atsdudo.
Abendausgabe
Nr. 363 44. Jahrgang
Ausgabe B Nr. 179
10 Pfennig
= Vorwärts=
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find in der Morgenausgabe angegeben
Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3
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Volksblaff
3. August 1927
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Vorzeitige Landung
Looses. Sein Begleiter bewußtlos geworden.
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Die angekündigten großen Versuchsflüge der Junkerswerte mit dem Ozeantyp I 33 sind heute früh, wie gestern bereits vorausgefagt, wieder aufgenommen worden, und zwar sind diesmal gleich 3 wei Maschinen dieses Typs unter Führung von je 3 wei Piloten und wieder mit einer Belaffung von je 3700 kilogramm aufgestiegen.
211s erster startete um 5 Uhr 5 Minuten der Pilot Loose mit dem für diese Zwede beurlaubten Nachtflugleiter der Deutschen Lufthansa, dem Hauptmann a. D. Koch I als Begleiter. Ihm folgten um 5 Uhr 50 Minuten die Piloten Risticz und Edzard( Direttor der Bremer Luftverkehrs G. m. b. 5.) mit der zweiten I 33. Die Starts erfolgten von der neuen betonierten Start= bahn des Dessauer Flughafens aus. Trotz schwerster Belastung tonnten die Maschinen nach weniger als 40 Sefunden vom
Boden abgehoben werden. Allerdings passierte dabei dem ersten Flugzeug ein merkwürdiges Malheur. Zur Erleichterung des Starts ruhte der am Schwanz der Maschine angebrachte Sporn auf einem fogenannten Spornwagen, einem kleinen zweiräderigen Karren. Diese Konstruktion ist schon des öfteren ausprobiert worden und hat sich durchaus bewährt, und zwar föst sich der Spornwagen in dem Augenblick von selbst aus, in dem durch Steuerbetätigung vom Führersitz der Schwanz des Flugzeugs im Verlauf des Starts angehoben wird. Bei Looses Maschine versagte zur allgemeinen Ueberraschung jedoch dieser Mechanismus,
der Spornwagen löfte sich nicht aus und ging mit dem startenden Flugzeug in die Luft,
das nun sozusagen ,, vierräderig" davonzog, und zwar in Richtung Leipzig - Mockau , da die Strecke Dessau - Leipzig und zurüd wieder als Flugbahn für diese Versuche ausersehen war. Im Dessauer Flughafen herrschte über diesen unerwarteten Zwischenfall Bestürzung, zumal man nicht wußte, ob die Piloten gemerkt hatten, daß der Spornwagen noch am Schwanz der Maschine hing. Man sandte deshalb in aller Eile ein kleines Junkers- Flugzeug der ersten I 33 entgegen, um den Führern der letzteren Signale zu geben und gleichzeitig Feststellungen über den am Rumpf baumelnden Karren zu treffen. Vor allen Dingen fürchtete man, daß die Maschine durch das Hängenbleiben des Spornwagens schwere Erschütterungen
Arbeit für Gouvernanten.
Die Freunde der Exzellenz.
Dem gegenwärtigen Vizekanzler der deutschen Republik, faiserliche Erzellenz" Hergt, genügt der amtliche Dementierapparat nicht, um seine Beuthen - Rede in Bergessenheit brin gen zu lassen. Es müssen sich auch andere Leute darum bemühen, die freiwillig den Offiziofus spielen.
In der ,, DAZ.", die lange vom Auswärtigen Amt mit Geldmitteln des Reiches unterhalten wurde, find solche frei willigen Helfer jedes Bürgerblockministers zu Duzenden vor rätig. Heute leistet sich einer von ihnen eine spaltenlange Mohrenwäsche für die deutschnationale Exzellenz, der er die fennzeichnende Ueberschrift Dredlinie" gibt. Die volks parteilich deutschnationale Gouvernante bringt es glücklich fertig, zu behaupten, daß Hergt in der Dreckfinie" stehe und daß jede Erinnerung an seine Oberschlesienrede schon ein Teil des Wahlkampfes darstelle, der sich man schaudere!- über ein Jahr lang um die deutschen Wähler abspielen solle. Wenn Hergt immer wieder an seine Rede erinnert werde, dann könne ja das Bolk niemals zur Ruhe kommen.
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Selbstverständlich, daß die Sozialdemokratie und besonders der Vorwärts" jene" Dreckschleudern" liefern, vor denen der Herr Vizekanzler sich nicht zu bergen vermag. Selbstverständlich, daß alles Unheil von der demokratischen Seite tommt und die braven Bürgerblöckner unter Hergts Führung das Volk herrlichen Zeiten entgegenführen werden, wenn das Volk dabei nur stille halten und nicht immer auf die Gegner hören wollte. So aber fönne man teinem " Gentleman" verübeln, wenn er sich nur schwer entschließen fönne, sich in die Drecklinie" zu stellen, die man heute deutsche Politik nennt".
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Der ganze Hochmut eines freiwilligen Offiziofus kommt in dieser Gouvernantensprache zur Geltung. Die„ DA3." hat wohl nie etwas gehört von der schamlosen deutschnationalen Heze gegen Ebert, von den aufgekauften gestohlenen Aften, aus denen man für die Reichspräsidentenwahl die ,, Korruption der Sozialdemokratie" beweisen wollte und schließlich auch auf Stresemann, den jetzigen Koalitionsfreund Hergts, die Schlammsprize richtete? Nichts von dem syste= matischen Verleumdungsfeldzug gegen jeden bekannten Republikaner, mag er nun Wirth, Schönaich oder Wels heißen? Wir lehnen es ab, auf das Niveau persönlicher Berun. glimpfung herabzusteigen, auf dem die Freunde der Exzellenz Hergt und anderer Gentlemen " fich zu tummeln pflegen. Aber wenn wir politische Handlungen von Männern besprechen, die sich selbst für Politiker halten, dann lehnen wir die Gouvernantendienste der Offiziösen dankend ab.
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erlitten hatte und daß ferner diese nicht vorgesehene Belastung von 3irta 35 Kilogramm an der Unterfante des hinteren Rumpfteils sich irgendwie ungünstig auswirken könnte. Trotzdem Looses Mafchine zunächst zwei Runden anstandslos zurückgelegt hatte, wurde ihm gegen 10 Uhr vom Dessauer Flughafen aus signalisiert, daß er landen solle. Die Landung erfolgte dann um 9 Uhr 35 Min. unter sehr schwierigen Verhältnissen, da ja das Flugzeug noch seine fast unverminderte schwere Belastung trug, glatt in der Nähe des alten Dessauer Flugplatzes, wobei das Fahrgestell nur ganz unwesentliche Beschädigungen durch Verbiegen einzelner Teile des Gestänge davontrug. Aus noch nicht aufgeklärten Gründen war aber inzwischen der
Begleiter Coofes, Kochl, bewußtlos geworden.
Er hatte sich kurz vor der Landung in den hinter dem Führersitz liegenden Kabinenraum begeben, wo ein Teil der Reservebenzintanks eingebaut war. Anscheinend hatte er hier durch Ausströmen eingebaut war. Anscheinend hatte er hier durch Ausströmen Don Benzindämpfen die Besinnung verloren. Nach von Benzindämpfen die Besinnung verloren. Nach der Landung wurde er dann schleunigst aus der Kabine gezogen und durch Sanitätsmannschaften behandelt, so daß er nach etwa einer Stunde wieder völlig auf dem Poften war. Der Spornwagen war übrigens vor dem Niedergehen schließlich von selbst abgegangen und fiel in der Nähe des Ortes Kochstädt zu Boden. Die zweite Maschine mit den Piloten Rifticz und Edzard ist zurzeit noch in der Luft und fliegt Runde auf Runde zwischen Dessau und Leipzig - Modau. Bon der Junkers- Forschungsanstalt sind ihr eine ganze Reihe von Aufgaben zur Durchführung gestellt worden. Die Motoren der beiden Flugzeuge hatten verschiedene Kompressoren erhalten, ferner waren die Tants mit verschiedenen Sorten von Brennstoff gefüllt, über deren Verwendungsmöglichkeit man sich durch diese Versuchsflüge orientieren will. Da die betreffenden Beobachtungen auf Wunsch der Forschungsanstalt nach immer größeren Flugabschnitten getroffen werden sollen, läßt sich noch nicht sagen, wie lange das zweite Flugzeug in der Luft bleiben wird, und es ist durchaus möglich, daß man, wenn alles glatt geht, gleich bei dieser Gelegenheit den Versuch machen wird, einen neuen Weltdauerrekord aufzustellen. Voraussichtlich wird auch Loose noch in dieser Woche noch einmal zum Dauerfluge starten.
Um Sacco und Vanzetti.
Hinrichtung festgesett
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Eingreifen der gesetzgebenden Versammlung?
Boston ( Massachusetts), 3. August. Sacco und Banzetti, deren Hinrichtung auf den 10. August festgesetzt worden ist, find in die Zelle der zum Tode verurteilten ins Gefängnis nach Chyrlestown gebracht worden. Der Gefängnisdirektor erklärte, dies entspreche dem herkömmlichen Berfahren, wie es bei Gefangenen angewandt wurde, deren Hinrichtung nahe bevorstehe.
In unterrichteten Kreisen ist man indeffen der Meinung, daß das Todesurteil nicht vollzogen werden wird, sondern daß die gefehgebende Versammlung von Massachusetts eine Revision des Prozesses veranlassen wird.
Die japanischen Vermittlungsvorschläge auf der See- Abrüstungstonferenz über das Bauprogramm haben innerhalb der amerika nischen Delegation günstige Aufnahme gefunden. Vorläufig geht die amerikanische Forderung noch dahin, daß England auf die fünf neuen Kreuzer des Baujahres 1927, die bisher noch nicht auf Stapel gelegt worden sind, verzichten soll.
„ Der Ausweg des Baufeiertages."
In verantwortlichen Kreisen wird der Gedanke erörtert, einige der unerwünschten Folgen des Genfer Mißerfolges durch eine Art Flottenbaufeiertag" zu beseitigen. Nach allgemeiner Auffassung in Washington ist der Gedanke der Prüfung wert, er scheint aber nicht als geeignet, in einem Vertrage niedergelegt zu werden. Die britische Regierung müßte mitteilen, daß sie nicht über eine bestimmte Periode hinaus ihre Seemacht verstärten würde, gegen eine entsprechende amerikanische Erklärung, daß Amerika nicht über eine bestimmte Flottenstärke hinaus bauen werde.
Landshut , 3. Auguft.( WTB.), Auf der gestrigen Bertreterversammlung des Bayerischen Boltsschullehrervereins wurde eine Entschließung an genommen, in der in Uebereinstimmung mit dem Deutschen Lehrer verein der Bayerische Lehrerverein den Reichsschulgeset entwurf in feiner vorliegenden Form mit aller Entschiedenheit ablehnt und ein Reichsschulgeset fordert, das eine sinngemäße Auslegung der Gedanken der Reichsverfaffung darstellt.
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Die Tiroler Heimatwehr.
Eine Gefahr für den Frieden in Deutsch - Defterreich Innsbrud, Anfang August.
In der Habsburger Zeit hatten die Tiroler das Recht des freien Waffentragens. Daraus entstanden die Landes- und Standschüßen, die im Weltkriege Tirol gegen die Italiener verteidigten und denen sich viele anschlossen, weil sie weniger Kommißdienst leisten mußten. Die in den Novembertagen 1918 über das ganze Land wie verheerende Heuschreckenschwärme sich ergießende Soldateska, noch mehr aber die ständigen Teuerungsunruhen und die Gewaltanbrohungen gegen das Innsbruder Schiebertum machten in den Gedanken einer Gegenwehr populär. Auch das reichsdem besitzenden und erraffenden Bürgertum der Inflation deutsche, insbesondere bayerische Beispiel konnte in Tirol feinen Eindruck nicht verfehlen, zumal sich die Angehörigen der Kaiserjägerregimenter und der Landesschützen allmählich an die Schaffung von Kameradschaftsverbänden wagten, wobei sich allerdings stets die eigentlichen Frontsoldaten von den Hinterlandmenschen, zu denen auch der betannte Dr. Steidle gehört, abzusondern trachteten. Ein solcher Gegensatz besteht heute noch zwischen der Heimatwehr und der ganz von München abhängigen Oberlandgruppe. Auch waren Bemühungen im Gange, dem friegerischen Geiste in Wiedersehensfesten Nahrung zu verschaffen und so die alten militärischen Organisationen lebendig zu erhalten. Die politischen Ereignisse einerseits, der in die bürgerlichen Kreise noch in Zeiten der christlichsozial - sozialdemokratischen Koalition, welche die junge Republik in den Zeiten tiefster wirtschaftlicher und politischer Not erhalten mußte, mit Bedacht ausgestreute Samen des Hasses gegen Wien und die dortige Koalitionsregierung( Wasserkopf Wien ) und die vielfach noch im Geiste des Monarchismus sich entfaltenden Kameradschaftsorganisationen andererseits hat der ehrgeizige Landtagsabgeordnete Steidle mit allen Künsten der Rhetorit ausgenügt. Auf diese Weise ist es dem Redner, aber nicht dem Kriegsmann gelungen, in enger Zusammenarbeit mit dem bayerischen Forstrat Escherich im September 1920 jenen festlichen Zug auf den Berg Isel zum Nationaldenkmal Tirols zusammenzustellen und dort die tirolische Heimatwehr zu gründen. Eine Maschinengewehrabteilung wurde aufgestellt und eine Panzerautoformation war geplant. Studenten und gewesene Offiziere sammelten sich in der Heimatwehr, die ursprünglich und auch heute noch in enger Verbindung mit der Inns brucker städtischen Polizei tätig ist, wenigstens bis zum Jahre 1924 standen die sehr bedeutenden Waffendepots unter polizeilicher Obhut.
Ursprünglich mag der Heimatwehr, aber nicht der Leis tung, eine rein defensive Idee zugrunde gelegen haben, näm lich der Gedanke des Eigentumsschutzes. Aus diesem Grunde haben auch seinerzeit die Banken, Großkaufleute, Hoteliers und Gewerbetreibenden einen Teil der Mittel für die Heimat= wehr aufgebracht. Sehr bedeutende Mittel sind den Leuten um Steidle auch aus Bayern , und zwar im Wege der Sa njabant zugekommen. Die Anstrengungen, die gemacht wurden, um den bekannten Putschhauptmann Pabst, der auch heute noch unter dem Namen Peters als Generalstabschef der Heimatwehren fungiert, dem Lande zu erhalten, deuten wohl auch darauf, daß dieser Mann aus Deutschland nicht nur reiche Erfahrungen auf dem Gebiete der geheimen Organisation, sondern auch Geld und sonstige wertvolle Verbindungen mitgebracht hat. Gewiß ist, daß dieser PabstPeters zur Sammlung der bürgerlichen Kräfte in der Heimatwehr sehr viel beigetragen hat, daß er mit dem deutschnationalen Advokaten Pefendorfer der Heimatwehr den ursprünglich flerital- monarchistischen Charakter etwas ge= nommen und sie als überparteiliche Organisation„ aufge= zogen" hat.
Die mit allem Eifer betriebene Sammlung der ,, Nichtmarristen" in der Heimatwehr sollte sich bei der Niederzwingung von großen Streifs, bei denen auch staatliche Betriebe, wie Poſt und Telegraph, Eisenbahn und die Gerichte, in Mitleidenschaft gezogen wurden, bewähren, und zwar durch eine Art Technischer Nothilfe bewaffneten Schuh gegen Angriffe der Streifenden oder des Republikanischen Schutzbundes bieten. Ein eigenes Arbeitsvermitt Iungsamt, das der Redakteur der Heimatwehrblätter" leitet, soll den ohnedies schwerbelasteten Arbeitsmarkt mit Nichtorganisierten verseuchen und so scharfmacherischen Tendenzen Vorschub leisten. Eine wehrhafte Vereinigung mit reichem Kriegsmaterial, die offenkundig und zugestandenermaßen reiche 3uschüsse aus Steuergeldern erhält, bie weiter im Gebäude der Landesregierung eine eigene Kanzlei besigt und unmittelbar mit den im Lande Regierenden beste Verbindung erhält, die im Landeshauptmann ihren Ehrenlandesführer und in leitenden politischen Beamten ihren Hauptgeldgeber hat, ist eine Gefahr, der man nicht allein mit Spott begegnen darf. Zumal wenn sie offen erflärt ,,, im Einvernehmen und nur im Auftrag der Regierungen in den Ländern zu arbeiten", und damit eigentlich den Bundesstaat zu einem Länderbund herabwürdigt, in dem der Landeshauptmann je nach seinem Willen das Bundesheer, die Gendarmerie oder einen schwerbewaffneten Schußverband in die Arena politischer oder wirtschaftlicher Kämpfe rufen darf, natürlich auch gegen ihm unbequeme Entscheidungen der Volkssouveränität.
Hier zeigt sich die Gefahr in tragischer Größe.