Nr. 360 44. Jahrg. Ausgabe A nr. 184
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Dienstag, den 2. August 1927
Parlamentskontrolle für die Reichspost
Sogar der Hansabund fordert sie!
Die Rüdwirkungen der Bortoerhöhung auf| im Hintergrund die Möglichkeit, die parlamentarische Initiative gegen die Wirtschaft nehmen Formen an, die auch politisch sehr den Minister in die Wege zu leiten." interessant sind. Zu den Vertretern der Auffassung, daß der Jetzt ruft also auch der Deutsche Hansabund nach der Staat sich nicht in die Wirtschaft einmischen dürfe und die Parlamentstontrolle. Tatsächlich hat gerade die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates von der parlamen Behandlung der letzten Gebührenvorlage gezeigt, daß diese tarischen Kontrolle befreit werden müsse, gehörte Kontrolle notwendig ist, und die Sozialdemokratie wird die bisher in vorderster Linie der Hansa- Bund". Jetzt erste sein, die ihr zustimmt, wenn dadurch eine vernünftige finden sich in den Mitteilungen dieses Bundes Stimmen Neuregelung erfolgt. Es geht auf keinen Fall an, daß ein schärfsten Kritik an dem Postfinanzgesetz, das der Bureaukratie Monopolbetrieb des Reiches lediglich von einem außerhalb eine diktatorische Herrschaft gegeben habe. Der Aufsatz fährt jeder politischen Verantwortung stehenden Verwaltungsrat dann fort: fontrolliert wird, indem dazu noch Privat= interessenten den Ausschlag geben.
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Schäzel wird betriebsam.
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,, Es wird geprüft werden müssen, ob nicht seitens der Wirtschaft dem Reichstag dringend zu empfehlen ist, das Reichspoftfinanzgesetz unter dem Gesichtspunkt zu ändern, daß für die Zukunft die Fest= Spät fommt fie, aber sie tommt doch nämlich die stellung des Boranschlages und die Entlastung der Ver- Reichs post. Nachdem sie ihre Gebührenordnung beschlossen hat, waltung und die Gebührenbemessung im Post-, Telegraphen- und fündigt sie an, daß sie während der Monate September, Oktober und Fernsprechverkehr um nur die wichtigsten Fragen herauszu- November eine genaue Zählung des Postverkehrs bei jämtlichen greifen aus der Befugnis des Verwaltungsrats herauszunehmen Bostanstalten durchführen will. Man wil genau die Art und den sind und ob diese Dinge nicht wie früher unter sonstiger völliger Umfang der verschiedenartigen Bostsendungen Briefe, Massen Beibehaltung der Selbständigkeit des Reichspostvermögens Ausdrucksachen, Geschäftspapiere, Mischsendungen usw.fontrollieren. schüssen des Reichsrates und des Reichstages zu Das ist erfreulich. Aber warum wurde diese Maßnahme nicht übertragen sind. Damit würden die wichtigsten Grundlagen des Reichs- früher porgenommen? Es wäre doch mindestens von Wichtigkeit postbetriebes und insbesondere die Reichspoftfinanzwirtschaft wieder gewesen, vor einer Erhöhung der Postgebühren genau zu wissen, unter meitestgehende öffentliche Kontrolle gestellt sein, weiche Wirtschaftskreise nun die Leibtragenden sein würden. Das hat damit bestände die Möglichkeit, die Tarifpolitif der Reichspoft wieber die Bost wenig gefümmert. Mit einem Eifer, der einer besseren in den Gesamtrahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik des Reiches Sache wert gemesen wäre, hat sie die Portoerhöhung betrieben und einzuordnen, damit würde man auch die an sich bestehende parlamen- sich über alle Proteste hinweggesetzt, die aus den beteiligten Kreisen tarische Verantwortlichkeit des Reichspostministers erst wieder mit gekommen waren. Jetzt hat die Wirtschaft zur Selbsthilfe gegriffen einem eigentlichen Inhalt füllen. Auch glauben wir, daß bei einer und öffentlich Maßnahmen propagiert, die es den Firmen erleichtern folchen Aufgabenverteilung zwischen Reichsrats, Reichstagsaus- follen, sich um die Folgen der Portoerhöhung herumzudrücken schüssen und Verwaltungsrat der Verwaltungsrat selbst sich leichter Davon wird die Post natürlich dauernde Nachteile haben. Das Kind ist in den Brunnen gefallen- der Postminister bedt ihn zu und fann sich jetzt wenigstens freuen, daß er die Statistit mit neuen Zahlen bereichern darf.
und nachdrücklicher als bisher von der Diktatur der Ver= waltungsbureaukratie des Reichspostministeriums würde auslösen können. Denn er hat zu seiner Unterstützung dann immer
Die Ententegeneräle sollen helfen!
Wiener Reaktionäre gegen Gemeindewache.- Appell an die Botschafterkonferenz.
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In einzelnen bürgerlichen Zeitungen wurde am Montag behauptet, weil man es nämlich wünscht und auf diese Weise herbeiführen will die Ententefommission beabsichtige, gegen die Errichtung der Wiener Gemeindewache Protest zu erheben bzm. Erfundigungen über ihre Einichtung einzuziehen. An den zuständigen Sellen in Wien ist davon nichts befannt. Im übrigen fönnte das hiesige in Liquidation befindliche Organ der Ententekommiffion überhaupt keine Forderungen stellen, sondern nur Erkundigungen einziehen. Berbieten oder sonstige Verfügungen treffen fönnte nur die Botschafterkonferenz in Paris , wenn sie findet, daß die 1000 Mann Gemeindewache dem Friedensvertrag widerspreche!
Ganz Deutschöfterreich ohne Unterschied der Partei ist einig darüber, daß sein Elend von der Entente durch ihr Friedensdiktat von St. Germain mit dem Anschlußverbot verSchuldet ist. So sehr man darüber und natürlich auch über die herabwürdigende Militärkontrolle gemettert und gezetert hat jetzt bringt man in die Ententegeneräle, nur um Gotteswillen die Gemeindewache zu verbieten. Aber man wird den Wiener Reaktionären wohl kaum den Gefallen tun und sich selbst die Blamage bereiten, 1000 sozialistische Arbeiter mit Säbel und Pistole als eine Gefährdung der in Waffen starrenden Nachbarstaaten Deutschösterreichs zu erklären!
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zu der Italien durch ein beschwichtigendes Versöhnungswert beitrug, habe bewiesen, daß, wenn die vier weftlichen Großmächte in einer Frage einen gemeinsamen Standpunkt haben, der europäische Friede nicht gestört werden könne.
Bürgergarde gegen Gemeindewache.
Obwohl der Gemeinderat die Aufgabe der Gemeindewache auf den Schutz der Gemeindebetriebe und anstalten sowie auf den Ord. nungsdienst darin beschränkt hat, schreit die bürgerliche Presse in Deutschösterreich, aber auch die Stahlhelmpresse im Reich über„ Rote Garde, die den Bolschewismus vorbereiten soll" usw. Die Wiener Hausbefizerorganisation fordert sogar schon auf, sich für eine Bürgergarde zu melden, als ob die Staatspolizei sich nicht als wahrlich genügend zuverläffig" erwiefen habe. Gerade diese Bewährung der Staatspolizei, die dafür hohe Geldspenden des Kapitals erhalten hat, läßt die Aufstellung einer Bürgergarde" als Vorbereitung zum Faschismus erscheinen, die nicht nur zur Verföhnung und Abrüstung nicht beitragen, sondern die Gereiztheit nur vergrößern muß.
Vorwärts- Verlag G.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3
Boftichedkonts: Berlin 37 538 Banktonto: Bank der Arbeiter. Angeftelten und Beamten. Walllte. 65; Diskonts Gefelichaft, Depoktentafe Linden itz.. 3.
Gemeindeforgen.
Taten und Bläne des Bürgerblocks.
Schon wiederholt ist in diesen Spalten dargelegt wo den, daß die Behauptung von der angeblich verschwenderischen ihm sucht die ,, Wirtschaft" so umschreiben unsere privaten Wirtschaft der Gemeinden nichts ist als das Schlagwort. Mit Wirtschaftsführer ftets gern ihre privatkapitalistischen Interessen die öffentliche Meinung gegen die Kommunen einzunehmen. Diefer Kampf gegen die öffentliche Wirtschaft der Gemeinden hat seine letzten Wurzeln in liche Wirtschaft der Gemeinden hat seine letzten Wurzeln in der Privatwirtschaft gegen fommunalen Wirtschaftsbetriebe, die allen Anfeindungen und Hinderungen zum Troß blühen und gedeihen und, nachdem die Schwierigkeiten der Umstellung nach der Inflation zum größten Teil überwunden sind, immer mehr zu einem wichtigen Faftor unseres gesamten Wirtschaftslebens. werden.
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Die Formen dieses Kampfes haben je nach der Wirt schaftslage gewechselt. Der Kampf selbst ist geblieben. Augenblicklich fucht man auf zwei Wegen vorzugehen. Durch Maßnahmen der Berwaltung und zwar durch die sogenannte die Kommunen, die für den Ausbau ihrer Unternehmungen be,, Beratungsstelle" gegen die Kommunen hindert man die Kommunen, die für den Ausbau ihrer Unternehmungen benötigten billigeren Auslandsanleihen hereinzunehmen. Durch gesetzgeberische Akte( Rahmengefeßgebung des Reichs für die Realsteuern) beabsichtigt der Bürgerblock, wie im Reich durch die Zollgesetzgebung, so in den Kommunen durch eine reichsgefeßlich anbefohlene Senfung der Realsteuern eine Entlastung der besigenden Kreise auf Kosten der Massenbelaftung herbeizuführen. Die Gemeinden, die doch leben und elementare Bedürfnisse ihrer Bevölkerung unter allen Umständen befriedigen müssen, werden auf diese Weise gezwungen, die Tarife ihrer Berteheraufzusehen und der arbeitenden Bevölkerung Licht, Kraft und Berkehrsmöglichkeiten zu verteuern. Da man gleichzeitig den richtigen Ausbau der Unternehmungen erschwert oder hindert, unterbindet man ihre technische Konkurrenzfähigkeit und hofft fo, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Selbstverständlich werden die Gemeinden sich gegen die geplante gesetzgeberische Aktion zur Senkung der Realsteuern mit allen Mitteln wehren. Ob diesen Bemühungen ein Erfolg beschieden sein wird, steht dahin. Die beste Waffe der Rommunen in diesem wegen ihrer angeblichen Bere schwendungssucht geführten Kampf wird die bereits in 1925 beschlossene Finanz statistif" sein. Es ist kein Geheimnis, daß diese Statistik bereits abgeschlossen ist. Wenn
ihre Ergebnisse noch immer nicht veröffentlicht werden, so geschieht das unter dem Einfluß mächtiger Kreiſe, denen bie Finanzstatistik das Konzept gründlich verderben wird. Läge fie vor, so hätte z. B. der Reichsverband der deutschen Industrie auf seiner Königsberger Tagung in den letzten Julitagen die Gemeinden nicht wieder einmal ermahnen fönnen ,,, sich größter Wirtschaftlichkeit zu befleißigen", und in einem Bericht eine Einschränkung der Gefehgebungstätigkeit auf fozialpolitischem Gebiet zu verlangen, da zar dadurch die für die Wirtschaft und das gesamte Bolt unerträglichen öffentlichen Lasten Die Gemeinden werden daher ermäßigt werden können". darauf bestehen müssen, daß im Reichstag die Beratung der äußerlich harmlosen Reichsrahmengefeggebung für die Realfteuer nicht vor sich geht, bis die Finanzstatistit vorlieot. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion mird dieses Verlangen nach Kräften unterstützen.
Die Gemeinden müssen sich des weiteren darüber flar sein, daß sie sowohl im Reichstag wie im Preußischen Landtag. abgesehen von den beiden sozialdemokratischen Fraktionen und einigen wenigen Abgeordneten, die zugleich Gemeindevertreter sind, keine Freunde und Verteidiger haben. Die Rechtsparteien sind von altersher gemeindefeindlich eingestellt. Die übrigen Fraktionen umfassen neben zahlreichen Gemeindegegnern eine große Zahl von Mitgliedern, die bestenfalls allen Gemeindefragen verständnis- und teilnahmslos gegenüberstehen. Da Reich und Staat selber Die Sowjetregierung hat dem Völkerbundssekretariat mitgeteilt, ist es flar, daß die gemeindlichen Intereffen nicht die pflegliche eine überreiche Fülle eigener drückender Finanzsorgen haben, daß sie die Einladung zur Teilnahme an der 3. Allgemeinen Ber - Behandlung in den Bariamenten erfahren, die sie zum Wohl
Rußland geht wieder nach Genf . Zur Verkehrskonferenz des Völkerbundes. Genf , 1. August.( Eigenbericht.)
fehrsfonferenz, die am 23. August in Genf beginnt, an
nimmt. Sie hat lediglich die Bedingung gestellt, daß die Delegation des Staatsganzen erfahren müßten. von Sowjetrußland genau die gleichen Rechte und Privilegien genieße wie alle übrigen Delegationen.
Im Ministerrat fagte Mussolini über die al tung Italiens zu den letzten Wiener Unruhen u. a., die Regierung habe nie daran gedacht, sich in die inneren Angelegenheiten der öfterreichischen Republik einzumischen. Der italienische Gesandte in Bien hat keinerlei Schritte unternommen, und es hätten feine Truppenansammlungen an der österreichischen Grenze stattgefunden. Die Revolte von Wien habe die Existenzfrage Desterreichs als unabhängiger Staat wieder zum Gegenstand der inter - Der Vertreter des Petit Parifien" meldet aus Rabat , daß nationalen Erörterungen gemacht. Die alten Borschläge einer Donau - 29 Berber wegen Waffendiebstahls und Ermordung föderation und der Bereinigung Desterreichs mit eines französischen Sergeanten vom Striegsgericht in Deutschland sind wieder aufgerollt worden. Keine der beiden Fez abgeurteilt worden sind. Da die Verurteilten einem damals Lösungen sei mit der Achtung der bestehenden Verträge vereinbar noch nicht unterworfenen Stamm angehören, beantragte der Staatsund vor allem sei klar, daß die Bereinigung Desterreichs mit Deutsch - anwalt nicht die Todesstrafe. Die fünf Führer wurden zu je land die politische Karte Europas , wie sie in den Friedensverträgen 20 Jahren 3mangsarbeit, die übrigen zu Strafen von von Versailles und St. Germain festgelegt wurde. stark verändern zehn Jahren Gefängnis bis zu fünf Jahren Zwangsarbeit und würde, Die Erledigung des albanisch- südslawischen Zwischenfades, i fünfzehn Jahren Aufenthaltsperbot perurteilt.
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die letzten Verhandlungen des Ausschusses für den ReichshausEinen neuen geradezu klassischen Beweis dafür boten halt, in denen noch unmittelbar vor den Ferien der sozial demokratische Antrag verhandelt wurde, rückwirfend 1. April 1927 den Besoldungsgruppen I bis VII Borauszahlungen in Höhe von 20 Mart monatlich auf die neue Befoldungsordnung zu gewähren. Der Antrag wurde bekanntlich abgelehnt. In diesen Berhandlungen sprach der Reichsfinanz minister Dr. Köhler wiederholt von den Plänen der Reichsregierung, ab 1. Oftober mit einer allgemeinen Besoldungserhöhung vorzugehen und erklärte, daß es dem Reich voll. tommen unmöglich sei, auf der Grundlage des Etats für 1927 den Ländern zu ihren Gehaltserhöhungen neue Mittel zur Verfügung zu stellen. Nach dem Reichsfinanzminister nahmen die Finanzdezernenten der Länder das Wort, um sämtlich übereinstimmend zu betonen, daß sie zwar die Erhöhung der Be