Die Politik der Vereinigten Staaten in Mittekamerika ist nichts anderes als schlecht verhüllter Annexionismus. Hier kommt es ihr nur darauf an, alle Unabhängigkeitsbestrebun- gen zu unterdrücken, um sich die Verfügung über die Natur- schätze und die uneingeschränkte Ausbeutung der einheimischen Arbeitskräfte zu sichern. Man versucht, diese Politik der Oeffentlichkeit dadurch schmackhaft zu machen, daß man von der Abwehr gegen den Kommunismus spricht, der angeblich von Mittelamerika aus den gesamten Kontinent zu unter- wühlen drobt. Es gelingt aber nur mit großer Mühe und nicht in vollem Umfang, diese Politik gegen die oben ge- schilderten pazifistischen' Strömungen durchzusetzen. Wenn die Intervention in Nicaragua trotz aller Proteste bis zum „siegreichen Ende" durchgeführt wird, so hat sich der Krieg gegen Mexiko bis jetzt aus innerpolitischen Gründen als unmöglich erwiesen. Denn es gibt auch kapitalistische Kreise, die großen Wert auf friedliche Beziehun- gen zu Mexiko legen: das find die Industriellen, deren Waren nach Mexiko ausgeführt werden, und die Kaufleute, die diesen Handel vermitteln. Noch lebhafter fordern diese Kreise eine friedliche und konziliante Politik gegenüber den südamerika - nischen Ländern. Man fürchtet, daß diese Länder sich zur Abwehr gegen den nordamerikanischen Imperialismus zu- sammenschließen und sich in wirtschaftlicher Beziehung immer mehr nach Europa orientieren werden. Europa gegenüber ist die Haltung des amerika - nischen Kapitals vorläufig durch und durch pazifistisch. Die Schuldner sollen in Frieden leben, damit der Gläubiger sich in seinem Gelde sicher fühlen kann. Amerika hat den Welt- krieg finanziert und hat als Folge dieses Geschäfts mit dem ziemlich unerquicklichen.Kriegsschuldenproblem" zu tun. Jetzt zieht es vor, die Stabilisierung und den Wiederaufbau Europas zu finanzieren: es rentiert sich besser und die Sicher- beit ist größer. Die Wiederbelebung der europäischen Aus- fuhr muß man dabei schon in Kauf nehmen. Was die Warenausfuhr anbetrifft, so wird die europäische Konkurrenz vorläufig dadurch aufgewogen, daß die amerikanische Kapital- ausfuhr auch die Warenausfuhr nach Europa fördert. Für feine Kapitalausfuhr hat Amerika vorläufig keine Konkurrenz zu fürchten. Wenn etwas dem amerikanischen Kapital einige Sorge bereitet, so die Tatsache, daß die europäischen Verhält- nisse immer noch nicht stabil genug sind, daß hier und da sogar Kriegsgefahr nicht ausgeschlossen erscheint. Die Tendenzen zu einer aktiven pazifistischen Politik den europäischen Ländern gegenüber sind in Amerika unverkennbar. Wieder anders liegen die Dinge im Fernen O st e n. Hier gilt es für Amerika , China zum Objekt seiner friedlichen Durchdringung zu machen. Zlmerika fordert die„offene Tür", d. h. gleiche Chancen für alle Mächte, was angesichts seiner wirtschaftlichen Uebermacht heute die Vormachtstellung Amerikas bedeuten würde. Die anderen Interessenten, d. h. England und Japan , haben jedoch einen großen strategischen und politischen Vorsprung in China . Sie besitzen die Macht- Positionen, die den Vereinigten Staaten fehlen. Den Ver- einigten Staaten gelang es bis jetzt nicht, ihre Politik, die auf politische Unabhängigkeit und Vereinigung Chinas hin- zielt— wodurch sie den gewaltigen Markt am besten für ihr Kapital zu erschließen hoffen— durchzusetzen. Ihnen fehlt die Beweglichkeit, über die Japan dank seiner geographischen Nachbarschaft und England dank seiner riesigen Flotte und seiner Flottenstützpunkte verfügen. Das ist der Grund, wes- halb Amerika jetzt für sich Gleichstellung mit England als Seemacht fordert. Es will die Möglichkeit, überall im Fernen O/.en- dabei zu fein, wo England und Japan find. Wenn Amerika die geeigneten Machtmittel zur Durchsetzung einer aktiven imperialistischen Politik im Fernen Osten erwirbt, so liegt es im Bereich der Möglichkeit, daß es die liberaleix Grundsätze seiner chinesischen Politik einmal aufgibt. Ob es dazu kommt, wird davon abhängen, wie die„friedliche Durch- dringung" des amerikanischen Kapitals in China sich in Zu- kunft gestalten wird. Aber auch davon, wie das Kräfteoer-
hältnis zwischen Imperialismus und pazifistischer Demokratie sich in Amerika selbst entwickelt. So ergibt sich aus unserer Uebersicht der amerikanischen Außenpolitik, welche Bedeutung für das Schicksal der ganzen Welt die i n n e n politische Entwicklung Amerikas hat. Der Kampf gegen den Krieg kann erfolgreich nur im Bündnis mit den pazifistischen Kräften in Amerika geführt werden. Für die europäische Arbeiterschaft bedeutet das: Bündnis und Freundschaft mit der amerikanischen Arbeiterschaft.
Zeugniszwang auf Umwegen. Tas Reichsgericht sabotiert die(Yrseygcbung. Der reaktionäre Geist unserer Rechtsprechung zeigt sich am deutlichsten in der Auslegung neuer Gesetzesbestimmun- gen. Tut die Gesetzgebung wirklich einmal einen Schritt vorwärts, so sehen wir die Rechtsprechung emsig be- müht, durch möglichst einengende Zluslegung gegen den Geist des Gesetzes die neue Vorschrift unwirksam zu machen. Vor kurzem ist durch eine Novelle zum§ 53 der Straf- Prozeßordnung der Zeugniszwang für Redakteure durch die Bestimmung wesentlich abgeschafft worden, daß Redakteure, Verleger, Drucker usw. berechtigt sind zikr Verweige- r u n g des Zeugnisses über die Person des Verfassers oder Einsenders einer Veröffentlichung strafbaren Inhalts, wenn ein Redakteur der Druckschrift als Täter bestraft ist oder seiner Bestrafung kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Dieser gesetzgeberische Fortschritt wird von der zünftigen Iuristcnwelt offenbar mit Mißbehagen aufgenommen. In einem Strafverfahren gegen den verantwortlichen Redakteur der„Roten Fahne" wegen Hochverrats stellte der Unter- suchungsrichter des Reichsgerichts, Landgerichtsrat B e h- r i n g e r, an andere, als Zeugen vernommene Mitredakteure der„Roten Fahne" verschiedene Fragen derart, wie die Ressortverteilung innerhalb der Redaktion, wie die Geba- rung bei Aufnahme und Prüfung von Artikeln sei, welches Spezialreffort der angeklagte verantwortliche Redakteur be- arbeite usw. Die Zeugen sahen darin— unseres Erachtens mti Recht— den Versuch, auf Umwegen den Ver- fasser oder Sachbearbeiter des inkriminier- ten Artikels zu ermitteln und lehnten unter Be- rufung auf Z 53 Nr. 4 StPO. die Beantwortung dieser Fragen ab. Herr Behringer ließ jedoch diese Berufung nicht gelten und verhängte gegen die Zeugen Ordnungsstrafen von je 100 M. wegen unberechtigter Zeugnisverweigerung. Das im Beschwerdeweg. angegangene Reichsgericht deckt in seiner Entscheid ting diesen gegen den Sinn des Gesetzes verstoßenden Stand- punkt seines Untersuchungsrichters! Es klammert sich daran, daß der Untersuchungsrichter direkte Fragen über die Person des Verfassers oder Einsenders nicht gestellt habe. Die von ihm gestellten Fragen suchen nach An- ficht des Reichsgerichts auch nicht in unzulässiger Weise auf Umwegen dies Ziel zu erreichen. Sie werden vielmehr damit begründet, daß es sich darum gehandelt habe, festzustellen, ob der Angeklagte, der die preßgesetzliche Haftung zwar über- nommcn hat, an dessen Eigenschaft als verantwortlicher Redakteur im Laufe der Untersuchung aber erheblicheZweisel entstanden sind, in Wirklichkeit der verantwortliche Redakteur im Sinne des Preßgesetzes war oder ob er nur zum Schein nach außen als solcher vorgeschoben gst. Unter diesen Umständen— fährt die Begründung fort— waren die von dem Untersuchungsrichter ge- stellten Fragen nicht zu beanstanden, da sie geeignet waren und bezweckt haben, den wahren, verantwortlichen Redakteur fest- zustellen. Ueber dies« Frage durfte der Zeuge die Antwort nicht verweigern. Der angeklagte Redakteur selbst bestreitet seine Berant- wortung nicht, aber— o Wunder der Objektivität!— dem Untersuchungsrichter fällt es plötzlich ein, die Ver- antwortung zu bezweifeln und nach einem anderen Verant-
wörtlichen auszuspähen. Da leugne noch einer, daß nicht auch einem kommunistischen Angeklagten gegenüber die Untersuchung ebenso mit dem Ziele der Entlastung wie der Belastung geführt werde!! Freilich hat diese Musterleistung der Objektivität den un- angenehmen Beigeschmack, daß sie in jedem beliebigen Fall die Handhabe bietet, das durch die Strafprozeßnovelle ge- schützte Preßgeheimnis nunmehr doch gerichtlich bloßzulegen. Der Sinn des Gesetzes wird in sein Gegenteil verkehrt. Aeußerst bedenklich ist ferner auch die Auslegung, die das Reichsgericht der Gesetzesbestimmung zuteil werden läßt, wo- nach das Zeugnisverweigerungsrecht des Redakteurs nur dann besteht, wenn ein Redakteur der Druckschrift als Täter bestraft ist oder seiner Bestrafung kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Hierzu bemerkt nämlich die Entscheidung: Ein Zeugniszwang besteht aber auch nach der neuen Bestimmung fort, wenn.... aus rein rechtlichen Gründen, z. B. der V er- jährung, Amne st ie, Immunität weder der verantwortliche Redakleur noch die übrigen an der Redaktion der Veröffentlichung als Täler beteiligten Personen strafrechtlich versolgbar sind. Wir können uns schlecht einen Fall der Verjährung oder Amnestie vorstellen, der nicht genau wie zugunsten des verantwortlichen Redakteurs auch zugunsten des Ver- fassers oder Einsenders des betreffenden Artikels gilt. Warum in diesen beiden Fällen gleichwohl noch ein Zeugniszwang am Platze sein soll, erscheint gänzlich unerfindlich. Ueber die Auslegung, die das Reichsgericht der neuen Gesetzbestimmung zuteil werden läßt, gehört das alte wilhelminische Motto: „Die janze Richtung paßt mir nicht!" Das Parlament wirü zum Tribunal. Tie griechische Kammer verhandelt über Pangalos. Athen . 1. September. Das Parlament nahm die Vorlage über das Verfahren gegen Pangalos an. Der Ex-Diktator wird nicht vor Gericht gestellt, sondern von der Kammer verurteilt. Ein fiinfköpfiger Ausschuß, in dem alle Parteien oertreten sind, wird die A n k l a g e v e r t r e t e n. Ein anderer dreiköpsiger Parlamentsausschuß wird das Urteil fällen, das dann der Kammer zur endgiUtigen Eni- s ch e i d u n g vorgelegt wird. Nach Annahme dieser Borlage vertagte sich die Kammer bis Mitte Oktober.___ Ein neuer Kolonialkrieg l Die Senussis ziehen sich zusammen.— Schmuggel von Munition und Geschützen. Kairo , 1. September. Nach hier eingetroffenen Nachrichten aus der Oase Siwas in der Cyrenaika , dem östlichen Teil der italienischen Kolonie Tripolis , ziehen die Senussis ihre waffenfähigen Anhänger aus allen Teilen Nord- und Innerafrikas zusammen. Die Versorgung der Ausständischen mit Kriegsmaterial und Munition erfolgt aus dem Wege des Schmuggels durch ein sorgsam vorbereitetes und bereits feit langem funktionierendes Etappensystem von Karawanen, die nicht nur Gewehre, sondern auch Maschinengewehr« und Geschütze auf teilweise wochenlangen Umwegen von verschiedenen Teilen der afrikanischen Küste heranschaffen.
Keiner will sie haben. Russische Emigranten zwischen Polen und Tanzig hin- und hergeschoben. Warschau , 1. September. Die von der polnischen Regierung aus Polen ausgewiesenen russischen Emigranten Romaszew und Wolchowski wurden nach Danzig transportiert. Auf dem Bahnhof in Danzig wurden sie von den Danziger Behörden verhaftet und nach Dirschau auf polnisches Territorium zurückgebracht.
Molieres„George vanöin". Theater am Schiffbauerdamm. Der Bauer Georg« Dandin wird verprügelt und muß wie ein armer Sünder am Boden herumkriechen, obwohl seine Frau Gemahlin ihn unbestreitbar zum Hahnrei machte. Faule Fische und Schläge dazu, sagt das Volk. Pathetisch sagt der alte Sophokles : das Leid des anderen eine Wonne für die Feinde. Diese Welten- ordnung, die die Moral ein wenig auf den Kopf stellt, wird auch von Molwre gezeigt. Darum kommen einige Leute auf den Ge- danken, daß Malier« die verfluchte Niedertracht der Menschen ent- larven und also lehren wollte, von Zeit zu Zeit ist die Revolution g>.gen das adlige Pack sehr notwendig und nützlich. Solche Aus- legung des Moliereschen Textes ist aber etwas willkürlich. Ludwigs des Vierzehnten äußerlich sehr lustiger, doch innerlich sehr Unglück- licher Kcmödienschreiber und Komödienspieler Moliere wollte nicht das allgemeine Leid des Bauern, dem die noblen Schufte fein Weib wegführen, geißeln: er wollte vielmehr sich selbst im geheimen er- leichtern und für Mitwelt und Nachwelt aufzeichnen, welche Sorgen ihn in seinem eigenen Haus- und Ehestand drückten. Die etwas windige Behauptung, daß George Dandin , der verprügelte Hahnrei, ein sozialer Ankläger für den ganzen Bauernstand wäre, läßt sich kaum aufrechterhalten. Darum ist die ganze Komödie auch mehr ein Amüsierstück als ein belehrendes Sinnspiel. Studierende der romanischen Seminare all den deutschen Univer- sitäten werden gewiß durch die literaturhistorische Feststellung erquickt, daß George Dandin ein sehr gut gezeichneter Dramencharakter ist. Parkett und Ränge der Volksbühne können diese phAologische und ästhetische Freude nicht vollkommen genießen. Sie fühlen sich etwas benachteiligt durch die Ausführung des„Theaters am Schiffbauer- dämm", die von dem russischen Regisseur Ilja Motylew sehr spitzfindig ausgetüftelt wurde. Das Ganze wie eine Harletin'ade zu stilisieren und mitten in dem aufgeblasenen adligen Otterngezücht den armen George Dandin als xin bedauernswertes Opfer aller Hinterlist erscheinen zu lassen, das war eine glückliche Rcgieidce. Und zwischen die einzelnen Akte der Schändung Dandins die ländliche Pantomime einzuschalten, die all« verlorenen Freuden des geprellten Mannes verherrlicht, das ist auch ein guter Einfall. Aber nur ein Einfall. Nichts als eine artistische Spielerei rollt und tollt über die Bühn�. Die Szenerie und das Geklapper der Theaterrequisitäten und lebendigen Marionetten sind dem Regisseur wichtiger als die Rücksicht auf das Verlangen des Zuschauers und Hörers nach einer tüchtigen Durchackerung seiner Gedanken und sozialen Instinkte. Es kommt zu uns ein tendenzloser Artist aus jenem Rußland , dos alle Kunst in sehr klare und massive Tendenz verwandelt. Da immer noch Sommer ist, darf man vorläufig noch diese kleine Zwischenspielerei genießen. Ernst Gronau , der den Hahnrei und Prügelknaben ganz passiv und gar nicht pathetisch darstellte, oermied
absichtlich jeden rebellischen Ton. Er war ein sehr geduldiger Unglücksrabe. Hätte man einen Schauspieler ausgewählt, dessen Stimme weniger klagend und.mehr anklagend tönt, so würde man Parkett und Ränge zur Wut auf die adligen Großschnauzen ange- stachelt und dadurch etwas Feuer in die Stimmung gebracht haben. Der Stoff verdient solche Auffrischung und Beschwingung. So sahen wir nur den Kamps der Gewitztheit gegen die Blödheit und nicht den Sieg der Gemeinheit über die Bravheit. Es blieb die Frage ungelöst: Warum das alles? Beinahe ungekitzelt blieb die Wut der Theaterzuschauer, die sich gründlich darüber erbosen wollen, daß die Halunken es aus Erden besser haben als die anständigen Kerle. Dieses stolze und gestelzte Haluntentum wurde von Raoul Lange und Liselotte D e n e r a und Ernst Körchow und Marijo Le i k o wohlgelaunt und überlegen bewältigt. Das adlige Gesindel war prächtig anzusehen in seiner bunten, schimmernden Tracht, und es schnarrte und schwänzelte auch so vollkommen, daß man beinahe an der vernünftigen Weltördnung verzweifelte. Besonder- munter fügte sich Helene Weigel in diese Narretei.»Ein« Künstlerin, der man bisher meist Trauerepisoden anvertraute, entpuppte sich als behend« Komikerin. Max Hochdorf . Jean Grand Carlerei. Wie aus Paris gemeldet wird, ist der Schriftsteller Jean Grand Earteret gestorben. Er ist in der ganzen Welt bekannt geworden durch die Karikaturensammlungen, die er über bestimmte Personen und Ereignisse zusammenzustellen pflegte. In Deutschland hat er besonderes Aufsehen gemacht durch die Karikaturensammlung, die er Wilhelm II. unter dem Titel„Loi" (ER) widmete. Der große Reklameheld benutzte die Gelegenheit, um mit einer großen Geste den Franzosen zu begnaden und sich als Förderer der Karikatur aufzuspielen. Grand Earteret war wohl der beste Kenner der europäischen Karikatur. Seine Zusammenstellungen sind vorbildlsth in der Auswahl und Kennerschaft. Erwähnt seien noch„die �ranzösisch-russische Allianz" und„Eduard VII. in der Karikatur" und die jährlich erscheinenden Karikatur-Almanache Während der Kriegszeit enthielt sich der an objektive Betrachtung Gewöhnte jeder Teilnahme an der Hetz« gegen Deutschland . Sein letztes Unternehmen waren die Vorbereitungen zu einein Buch über den„Völkerbund in der Karikatur". hausbackenes vergnügen. Richard Gortcr, der neue Herr des „Neuen Theaters am Zoo", will an seiner Bühne das mo- derne Schau- und Lustspiel pflegen, und zwar mit einem Ensemble, iiydem er aus die Prominenten bewußt verzichtet. Zur Eröffnung!- Vorstellung hat er sich drei Einakter von Ludwig Thoma „G e- lähmte Schwingen",„Dichters Ehrentag",,„Die kleinen Verwandten" ausgewählt. Schade. Man merkt der Vorstellung die sorgfältige Arbeit eines gewissenhaften Regisseurs an. Und doch ist ein lustiger Thonw-Abend für das heutige Berlin kein glücklicher Grilf. Famos, wie Thonia die Schwächen"des ilein- bürgerlichen Spießers beobachtet und wie er den lächerlich kleinen Gesichtskreis der Metzgermeister und Regierungsrätc zeichnet, präch- tig, was für ein sonniger Humor aus den Szenen sprudelt. Aber wir sind zu unruhig und zu anspruchsvoll geworden. Thomas breites,
behäbiges Lachen überschreit der Lärm der hastenden Zeit. Der Sinn für hausbackenes Bergnügen stirbt ab. iZÜr die Nöte des Klein- bürgere haben wir im Theater nichts mehr übrig. Wenn wir sehen, in was für Aengsten sich Regierungsrals winden, die sich vor dem 'zukünftigen Schwiegersohn aufspielen möchten und von den herein- geschneite» kleinen Verwandten blamiert werden, dann lachen wir. Aber es läßt uns gleichgültig. Wir sind raffiniertere Kost gewöhnt. Im Familienkreis, zum Polterabend, als Liebhabervorstellung wer- den die bayerischen Schnurren noch lange' ihre Wirkung ausüben. Im Theater verlangen wir mehr.— Aus dem Ensemble rageiz Oskar Ebelsbacher, Philipp Lothar Mnyring, Andre Kiemelinon und Erich Wilde heraus. D g r. Zunehmende Verwilderung der russischen Zugend. Der soeben erschienene letzte Bericht der sogenannten„M. U. R.", des Bureaus der städtischen Geheimpolizei in Moskau , stellt fest, daß die Ver- wildening Der russischen Jugend in einem erschreckendem Maße weiter zunimnit. Diebstahl, Raub, sogar Mord wird verübt durch argani- sierte Banden von Kindern, deren Alter zwischen acht und vierzehn Jahren schwankt und die geradezu«ine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten. Bei einer Polizeistreife in Moskau wurden kürzlich 177 obdachlose Kinder ausgegrifsen, von denen manche ein behagliches Elternhcim verlassen hatten, um sich bei Tag und bei Nacht herumzutreiben. Neu hinzutommende„Rekruten", so heißt es in dem Bericht, müssen zunächst ihre Kleidungsstücke abgeben und erhalten dafür die denkbar schlechtesten. Dann erhalten sie einen regelrechten, strengen Unterricht im Taschendiebstahl und in der Aus- raubung von Lebensmittelbilden. In diesem Fall wurden die auf- gelesenen 177 Kinder, an denen wohl kaum noch viel zu ändern ist, über verschiedene staatliche Besserungsanstalten verteilt, aber nach einer Woche war es ihnen allen gelungen, daraus zu entweichen! Hessen . Marinekreuzer„Hessen " lag Vor Arendfee.— Am gleichen Tag, was schwarzrotgolden war, verschwand An Flaggen von dem Badestrand. Sogt mir, wie wurde dos vollbracht» Hielt doch die Jessen " treulich Wacht. Wie kams, daß keiner nischt geseh'n, Als diese Freveliot gescheht?_» Mein lieber Freund, die Hessen sind — ein altes Sprichwort sagt es— blind. Mich, von Lindenhecken.
Ifie Premiere von Toller»„hopple, wir lebe«!' in der PiZcator-Bübne im Theater am Nollendmfplatz ist auf Sonnabend, den 3. September, verschoben tvolden� Die für Donnerstag gelösten karten behalten ihre Gslitig- teif. Die für Freitag, den 2. September, und Sonnabend, den 3. September, gelösten Karten werden gygen andere Z�ge umgetanscht oder an der