken oder Engel. Und daß Lavinia Morland, die den Geliebten erschossen hat, der eigentlich gar kein Geliebter war, sondern von ihrem Scheusal voy Ehemann nur gekauft, um sie zu verführen, daß Lavinia, schön und enqel- gleich, am Ende freigesprochen wird, ist selbstverständlich, auch ohne Volksabstimmung im Zuschauerraum, die aber vor dem letzten Bild feierlich vorgenommen wurde. Es kam ttotzdem zu Beifallsbezungun- gen, vermuttich aus Mitleid mit den Schauspielern, die zum Teil an ihre unglücklichen Rollen wirkliches Können verschwendeten. Es seien genannt A n n i V a r a als Lavinia, Friedrich Wilhelm Kaiser als John Morland, Florian Kienzl als Richter, vor allem aber Franz Sondinger, der allerdings als wand- lungssähiger Hochstapler auch die einzig annehmbare Rolle des Abends hatte. T e s.
Dl« Galerle Z. Cosper, Kurfürstendamm 233, eröffnet die Sommeraus- stellung mit einer Schau von Stilleben und Blumenstücken verschiedener Schulen, die im wesentlichen von deutschen   Künstlern beschickt worden ist. Eine Espcravtostraße. Aus Anlast des internationalen Esperanto- kongresses, der vom 29. Juli bis 4. August in D a n z i g stattfinden soll, beabsichtigt die Regierung des Freistaates Danzig   eine Hauptstraste der Stadt in. Esperantostraste" umzutaufen. Gleichzeitig beabsichtigt Z o p p o t einen.Esperantopark- zu errichten.