Der Magistrat< Ein Anfruf zur Der Mogisiral Hai anläßlich des Verfassungsiages an die Ber liner Bevölkerung folgenden Ausruf erlassen: Berliner! Am U. August 1927 kehr, der Tag wieder, an dem sich das deutsche Volk vor S Zahren seine Verfassung gegeben hat. Reich. Staat und Stadl schicken sich an, diesen Tag f e st- (ich z u begehen. Wie alljährlich, veranstallet das Reich auch in diesem Jahre am 11. August im Reichstag eine offizielle Behördenfeier. Am Abend des 11. August vereinigen sich die Rcichsregierung. die preußische Staatsrcgierung und die Gemeindekörperschaften mit Vertretern aus allen Kreisen der Bevölkerung zu einer gemeinsamen Abend- f e i e r im festlich geschmückten Hause der Funkindustrie am Kaiserdamm. Im Anschluß an diese Feier wird sich ein Fackelzug der verbände und Sportvereine vom hopse der Funkindustrie nach dem Platz der Republik begeben. Rachmiltags werden an zahlreichen Plätzen der Stadl SonzertederReichswchr- u n d Schuhpolizcikapellen sowie privater Musikkapellen und Sport- und Kinderfeste slallfinden. Bürger Berlins ! Am 11. August 1919 ist es dem deutschen Volke nach schweren Erschütterungen durch den verlorenen Krieg und die nachfolgende Umwälzung gelungen, sich eine Verfassung zu geben. Diese rettete uns die Reichseinheit, das kostbarste Gut des deutschen Volkes, und legte den Grundstein für den Wiederaufbau unseres Vaterlandes in trciheitluhem Sinne. Mitbürger! Trage ein jeder dazu bei. die Verfassung mit dem Geiste wahren Staatswillens zu erfüllen. Gelobe ein jeder an diesem denkwürdigen Tage, alle Kräfte einzusetzen für das Vaterland und die Republik . Ein jeder, der Volk und Heimat liebt, hisse deswegen am Verfassungslagedie schwarzrotgoldene Flagge der deutschen Republik. Magistrat der Stadt Berlin . m Fackelzug im Anschluß an die Vcrsassunzsseier. Am Der- fassungstage, abends K8 Uhr. veranstalten Reich, Staat und Stadt Berlin eine Verfassungsfeier im Hause der Funkindustrie. Im An- schluß daran wird ein Fackelzug unter Mitwirkung der beteiligten Vereine und Verbände stattfinden. Als Fahnen im Fackelzug kommen in erster Linie schwarz-rot-goldene in Frage. Daneben können auch Vereinssahnen gezeigt werden. Jedoch wird gewünscht, diese mit einer schwarz- rot-goldenen Schleife zu versehen. Ausgeschlossen sind schwarz-weiß-rote und rote Fahnen Vcrfassungsfeiern des Reichsbanners. Das Berliner Reichsbanner beteiligt sich in diesem Jahr an der großen B u n d e s v e r f a s s ü n g s f e i e r in Leipzig , die am nächsten Sonnabend und Sonntag stattfindet. Schon jetzt sind über Z000 Berliner Teilnehmer nach Leipzig gemeldet. Am vergangene» Sonntag haben sieben Kreisvereine bereits Verfassung s-
m öie Serlmer. Berfafsiiiigsfeier. feiern, verbunden mit Volksfesten, in den einzelnen Stadt� teilen Berlins veranstaltet. Sämtliche Feiern waren ausgezeichnet besucht und zum Teil überfüllt. Die größte Verfassung s- s e i e r veranstaltete der Kreisverein Wedding im Schiller- park . Am Vinetaplatz sammelten sich die Teilnehmer. Unter Vor- antritt von Musikkapellen und Tambourkorps, unter wehenden schwarzrotgoldenen Fahnen, überall aufs herzlichste von der Ber - liner Bevölkerung begrüßt, ging es zum Schillerpark, wo sich bereits vor Eintrcfsen des Zuges ein buntes Leben und Treiben entwickelt hatte. Im Zuge zum Schillerpark waren recht sinooll die Vor- kämpfer der heutigen Reichsfarben, die Studenten und die Kämpfer aus dem Sturmjahr 1848 dargestellt. Aus der großen Terrasse des Schillerparks nahmen die Fahncndelegationen Aufstellung. Dann hielt Polizeiobert a. D. Lange die Festrede: „Die Weimarer Verfassung Hot eine eiserne Kette um die deutschen Stämme gelegt, die auseinanderzufallen drohten. Man Hütte aber schon viel früher an die Schaffung des Verfassungsiages denken sollen. Viele Gelegenheiten sind in den vergangenen Iahren verpaßt worden. Die R c p u b l i k muß bei den kommenden Reichstagswahlen aus den Händen ihrer Todfeinde befreit werden. Der freiheitliche Geist der Ber- fassung muß in die Tat umgesetzt werden von Männern, die mit voller Hingabe an der Republik arbeiten wollen. Die Amtsstuben müßten von den reaktionären Gesellen geräumt werden, die sich immer noch zahlreich darin breitmachten." Auf der Kundgebung in Charlottenburg sprach nach einem eshr wirkungsvollen Auf- marsch der Fahnenträger Senatspräsident Großmann. Mit Genug- tuung stellte er fest, daß die Weimarer Verfassung schrittweise die weitesten Kreise des Volkes zu erobern begonnen habe. Leider hat der Reichstag den gesetzlichen Versassungsfciertag noch nicht ge- schaffen. Für das nächste Jahr muß man das bestimmt erwarten. Das Reichsbanner fordert, daß die Verfassung mehr und mehr zu einer lebendigen Kraft werde. Ein trauriger Vorfall ereig- nete sich beim Umzug des Kreisvereins Prenzlauer Berg . In der Schwedter Straße fiel der Fahnenträger plötzlich um. Er wurde sofort nach der nächsten Unsallstation gebracht. Dort verstarb er, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Bei der Verfassungsfeier in Wilmersdorf im„Biktoriagarten" sprach Staatsminister a. D. Sie ring. Cr feierte die Verfassung als ein einigendes Moment in der Unruhe der Revolutionstage. Weiter betonte er die Notwendigkeit des Reichsbanners als Schutz- truppe der Republik . » Der kreisverein Tiergarten veranstaltete eine Feier im„Carls- Hof". Dort sprach Reichstagsabgeordneter K ü n st l e r vor einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge. In Löbels Stadtpark in Spandau hielt Stadtrat M ü n s i n g e r und in Treptow im Alten Eierhaus Robert Breuer eine Ansprache. Auch die Potsdamer Justiz feiert den Verfassungstag. Sämtliche Termine, die auf dem Potsdamer Land- und Amts- gericht für den 11. August angesetzt waren, sind abgesagt. Aus beiden Gerichten ist Sonntagdienst angeordnet worden. Im vorigen Jahre fielen bei der Potsdamer Justiz nur die Sitzungen der Großen Strafkammer aus, während in den Bureaus gearbeitet wurde.
Der mißhandelte Senatspräsiüent. Rachspiel zu einer Radauszene im Kammergericht. Im Berliner Kammergericht haben sich an zwei Tagen Szenen abgespielt, so häßlich, wie sie dieses Haus seit langem oder viel- leicht überhaupt noch nicht erlebt hat. Am 9. Mai versetzte der kauf- männische Angestellte h. dem Senatspräsidenten des Kammergerichts Leonhard in dessen Arbeitszimmer einen Schlag ins Gesicht! am 23. Juni bedrohte er im Sitzungssaal mit einem Stuhl den Justizwachtmeister, wofür er mit dem Gummiknüppel geschlagen wurde. Das Eigenartige bei der Sache ist, daß das Kammergericht diesen Wutausbruch des S. in keiner Weife verschuldet hatte; noch eigentümlicher ist es ober, daß h., der sich wegen Körperverletzung, öffentlicher Beleidigung, Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vor dem Schöffengericht Schöneberg zu verantworten hatte, auch jetzt noch nicht einsehen will, daß er unrecht getan hat. Der Sachverhall war folgender: h. hatte für zwei uneheliche Kinder zu sorgen, zahlte aber keine Alimente. Sein Gehalt wurde darauf biszulZOMarkge- pfändet. Davon glaubte er nicht, leben zu können. Er klagte beim Amtsgericht, legte Berufung ein beim Landgericht, führte schließlich Beschwerde beim Kammergericht, wurde aber überall ab- gewiesen, bei dem Kammergericht. weil letzteres in die materielle Prüfung der Richtigkeit der beiden vorhergegangenen Entscheidungen von Gesetzes wegen nicht eintreten konnte. Ais er die Entscheidung des Kammergerichts erfuhr, begab er sich in das Arbeitszimmer des Senatspräsidenten Leonhard und versuchte diesem klarzumachen, daß er unmöglich mit 130 Mark auskommen könne. Während der Unter- Haltung nahm h. eine drohende Haltung ein; Senatspräsidcnt Leonhard begab sich zur Tür. In diesem Augenblick erhielt er von h. einen heftigen Schlag ins Gesicht. Der Iustizwacht- meister hörte den Schlag, kam hinzu, sah die Wange des Senats- Präsidenten verfärbt, hielt aber den h. auf Anraten des Senatspräsi- deuten nicht an. Dennoch versuchte h. nochmals sein heil beim Amtsgericht, diesmal mit Erfolg. Es wurden ihm von seinem Gehalt 140 Mark zugesprochen. Das Landgericht jedoch beließ es bei den früheren 130 Mark. Eine Beschweroe beim Kammergericht nutzte wieder nichts, h. erschien im Sitzungssaal und stellte nach Erledigung der letzten Sache den Senatspräsidenten Leonhard zur Rede. Dieser sagte ihm, daß er diesmal an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen sei und forderte ihn auf, den Saal zu verlassen. Als der Gerichtsdiener diese Aufforderung wiederholte, sprang h. zurück, erhob drohend einen Stuhl und ließ ihn erst fallen, als er einen Schlag mit dem Gummiknüppel erhielt, h. bestritt vor Gericht, dem Senatspräsidenten den Schlag versetzt zu haben; der Zeuge spreche die Unwahrheit— ganz so, wie sein Beschluß auf Un- Wahrheit beruht habe. Er fühle sich geschlagen, weil er ein Schuld- bewußtsein habe. Man möge den Zeugen auf seinen Geisteszustand untersuchen. Auch der Referendar spreche die Unwahrheit, ebenso der Justizwachtmeister. Ihm, dem h., sei Unrecht geschehen, er könne nicht mit 130 Mark auskommen. Als der Staatsanwalt drei Monate Gefängnis beantragte, sagte h., er würde Berufung einlegen. Das Gericht verurteilte h. zu zwei Monaten Gefängnis. Man könne nicht diese Handlung des Angeklagten, deren Verwerflichkeit er selbst heute nicht einsehen will, milde beurteilen. Nur ein Umstand ist sowohl dem Staatsanwalt als o-uch dem Gericht entgangen, nämlich, daß es sich in diesem Falle schwerlich um einen geistig ganz normalen Menschen handeln kann. Während seiner Militärzeit befand er sich vorübergehend in der Irren- a n st a l t bei Allenstein, seine Auftritte im Kammergericht, sein B«> nehmen im Gerichtsfaal— olles deutet darauf hin, daß man hier mit einem schwer psychopathischen Querulanten zu tun hat. Vielleicht hält die zweite Instanz es doch noch für nötig, h. auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Es wäre dieses nur' recht und billig. /-- Neue versuchsfiüge öer GZeanmaßhinen. Abflug möglicherweise Donnerstag. Dessau , den 8. August 1927. Kurz nach 8 Uhr abends unternahm R i st i c z in Begleitung des Ingenieurs S ch i n z i n g e r auf der Rekordmaschine einen kurzen Versuchsflug, bei dem die Moschine Wasserballast trug. Der Flug galt Brenn st offmessungen, und zwar soll festgestellt werden, wieweit der Motor gedrosselt werden kann, wenn das Flugzeug durch fortschreitenden Brennstoffverbrauch, also z. B. bei Erreichung des Ozeans, leichter geworgen ist. Der Start zum Der- suchsflug erfolgte vom Flutjplatzgelände aus und nicht von der Startbahn. Trotzdem hob sich die Maschine nach verhältnismäßig kurzer Zeit vom Boden ab, der Spornwagen löste sich dabei vor- schriftsmäßig. Am heutigen Dienstag finden weitere Versuchs- f l ü g e, vor allem auch mit der Maschine Looses statt zur Prüfung der Instrumente und des FT.-Geräts. Unter den Instrumenten ist von besonderem Interesse eiik Ascania-Lustfernkompaß, der im hin- teren Teil des Flugzeugrumpfes«ingebaut ist und von dort seine Anzeige nach vorn auf eine Skala mit Nadel überträgt. AnNSonntagnachmittag wurden ferner B e l a st u n g s- und Dichtigkeitsproben m i t de n beiden Gummibooten oorge- nommcn, die die Maschinen mit sich führen werden. Das eine Boot, das Risticz mitnsmmt, ist ca. 4 Meter, das andere ca. 2Vi Meter lang. Im Falle der Gefahr, also bei erzw-ungenen Lan- düngen aus dem Wosfer, werden die Boote aufgeblasen und vermögen dann, wie heute festgestellt wurde, eine Belastung von 700 bzw. S00 Kilogramm zu tragen. Die Belastungs- proben finden in einem großen mit Wasser gefüllten Bassin der Dessauer Flugzeugwerft statt. Wie weiter verlautet, soll der Start nunmehr in den späten Noch mittags stunden des kommenden Donnerstag erfolgen, da auf diese Weise die beiden Maschinen im Laufe des Sonnabends, und zwar bei Tageslicht in Amerika an. kommen werben. Es ist aber naturgemäß möglich, daß besonders widrige Windverhältnisse auf dem Dessauer Flugplatz eine Acnde- rung. der vorgesehenen Startzeit notwendig machen. Beide Flug- zeuge werden mit halber Belastung auf die Startbahn gebracht und werden dann hier volle Zuladung an Brennstoff usw. erhalten. Paris und die deutschen Ozeanflüge. Paris . 8. August. Die französische Presse ist über die bevorstehenden deutschen Ozeanflüge st a r k beunruhigt, da sie fürchtet, daß die Deutschen den Ozean vor den Franzosen überqueren. Andererseits fehlt es nicht an warnenden Stimmen, die behaupten, daß die französischen Flieger nicht genügend oorbe- reitet wären, um mit Aussicht auf Erfolg sich an dem Wettkampf zu beteiligen. So schreibt„Paris Midi", daß man nicht ohne Zittern an das Schicksal der französischen Flieger denken könne. Kein ein- ziger von ihnen habe mit seinem Apparat die notwendige Zeit in der Luft zugebracht. Das Blatt fordert von der Regierung, die Flüge nur zu gestatten, wenn die Flieger einen Probeflug von mindestens 48 Stunden zurückgelegt hätten. Man dürfe nicht vergessen, daß die Deutschen sich seit zwei Jahren methodisch für einen Ozeanslug vor- bereitet haben._
Ein Schüler wirft sich vor die Lokomotive. Auf dem Bahnhof Wedding spielte sich gestern noch- mittag gegen 4 Uhr ein aufregender Borfall ab. Auf einer Bank des Stadtbahnstsiges faß ein Schüler, der plötzlich, als ein Zug einlief, aufsprang und sich vor die Räder der Lokomotive warf. Dem juaendsichen Selbstmörder wurde der Kops vom Rumpfe getrennt. Nach den polizeilichen Feststellungen
handelt es sich um den 14jährigen Schüler Karlheinz K. aus der Amsterdamer Straße. Die Gründe, die den Knaben zu dem Berzweijlungsschritt getrieben haben, sind noch ungeklärt. Die Leiche wurde von der Kriminalpolizei beschlagnahmt und in das Schaühaus gebrächt. Neuer Ausbruch des Fassadenkletterers Kasiner. Dem Fassadenkletterer Willi Kaßner ist es schon wieder ge- lungen, aus dem Gefängnis zu entweichen. Kaßner hatte noch eine Strafe von IM Jahren Gefängnis zu verbüßen, da er während der letzten Strafhast schon einmal ausgebrochen war. Er ist ein ebenso berüchtigter Einbrecher wie Ausbrecher und gilt als noch gefährlicher als fein Bruder Paul, der bei dem Fassodeneinbruch im Kaiserhof nach einem erbitterten Kamps mit einem Hotelgast aus dem driten Stock auf die Straße geschleudert wurde. Zur Ber- büßung seiner Reststrase war Willi Kaßner wieder nach Tegel über- geführt worden. Aus dem Transport zu einer Vernehmung gelang es ihm, aus dem Grünen Wagen durch. ein Oberlichtfenster hinauszuklettern und während der vollen Fahrt des Wagens abju- springen. Gleich nach gelungener Flucht rief er bei seinem Ver- leidiger, Rechtsanwalt Dr. Siegsried Eisenstädt, an und ließ diesem der verreist war, bestellen, er möge sich nicht unnötig zu der an- gekündigten Besprechung nach Tegel bemühen, da er sich unterdessen auf eigene Faust Strafurlaub genommen habe. Nach dem gefährlichen Verbrecher wird gegenwärtig eifrig gefahndet.
: ä Las##C M/s IIKKLar Zwei Vorträge am Sonntag und Montag zeigen die Grenzen. die dem Rundfunk gesetzt sind. Cohn-Wiener spricht über„Die spanische Kunst" und Otto Brattskoven über „Warschau ". Beide Vorträge setzen sich hauptsächlich mit Bildwerken und Architektur auseinander. Man kann im Rundfunk über das Gesicht einer Stadt sprechen, über ihre politische oder wirtschaftliche Lage, über ihr geistiges Leben, man kann einen geschichtlichen Abriß und ein Porträt der Bewohner geben, aber die Sache wird in dem Augenblick problematisch, in dem niaa auf die Bauwerke zu sprechen kommt. Brattskoven spricht durchaus klar, einfach und anschaulich, be- tont einleitend sehr gut das geistige Gefüge der Stadt, er verfügt, wie auch Cohn-Wiener, über die Fähigkeit, mit kurzen Sätzen den Umriß eines Kunstwerks aufzuzeigen, und tiytzdem hat ein naiver Zuhörer wenig davon, wenn er nicht beispielsweise einen Velas- quez oder ein Warschauer Bauwerk kennt und sich aus der Erinne- rung das Anschauungsbild rekonstruiert. Cohn-Wiener gibt eine gute Analyse des spanischen Wesens und erklärt daraus die charakte- ristifchen Merkmale der spanischen Kunst. Das macht er wirklich sehr nett, doch erst die Reproduktion eines Gemäldes würde die notwendige Anschaulichkeit vermitteln und viele Worte ersparen. Das Wort ersetzt nicht die Anschauung, und Vorträge über bildende Kunst erübrigen sich im Rundfunk, wenn sie nicht von dem speziellen Fall auf das Allgemeine gehen. Der umgekehrte Weg, den Cohn- Wiener einschlägt, ist jedoch falsch. Er verwechselt den Rundfunk- vortrog mit Referaten, die von Bildern begleitet werden. Immerhin bieten beide Vorträge noch genug Interessantes, was man weniger von den Ausführungen des Postrats Behrendt über den Rund- funk als jüngste Weltmacht behaupten kann. Dr. Adolf G r a- b o w s k y betont in seinem Referat„Die Bedeutung der Grenzen im Leben der Völker" die Wichtigkeit der natürlichen Grenze. Da- neben stehen zwei gute Abendveranstaltungen. Der Sonntag bringt unter dem Titel„Hallali" altbekannte Iagdlieder und Jagd- erzählungen. Peter Lord manns Baß scheint an Fülle ver- loren zu haben, während der Deklamator und ehemalige Hofschau- spieler Hans Mühlhofer durch Frische und Natürlichkeit in der Novelle„Der Mörder" von Löns überrascht. Ausgezeicknet das Sinfoniekonzert am Momag unter Leuung von S e l m a r M e y r o- w i tz mit Kompositionen von Faurö und Rimsky-Korssakow. Das Orchester spielt farbig und entwickelt besonders in„Pelleos und Melisande" eine bestrickende Zartheit des Klanges, F. S,
Leichenfunü aus Serlin U) aufgeklärt. Im Laufe des gestrigen Sonntags gelang es der Kriminalpolizei die P e r f c�n a l i e n der F r a u f e st z u st e l l e n> die am.Sono.o abend jn dem Seifengeschäft von Gutottski in der Kuvusi f ü r st e n st r a ß e tot aufgefunden wurde. Es ist eine 20 Jahre alte Hedwig Oesterreich, deren Eltern in Harburg a. d. Elbe wohnen. Das Mädchen hatte eine harte Kindheit und kam schon mit 11 Iahren aus dem Elternhaus. Es fand in Berlin Aufnahme bei eine» Frau in der Hohenstaufenstraße, wo es wie ein eigenes Kind gehalten und erzogen wurde. Als das Mädchen erwachsen war, nahm es Stellungen als Hausmädchen an. Zuletzt in der Weberstraße, aus welcher Zeit jedenfalls auch die Schwangerschaft der Zwanzigjährigen datiert. Am vergangenen Mittwoch verlieh sie am Abend das Haus und kehrte nicht wieder zurück. Wo st« Gutowjki kennengelernt hat und weshalb sie in sein« Wohnung ging, hat sich noch nicht ausklüren lassen. Der Mann ist noch ver- schwunden. Man rechnet mit der Möglichkeit, bah er sich nach Ost� preußen zu seinen Eltern begeben hat. Der Verschwundene fit 1,70 Meter groß, hat ein schmales, blasses Gesicht, blondes Haar und trug zuletzt einen zweireihigen blauen Anzug, schwarze Schnürstiefel und einen hellbraunen Hut. Bei sich hatte er eine lederne Akten. tasche. Der Bekannt«, der ihn zuletzt sprach, erklärt, daß Gutowski nicht wie ein Dreißigjähriger, sondern ganz. verstört und wie ein Mann, von 00 Jahren ausgesehen habe. Gestern nachmittag obduzierte im Leichenschauhaus der Gerichts« arzt Professor Fraenkel die Leiche der in der Kurfürstcnstraße tot aufgefundenen Hedwig Oe st erreich. Die Todesursache ließ sich mit B e st i m m t h e i t nicht mehr f e st si e l l e n. eben- sowenig, ab an dem Mädchen ein verbotener Eingriff gemacht wor- den ist' Es wird ober noch eine besondere chemische und mikrosko- pjsche Untersuchung vorgenommen werden. Nach dem Sektions- befund ist die Geburt des Kindes erst nacki dem Tod der Mutter erfolgt. Der Verdacht, daß das Mädchen von Gutowski ermordet worden sei, ist in erster Linie dadurch entstanden, daß der Seisenhändlcr alles im Stich gelassen hat und geflüchtet ist. „Das junge Deutschland ." Die Ausstellung der deutschen Jugend im Schloß Vellevuc wird, wie wir hören, am 12. August, vormittags 11 Uhr, durch den Reichskanzler Dr. Marx eröfsnet werden. Die Erösfnungs- seierlichkeit wird in der eigens für die Ausstellung im Bellevuepark gebauten F e st h o l l e stattfinden. Einige Gssirngsdarbietungen des Bach-Kreises Göttinger Studenten werden die Feier umrahmen. Ihre Beteiligung an der Eröffnungsfeier haben u. o. zugesagt: Der preußische Ministerpräsident Dr. B r a u n, Kultusminister Dr. Becker, Reichstagspräsident Paul L ö b e,. Staatssekretär Geib, Ministerial- direktor Erythrpl vom preußischen Finanzministerium, Ministerial- rat Dr. Richter vom preußischen Wohllahrtsministerium, Reichskunst- wart Dr. Redslob, Reichsminister a. D. Dr. Külz, Frau Stadträtin W e y l. Die unfreiwillige Venus. Das Baden an verbotener Stelle hat am Sonnabend für eine junge Dame au? der Eislebener Straße recht peinliche Fol- gen gehabt. Sie hatte ihre Sachen am Ufer der großen Krampe abgelegt und plätscherte etwa 20 Minuten im Wasser umher. Als sie gegen lö Uhr wieder ans Land stieg, sah sie zu ihrem Schrecken, daß Diebe sich herangeschlichen und ihre sämtlichen Kleidungsstücke, ihre Handtasche und eine Goerz- Kamera gestohlen hatten. Passanten erbarmten sich der armen kleiderlosen Nymphe und stalteten sie soweit aus, daß sie sich in che Stadt und noch Hause wagen konnte. Sie hotte von dem Diebstahl nichts gemerkt.