Die tapferen Heimwehren.
Reaktionäre Verrätereien.
In Wien trägt man nach und nach die etwa hundert Todesopfer zu Grabe, die der Zusammenstoß empörter und aufgeputschter Massen mit der Polizei heraufbeschwor. Gewaltige Rundgebungen an den Gräbern, der Gefallenen beweisen, wie wenig das organisierte Wiener Pro letariat am Freitag an den Bürgerfrieg dachte. Noch sind die Leichen frisch und schon sind auch die journalistischen Aasgeier da. Anstatt alles zu tun, um die Wogen der Erbitterung abebben zu lassen, überschlägt sich die Heze der Reaktionäre gegen die Sozialdemokraten in und außerhalb Desterreichs. Ünd inmitten dieser Hetze klingt auch schon das hohe Lied auf die tapferen Kämpfer der Reaktion, die Heimwehren in Kärnten , Steiermark und im Burgenland . Ja, das sind Männer! Wo sie mit ihren Maschinengewehren auftraten, da war es aus mit ihren Maschinengewehren auftraten, da war es aus mit Streit und Rebellion. Einzeln aufgeführt wird, wie diese Garden der Reaktion marschierten, wie sie bewaffnet
maren, welche Heldentaten sie vollbrachten.
Die Art, wie die österreichischen Heimwehren als glorreiches Vorbild hingestellt werden, zeigt deutlich, was beabsichtigt ist: eine großzügige Propaganda für die Bewaffnung auch der deutschen faschistischen Verbände. Darum läßt man in der Reflameschreiberei für die bewaffnete Heimmehr auch jede Vorsicht gegenüber dem sogenannten feind lichen Ausland" außer Acht. Hätte die sozialdemokratische Presse über Formationen und Bewaffnung der Heimwehren die gleichen, ins einzelne gehenden Angaben gemacht die ganze ,, nationale" Presse hätte gezetert, daß sie das arme Desterreich dem ,, feindlichen Ausland" denunziere.
Schluß mit dem Anschluß.
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Die Schuld an der Wiener Tragödie.
Eine Erklärung des Bürgermeisters Seiz.
Wien , 20. Juli. ( BTB.) Im Auftrag des ertranften Bürger-| meisters Seit übermittelte heute Stadtrat Breitner im Rathaus, den versammelten Vertretern der in und ausländischen Bresse schriftlich festgelegte Aeußerungen des Bürgermeisters, die, wie Breitner erflärte, das ausdrüden, was im Augenblid zu den traurigen Ereignissen am Freitag gesagt werden fönne. Es heißt darin:
ichenleben einem Ausbruch der Leidenschaften zum Opfer gefallen Die Tatsache, daß in den Straßenfämpfen beinahe 1000 men find, läßt feinen Raum für fleinliche politische rüdt, und nur die geschändete Menschenwürde, die vernichtete Erwägungen. Die Toten seien der Politit entMajestät des Menschenlebens ſtehe mahnend vor uns. Was die Ursache dieser traurigen Ereignisse anlange, so sei es
gleich föricht, fie in einem vom Ausland angeftifteten boliche. wiftischen Komplott wie in einem vorbereiteten Ueberfall der Reaktion fuchen zu wollen.
Desterreich sei ein Land, in dem weder der Bolichemismus noch der Faschismus bisher Fuß faffen konnten. Was fich an dem blutigen Freitag ereignet habe, sei zuerst eine Entrüstungstundgebung über ein Fehlurteil, welches den Mord zweier Menschen ungefühnt ließ, gewesen, die dann durch die entfesselte mechanit der Gewalt in das Gegenteil, in ein
befinnungsloses Ausnüßen bewaffneter Uebermacht umschlug. Die Polizei hätte fich einer Empörung gegenüberDenjenigen Deutschnationalen, die nach außen, hin gesehen, deren Umfang fie, sowie alle anderen nicht vorausfehn gern großdeutsch" auftreten, den Anschluß aber wegen der be- fonnte. Sie fühlte fich offenbar schwach und gebrauchte in dieser drohten Stellung der oftelbischen Junter in Wirklichkeit fürchten, Lag von Anfang an andere als die gewöhnlichen Mittel. Ich will find die Wiener Vorgänge ein willkommener Anlaß, ihren be- nicht bestreiten, daß Fehler geschehen sind, gleichwie drängten Herzen Luft zu machen. So schreibt die Kreuzes niemand beschönigen wird, daß es in Wien , wie in 3eitung":
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Was mun mit dem Anschluß? Der Zeitpunft, indem er vielleicht glatt hätte vollzogen werden können, ist verpaßt, längst vorüber. Heute das muß einmal ausgesprochen werden wäre die Frage, wenn sie aufgerollt werden könnte, unsererseits sehr ernsthaft zu prüfen. In der Lage, in der wir uns befinden, wäre es mehr als leichtfertig, zu unseren Berantwortlichkeiten und Nöten unbesehen noch andere zu übernehmen und obendrein die staatsfeindlichen Elemente in unseren eigenen Grenzen zu stärken.
Das ist weniger schön als deutlich. Die Reaktionäre Defterreichs, die jetzt mit ihren reichsdeutschen Freunden um die Wette triumphieren, werden diese echt patriotische Freundschaftskundgebung. ficherlich mit großer Freude aufnehmen.
Noch immer Notenwechsel mit Belgien .
Eine überflüssige Antwort.
Der Austausch unerfreulicher Noten zwischen Deutschland und Belgien ist weitergegangen. Belgien hat auf die deutschen Bemerfungen geantwortet; das Auswärtige Amt hat dieser Antwort gegenüber die Berordnung" der ersten Afte wiederholt.
Der belgische Kriegsminister hat auch diesmal wieder seine Anschuldigungen vorbringen fönnen. Zum Teil stüßt er sich auf 3eitungsberichte über Reichstagsverhandlungen, statt wie es allein zulässig wäre, auf die amtlichen Protokolle der Verhandlungen seine Angriffe aufzubauen. Zum Teil behauptet er einfach, daß die Quellen feiner Erflärungen zuverlässig und jorgfältig geprüft" seien. Auf das Argument, daß die Botschafterfonferenz sich mit all diesen Fragen eingehend beschäftigt hat, und die Kontrollkommission deshalb zurüdgezogen worden ist, meil alle Entwaffnungsfragen zufriedenstellend erledigt worden sind, findet, er eine Antwort überhaupt nicht.
Es ist der Berliner Antwort auf die Beschuldigungen des Grafen Broqueville zuzuftimmen. Sie stellt nur fest, daß er sachlich nichts neues vorgebracht habe. Politisch ist jedoch die Reichsregierung in doppelter Hinsicht mitschuldig daran, daß es zu dieser Belastung der deutsch - belgischen Beziehungen gekommen ist. 3weifellos ist die Höhe des Wehretats nicht im Versailler Vertrag vorgeschrieben; formell ist Deutschland einem auswärtigen Staat für die Höhe seiner Wehrausgaben fo wenig Rechenschaft schuldig, wie andere Staaten Deutschland ; eine internationale Kontrolle der Rüstungsausgaben gibt es ja noch immer nicht. Trozdem war und ist die fortgesetzte Erhöhung des Reichswehretats neben ihrer sozialen und innerpolitischen Torheit auch eine außenpolitische Torheit, die sich Deutschland in seiner jezigen Lage nicht hätte leisten dürfen. Aber auch diplomatisch liegt ein Versäumnis vor; Graf Broqueville hatte seine Angriffe bereits im Februar unternommen; das Berliner Auswärtige Amt hat damals den Kopf lieber in den Sand gesteckt, statt zuzuhören und sofort zu antworten. So mag der Notenwechsel im Augenblick beendet sein; daß die Angelegenheit damit aus der Welt geschafft sei. ist bei der Hartnäckigkeit, mit der de Broqueville feine innerpolitischen 3iele verfolgt, leider nicht anzunehmen.
Der Notenwechsel.
Brüssel , 20. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) In den politischen Kreisen Brüffels hat der veröffentlichte Wortlaut des deutsch - belgischen Notenwechsels peinlich berührt. Man verhehlt sich nicht so versichert der Brüsseler Korrespondent des Soz. Pressedienstes", daß Kriegsminister de Broque pille die belgische Regierung in eine wenig erquidliche Lage hineinmanöveriert hat. Selbst nationalistische Blätter wissen bein besten Willen mit den haltlosen Argumenten de Brocquevilles nichts anzufangen. Während die meisten Blätter sich in verlegenes Schweigen hüllen, wird der sozialistische Beuple" deutlicher, trop des begreiflichen Wunsches, die durch das Verschulden de Brt quevilles ohnehin schon recht unangenehme Lage des Außenministers Bandervelde nicht noch zu erschweren. Das sozialistische Organ unterstreicht nochmals, daß es sich um eine persönliche Polemik zwischen de Broqueville und der deutschen Regierung handle und die belgische Regierung sich darauf beschränkt habe, die letzte Note de Broquevilles mit einigen allgemeinen Bemerkungen einzuleiten. Der Peuple" fügt hinzu, da de Broqueville sich weigere, seine Quellen anzugeben. fönne es sich nur um eine Erörterung von im Reichstag oder bei amtlichen Beratungen gefallenen Aeußerungen handeln, und er be zweifelt, daß es einen 3med hat, derartige Diskussionen über frühere Aeußerungen auf einem Nebengleise fortzusehen. Da be Broqueville teine Beweise erbringen fönne, so sei eben das letzte Wort gefallen, eine meitere Auseinandersegung fönne zu nichts führen.
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jeder Großstadt
Elemente der Tiefe
gibt, die sich bei solchen Gelegenheiten an die Oberfläche drängen und Dinge getan haben, die von der organisierten Arbeiter schaft dieser Stadt sogleich auf das schärfte zurüd gewiesen wurden. Im Kampf gegen diese Taten übler Instinkte haben sich neben den organisierten Abteilungen der Arbeiterschaft besonders die kommunale Feuerwehr, Sanitäter, sowie die freiwillige Rettungsgesellschaft durch helden hafte Pflichterfüllung hervorgetan.
Französische und belgische Blätter behaupten, während der Anwesenheit Poincarés in Brüssel sei auch über den Zwischenfall de Broquevilles gesprochen worden und Poincaré habe die Richtigkeit der Informationen des belgischen Kriegsministers bestätigt. Diese Behauptung ist nach den Informationen des Vertreters des Soz. Brejsedienstes" nicht ganz richtig. Bohl sagte Poincaré , auch in Paris seien ähnliche Informationen eingetroffen, aber er habe ihnen lange nicht dieselbe Bedeutung beigemessen wie de Broqueville. Jedenfalls scheinen die beiden Regierungen gegenwärtig nicht der Ansicht zu sein, daß diese Informationen jetzt jdon eine taugliche Handhabe zu Vorstellungen bei der Botschafter fonferenz oder beim Böllerbund bieten tönnen, wenn auch nicht ausgeschlossen ist, daß später ein derartiger Versuch gemacht wird. Dabei dürften gewisse Kreise den Zweck verfolgen, der Bereitwilligkeit Briands zur Verminderung des Bejagungsheeres wenigstens teilweise entgegenzuarbeiten.
Inzwischen ist eine neue belgische Antwort überreicht worden und darauf fofort eine turze deutsche Erwiderung ericlgi Beide Dokumente enthalten nichts wesentlich Neues.
Hermine flagt an...
Ihre Adels- und Standesgenossen.
Die gegenwärtige Ehefrau des früheren Kaisers veröffentlicht, wie die Voss. 3tg." mitteilt, in einer amerikanischen Wochenschrift eine Artifelreihe über ihr Leben. In dem nächsten Artikel finden sich einige grausame Urteile über die Standesgenossen der früheren Prinzessin Reuß, die sich jetzt dem Herrn im Hause Doorn gewidmet hat. Unter anderem schreibt Hermine:
" Mein Mann, Prinz Schönaich- Carolath, und ich haben des öfteren an den gesellschaftlichen Zusammenfünf ten in den Lurushotels teilgenommen. Wir haben mit Entsetzen gesehen, daß in den Hoffreisen st arte Neigung bestand, den Kaiser und die Kaiserin in einer höchst unloŋalen Art zu kritisieren und die Gnadenbezeigungen der Majeſtäten nicht mit dem gebührenden Respekt und Dank aufzunehmen. Die Etikette am faiserlichen Hoje, die in Berlin nicht so streng war wie in London , wurde besonders von den jüngeren Generationen drückend empfunden. Sie begrüßten daher jede Ge legenheit, sich in den Privaträumen der großen Hotels freier gehen lassen zu können. Die Kabaretts waren ihnen viel sympathischer als die einengende Atmosphäre des faiferlichen Palastes. Sie wollten sich amüsieren, ohne an die Berantwortung zu denken, die ihnen Rang und Stellung am Hofe auferlegten. Militärische Ereignisse, Beförderungen, Ordensverleihungen und Aehnliches waren der Hauptinhalt des du mmen Klatsches und der unfreundlichen Reden, die hinter dem Rücken des Kaisers geführt wurden.
Hinter dieser Klatschsucht, die sich mit der Zeit zu einer Gewohnheit entwickelt hatte, steckte in den meisten Fällen keine beabsichtigte Schlechtigkeit. Troydem hat das Gift, das sich dadurch ausbreitete, unwillkürlich auch die hohe Politik beeinflußt. Speichelleder am Hof und Berleumder haben allmählich die fo. ziale Struffur unterminiert. Während der Bolschemismus in den unteren Schichten des Voltes fich ausbreitete, haben Berleumder und Lästermäuler in den oberen Schichten in mindestens ebenfo schädlicher Weise gewirkt. Bevor noch der Krieg zum Ausbrüch fam, hatten sie bereits den Grund zu der Bernichtung der alten Gesellschaftsordnung gelegt."
Es ist sehr offenherzig und deshalb besonders erfreulich, daß bie frühere Prinzessin Reuß- Schönaich- Carolath, jetzt Hermine von Breußen auf Doorn, den wahren Grund angibt, der die alte Gesellichaftsordnung unterminierte. Was fie da über die Speichellecker und Lästermäuler bei Hofe jagt, ist aus anderen und früher fließenden Quellen als richtig bestätigt. Wir erinnern nur an das Buch des früheren Hofmarschalls Grafen Zedlig- Trüßschler, der für seine Wahrheitsliebe allerdings von seinen Standesgenoijen verfemt murde. Hoffentlich geht es der Hermine nicht ähnlich. Dann wollen wir ihr gern nachsehen, daß sie den„ Bolschemismus" schon in der Borkriegszeit entdeckt haben will, zur Zeit also, als niemand sonst in der Welt diesen Namen auch nur andeutungsweise fannte.
Bei den weiteren Vorgängen des traurigen Tages ist eines unbestreitbar und muß offen bekannt werden: Entgegen allen Borschriften des Gesetzes und der Menschlichkeit haben Polizeiorgane wiederholt geschossen, ohne direkt angegriffen zu sein und ohne vorher an die Menge eine Aufforderung zur Räumung des Plates gerichtet zu haben. Darüber wird eine strenge Untersuchung in aller Deffentzogen und Maßregeln getroffen werden können, welche für die Zu lichkeit zu führen sein, damit die Schuldigen zur Verantwortung ge funft eine Wiederholung ausschließen.
und die ebenso vorbildliche, disziplinierte Beendigung Nachdem der Bürgermeister die musterhafte Führung des Streifs hervorgehoben hatte, jagte er:„ Aus dieser Kraft
und Besonnenheit der arbeitenden Bevölkerung dieser Stadt schöpfen mir die berechtigte Hoffnung, daß sich diese tragischen Zwischenfälle nicht mehr wiederholen werden. Wien hat den politischen Umsturz nach dem Kriege, somie die wirtschaftliche Katastrophe nachy der Inflation mit mehr Ruhe und mit mehr Opfermut überstanden als irgendeine andere Stadt Europas . Wien ist eine Stadt des Aufbaues, Wien bleibt die Stadt der Arbeit, der Freiheit und des Friedens."
Stadtrat Breitner beantwortete dann noch einige Fragen Be betreffend die aufzustellende Gemeindeschuhmache. züglich der Bewaffnung verneinte er die Frage, daß sie mit Maschinengewehren ausgerüstet jei. Ein Teil ihrer Waffensei von der Polizei selbst zur Verfügung gestellt morden. Ueber die Dauer der Einrichtung fonnte er feine Aufflärung geben, doch verwies er auf die Kundgebung des Bürgermeisters, wonach die Schuhwache zunächst für die Dauer der Gefahr organisiert werde. Bezüglich der verfassungsrechtlichen Grundlage solcher Schuhwachen hätte, vor allem das Recht, ihr eigenes Eigenerklärt er, daß die Gemeinde überhaupt das Recht zur Errichtung folcher Schuhwachen hätte, vor allem das Recht, ihr eigenes Eigentum zu schützen. Mit den Bestimmungen des Friedensver= trages stehe die Schuhwache durchaus nicht in Widerspruch. Eine Gefahr von Reibungen mit den übrigen Formationen erklärte Breitner für nicht vorhanden, es feien bisher solche auch nicht vorgekommen. Schließlich erklärte er, daß die Gemeindeschuhmache noch den Gemeinderat so wohl wegen der Sache selbst, als auch aus finanziellen Gründen beschäftigen werde.
Wien , 20. Juli. ( WTB.) Heute sind die Rote Fahne" und die nationalsozialistische Wochenschrift„ Der Volks tamp" wegen aufreizenden Inhalts beschlagnahmt worden.
Die Bluttat von Arensdorf.
Ein zweites Opfer des Stahlhelmschüten. Der Stahlhelm- Ueberfall auf δας Reichs: banner in Arensdorf hat ein zweites Opfer gefordert. Mittwoch morgen ist der schwerverlette Parteigenoffe und Reichsbannermann Richard Wolland aus Erdner seinen Berletzungen erlegen.
Richard Wolland, der in 24. Lebensjahre ftand, wurde bei dem Ueberfall in Arensdorf durch einen Arm- und Unterschen telschuß schwer verletzt. Als das Auto von Arensdorf in Frankfurt a. d. O. eintraf, wurde er in das dortige Kreisfronten. haus eingeliefert. Der Oberarmschuß verheilte sehr schnell. Der Schuß im Unterschenkel hatte den Knochen zerschlagen und die Kugel war im Schienbein stedengeblieben. Schon in Frankfurt a. d. O. zeigte sich bei der Behandlung des Berletzten an der Unterschenkelwunde Wundfieber, das zeitweise bis zu 40 Grad anstieg. Nachdem der Berletzte von Frankfurt a. d. O. aus dem Krankenhaus nach der Wohnung feiner Eltern entlassen war, zeigten sich Eiterbildungen an der noch offenen Wunde. In Erkner blieb der Verletzte in ärztlicher Behand lung. Auf Anraten des behandelnden Arztes wurde Genoffe Wolland am Sonnabend vergangener Woche von Erkner nach Berlin in die Alinit Schönstadt in der Karl- Schrader- Straße übergeführt. Die Wunde war so stark vereitert, daß der behandelnde Arzt Dr. Jacobs am Montag vormittag eine Operation vornahm. Der Eiterherd war aber zu groß, die Infektion zu weit vorgeschritten. Zu dem Fieber trat Wundsfarrkrampf hinzu.
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Um Dienstag war das Befinden des Kameraden noch zufriedenftellend, er selbst unterhielt sich bis in die Abendstunden recht rege und munter mit seinem Arzt. Am Mittwoch morgen verschlimmerte sich der Zustand des Berletzten, der Wundsfarrkrampf war bereits so weit vorgeschritten, daß Richard Wolland das Bewußtsein verfor. Zum Wundstarrkrampf frat Herzschwäche. Gegen 9 Uhr morgens verschied Genoffe Wolland, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.
Der Stahlhelmer von Arensdorf hat also ein 3 weites Menichenleben auf dem Gewissen. Der Untersuchungsrichter in Frankfurt ist von seinen sonstigen Dienstverpflichtungen dispensiert, nur um sich der Untersuchung des Mordes von Arensdorf widmen zu fönnen. Aber obschon Wochen ins Land gegangen sind, hört man nichts mehr von dem Stand der Untersuchung. Darf man angesichts des neuen Stahlhelmopfers fragen, wann endlich hier dem Recht Genüge geschehen wird?
Die stockende Abrüstungskonferenz.
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Condon, 20. Juli. ( Eigener Drahtbericht.). Der britische Ministerpräsident Baldwin verläßt am Sonnabend London , um sich mit dem Prinzen von Wales und einem zweiten Sohne des Königs zu den. Jubiläumsfeierlichkeiten nach Kanada zu be geben. Während seiner Abwesenheit dürfte der 79jährige Lord Balfour den Ministerpräsidenten vertreten. Bor seiner Abreise mird Baldwin noch einen Ministerrat mit den aus Genf zurückgelehrten britischen Vertretern auf der Seeabrüstungskonferenz, dem ersten Lord der Admiralität, Bridgeman, und Lord Cecil abhalten. Die britische Regierung und Admiralität vertrift, wie derlautet, die Auffassung, daß eine bedeutende Zahl von Hochseefreuzern der leichteren Kategorie, mit 15-3entimeter- Kanonen ausgerüstet, zu dem Schutz der ausgedehnten britischen Handelsverbindungen und Kästen eine abfolute Notwendigkeit dar stelle und die britische Regierung von dieser Forderung unter feinen Umständen abgehen könne. Im übrigen wird in amtlichen Londoner Kreisen erklärt, der gegenwärtige Stand der Genfer Besprechungen rechtfertige eine Fortseßung der Berhandlungen sehr mohl und es wird mit größtem Nachdruck betont, daß die Rückkehr des ersten Lords der Admiralität, und Lord Cecils nach London noch nicht notwendigerweise einen 21 bbruch der handlungen in Genf bedeute.