geführt worden ist, weiß heute alle Welt. Sie weiß, daß der brave Bethmann mit kummervoller Sorgfalt, aber mit wenig Geschick über dem Frieden wachte; sie weiß auch, daß sein Brotherr ein redseliger Neurostheniker war, der zwar die rasselnden Redensarte» liebte, aber sofort das Knieschlottern bekam, wenn die Sache irgendwie ernst wurde. Die Welt weiß aber auch, daß damals an allen Höfen und politischen Zentren Europas — von Wien angefangen— frivol und kopflos mit dem Schicksal der Völker gespielt wurde, bis man, wie Herr v. Tirpitz ausnahmsweise einmal richtig sagte, in den Krieg„hineinschlitterte". Eine unparteiische Untersuchung der Kriegsursachen würde sicher keinen„Alleinfchuldigen" am Kriege feststellen können, wohl aber würde sie zeigen, wie unverantwort- lich und gewissenlos in Deutschland und in ganz Europa vor dem Kriege regiert worden ist. An dem Vertrag von Versailles würde sie nichts ändern. Die unparteiische Untersuchung wird aber nicht kommen. Die Welt wird auf den Appell des Reichsoberhaupte« mit einem Achselzucken antworten. Ob mit einem solchen Erfolg dem Ansehen Deutschlands gedient ist? Auf diese Frage mögen diejenigen antworten, die einstweilen dabei find, die Reda des Generalfeldmarschalls als eine große Tat zu feiern.
. Reichslanöbunö und Sauernbunö. Wie der Bauernbund gesprengt wurde. Vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte begann heute morgen unter dein Vorsitz des Amtsgerichtsrats Büchert die Verhandlung gegen den Aeschüstssührer des Bauernbundes Jerks. Die Vorstandsmitglieder des Reichslandbundes Graf Ewald v. K a l<k r e u t h und Direktor Kriegsheim hoben gegen ihn eine Beleidigungsklage angestrengt. Dieser Privatklage liegen die bereits mehrfach in der Oeffent- lichkeit erörterten Tatbestände zugrunde. Der Angeklagte Jerks hat in einem Offenen Brief den Reichslandbund beschuldigt, dem früheren Geschäftsführer und Präsidialmitglied des Bauernbundes Hockbarth Beftechungsgelder für die Ueberleitung eines Teils der Bauernbundmitglieder an den Reichslandbund versprochen zu haben. Er hat ferner behauptet, der Vorsitzende des Reichslandbundes habe auch gewußt, daß Hackbarth das Kopfklischee der Zeitung des Bauernbundes gestohlen, sich das Adrcfsenmaterial der Mitglieder des Bauernbundes angeeignet und durch Täuschung letztere ver- anlaßt Hobe, ihre Beiträge an den Landbund abzuführen. Mit einem Worte: der Reichslandbund habe den Verrat Hackborts organisiert und finanziert. Das Interesse der Verhandlung, die voraussichtlich viele Stun- den in Anspruch nehmen wird, da eine große Anzahl von Zeugen geladen ist. konzentriert sich auf die Aussage des Zeugen Hack- b a r t h. Er erklärt, daß er im Jahre 1926 beauftragt worden sei, mit dem Landbund Verhandlungen zu führen. Als er dann er- fahren habe, daß die Verhandlungen des Bauernbundes mit dem Reichsverband der landwirtschaftlichen Mittel- und Kleinbetriebe kurz vor Abschluß ständen, habe er beschlossen, auf eigene Faust die Ueberleitung eines großen Teiles der Mitglieder des Bauern- bnndee, die seiner Ansicht nach die Schwenkung ins demo- kratifche Lager nicht mitmachen wollten, zustand« zu bringen. Er habe aus diesem Grunde von dem Klischee Ge. brauch gemacht und auf eigene Rechnung die Nummer der Zeitung herausgegeben. Von Bestechungsgeldern sei überhaupt keine Rede gewesen. Desgleichen feien auch ihm oder den An- gestellien des Bauernbundes keine Protektionen versprochen worden. Er sei einfach zu dem Vorstand des Reichslandbundes hin- gegangen und habe angefragt, ob ihm in dessen Räumlich- kciteneinZimmerzurDerfügung gestellt werden könnte. Trotz wiederholter Vorhaltungen des Verteidigers, Rechts- anwalts Dr. Hamburger, ob der Zeuge ermächtigt gewesen sei, auf eigene Befugnis die von ihm geschilderten Schritte zu unter- nehmen, erklärt er, daß er im Interesse der deutschen Landwirt-
Ein Konkurrenzmanöver. Von Hans Bauer. Vom elektrischen Stuhl ist ja in der letzten Zeit genug die Rede gewesen, weniger von seiner Geschichte. Aber die Geschichte des«lek. Irischen Stuhls und er sclft: die beiden passen zueinander, die können sich zusammen photographieren lassen, die sind einander wert. Wer Hot den Gedanken aufgebracht, daß es rätlich sei, die Wunderkraft Elektrizität, diese» Gnadengeschenk der Natur, als Ecs- kutor zu mißbrauchen, als Verbrenner von Herz, Lunge, Niere? Ei, das ist so gewesen: lim 1880 herum existierten zwei groß« Werke in Amerika , die elektrisch« Motoren herstellten: die Wellingtonhouj« Eompanie und die Edison Companie. Wie das nun so zu sein pflegt, lagen sie in Konkurrenzfehde miteinander und bekriegten sich bis aufs Messer. Da ereigneten sich nun kurz hintereinander bei der Wcllingtonhouse Companie, die, im Gegensatz zu den Gleich. strommaschinen der Edison Eompanie, Wechselstrommotoren her- stellte, zwei tödliche Unfälle. Es lag, bei der Gewlssensrobuftheü kapitalistischen Geschäftemacher, nahe, daß die Edison Companie sich nicht nur aufrichtig über das Mißgeschick der Konkurrenz und über deren Tote freute, sondern daß sie sich auch bemühte, aus dem Vor- fall Kapital zu schlagen. In Europa hätte man nun vielleicht, plump, wie man hier in Reklaniedingen häufig ist, die Unxlückefälle zur Anschwärzung der fremden und zur Glorifizierung der eigenen Fabrikate benutzt. In Amerika war man schon um 1880 herum weiter. Die Sdison-Leute dachten nicht daran zu rufen: Fort mit den Wellingtonhouse-Erzeugnissen! Kauft unsere Marke? Im Gegenteil. Sie wiesen hin auf die Konkurrenz. Sie lobten und empfahlen diese Ware, allerdings-- für Hinrichtungen. Ein geschickter Dreh, wie man zugeben muß,«Ine schmissige Reklameidec: unter dem Deckmantel der Anerkennung«in« feindlich« Sache graziös zu kompromittieren. Die Edison Companie fraß sich hinein in ihren Gedanken. Sie mochte immer größeren Lärm für die Eignung der Wechselstrom- motoren des wirtschaftlichen Gegners als Exekutionsapparate. Bei depi großen Einfluß, den ja, nicht nur in Amerika , stnanzkrästige Mächt« auf die Politik auszuüben vermögen, gelang es schließlich, nach langem Hin und Her, die Gesetzgebung für elektrisch« Hin- richtrrngen zu gewinnen. Die erst« elektrische Hinrichtung, die 1889 stattfand, gab ja nun eigentiich der Edison Eomganie nicht recht. Der Delinquent war rücksichtslos genug, die Behauptung von der Todesgefährlichkeit der Wechselstrommaschinen und damit von ihrer Konkurrenzunfähigkeit in gewissem Maße zu widerlegen. Er nahm es sich heraus, nach zweiminutiger Stromzufuhr noch zu atmen und erspart« den Hin« richtungsbeamten nicht die Unbequemlichkeit, seinen angesengten und betäubten Körper noch ein zweites Mal auf den Stuhl zu schnallen. Aber nach einigen weiteren Minuten war er dann wirk- lich!«>.— und sei es auch nur, daß er vor Angst und Grauen ge- stoibe«! war. Er wird es sicher nicht gewußt haben, um was e» bei seinem T«d« ging. Er hatte gewiß gedacht» daß es nur daraus an»
schaft sich für verpflichtet gehalten habe, als Präfidialmitglied des Bouernbunde» den Uebertritt dessen Mitglieder nach links zu verhindern. Die Derhandümg dauert an. Um die Septembertagung des Reichstags. Blinder LSr» der Kommunisten. Die Sozialdemokraten sind im Aeltestenrat des Reichstags da- für eingetreten, daß der Reichstag noch im September zusommentvitt, um gegen die Mieterhöhung am 1. Ottober sowie für die Beibehaltung der Krisenfürforge über den 1. Ottober hinaus und für eine umfassende Amnestie Beschlüsse zu fassen. Die Mehr- heit entschied jedoch, daß der Reichstag erst am 17. Oktober zu- jammentritt, um das Schulgesetz, das Liquidationsgeschädigtengesetz und die Beamtenbesoldungsresorm zu beraten. So ist der einfache klare Sachverhalt. Nun behaupten die Kommunisten, wenn die Sozialdemokraten mit ihnen gemeinsam unter Berufung auf Artikel 24 der Reichz- verfassung nochmals die Septembertagung verlangen würden, daß dann der Reichstagspräsident dem Antrag nachkommen müßte. Aber der Artikel 24 ist hier nicht anwendbar, selbst wenn man ihn so auslegt, daß er nicht nur bei Beginn einer neuen Session, sondern auch nach einer einfachen Vertagung des Reichstags, wi« sie im Sommer erfolgt ist, andewendet werden kann. Er besagt nämlich, daß der Reichstag , der alljährlich am ersten Mittwoch im November zusammentreten soll, früher einzuberufen ist, wenn e, mindestens ein Drittel der Reichstags in itglie- der verlangt. Da der Reichstag 493 Mitglieder zählt, müßten also ISS Abgeordnete den Antrag stellen. Di« 131 Sozialdemo- kraten und die 30 Parteikommunisten zählen ober zusammen nur 161 Abgeordnete, es fehlen 4 an der vorgeschriebenen Zahl. Hätten die Parteikommunisten nicht 15 ihrer früheren Fraktionskollegen ausgeschlossen, so würde das vom Artikel 24 geforderte Drittel da sein. Die Kommuni st«n haben also selber die erste Voraussetzung für die Anwendung des Artikels 24 z e r st ö r t. Wollen sie bei Urbahns und Ruth Fischer , die in ihren Augen Konterrevolutionär« sind, um die sehlenden Stimmen betteln? Aber selbst wenn sich die 165 Abgeordneten finden, die die Ver- sassung für den Antrag fordert, so können sie doch nicht die S e p- tembertagung des Reichstags erzwingen. Sie können ja nur fordern, daß der Reichstag „früher" als„am e r st e n M i t t- wochdesNoocmber" zusammentritt. Dies« Forderung ist aber bereits ersüllt, da der Reichstag nach dem Willen der Mehrheit des Aeltestenrats doch„schon" am 17. Oktober zusamnrentreten soll. Der Präsident muß diesen klaren Willen der Mehrheit des Aeltestenrats nach der Geschäftsordnung des Reichstags respektieren. Wi« wür- den gerade die Kommunisten lamentieren, wenn in einem anderen Falle, in dem sie selber der Mehrheit des Aeltestenrats angehören würden, der Präsident sich selbstherrlich über den Mehrheitswillen hinwegsetzen wollte. Es gibt also weder eine geschäftsordnungs- mäßige noch ein« persostungsrechtliche Möglichkeit, die auch von uns geforderte Ssptembertogüng doch noch zu erzwingen. Das könnten endlich auch die Kommunisten begreifen, wenn sie nur wollten.
Nürnberger Nationaliftenradau. Mistlungeue Aktion gegen den Beamtentongrest. Nürnberg . 19. September.(Eigenbericht.) Bei Beginn des Bsamtenkongresses versuchte am Sonnabend ein Stoßtrupp Nationalsozialisten unter Führung des berüchtigten Stadtrats Holz die Kundgebung zu stören. Als sich diese versuch« wiederholten, und die Haken- kreuzler Miene machten, die Besucher anzugrei- f e n, wurden sie von den versammelten Beamten kurzerhand an die Lust gesetzt. In der sich daraufhin entspinnenden Schlägerei wurden den Hakenkrcuzlern verschie- den« Totschläger und Hundepeitschen obgenom- m e n. Di« P o l i z e i mußt« eingreifen; sie trieb die National- sozialisten zum Hause hinaus und die Straße entlang.
komm«, sein arm«, Leben zu zerstören, aber«, ging um mehr. Es ging darum, den Beweis zu erbringen, wer denn nun eigentlich die hoch- und wer die minderrangigen Motoren herstellt und es fing darum, zu erforschen, wer denn nun etwas zu lachen haben werde: die von der Wcllingtonhouse oder die von der Edison Eompanie. Er ist für die Wirtschaft gestorben, der erste arm« Teufel, den sie auf den elektrischen Stuhl gebracht haben. Zeit seines Lebens wird sie vermutlich nicht viel von ihm haben wissen wollen, aber er war ihr nicht zu gering, zu Reklamezwecken einige Minuten long seine Eingeweide rösten zu lasten. Und das ist doch leutselig von der Wirtschast. Es läßt sich allgemein sagen, daß der Tod eine Einrichtung von fragwürdiger Qualität ist, indessen sollte doch auch nicht verkannt werden, daß er nicht zuletzt auch im Völkerleben als Vorwärts- treiber von Geschäftsinteressen sich des öfteren schon bewährt hat.
�nhaltijche Gemäldegalerie. Am 17. September ist Anhalt endlich zu einer Gemälde- g a l e r i e gekommen. Ein bißrf�n reichlich spät, muß man schon sagen. So ungekähr hundert Jahr«, nachdem man anderswo in deutschen Kulturländern darangegangen ist, die Kunsischätzr zum AUgemelnbesttz zu machen. Und dabei handelt es sich um ein zwar kleines, aber keineswegs armes Land und um Objekt« von recht beträchtlichem Wert. Es sind da im ehemaligen Palais Reina, einem jener Stadtpaläste, wie sie zur Unterbringung der unehelichen Fürstensprößlinge in jeder besteren deutschen Residenz erbaut worden sind, der sachverständigen Obhut des Konservators Dr. Grote einige 200 Bilder und Handzeichnungen der niederländischen und deutschen Schule» de« 15. bis 20. Jahrhunderts übergeben worden. Ein flämischer Primitiver ist darunter, Petrus Christus , ein heiliger Christoph von Dürer, Handzeichnungen von dem älteren und dem jüngeren H o l b e i n, Altäre von C r a n a ch und 5) a n s B a l d u n g, Schweizer und Nürnberger Kleinmeistcr des 16. Jahr- Hunderts. Aus dem 17. Jahrhundert Niederländer wie Frans Pourbus , Adrtaen van Ost ade, und, die Perle der Sammlung, ein Bildnis Heinrich Xllk. von Frankreich von der Hand des Rubens . Das 18. Jahrhundert vertreten Frankfurter Künstler der Gosthe-Zeit. Für das 19. und 20. Jahrhundert haben einheimisch« Maler den Vorrang: die Brüder O l i o.i e r, der Radierer Kolbe, der in Berlin hervorragend vertretene Franz Krüger . Dann die Künstler des Staatlichen Bauhauses: Klee, Feininger , Kandinsky . Ein Fcuerbach und zwei frühe Pferdestudien des Hans von Marees wären noch zu nennen. Handzeichnungen sind vernünftigerweise aus den Mappen genommen und gerahmt worden. Der anholtifch« Staat und die Stadt D e.s s o u haben diese Kunststätt« nur dem«nergischen Eintreten unserer Genossen im Landtage zu danken. Mit schweren Opfern mußte das nachgeholt werden, was die von den bürgerlichen Ideologen so gepriesene Dynastie der A» k a n i e r jahrhundertelang versäumt hat. Eine Prinzessin au» dem Hause Oranien, Henriette Katharina, ein halbes Jahrhundert später die Tochter des„Alten Dessauers" und schließ- lich um die Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts der Begründer des Wörlitzer Partes, Friedrich Franz, habe» dies« Gemälde und
Dabei wurde einem Pollzeibeamten die goldene Uhr gestohlen. Daß es sich bei. der Attacke der Hakenkreuzler um einen p l a n m ä h i- gen Ueberfall gehandelt hat, beweist die Tatsache, daß die Vorgänge in einer Bersammlung des deutschvölkischen Abgeordneten Streicher am Tage vorher bereits angekündigt wurden. völkische Ausschreitungen auch in Sera. Gera , 18. September. (Eigenbericht.)' NationolsozialistischeRowdys haben am Sonnabend im Kaufhaus Bütow zwei und im Warenhaus Tietz eine groß« Fensterscheibe mit Steinen zertrümmert. Als Haupttäter und Anstifter wurde der Handlungsgehilfe P. , der Herausgeber des antisemitischen Hetzblattes„Die Sturmglocke", neben drei Mittätern, die alle der Tat geständig-sind, festgestellt. Die Tot ist nicht ver- wunderlich, da die nationalsozialistischen Zeitungen Thüringens , so das Dintersche Schimpfblatt„Der Nationalsozialist", seit Wochen ausschließlich den Kamps gegen die Waren- und Kaufhäuser predigen, um bei kleinen Geschäftsleuten dann auf Jnseratenfang zu gehen. P. wollte scheinbar diesem Geschäft durch die Zertrümmerung der Scheiben eine größere Resonanz verleihen._
vandervelde über die Genfer Tagung. Bcüffel, 19. September. (Eigenbericht.) Der belgische Außenminister Banveroelde ist am Sonntag von Gens nach hier zurückgekehrt. In einem Presseenipfang äußerte er sich über die Abstimmung der Völkerbundvolloerjamm- lung über die Ratswahlen. Er betonte, daß gerade Belgien und ihm persönlich besonders freundlich gesinnte Sänder aus prinzipiellen Gründen gegen eine weitere Mitgliedschaft im Rot stimmten. Uebrigens hätten ihm Briand und Stresemann versichert, daß eine angeniessei« Form gefunden werben müsse, um die Zuziehung der belgischen Regierung zu Ratssitzungen in ollen Fragen zu sichern, wobei belgische Interessen berührt werden. Zusammenfastend äußerte sich Vandervelde dahin, daß die gegenwärtige Tagung in Genf bisher besser verlausen sei, als erwartet werden könne. Gewiß feien augenblicklich weder die Friedensplän« noch die Fragen der Rheinlandbesatzung erheblich vorwärts zu bringen, dazu mühten die nächstjährigen Wahlen in den großen Staaten abgewartet lverden, aber inzwischen gedeihe die Sache des Friedens doch weiter. Wenn auch vorläufig keine weittragenden Beschlüste möglich seien, so könne doch für die Zukunft ein Programm zur Sicherung des Friedens ausgearbeitet werden. Das geschehe zurzeit unter maßgebender Be» tciligung sozialistischer Delegierter der Abrüstungstom» Mission und wie er hoffe— mit viel Erfolg. Vandervelde betonte die Totsache, daß die deutsche Dele- gation die Kandidatur Belgiens unterstützt habe, obgleich ihre Lag« sehr schwierig war, besonders im Hinblick auf die letzte deutsch- belgisch« Polemik. Die deutsche Delegation sei von anderen Delegationen bestürmt worden, gegen Belgien zu stimmen, habe aber sich nicht beeinslussen lasten. Mit Befriedigung stellte Vandervelde in diesem Zusammenhang fest, daß auch Oesterreich, Ungarn und Bulgarien , die ehemaligen Verbündeten Deutschlands , für Belgien gestimmt härten. Lander- velde verneinte ausdrücklich, daß zwischen Belgien und Deutsch - land ein« Abmachung getroffen worden sei, nach der die Pro- stimme Deutschlands abhängig gewesen sei von der Zustimmung Belgiens zur Ueberlassung eines Kolonial Mandats an Deutschland . Vandervelde versicherte, daß Belgien die Zulassung Deutschlands in die Mandatskommission nicht ablehne. Ferner betonte der Außenministr, daß Belgien seine Kandidatur auf ausdrückliche Bitte Deutschlands , Frankreichs und Eng- lands aufgestellt habe. Ueber seine Zusammenkunft mit Stresemann und im speziellen über die Franktireurangelegen hert befragt, erklärt« Vandervelde , in diesem Augenblick sich darüber nicht äußern zu wollen. Plastiken und nach manch« mehr geerbt und angekauft und ihre zahlreichen Schlosser damit geschmückt. Kunstgelehrl« von Ruf haben dem Fürstenhaus immer wieder nahegelegt, diese Schätze in Staats- besitz zu überführen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen; aber nichts dergleichen geschah. Alles blieb verstreut und vernach- lästigt: weder zur Katalogisierung, noch zu einer anständigen Pflege waren die Herrschaften zu bewegen. Man ließ den Kunstbesitz lang- som verkommen— ähnlich wie die Wcttiner ihre wundervolle Hauebibliothek. Niemond außer wenigen Eingeweihten ahnte auch nur etwas von den Kunstwerken, die in den alten Schlössern moderten. Ein paar besonders wertvoll« Stücke sind, allem Recht und Gesetz zum Trog, nach der Staatsumwäl.zung von den Askaniern verkauft morden. Gleichzeitig verschwand das herrliche Mobilar aus dem Zerbster Schlosse und wurde aus Auktionen ver- schleudert. Die Republik mußte dem herzoglichen Hause das Goleriegebäude abkaufen, mußte die Kunstwerke instand setzen und retten, was noch zu retten war. Sie hatte auch das Vergnügen, das verlotterte Schloß Oronienbaum wieder instand zu setzen. Angesichts so skandalöser Zustände— die Rechtsparteien haben sich wie üblich gegen oll« Kulturforderungen gestemmt— ist es recht pikant, die anhaltischen„Patrioten" vom Nutzen der Klein- staaterei und von der Notwendigkeit der Erhaltung vorsintflutlicher Staatsverhältniste deklamieven zu höre». Nur ja kein Ausgehen in Preußen oder Deutschland : sie machen das alles viel besser und das „angestammt« Herrscherhaus" ist ihnen bisher noch immer mit leuchtendem Beispiel vorangegangen. Den Leuten ist nicht zu Helsen ..._ Dr. Hermann H i e b e r. Thealer in der Kloflerstraße:„Apoflelspicl" und..Zedermann". Das Apostelspiel Mar M« l l s kann noch auf dem Theater einige Wirkung erzielen durch die Form, in der es mittelalterliches, naiv- religiöses Erleben gegen modernen Zeitgeist ausspielt.„Jeder- mann" aber oerlangt durchaus nach Laienspielern, die gläubig sich selber darstellen. Unsere Zeit des Hochkapitalismus, mit ihrem ge- waltigen Ringen um die geistig« und körperliche Freiheit des Men- Ichen, weiß mit diesem Kirchenkult im Theater nichts mehr anzu- sangen. So konnte trotz des Fleißes, der an die Aufführung ge- wandt worden war, das alte Kölner Mysterienspiel.Ledermann" nicht packen. Tod und Teufel, Maria und Engel— sie wirken auf einer Theaterbühne heute immer ein wenig grotesk. Sich hier zur rein kulturhistorischen Wertung umzustellen, dürfte nur wenigen Theaterbesuchern liegen. Zur Ausührung: Florinn Kienzl gab im Apostelspiel einprägsamen den Großvater. Auch B r i n- g o l s was überzeugend als Johannes, ebenso Kaiser als Land- streicher Petrus. Eine rührende kleine Magdalene gab Ruth Puls, die nur manchmal etwas zu leise sprach.— Geschickt war die Regie FranzSondingers zu„Jedermann". Mit Hilfe der beiden Seitenbühnen wußte er in dem kleinen Theater eine gut« Raumwirkung zu erzielen. Besonders zu nennen wären hier der Jedermann Kaisers, der Klausner Florian Kienzls und die Dirne Hedwig Schlichter ». Leb— k. c-vteuabend Dr. Peter Vach. Zu dem Lautenabend, bei dem Tr. Peter Bach auf Einladung der PoltZdühne eigene Gesinge vortragen wird, sind Karten zum Pieiie von 7V Ps. noch in belchränkter Anzahl in den Berkaute- stellen der LollSbahnr E. B. erhältlich. Der Abend findet am Mittwoch. dem LI. September, um 8 Uhr in der Aula des Gymnasium» zum Grauen Kloster. Klostustr. 74, statt.