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Flaggen heraus!

Der Arbeitsausschuß der Vereinigung Republikanische Bresse wendet sich mit folgendem Aufruf an die Republikaner  :

Der Justizmord von 1887.

Das deutsche   Volk feiert am 11. August die 8. Wiederkehr des Amerikanische   Klassenjustiz vor 40 Jahren.

Tages, an dem es sich in Weimar   seine erfassung gab. Nur das Wert von Weimar   hat die Einheit des Reiches erhalten, den Zusammenschluß aller deutschen   Stämme vorbereitet und dem Wiederaufflieg der Nation den Weg gebahnt.

Ehre und Stolz seines selbstbewußten Volkes erheischen, dem Verfassungstag als dem Geburtstage des großen natio­nalen Wertes festliche Weihe zu geben. In unserem Volks­staat darf sich die Teilnahme an solcher Feier nicht nur auf die Be­hörden und ihre offiziellen Berwaltungen beschränken, sie foll Herzenstadje des ganzen Voltes werden.

Dieses innere Miterleben muß auch in festlichem Flaggen­schmud ihren Ausdruck finden. Wie sind mit allen Republikanern eines Sinnes in der Erwartung, daß am Berfassungstage die Farben Schwarzrotgold wie auf dem Hause des Reichs­ präsidenten   und den Amtsgebäuden der Behörden, so auch in Stadt und Land von den Wohn- und Arbeitsstätten des deutschen   Volkes wehen werden."

Preußen hißt die Reichsfarben. Die Flaggen- Notverordnung im Landtagsausschus

angenommen.

Der Ständige Ausschuß des Preußischen Land­tags hat am Montag folgender Notverordnung des preußischen Staatsministeriums zugestimmt:

Die Beflaggung der Dienstgebäude der Gemeinden und Ge­meindeverbände gehört zu den örtlichen Geschäften der allge meinen Staatsverwaltung.

Das gleiche gilt in Ansehung der Schulgebäude für die Unter­haltsträger der nicht vom Staat allein unterhaltenen Schulen." Die Zustimmung des Ausschusses erfolgte mit 15 von 29 Stimmen. Es stimmten 15 Stimmen für die Verordnung. Eine Gegenprobe wurde nicht vorgenommen, so daß nicht festgestellt wurde, ob alle 14 Stimmen der Minderheit gegen die Verord­nung abgegeben worden waren. Gemäß Artikel 55 der preußischen Verfassung hat somit die oben angeführte Notverordnung Ge­fegestraft erhalten. Zur Ausführung der nunmehr mit Ge­fegestraft ausgestatteten Notverordnung hat das preußische Staats­ministerium folgende Anordnung getroffen:

" Neben sämtlichen staatlichen Dienstgebäuden haben auch die Gebäude der Selbstverwaltungsförper

am

11. Auguſt in den Reichs- und Landesfarben zu flaggen.

Pen Gemeinden( Gemeindeverbänden) ist es unbenommen, neben der Reichsflagge die Stadt- oder Provinzialfarben zu zeigen.

Diejenigen Schulen, die am Verfassungstage wegen der Ferien geschlossen sind, haben auch an dem Tage zu flaggen, an dem die Verfassungsfeier in der Schule veranstaltet wird.

Diese Anordnung des preußischen Staatsministeriums entspricht im Wortlaut einer Berfügung, die bereits anläßlich der früheren Verfassungstage den nachgeordneten preußischen Behörden über­mittelt wurde und zur Zeit der großen Koalition voll­inhaltlich die Zustimmung der voltsparteilichen Kabinetts­mitglieder gefunden hat.

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Ein Zwischenspiel.

Der deutschnationale Landtagsabgeordnete v. d. Often gab nach der Annahme der Verordnung eine Erklärung zu Protokoll, wonach die Deutschnationalen deren Rechtsgültigkeit be= streiten. Diese Auffassung wird vertreten, weil die Ausschuß mitglieder des Zentrums aus dringenden Gründen nicht vollzählig erschienen waren und die von ihnen fehlenden beiden Abgeordneten durch Sozialdemokraten ersetzt worden sind. Der volks­parteiliche Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Wiemer, gab zu, daß ein derartiges Verfahren auf Grund der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages   durchaus zulässig ist. Tatsächlich handelt es sich nicht um den ersten Fall einer derartigen Aus­wechslung. Das trifft sowohl für den Reichstag wie für den Breußischen Landtag zu. Erst im vergangenen Jahre überließ die sozialdemokratische Fraktion des Reichstages z. B. dem aus der deutschnationalen Fraktion gewissermaßen ausgestoßenen Abgeord­neten Dr. Best einen Siz im Aufwertungsausschuß, und als vor nicht allzulanger Zeit der Femeausschuß des Preußischen Landtages   tagte, schlugen die Deutschnationalen das gleiche Ber­fahren ein, gegen das sie heute bei der Anwendung durch andere Frattionen protestierten. Sie ver zichteten damals auf einen ihrer Size im Femeausschuß zugunsten eines völkischen Abgeordneten. Aber im Kampf gegen die schwarz­rotgoldene Fahne der Republik  , die ihre Minister im Reich be­schworen haben, ist ihnen schließlich jedes Mittel recht.

,, Es bedarf feines weiteren Beweises, daß wir des Ver­brechens, dessen die Gegner uns zeihen, nicht schuldig sind. Es wird allgemein zugestanden, daß wir deshalb bestraft werden müßten, meil wir gefährliche Menschen" seien. Deshalb der Haß des großen Publikums, bejjen Opfer wir sind. Wir sind nicht die ersten Opfer des öffentlichen Borurteils und Hasses, noch werden wir die legten sein...."

Es sind die legten Worte von August Spies  , einem der Opfer des Juftizmordes voin 11. November 1887 in Chicago  , die wir an die Spitze stellen. Bier Unschuldige fielen damals einer rasend gewordenen Klassenjustiz dem nach Blut rufenden Massenwahn zum Opfer. Auf Grund eines Prozesses und eines Urteils, das bis in die Einzelheiten hinein eine erschütternde Parallele zu dem Justizmord an Sacco und Vanzetti iſt.

Das Urteil von Chicago   war ein Racheurteil Nache für die Tötung von sechs Polizisten bei dem Bombenattentat auf dem Heu­martt in Chicago  . Das Jahr 1886 war ein Jahr der stürmischsten Klassenfämpfe in America  . Mit ungeheurer Brutalität gingen das Unternehmertum und seine Pinkertons gegen streifende Arbeiter vor. Die Kapitalistenpresse schrieb höhnend: Das beste Mittel für Er­werbslose sei Blei. Man solle ihnen möglichst viel verabfolgen, der einfachste Plan, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, sei der, den Arbeits­lofen und Bettlern Arsenik   in das Mittageffen zu streuen. Das be­wirte in kürzester Frist den Tod und sei allen Bettlern eine War­knüppelte Streifende auf das rücksichtsloseste nieder. Sie schoß auf nung, sich in respektvoller Entfernung zu halten. Die Polizei Streifende, die Streitposten standen.

Auf diesem Hintergrunde spielte sich das Drama vom Heumarkt­plak ab, aus dem fich der Prozeß gegen die acht Opfer des Justiz­mordes von Chicago   entwickelt.

Das Attentat vom Heumarkt.

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Vier Unschuldige hingerichtet.

,, Die Berurteilung erfolgte nicht auf Grund irgendeiner wirklichen oder persönlichen Teilnahme an dem besonderen Verbrechen, das den Tod der Polizisten ver­ursachte, sondern die Verurteilung ging von dem Grundsatz aus, daß die Angeklagten im allgemeinen durch Wort und Schrift breite Klassen des Boltes, nicht bestimmte Individuen, dazu aneiferte, Mord zu verüben, und daß sie die Ausführung. Zeit, Ort und das Wann dem individuellen Willen, der Laune und Kaprice, oder was immer es sonst sein mochte, eines jeden indivi­duellen Menschen überließen, der ihrem Ratschlag Gehör schenkte und daß infolge dieses aneifernden Ratschlages und beeinflußt durch diesen Ratschlag irgend jemand, der nicht be­tannt ist, die Bombe warf. Nun, wenn dieses nicht ein forrettes Gesezesprinzip ist, dann sind die Angeklagten natürlich zu einem neuen Prozeß berechtigt. Dieser Fall ist aber ohne Rechtsbeispiel, noch nicht dagewesen; es gibt tein Beispiel eines Falles dieser Art in dem Gesetzbuch."

Der Kampf ums Recht.

Nach diesem Tendenzurteil begann der Kampf der Ber­urteilten ums Recht. Ein Kampf, der in vielem dem Kampf von Sacco und Banzetti ums Recht ähnelt. Die Verteidigung tat alles, um einen neuen Prozeß herbeizuführen.

Die nächste Instanz war das Obergericht von Illinois  . Es wies die Appellation zurück und entschied gegen die Angeklagten mit folgender Begründung:

,, Die Verurteilung wird aufrechterhalten, weil in den Aften sich Beweise finden, welche die Geschworenen berechtigten, zu glauben, daß die Angeklagten das auf dem Heumarkt be= gangene Verbrechen anrieten, dazu ermunterten, halfen, ihm Vor­schub leisteten, als sie sich in der Absicht verbanden oder ver­schworen, das Verbrechen zu begehen und sich auf einen gemein­famen Platz zu seiner Begehung einigten."

Eine Begründung, die behauptete, was nicht einmal Richter Gary in seiner Begründung als bewiesen behauptet hatte! Gegen

Die amtliche Darstellung des späteren Gouverneurs John diesen Beschluß des Obergerichts erhob sich in allen Juristenkreisen P. Altgeldt von Illionis sagt darüber:

,, Am Abend des 4. Mai 1886 wurde auf dem Heumarktplatz in Chicago   eine öffentliche Bersammlung abgehalten; es waren etwa 800 bis 1000 Leute anwesend, fast lauter Arbeitsleute. Borher gab es eine Ruheftörung, die aus dem Bemühen der Arbeiter erwuchs, ftößen mit der Polizei führte. In einem derselben wurden verschiedene einen Achtst und entag einzuführen, was zu einigen Zusammen­Arbeitsleute getötet. Und nun war diese Versammlung einberufen worden als ein Protest gegen angebliche Polizei

brutalitäten.

ein Sturm der Entrüftung. Die Anwälte von Chicago   sprachen offen aus, daß der Fall nicht durch Rechtsspruch, sondern durch die öffent­liche Meinung entschieden worden sei.

Die nächste Instanz war das Bundesgericht in Washington  . Es verschanzte sich hinter formalen Gründen und Falle Sacco und Vanzetti hinter seine Unzuständigkeit ver­erklärte fich für unzuständig, so wie sich Präsident Coolidge   im

schanzt.

urteilten war danach in die Hand des höchsten Beamten der Staats­Die Entscheidung über Leben und Tod der Vers regierung, des Gouverneurs Oglesby von Illinois, Nicht nur die Verteidigung, sondern alles, was mit den Angeklagten gelegt. Er wurde bestürmt, den Berurteilten das Leben zu retten. Mann, um ihn zu bewegen, die Verurteilten zu begnadigen. Von sympathisierte, wandte sich vom 6. bis 9. November 1887 an diesen den zahlreichen Verwandten der Verurteilten, von den Vertretern der Arbeiterschaft der Union  , von Männern aus allen Gesellschafts­flaffen trafen Gnadengesuche ein. Petitionen mit Hunderttausenden von Unterschriften erbaten das Leben der Berurteilten. Ein Ge

Versammlung von Illinois   verwandten sich bei Oglesby für die An­die Begnadigung ein. Verschiedene Mitglieder der gesetzgebenden Parteien von Frankreich  , England und Deutschland   riefen nach Ge­geklagten. Die Vertreter der Arbeiterschaft und der freiheitlichen

meist er wohnte ihr bei und verblieb bis zu dem Zeitpunkt, Die Versammlung war ordnungsgemäß, und der Bürger fort. Sobald als Kapitän Bonfield von der Polizeiabteilung erfuhr, wo die Masse auseinanderzugehen begann; dann ging er selbst auch daß der Bürgermeister fortgegangen war, nahm er ein Polizei­detachement und eilte mit diesem zur Versammlung. Dies geschah in der Absicht, die wenigen, die noch zurückgeblieben waren, zu 3 er streuen. Beim Herannahen der Polizei zum Versammlungsplaß dert, die explodierte, viele verwundete und einige Polizisten tötete. wurde von einer unbekannten Person eine Bombe gefchleuschworener, der selbst das Todesurteil hatte fällen helfen, kam im Stach geraumer Zeit wurden des Mordes angeklagt: August Schwab, Samuel Fielden, Geord Engel, Adolf Spies, Albert Parsens, Louis Lingg  , Michael Fischer und Ostar Neebe. Die Staatsanwaltschaft fonnte nicht entdecken, wer die Bombe geworfen hatte, und der wirklich schuldige Mann konnte der Gerechtigkeit nicht überantwortet werden. Deshalb, und da einige der Angeklagten überhaupt nicht in der Heu­marktversammlung gewesen waren und nichts mit dieser zu tun hatten, war die Staatsanwaltschaft gezwungen, von der Theorie aus zugehen, daß die angeklagten Männer deshalb des Mordes schuldig wären, weil behauptet wird, daß sie zu verschiedenen Zeiten in der Vergangenheit eine aufrührerische Sprache in Wort und Schrift geführt hatten, in der praktisch das Töten von Polizisten, Pinkerton­ipionen und anderen, die in solcher Eigenschaft handelten, empfohlen worden wäre, und daß sie deshalb verantwortlich seien für den Mord.

Die Deffentlich feit war zu jener Zeit sehr aufgeregt. Nach einem lang hinausgezogenen Prozeß wurden alle Beschuldigten für schuldig befunden. Oskar Neebe wurde zu 15 Jahren Ge fängnis verurteilt, die anderen Angeklagten zum Tode durch den Strang. Der Fall wurde bis zum Obersten Gerichtshof ge­tragen, das Urteil von diesem im Herbst 1887 bestätigt. Bald darauf verübte Lingg   Selbstmord. Das Urteil über Fielden und Schwab wurde in lebenslängliches Gefängnis verwandelt. Par­sons, Fischer, Engel und Tietz wurden gehenkt."

Der Prozeß.

Es ist kaum anzunehmen, daß jetzt nach der zweifellos recht mäßig zustandegekommenen Verordnung noch irgendein Selbstverwaltungstörper versucht, statt der Reichsfahne die Partei fahne der Monarchisten zu hissen oder die schwarzrot. goldenen Farben überhaupt nicht zu zeigen. Trotzdem möchten wir darauf verweisen, daß nach dem preußischen Landrecht die Polizei nicht nur die Aufgabe hat, Ruhe und Ordnung zu sichern, sondern auch den Anordnungen der vorgefeßten staatlichen Behörden mit allen Mitteln Nachdruck zu verschaffen, das heißt praktisch, daß sich im Falle einer Sabotage der Verordnung nicht nur die verantwortliche Persönlichkeit des betreffenden Selbft verwaltungsförpers, sondern auch dessen Vorgesetzter, falls er das stillschweigend dulden sollte, einer Zuwiderhandlung gegen die be­stehenden Gesetze schuldig macht. Was darauf folgt, dürfte schließlichtische Hezze. Systematisch war eine Panikstimmung, eine Stim­jeder Beamte selbst am besten wissen.

Noch zu wenig Unterdrückung. Auch die letzten deutschen   Blätter Südtirols   sollen verschwinden.

Am 15. Juni 1886 begann der Prozeß. Richter Gary und Staatsanwalt Grinnell waren von vornherein entschlossen, die Angeklagten zum Tode zu verurteilen. sprechen, sondern einen Ait des Klaffenkampfes üben. Drohend rief Sie wollten nicht recht­Staatsanwalt Grinnell vor dem Gerichtshof aus: Die Arbeiter jollen wie Ratten in ihre Höhlen zurückgejagt werden." Das war der Sinn des Prozesses. Gouverneur Alt­geldt hat späterhin gesagt: die Deffentlichkeit wäre zur Zeit bes Prozesses sehr aufgeregt gewesen. Es war eine system a

mung maßlofer Wut gegen die Angeklagten wie gegen die Arbeiter­bewegung entfesselt worden. Eine Banifftimmung, wie sie zur Zeit des Prozesses gegen Sacco und Vanzetti in Amerika   wieder ge­herrscht hat.

Staatsanwalt Grinnell rief die politische Leidenschaft gegen die Angeklagten wach: Sie find Ausländer, teine Bürger!" Genau so wie im Prozeß gegen Sacco und Banzetti der Staatsanwalt die Geschworenen aufrief zu Leidenschaft und patriotischem Empfinden", so politischer appellierte Grinnell an den Patriotismus der Jury.

Bozen  , 8. August.  ( TU.) Nachdem der faschistische Provingtommiffar Giarratana die Leitung der Alpenzeitung" und der Provinzia di Bolzano" felbft übernommen hat, wird in diesen beiden faschistischen Organen gegen die beiden deutschen   Abgeordneten und gegen die deutsche Presse Südtirols   auf das schärfste gehegt. Giarratana droht in Die Geschworenen waren nicht auf gefeßlichem Wege den letzten Nummern seiner Blätter, die beiden letzten deutschen   ausgesucht worden. Der Gehilfe des Richters rühmte sich, daß er die ausgewählt, sondern sorgfältig von Richter und Staatsanwalt Zeitungen Südtirols  , Dolomit" und" Boltsbote" einstellen lassen, weil sie seine Einsetzung zum Direktor der faschistischen Bo- Geschworenen so ausgewählt hätte, daß diese Kerle so sicher zener Blätter nicht gebührend begrüßt, sondern nur hängen würden, als der Tod ist". furz davon Mitteilung gegeben hatten. Er findet es un be greiflich, daß solche Zeitungen in Südtirol   gedeihen könnten, während man in ganz Italien   damit aufgeräumt habe und erklärt, daß seine Geduld zu Ende sei.

Der Oberstuhlrichter von Sopron  ( Dedenburg), Stefan Szofa, ift von einem Unbekannten aus einem Jagdgewehr angeschossen worden und seinen Berlegungen erlegen.

rechtigkeit und Gnade.

Gouverneur Oglesby blieb hart, starr und unerbittlich. Eo unerbittlich wie heute der Gouverneur Fuller von Massachusetts  .

Bombenhetze der Lockspitzel.

Banitstimmung, die der allgemeinen Bewegung für die Begnadigung Die Sensationspresse im Bunde mit der Polizei erzeugte eine funden, die bei näherer Untersuchung sich in blauen Dunst der Verurteilten entgegenwirken sollte. Gerüchte von Bomben­auflösten, durchschwirrten die Luft. Die Bürger von Chicago  bewaffneten sich, jeder erwartete angstzitternd einen allgemeinen anarchistischen Aufstand. Mit den widerwärtigsten Mitteln der polizeilichen Lodspigelei ist diese Panik- und Mordstim mung fünstlich erzeugt worden. Der Polizeipräsident Ebersold von Chicago   hat darüber in der von Gouverneur Altgeld angeord­neten neuen Untersuchung folgendes ausgesagt:

Es war meine Bemühung, nach dem 4. Mai alles sobald als möglich zu beruhigen. Andererseits war mein Kollege, der Ka­pitän Schaad, bemüht, die Dinge in Unruhe zu er halten.

Er wollte durchaus, daß hier, dort, immer und überall Bomben gefunden werden sollten.

Ich war der Meinung, daß die Leute sich ruhiger zu Bett legen und schlafen würden, wenn sie nicht in jeder Minute befürchten müßten, daß ihre Heimstätten in Stücke zerrissen würden. Aber dieser Mann Schaad wollte tein beruhigendes Vor­gehen. Und nun muß ich etwas sagen, was der Deffentlichkeit unbekannt ist. Nachdem wir die anarchistischen Gruppen gesprengt hatten,

wollte Schaad sofort wieder Leute aussenden, die sie neu organisieren sollten.

Sie begreifen, wozu dies alles führen sollte. Er wollte die Sache in Siedehige erhalten, sich auszeichnen und her vortun vor der Deffentlichkeit."

Der Justizmord.

Die Hetze tat ihre Wirkung. Gouverneur Oglesby blieb hart. Die Hinrichtung wurde für den 11. November 1887 angeordnet. Am 11. November 1887 glich Chicago   einem Heerlager. Tausende von Bolizisten, mit Gewehren bewaffnet, bewachten das Gefängnis, die öffentlichen Gebäude, die Wohnungen des Richters Gary, des Staats­Waffen. Reguläres Militär war in der Nähe der Stadt zusammen­anwalts Grinnell, des Polizeichefs. Die Milizen standss unteer den gezogen. Vor den Polizisten aber, vor dem Gefängnis stand eine ungeheure Menschenmasse in feierlichem Schweigen demonstrierend. Am 11. November 1887 um 12 Uhr mittags war der Justizmord voll­endet.

Im Jahre 1893 ordnete John P. Altgeldt, damals Gouver neur des Staates von Illinois  , eine neue Untersuchung an. Im Prozeß Sacco und Vanzetti hat der Obmann der Ge­Er stellte als Ergebnis der Untersuchung öffentlich fest, daß Unschul­schworenen gegenüber zweifeln an der Schuld der Angeklagten Gefängnis Dahinsterbenden begnadigen. Er tat es mit folgender Angeklagtendige hingerichtet worden waren. Er konnte nur noch die drei im 3pnisch ausgerufen: ol sie der Teufel, sie müssen auf, Berfügung:

jeden Fall hängen...

Die Folge dieses Gerichtsverfahrens war das Schreckensurteil, das sieben der Angeklagten zum Tode verdammte, einen zu fünfzehn Jahren Gefängnis. Warum wurden die Angeklagten verurteilt? Richter Gary felbft hat das Urteil mit folgenden Säßen begründet:

Ich bin davon überzeugt, daß es auf Grund all der ange­führten Tatsachen und Beweise meine Klarste Pflicht ist, ein Unrecht zu fühnen, einzugreifen, zu handeln. Darum erteile ich hiermit, an diejem 26. Tag des Juni 1893, eine absolute Begnadigung an Samuel Fielden, Oskar Neebe und Michael Schwab  ."