Seipel-Hartlebs Blamage. Kotau im Kreml . In der Debatte des Nationalrats über die Wiener Blut- tage hatte der Vizekanzler H a r t l e b, ein allerdings sehr simpler Bauerngastwirt aus St. Georgen in Steiermark , die Russen Lengyel und Rappoport als solche hingestellt, die die Arbeiter gegen die Polizei gehetzt hätten und darum die eigentlichen Schuldigen seien. Diese beiden Angestellten der Berliner Sowjethandelsmission waren am 14. Juli auf Einladung der Stadt Wien hingekommen, um Ver- Handlungen über Wiener Industrie-Export nach Rußland fortzusetzen, den die Gemeinde Wien durch Gewährung einer Ausfallgarantie nach dem Vorbild des Deutschen Reiches fördern will, um die Arbeitslosigkeit herabzudrücken I Natürlich ließ sich die russische Regierung diese Hetzerei und Anpöbelung nicht gefallen und nun meldet die Tele- graphen-Agentur der Sowjetunion aus Moskau : Der österreichische Geschäftsträger in Moskau gab heute im Namen der österreichischen Regierung in der Abteilung.Zentral. europa " des Außenkommissariats«ine Erklärung ab, wonach die Verdächtigungen, die in dem vom Vizekanzler Hartleb im Nationalrat verlescnen Polizeibericht erwähnt waren und sich gegen die Angestellten der Sowjethondelsvertretung in Berlin Lengyel und Rappoport richteten, die zu Verhandlungen mit der Wiener Gemeinde nach Wien entsandt worden waren, sich als vollkommen unbegründet erwiesen haben. Der arme Geschäftsträger mußte also förmlich wie jener Sühneprinz Kotau machen, den das chinesische Kaiserhaus nach der Ermordung des deutschen Gesandten v. K e t t e l e r durch Aufständische(Boxer) nach Potsdam senden sollte. Wie aus der Moskauer Meldung hervorgeht, hat die Wiener Re- gierung die Schuld auf den Polizeibericht abgeschoben, den der gute Hartleb nur verlesen hat. Verantwortlich für diesen Polizeibericht ist aber der Herr Präsident Schober, dem die Seipelregierung soeben noch einmal feierlich Dank und Aner- kennung ausgesprochen hat. Herr Schober hat gerade noch gegenüber der„Arbeiter-Zeitung " öffentlich versichert, e r klebe nicht an seinem Amt und habe schon oft seine Ent- lassung erbeten. Vielleicht verhilft ihm diese gründliche Blamage zur Erfüllung dieses Wunsches, den übrigens Hundertausende Wiener mit ihm teilen.
9er öeutsth-französische Vertrag. Einzelheiten aus dem Vertrag.— Meistbegünstigung und Zollabban.— Die Aussichten sür die deutsche Industrie.
Die Explosion in Ehitago. ktonkurrenzkampfmittel von Geheimbrennereien! Chikago, 24. August.(MTB.) In der vergangenen Nacht erfolgte hier eine Bombenexplosion, durch die drei Gebäude zerstört wurden. Die Polizei glaubt, daß es sich nicht um eine mit den Demonstrationen gegen die Hinrichtung Saccos und Vanzettis im Zusammenhange stehende Angelegenheit handele. Man vermutet vielmehr, daß die Bombe von Leuten herrührt, die heimlich Alkohol und alkoholartige Getränke herstellen und die miteinander in Konkurrenz standen. Die Polizei fahndet nach drei Leuten, die an der Stelle, wo die Ex- plosion erfolgte, gearbeitet hatten. Von den drei Toten der T el.- U ni o n s- Meldung ist hier keine Rede mehr!
Zasammenftöße in Lpon.
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..._______ Hays. 24, August. MTB.) Heute nachmittag hiellen in Lyon die dortigen sozio Ii st i- scheu Gewerkschaften eine Protestkundgebung gegen die Hin- richtuug von Sacco und Vanzetti ab. Als sie sich im Zug« zum „Denkmal der Republik" begeben wollten, um dort einen Kranz niederzulegen, wurden sie von einer Gruppe kommunistischer und anarchistischer Clement« angegriffen, die ihnen den Kranz zu ent- reißen suchten. Polizei mußte die im Handgemenge miteinander liegenden Gegner trennen. » Zusammenarbeit öer Minüerheitsvölker. Empfehlungen des Genfer Kongresses. Gens. 24. August.(Eigenbericht.) Im Mittelpunkt der Mittwochmorgensitzung de» Minderheiten. Kongresses stand ein ausführliches Referat des Abg. Schmidt- W o d d e r(Deutscher au» Dänemark ) über die„inner- und zwischen- staatlich« Zusammenarbeit der Minderheitsvölker". Ueber die entsprechenden Arbeiten der Kommission für Zusammenarbeit berichtete M o tz t i n- Paris. Er begründete folgende R e- s olut i o n: 1. Der Kongreß erachtet es als eine Pflicht der nationalen Minderheiten, daß sie in jedem Lande streben, zur Entwicklung freundschaftlicher gegenseitiger Beziehungen und zu gemeinsamem Vorgehen auf den Gebieten der Minderheitensordcrungen, insbe- sondere in der Beteiligung an den gesetzgebenden Körperschaften sich in irgendeiner Form zu verbinden bzw. zu verständigen und untereinander zu unterstützen: 2. der Kongreß spricht sich dafür aus, daß die nationalen Minderheiten in allen internationalen Körper- schaften und Kongressen, insoweit Minderheitsfragen zur Sprache kommen, zu einem Einoernehmen zu gelangen bc- strebt sein sollen und in der Wahrung der Rechte der Minderheiten einander unterstützen sollen; 3. der Kongreß drückt den Wunsch aus. daß die Leitungen der nationalen Minderheiten bestrebt sein sollen, sür ihr Volkstum mit Bezug auf ihre Rechtssorderungen offizielle Organ« zu schaffen, um damit die Meinung der offiziellen Leitungen auszu- drücken. Der Kongreß spricht die Hoffnung aus, daß diese Organe im Geiste der Minderheitskongresse redigiert sein und als eines der größten Friedensmittel zur gegenseitigen Annäherung und Verständigung der Völker dienen werden. Die durch Kaczmarek(Pole aus Deutschland ). Dr. Pant(Deut- scher aus Polen ), Durcmt(Katalonier), Reich(Jude aus Polen ), Kurtschinski(Preuße aus Estland ) und Nurock(Jude aus Lettland ) warm befürwortete Resolution wurde einstimmig angenommen. tkrheblkche Zusammenstöße aus üem Kongreß gab es heute nachmittag. Zunächst sagte Vorsitzender Dr. W i l f a n, wahrscheinlich auf Veranlassung der polnischen Delegierten, die Red« eines Abgeordneten, der wohl zum erstenmal auf dem Kongreß sei, zeige, daß dieser die Tonart der Konferenz noch nicht hinreichend er- kenne. Gemeint war Dr. P a n t, der in seiner überaus sachlichen Rede über das Prinzip der Solidarität festgestellt hatte, daß ver- schiedene polnische Vorstöße in Kattowitz gegen die Gemeinschaft»- arbeit der Minderheiten das Prinzip der Sotidarität gefährdeten. Nach diesem Zwischensoll sprach der Deulsch-Lclte Dr. P o e r n über die Statistik der Nationalitäten. Er verwarf die bisherigen Methoden und oerlangte eine durch Minderheiten-Fachleule aysge- führt«, vom Staat unterstützte Statistik. Bevor die Debatte über eine
Die deutsch -französischen Verhandlungen, die seit Jahre» fast ununterbrochen im Gange waren, um den Handelsverkehr der beiden großen Nachbarländer wieder in geregelte Bahnen zu lenken, sind durch den Abschluß des Handelsvertrages endlich von wirklichem Erfolg gekrönt worden. Das Abkommen stellt, wie berichtet, wohl in der Geschichte der modernen europäischen Handels- Politik das schwierig st e Vertragswerk dar. Der Handels- vertrag, der jetzt in einem stattlichen Aktenbande von mehr als 200 Seiten vorliegt, und nach Genehmigung durch Reichs- tag und Handelspolitischen Ausschuß einerseits, das französische Par- lament andererseits, am ß. September in Kraft treten soll, stellt wenigstens in seiner fast vollständigen Berücksichtigung der beider- festigen wichtigsten Ausfuhrinteressen und seiner zwei- jährigen Dauer eine Grundlage dar, auf der die beiden Länder auch auf ökonomischem Gebiet zu der notwendigen Zusammenarbeit gelangen können. Um zu einer richtigen Beurteilung der zu über- windenden Schwierigkeiten und der durch den Vertrag sich bietenden Zukunftsaussichten zu gelangen, ist es nötig, die feit der Vorkriegs- zeit in Frankreich eingetretenen Wirtschaftswandlungen und die ent- sprechenden Veränderungen in seinem ausländischen Warenverkehr kurz zu streifen. Hemmungen de» Vertragsabschlusses. In Frankreich hat sich der Ä n d u st r i a l i s i e r u n g s prozeß, der natürlich auch schon in der Vorkriegszeit im Fortschreiten war, in viel rascherem Tempo fortgesetzt als in irgendeinem anderen Lande. Durch die Erwerbung Elsaß-Lothringens hat die französische Großeisen- und Textilindustrie entscheidenden Zuwachs erhalten. Di« französische chemische Großindustrie sowie Farben- Herstellung ist erst im Kriege fast von Grund auf ausgebaut worden. Die Maschinenindustrie hat gegenüber der Vorkriegszeit ihren Pro- duktionsumfang verdoppelt, die Elektroindustrie fast verdreifacht. Der Auslandsabsatz dieser Industrien tonnte sich, begünstigt durch die Inflation, noch in größerem Umfange ausdehnen. Der Rückgang der Ausfuhr nach Frankreich . Der französische Export hat sich von SZ4 Milliarden Mark aus 8 Milliarden im Vorjahr gehoben, hat sich trotz Wegsall der Valutaprämie im laufenden halben Jahre kaum gesenkt und steht erheblich über dem Vorkriegscxport. Die französische Gesamt- einfuhr ist nur in geringerem Umfang von 0,8 auf etwa 8 Milliarden Mark gestiegen. Diese geringe Zunahme ist bei erhöhter Rohstoff- und Lebensmitteleinfuhr auf eine enorme Beschrän- kung des ausländischen Fabrikatebezuges zurückzuführen. Die industrielle Entwicklung Frankreichs , die in steigender selb- ständiger Deckung des Innenmarktes und wachsendem Aussuhrdrang zum Ausdruck kommt, hat die deutschen Interessen ganz besonders schwer betroffen. Die deutsche Vorkriegsäussuhr nach Frankreich bestand zu mehr als der Hälfte aus hochwertigen Industriewaren, die den gesamten französischen Fabrikatebezug zu mehr als ein Drittel deckten. Jetzt ist gerade der deutsche Fertigwarenexport außerordentlich zusammengeschrumpft. Er betrug nach der deutschen Etattstik im vergangenen Jahre nur noch 100 Millionen gegen über 500 Millionen im letzten Dorkriegsjahr. Es scheint nun bei der oeränderten Sachlage unmöglich, daß die verarbeitende Industrie Deutschland »'««f- dem jrlmzöfifchen Markt ihre überragende Vor- kriegsposition wiedergewinnt. Trotzdem kann die deutsche Industrie hoffen, nunmehr wieder auf dem französischen Markt konkurrenzfähig zu werden. Die deutsch -sranzösische Wirtschastsverständigung stand anfänglich ganz in dem Schatten der Interessengegensätze der Groß- industrien, besonders der Großeisen-, Kali- und chemischen Industrie Die deutschen Unterhändler hielten es für richtig, der privatwirt- schaftlichen Verständigung der großen Konzerne den Vortritt zu lassen. Es wäre töricht, die große Bedeutung der deutsch -französischen Jndustrievcrständigung für die politische Entspannung und wirt schastliche Befriedung Europas zu verkennen. Handelspolstisch wurde freilich die Stellung der Unterhändler erschwert, da von vornherein bedeutsame Kompensationsobjekte aus dem Spiel bleiben mußten. Für die innere deutsche Wirtschast endlich hat die internationale Kartellierung schwere Belastungen gebracht. Der Eisenpakt hat durchaus nicht zu der völligen Angleichung des Auslands- an den Inlandspreis und damit zur Wirkungslosigkeit des Zolles geführt: Curtius' Hoffnung ist also gescheitert. Ganz im Gegenteil ermöglicht der Kartellschutz und der hohe Zoll der deutschen Eisenindustrie ein weit über den WeltKiarktpreisen c r höhte» Preisniveau. Das zweite internationale Kartell, der K a l i t r u st, hat mit der unbeschränkten Ueberlassung der InlandSl Märkte gleichfalls der überspannten Preispolitik des deutschen Kali syndikats Borschub geleistet. Bei der jüngsten Verständigung der Großchemie der beiden Länder hat sich in höherem Maße die junge, erst in den Kriegsjahren entstandene französische chemisch« Industrie gedeckt, indem sie. auf wichtigen Gebieten die Konkurrenz auf dem freien Markt durch direkte Belieferung der deutschen Werte an die französischen Verbände ausschloß. Das neue larifabkommen berücksichtigt nun fast neun Zehntel des deutschen Exportinteresie».
Nur für einen kleineren Teil konnten die französischen Minimal- sätze ausgehandelt werden. Unter dies« Waren fällt der deutsche Export von lebendem Vieh und tierischen Nebenprodukten, die wichtige Holzbelieferung Frankreichs . Kartoffelmehl und Kartoffelstärke genießen gleichfall» den französischen Minimaltarif, wie wichtige chemische Produkte, zum Beispiel Aetznatron , Tonerde und vor allem S t i ck st o f f, der demnach zollfrei eingeführt werden kann, während der neue Mischdünger der JG. nur einen niedrigen Zoll genießt. Für die ganze Textilindustrie ergeben sich bei vernünftiger Preisstellung gute Exportmöglichkeiten, da sie die Mindestzölle genießt. Es ist gelungen, die viel höher ge- planten Sätze des Bokanowski-Cntwurfes zu umgehen. Musikinstru- niente endlich stehen noch auf der Liste A; freilich sind die Aussichten bei Minimalzöllen von 35 bis 45 Proz. des Werte» für den Export nicht übermäßig. Das Kernstück des Abkommens ist die Liste L. Diese legt auf den wichtigsten Gebieten neue wesentlich höhere Minimal sätze fest, die Frankreich in den nächsten Tagen auf Grund seine» Er- mächtigungegesetzes gegenüber allen Ländern in Kraft setzen wird. Man schafft damit einen ueuen französischen Zolltarif. In diesem neuen Minimaltarif ist ine überwiegende Anzahl der deutschen Qualitätserzeugnisse enthalten, vor allen Dingen sind die Einfuhrzölle geregelt für die Maschinen- und Elektro- i n d u st r i e, der überwiegend« Teil der Großchemie und Farben(das bisherige Farbeneinfuhrverbot ist aufgehoben) und zahlreiche deutsche Veredlungsindustrien, wie die K l e i n« i s e n-, Glas-, Porzellan-, Keramik-, Optik- usw. geregelt. Von geringfügigen Ausnahmen abgesehen ist gegenüber dem ge- planten Hochschutzzolltarif jedenfalls ein wesentlicher Abschlag festzustellen, freilich ist, wie erwähnt, der bisherige Di« Sähe gegenüber dem bisher geltenden französischen Minimallaris durchweg erhöht. Wie weit diese neuen Minimalsätz« im einzelnen der deutschen Exportindustrie ein stärkere, Eindringen in den französischen Markt ermöglichen, läßt sich nicht übersehen. Jedenfalls dürfte auf wich- tigen Gebieten der Papier -, Maschinen-, auch Kleineisenindustrie die Konkurrenzfähigkeit wiedergegeben sein. Bei all dem ist zu berücksichtigen, daß Frankreich sich bisher in handelspolitischer Isolierung befand, und Deutschland als erster Vertragspartner nur einen Teil des zollpolitischen Rüstzeugs der französischen Industrie abbauen konnte. Die nächsten Ver- Handlungen, vor allem mit Belgien . Holland und der Schweiz , werden mit gleichem Nachdruck geführt und einen weiteren Ab- bau der französischen Zollsätze bringen, der dann auto- matisch auf Grund der Meistbegünstigung auch uns zugute kommt. Die deutschen Konzessionen betreffen einmal die Weineinfuhr, in der Frankreich die italienischen Bertragssätze mit 32 M. und 45 M. je Hektoliter zugebilligt erhält und in dem Jahrestontingent von 300 000 Tonnen weitesten Spiel- räum besitzt. Auch Spirituosen sind im Zoll herabgesetzt.' Ein kleiner Abbau der hochgeschraubten Textilzölle ist eingetreten, d>e Garn jölt-r firrb freilich nur ganz unerhebttch abgeba«� so daß die Baumwollgarnzölle- noch immer erheblich über dem Börkricgs- Niveau liegen. Stärkere Konzcsiionen mußten für die Wall- g e w e b e, besonders für die elsässischen Fabrikat«(Wollmusselin), �eingeräumt werden. Auch bei diesen Sähen kann von einer Ge- söhrdung der Industrie nicht die Red« fein. Di« deutschen Seiden- Zölle, die im Schweizer Handelsvertrag nur sehr geringfügig herabgesetzt wurden und heute im Durchschnitt mehr als 20 Proz. betragen, sind auf etwa 17 Proz. ermäßigt worden; ferner ist Ivan französischen Spezialindustrien, wie der Porzellan- und Fayencen-Herstellung, Uhrenteilen sowie den französischen Luxusindustrien, speziell Seifen und Parfümerlen, mit Abschlägen von 5 bis 15 Proz. entgegengekommen. In einem sehr wichtigen Punkte, dem Mehlzoll, hat man nur den früheren Sah von 11,50 Ist. wiederhergestellt. Es ist dringend zu fordern, daß die Regierung ihr versprechen, die willkürliche heraufsehung de» Mehlzolles wieder abzubauen, bei den bevorstehenden kanadischen Verhandlungen «inhält.> Neben dem eigentlichen Tarifabkommen ist die umfassende Regelung der gesamten Handelsbeziehungen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Hier wäre zu erwähnen die gegenseitige Zusicherung der Aufhebung sämtlicher Ein- und Ausfuhrverbote, die Regelung des Niederlassung»- rechtes, der freien Schiffahrt und die Einräumung der vollen Meist- begünstigung auch auf allen Nebengebieten, wie Zollberechnung, Zollformalitäten, Frachttarife, Durchgangsverkehr usw. Die deutsch -französische Handelsverständieung ist auf zdllpoli- tischem Gebiete noch weit entfernt von den Richtlinien des Zollab- baues, die man in Genf sich stellte. Jedenfalls bleiben als große Vorteile die gegenseitig« Meistbegünstigung, die langfristige zweijährige Dauer und in der Absicht wenigstens ein Abrücken vom sinnlosen Ucberprotektionismus, der die wirt- schastliche und zugleich die politische Verständigung der beiden Nach- barländer bisher verhindert hat.
von ihm vorgebrachte Resolution eröffnet werden konnte, erklärte Kaczmarek im Ramen der In Deutschland lebenden Minder h«il»vvlker den Austritt aus dem Kongreß, der seinen Sinn nicht erfülle. Der reichsdeutsch« Däne Christiansen, der vor allen Dingen die Zurückweisung des Auf- nahmegesuihe» der friesische» Gruppe als Grund angab sowie ein Pol« au» einem anderen nichtpolnifchen Staat schlosicn sich der Erklärung an. Präsident Dr. Wilson bedauerte diese Erklärung, be- tonte aber, daß durch sie die gesunde Idee des Kongresses nicht be- graben werden könne. Zu dem Ausscheiden der im Verbände der nationalen Minder- heiten in Deutschland zusammengeschlossenen Gruppen, das mit der Ablehnung der Ausnahm- der friesischen Minderheilengruppe begründet wurde, wird aus maßgebenden Konfcrenzkreissn folgen- des mitgeteilt: Die Aufnahme der friesischen Minderheitengruppe ist vom Präsidium abgelehnt worden, da der statutenmäßig' notwendige Beschluß der friesisch.'» Minderheit, sich zu einer Minderheiten- gruppe zusammenzuschließen, nicht vorlag. Vielmehr hat die weit überwiegend« Mehrheit der friesischen Bevölkerung es abgelehnt,-sich als ein« Min- derheit in Deutschland anzusehen. Aus diesem
Grunde mußt« die von der polnischen Minderheitegruppe beantragte Ausnahme einer besonderen friesischen Minderheiten- gruppe abgelehnt werden. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die polnischen Minderheitengruppen in Lettland und der Tschechoslowakei sich dem Vorgehen der polnischen Minderheit in Deutschland nicht an- geschlossen haben und nach wie vor im Kongreß verblieben sind. Polen befolgt endlich die Entscheide Ealonders. Satlowih, 23. August. Nachdem die polnischen Behörden seit zwei Jahren die Eröff- nung einer deutschen Minderheitsschule in Brzozowitz, Krei» Schjentochlowitz verhindert hatten, ist endlich auf Grund einer Ent- scheidung des Präsidenten Calonder die Eröffnung von der Woj- wodschaft sichergestellt und die vor zwei Jahren angemeldeten 41 Kinder müssen nunmehr der Schule zugeführt werden. Seit einiger Zeit werden die Entscheidungen Ealonders von den polni- Ichen Behörden respektiert. Dl« Kündigungen, die vor drei Monaten einer Anzahl beut- scher Lehrer an den höheren Schulen in Kattowitz und Königs- Hütte ausgesprochen wurden, sind von der Wojwodschoft zurück- gezogen, da es trotz der Zusicherung de« Wojwoden. daß ge- � nügend geeignete Lehrkräfte für die. Minderheitsschulen vorhanden 1 feien, nicht gelungen Ist, die. gekündigten Lehrkräfte zu ersetzen;-ob- I wohl die Stellen mehrfach ausgeschrieben worden find,