die offizielle Anüenburgfeier. Neichsregicrunft und ReichStagsPräsidium bei« Reichspräfidenten. Der Reichspräsident empfing gestern die Reichsregierung frir Entgegennahme ihrer Glückwünsche. 11.30 Uhr ver- sammelten sich im festlich geschmückten Großen Saale des Präsidentenhauses Reichskanzler Dr. Marx, sämtliche Reichsmini st er und Staatssekretäre des Reichs, ferner der Präsident des Reichsgerichts, der Präsident des R e ch n u n g s h o f s, der Präsident des Reichs- finanzhofs, der Reichsbankpräsident und der Generaldirektor der Reichsbahn . Vor der Mitte der zur Psglückwünschung erschienenen Herren richtete der Herr Reichskanzler eine Ansprache an den Reichspräsidenten in der es hieß: „Ich habe die hohe Ehre, Ihnen, Herr Reichspräsident, an dem Tage, an dein sich die heißen Wünsche unseres ganzen Volkes Ihnen zuwenden, die aus tiefster Empfindung kommenden Glückwünsche der Reichsrcgierung darzubringen. Vielsach war mit den Geschicken der Nation Ihr eigenes Leben aufs engste verflochten. Das Volk in Waffen, an dessen Spitze Sie jahrelang den deutschen Gauen in überlegener Meisterschaft die Schrecken des Krieges ferngehalten hatte», haben Sie unter inneren und äußeren Schwierigkeiten nie erhörten Ausmaßes Ende ISlS zu den Werken des Friedens zurück- geführt. Nicht zuletzt durch diese Tat, welche Ihr unvergeßlicher Amtsvorgänger Friedrich Ebert stets dankbar anerkannt hat, wurde dein deutschen Volte in einer der dunkelsten Stunden seiner Geschichte der einzig mögliche Weg zu einer helleren Zukunst ge- wiesen, der Weg der Selbstüberwindung und der Zurückstellung noch so leidenschaftlicher Gegensätze hinter die große gemeinsame Ausgabe des Wiederaufstiegs. Der heiße Wunsch, daß sich das deutsche Volt immer mehr auf diesem Wege zusammenfinden möge, hat Sie nach dem Hinscheiden unseres ersten Reichspräsidenten zu dem schweren Opfer bewogen, dem Rufe der Nation zu folgen und das verantwortungsvolle Amt des Reichspräsidenten zu übernehmen. Bei Uebernahme des hohen Amtes haben Sie die Grundsätze, nach denen Sie Ihr Amt ver- walten wollten, sich selbst vorgezeichnet und sie dem deutschen Volke in feierlicher Form mit den Worten kundgegeben:„Dem Wohle des deutschen Volkes zu dienen, die Verfassung und die Gesetze zu wahren, Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben." Diese Grundsätze haben Sie vom ersten Tage Ihrer Amtsführung an in eiucm, alle Deut- fchen ohne Unterschied gerecht umfassenden Geiste zur Anwendung gebracht. Heute nimmt Deutschland — zwar leider noch entfernt von völliger Gleichberechtigung, aber doch in ganz anderem Maße als noch vor wenigen Iahren— geachtet und gefestigt seinen Platz unter den Völkern ein: die Erkenntnis von der Notwendigkeit der Zu- samirensossnng aller Kräfte im Innern und der verontwortungs- bewußten Mitarbeit an den großen Fragen internationalen Zu- fammcnlebens wird allmählich zum Gemeingut des deutschen Volkes, Gesetzgebung und Verwaltung des Reiches können sich mehr und mehr statt notgeborener Improvisationen der planmäßigen Bear- beitung weitausschauender Aufgaben zuwenden. Wenn ich all dies in diesem imvergeßlichen Augenblick freudigen Herzens feststellen tann, so weiß niemand besser als die Mitglieder des Reichskabinetts, die Ihr Wirken täglich aus nächster Nähe beobachten dürfen, wie stark und richtunggebend Ihre Anteilnahme an unserer Arbeit ist." Der Reichspräsident antwortete mit einer kurzen Ansprache: „Haben Sie aufrichtigsten Dank, Herr Reichskanzler, für die freundlichen Glückwünsche, die Sie mir soeben hier namens der Reichsregierung ausgesprochen haben. Ich verbinde hiermit den Dank an das ganze deutsche Volk, das meiner in so vielen Zu- fchriften und Zeichen freundlicher Gesinnung heute allenthalben gedacht hat. �Mein besonderes Gedenken in dieser Stunde gilt unseren Volksgenossen in den besetzten rheinischen Ge- bieten, deren Befreiung von fremder Besatzung zu unserer tiefsten Enttäuschung noch nicht erreicht werden konnte; ich grüße sie bewegten Herzens mit dem Wunsche und der Hoffnung, daß dem
Lande am Rhein bald die Freiheit beschieden sein möge. Die, zu erreichen, wird die vornehmste Ausgabe der deutschen Politik sein. Mein höchster Wunsch an diesem Tage ist der, daß unserem Volte Einigkeit beschert werde. Tief sind immer noch die Gegen- sätze zwischen den Anschauungen der einzelnen und den Interessen der Klassen und Berufsstäyde. Viele Deutsche vermögen die Der- bindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht zu finden und stehen verbittert und mißtrauend im Leben des Tages dem Nächsten gegenüber. Ich meine, daß es trotz aller Verschiedenheiten in unserem staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben doch nicht so schwer sein sollte, über das, was uns an Weltanschauung und Interessen trennt, hinaus uns zusammenzufinden in dem Gedanken an das, was uns eint und uns g e m e i n f a m ist: das Vaterland, das Band, das uns mit unserer Väter Erde in Stammes- und Volksgemeinschaft verbindet, und das gemeinsame Schicksal, das uns alle im Glück und Unglück, zu Gedeih und Verderb, umfaßt." Nach dem Empfang der Reichsregierung sprach das Preußische Staatsmini st erium unter Führung des Ministerpräsidenten Dr. Braun dem Reichspräsidenten die Glückwünsche der preußischen Regierung aus. Hieran schloß sick> der große Empfang der Vertreter der deutschen Länder. Im Anschluß hieran fand der feierliche Empfang des Apostolischen Nuntius Erzbifchof Pacelli, des Doyen des Diplomatischen Korps statt. Darauf empfing der Herr Reichspräsident den Vor- st and des Reichstages, den Präsidenten L ö b e und die Vizepräsidenten Niesser, Graes , Esser nebst den zwölf Schriftführern. Reichstagspräsident Löbe überbrachte die herzlichsten Glückwünsche der deutschen Volksvertretung. Er sagte dem Herrn Präsidenten dafür Dank, daß er, nach- dem ihn die Entscheidung des deutschen Volkes auf die höchste Stelle berufen habe, in hohem Alter seine ganze Kraft in den Dien st der Republik gestellt habe. Reichspräsident von Hindenburg antwortete: ..3ch werde weiterhin meine volle Kraft in den Dienst des deutschen Volkes und Vaterlandes stellen. Den Eid, den ich geschworen habe, werde Ich auch halten, das möchte«ch Ihnen sagen, die Sie genau so wie ich vom Volke gewählt sind." Eine lange Reihe weiterer Empfänge schloß sich an, die gegen �2 Uhr mit dem Empfang der Vertreter der alten Ann« abgeschlossen wurde. Am Abend veranstaltete der Reichskanzler ein Festbankett. <3roner unü Mackensen. Die Festrede, die Generalleutnant und Reichsmehrminister a. D. Wilhelm Gröner im Berliner Rundfunk am Sonntagabend gehalten Hot, dürfte eins der intmssontesten poliiischen Ergcb- nisse der Geburtstagsfeier Hindenburg « gewesen sein. Es war keine lciche Aufgabe, die der letzt« Gen«ralquartier- meister im Weltkriege nach Ludendorsfs Abgang hier übernahm. Cr hat sie, alles in allem, taktvoll und geschickt gelöst. Abgesehen von einigen Uebertreibungcn, die nun einmal bei einem solchen Jubiläum unvermeidlich sind, hat sich Gröner an die g e s ch i ch t- liche Wahrheit, zum Teil sogar auf Kosten der grassierenden Hindenburg -Legende, gehalten. Vor ollem war seine Schilde- rung des letzten Teils des Weltkriegs«ins restlose Widerle- gung der Dolch st oßlüge. Er bekannte freimütig, daß der rücksichtslose U- Bootkrieg ein Irrtum war und daß die Amerikaner die Entscheidung brachten. Den Zusammen- hang zwischen U-Vootkrieg und dem Eingreifen Amerikas er- wähnte«r zwar nicht ausdrücklich, ebenso verschwieg er,, daß es die Oberste Heeresleitung, also das„Feldherrnpoar" Hindenburg und Ludendorff, war. die mit der Drohung ihres Rücktritts den ver- hängnisoollsn U-Bootkrieg erzwungen hatten, dennoch war für jeden, der verstehen wollt«, dieses Zeugnis deutlich genug. Bor allem war seine Schilderung der Verzweiflungs- offensive vom Frühjahr und Sommer 1918 sehr freimütig: trotz der beispiellosen Tapferkeit der Truppen gelang das opera- tive Ziel der Heeresleitung nicht: die Engländer wurden nicht bis
zur Küste zurückgedrängt, weder bei Amiens , noch bei Armeiriitres. noch beim Damenweg kam man über Anfanxsersolge hinaus, der erfolgte Durchbruch bei Montdidier wurde nicht einmal von der Führung erkannt. Dann setzte die Gegenofsensive von Foch mit seinen Reserven— die die amtlichen deutschen Kriegsbericht- schon als erschöpft bezeichnet hatten, was Gröner zu erwähnen vergaß — ein, auch die Amerikaner traten in den Argonnen tu Aktion. „Am 9. August war der Krieg militärisch verloren," so sprach es Gröner freimütig aus. E r st dann, und zwar nach dem fünf Wochen später erfolgten Abfall Bulgariens , dem der öfter- reichisch-ungarifche Zusammenbruch dichtauf zu folgen droht«, zeigt« sich, daß die„materiellen und seelischen Kräfte des Volkes" ver- braucht waren. In der Tat: aber war dieser seelische Zusammen- bruch, der allmählich bis zum November revolutionäre Formen annahm, nicht vor allem eine Folge des enttäuschten Ver- trauens in das„Feldherrnpaar"? So schilderte General Gröner beinahe wahrheitsgetreu die Borgeschicht« des Zusammenbruchs. Anders General Mackensen. Dieser sprach am Sonnabend vor den vereinigten Offiziers- bünden in Gegenwart des Jubilars selber. „Auf allen Kriegsschauplätzen gelingt es seiner und Luden- dorfjs genialer Führung, die Trümpfe in die Hand zu be- kommen und der manchmal oerzweifelten Lage Herr zu werden, den Feind zu werfen und ihn von Deutschlands Grenzen abzuhalten— bisderUmsturzseinHaupterhebt..." Hier sprach ein Wortführer der D o l ch st o ß l ü g e, der die wirkliche militärische Entwicklung oerschwieg und die Dinge so darstellte, als hätte die Revolution den deutschen Siegeslauf unterbochen. Als ein mildernder Umstand für Mackensen sei allerdings erwähnt, daß er die beiden letzten Jahre des Krieges fast ausschließ- lich in B u k a r e st verbracht hat, während Gröner die militärische Katastrophe an der Westfront reisen und hereinbrechen sah.
Ein tzinöenburg-Wort. Tank an seine Wähler? Am Sonnabend abend besuchte der Reichspräsident eine Der- anstaltung der Offiziersoerbände. Aufmarsch der Männer des kcriser- lichen Systems. Mackensen hielt eine Festrede, und der Reichs- Präsident dankte. Ueber den Wortlaut seiner Antwort werden ver- schieden? Lesarten verbreitet. Die„Deutsche Zeitung" be- richtet darüber: „Herr Generalfeldmarschall! Ich danke Ihnen für die freund- lichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben. Für das, was ich geworden bin, danke ich dem allmächtigen Gott, der mich so gnädig geführt hat, dem Kaiser und K ö n i g, der mich an die richtigen Stellen beries, Ihnen allen, meinen Kameraden, die mich jederzeit unterstützt haben. Ich trinke auf Ihrer aller Wohl!" Diese Fassung steht in Widerspruch zu den offiziellen Reden Hindenburgs am 2. Oktober, sie ist nicht nur eine Ungeheuerlichkeit im Munde des Präsidenten der Republik, sondern auch eine«igen- artiger Dank an die Wähler, an den Teil des Voltes, der Hindenburg gewühlt hat. Gott , der Kaiser, die Offiziere— und das Volt existiert nicht. Ein scharfer Trennung? st rich. Es wäre interessant zu erfahren, ob die Lesart der„Deutschen Zeitung" authentisch ist.
Ueber das zahlenmäßige Ergebnis der hindenburg-Spende können die zuständigen Stellen noch nichts mitteilen, weil die Sammlung in verschiedenen Gruppen erfolgt und nicht von einer zentralen Stelle aus. Die Sammlung soll bis Ende Oktober oder Anfang November fortgesetzt werden und erst dann wird die Angabc des Ergebnisses erfolgen können. Die List« der vegnadignngen soll im Laufe des heutigen Tages veröfsentlicbt werden. Wir können zuverlässig mitteilen, daß unter den Begnadigten auch der M a i o r B u ch r u ck e r ist, der im Spät- herbst 1923 den berühmten Putsch der„Nationalkommunistischen Haufen" in Küstrin geleitet hat.
die Kriegervereine. Ein Srdenkblatt. Die rotgeriebenen Nackensalten In vierfack) Leinen eingetlemmi, So haben sie— total die Alten—, Die teuren Sorporalsgestalten, Berlin am Sonnlag überschwemmt. Auf Straßen. Blähen, in den Parkö. Auf Straßen, Piähen, ln den Parks, Ergliherle ihr Klempnerladen/ Und Erdgeruch in vollen Schwaden Verriet die Kräfte deutschen Atarks. Fossile Bratenröcke dampften Begeisterung aus jeder Naht. And wie sie dann, den hochgetrampften Schirm präsentiert, im Gliede stampften. Sah jeder: da» ist deutsche Tal. Aus siegesschwangerer Kehle gröhltea Sle„wonnegans" und„Wacht am Rhein" And fanden, als mit weitgehöhlten Kefäßcn sie die Kehlen ölten: Da» Vaterland könnt' ruhig fein. Sle schlugen siegreich Frankreich nieder. Sie hielten Einzug in pari», Sie stimmten an da» Lied der Lieder Und spürten an der Gattin Mieder. Wie Gott da« Eisen wachsen ließ. So harrten sie in Bataillonen Mit der Devise„Krieg und Sieg". Ein Volk von Bratenrockteutonen, Al» lebende Illustrationen Zu der Locarnopolitit. Mich, von Lindenhecken.
/techerwellen-Nufit. Orchester ohne Znstrumente. Professor T h e r e m i n aus Petersburg zeigte im Beeihoven- Saal folgende einfache Apparatur: einen Holztasten, einen Wechsel- stromapparot, eine stabsörmige und eine spi-crle Antenne, einen Laut. jprecher. Es entstehen radioelektrische Wellen bestimmkr Frequenz und Länge. Nähert man dem Stab eine Hand, so wird das eiektro- magnetisch« Feld verändert, Töne verschledener Höhe und Klang- fcrbe werden hörbar, bald mehr dem Eharakter eines gestrichenen, iv.D mehr eines geblasenen Tons enthaltend. Die andere Hand
bringt ein Crescendo durch Heben von der Ouerantenne, ein Ab- schwellen durch Senken zustande. Töne aus der Luft, aus dem Nichts, Töne, die den großen Raum erfüllen, echohaft zurücksluten, sich zu Melodien verbinden, aus der Starre der toten Luft in die Musik des vibrierenden bejeelien Tons hineingleitend— all das durch zartes Hin und Her, Aus und Ab zweier menschlichen Hände, ohne jedes instrumentell-mechanische Zwischenspiel: ein märchenhaftes Wunder, ein der Natur entrissenes Geheimnis. So war der Ein- druck beim Publikum, das vor Begeisterung raste. Durch den kleinen Finger wird die Luft, die Natur gezwungen, dem menich- lichen Willen Untertan zu sein. All« Töne, nicht nur die des teni-- parierten Klaviers, stehen hier zur Verfügung, bis zu den kleinsten Teilungen in Achtel-, Sechzehnteltöne usw. Unerhörte Möglich- leiten, wenn aus der Eintönigkeit eine Mehrtönigkeit wird, wenn viel« solcher Apparate ein Orchester ersetzen. Bisher bewirkt die Manipulation der Hände am Thereminschcn Apparat noch viel Un- souberkeiten, meist hört das Ohr ein Gleiten der Skala von einem Ton zum anderen, Sprünge, Stakkati sind schwer zu erzeugen, Ak- torde natürlich mit einem einzigen Apparat überhaupt nicht. Das physikalisch«, das technische Phänomen bleibt unerhört: geniale Leistung eines Ingenieurs, Bezwingung der Materie durch ein Gehirn. Die Auswirkungen auf die praktische Musitpslege, auf Tanz, Gestik bleiben zunächst gegenüber der Neuheit dieser Klang- «rzeugung ganz irrelevant. Nicht aber bleibt gleichgültig die Erinnerung an den Bahn- brecher dieser Methodik, Musik aus der Lust mittels radio-elektrischer Wellen zu zaubern. In Deutschland hat Jörg Mager mit heiße- stcm Atem, mit letzten Opfern an Gesundheit, Kraft, Vermögen sein Werk geführt, fast bis zur Vollendung. Ihm gelang die Spaltung der Töne bis in die kleinsten Teilungen, die Addrostelung von Ober- tönen, die größte Variabilität der Klangsarben. Nicht durch Be- wegunp der Hände, jonderki durch eine absolut und präzise arbeitende Tastatur gelang ihm die Eroberung der Lustmusik. S p h ä r o- phon heißt sein Apparat, und bald wird er die Orgel gebaut haben, die in nicht zu ferner Zeit alle mechanischen Instrumente überflüssig machen wird, die ein« direkte Uebermittlung auf den Sender(ohne Mikrophon) ermöglicht. Berlin , das Reich, die Rundfunkgesellschaft haben Mager bescheiden subventioniert. Frankfurt springt nun in die Bresche und will ihm die Möglichkeit schassen, großzügig und energisch weiterzuarbeiten. Er ist über die Thereminschen Ver- suche, unabhängig von dem Russen, schon hinaus. Der geniale Mann verdient, daß man seine Priorität aus diesem wunderbaren Gebiet der Technik und Musik gerade in Deutichland anerkennt. _ Kurt Singer . Nelson-Nacht-!Zevue. Kurfürstendamw nachts um elf. Autos stauen sich, ein erlesenes und anspruchsvolles Publikum strömt in die„Komödie". Große Sache, Reljon-Revue zum ersten Male in einem richtigen großen Theater, nicht mehr in der Tanzdiele mit der Miniaturbühne. In die linke Bühnenecke gequetscht, sitzen Rudolf Nelson und sein Tastenpartner Joseph vor Flügel und Klavier. Die Revue beginnt mit einem Finale. Damit das Publikum endlich mal das Schlußbild vom Zuschauerraum und nicht von der Garderobe aus
sieht, erklärt der Conferencier Willi S ch ä f s« r s, der angestellt ist, die Pausen für den Umbau mit Schmuß auszufüllen. Man lacht. Nächstes Bild: Schäsfers spricht vom Funkturm. Im Parkett fühlt sich einer aufs Jackett getreten. Er schimpft laut. Theaterskandal? Ach nein, das gehört auch zur Nelfon-Revue. Macht Laune. Dann kommt der unvermeidliche Rückblick aus die gute alte Zeit,„Weih- nachtsmarkt" und„In den Zelten". Unsäglich schmelzend« Walzer. Eine Eugenie N i t o l a j e w a tanzt Spitze. Weil doch die gute alte Zeit besungen wird. Sie tanzt nachher noch mal. Aber wieder Spitze und mit dem übrigen Klimbim des zu Grabe getragenen Balletts. Man gähnt. Jetzt muß es doch bald losgehen mit dem übermütigen Ulk der Nclson-Revue. Aha, da kommen die Hotel - sahnen. Fahnen aller großen Länder, bloß die deutsche- kann sich nicht recht entschließen zwischen schwarzweißrot und schwarzrotgold. Die Stimmung hebt sich. Da wirbelt auch schon Irene Ambrus und fingt einen Blues von fabelhaftem Schmiß:„Morgen will ich vernünftig sein, nur heute nicht." Walzer liegt Nelson nicht. Das hier ist erst wieder der alte melodiereiche Tonmeister und Oskar K a r l w c i ß. der Herzensjunge mit dem ewigen Stimmwechsel, singt mit. Ein flotter Charleston„Ausgeschlossen, meine Frau be- trügt mich nicht" jubiliert aus seiner Kehle. Ja, und dann singt Schäsfers ernst und inbrünstig eine Parodie auf die heute beliebten Schmachifetzen vom blonden Kind am Rhein , von Heidelberg , das man nicht vergessen kann, und so. Einige Tänze der graziösen Jenny Steiner und ihres eleganten Partners Ipsen Andre werden noch bewundert. Immerhin, die Dame neben mir ist ein- geschlafen. Sie verpaßt drei beinerkenswerte Bilder:„Bolo, der Minderjährige",„Der neue Knigge" und„Das Reformgejängnis". So etwas Kindisches ist schon lange nicht dagewesen. Ini„Reform- gefängnis" steht man, wie der Sträfling der Zukunft In der Zelle herrlich und in Freuden lebt und sorglicher betreut wird als in der besten Penston. Das ist nicht nur albern, das ist geschmacklos. Heute, wo Tausende von politischen Gefangenen«in Galeerendasein führen und ihre Hoffnung auf Amnestie begraben müssen. Die gespannte Erwartung war umsonst. Das sind keine Lichter von Berlin , das sind Tranfunzeln, lieber Herr Verfasser Z e r l e t t. Und zu Ihren prickelnden, klingenden, schmeichelnden Rhythmen, Herr Nelson, gehört ein Orchester. In dieser Nelson-Nacht-Revue schlafe ich ein._ Ernst Segner. Verkrelerlag des Bundes Deutscher Asfistenzärzle. Am 24. und 25. September fand in Hamburg der Hauptveriretertag des Bundes deutscher Assistenzärzte statt. Der Vorsitzende des Bundes, Dr. B i e h w eg e r, Leipzig , konnte zahlreiche Vertreter aus dem Reiche, den bejetzien Gebieten und wie alljährlich aus Danzig be- grüßen. Der Vertretertag beschäftigte sich besonders mit der B c s o l- dungsfragc. Er erneuerte die alte Forderung des Bundes, daß die Assistenzärzte genau so besoldet werden sollen wie alle Akademiker mit abgeschlossener Hochschulbildung. Die Assistenzärzte sind appro- bierte Aerzte, die durchgebildet sein müssen, um überhaupt ihre Stellung als Stationsarzt ausfüllen zu können. Der Vertretertag beauftragte die Bundesleitung, alle Versuche, die auf einen Abbau der Gehälter hinzielen, mit allen gesetzlichen Mitteln zu bekämpfen. Wichtig war noch der Beschluß, daß sich der Bund deutscher Assistenz- ärzie kümtig„R e i 6)S v e r b a n d angestellter Aerzte" nennen wird.