Salvemmi gegen Sernarö Shaw. Eine überlegene Antwort des Flüchtlings.
Der bekannte Literaturhistoriker der Universität Florenz . Pro- fessor Gaetano Salvemini , der als Sozialist aus Italien flüchten mußte und in den angelsächsischen Ländern dank einer meisterhaften Beherrschung der englischen Sprache eine überaus wertvolle Aufklärungsarbeit über das Wesen und die Methoden des Faschismus leistet, hat in einem Brief an den..Manchester Guar- dian* gegen den hier bereits mehrfach behandelten sonderbaren Standpunkt Bernard Shaws Stellung genommen. Er geht in seiner Antwort von dem leitenden Gedanken Shaws aus, daß es zwecklos sei, gegen die Methoden des Faschismus zu polemi- siercn und daß es vor allem auf die Erfolge des Faschismus ankomme. Salvemini erinnert an das bekannte Stück von Vernard Shaw„Frau Warrens Gewerbe*« in dem bekanntlich ein junges Mädchen zu seinem Entsetzen erfährt, daß der Wohlstand semer Familie daher rührt, daß die Mutter fest Jahrzehnten die Kup- pelei gewerbsmäßig betrieb. Salvemini weichet nun die Theorie Shaws über Mussolini auf die Helden des Shawschen Stückes an: „Die Tochter von Frau Warren war also«in« Närrin, daß sie sich soviel Gedanken über die 2 u e l l« jenes Geldes machte, durch das sie mit allen Bequemlichkeiten des Lebens versehen war. Leute, die den Beruf von Frau Warren ausüben, hat es eben immer gegeben und wird es in dieser Welt immer geben. Was hatte Lioie(die Tochter) es nötig, ihre Mutter zu fragen, was sie eigentlich war, da sie„ihre Arbeit gut macht«?* Anknüpfend an die Bemerkung von Shaw , daß die faschistische Lira M Pf., der demokratische Franken nur 20 Pf. wert sei, sagt Saloemini: „Wenn eine englische Regierung fähig wäre, den Wert des Pfundes um 50 Proz. zu erhöhen, wie es Mussolini angeblich mit der Lira getan hat, dann würde wohl Mister Shaw dieser Regierung die Redefreiheit, die Pressefreiheit, die vereinssrelheit, die Versammlungsfreiheit, die Glaubensfreiheit, das Recht zu arbeiten, das Recht zu streiken, das Recht zu reifen, das Recht zu leben usw. preisgeben? Ebenso wie der Verfasser jener Antwort, die in der Abendaus- gäbe des„Vorwärts* vom IS. Oktober unter der Ueberschrift»Wer nicht weiß, der schweige* erschienen ist, wirft Salvemini die Frage auf, was Shaw denn überhaupt über Mussolini wisse. Allein die Behauptung, daß Mussolinis Gegner ebenso gute Siegeschancen gehabt hätten wie er, zeig«, daß ihm die Geschichte des Faschismus völlig fremd sei. Was den Wert d e r L! r a betrifft, so stellt Sal- vemini fest, daß die Lira in der Tat 30 Pf. wert war, als der l i b e- rale Staat durch den Faschismus gestürzt wurde, daß der Fa» schismus sie innerhalb von dreieinhalb Jahren auf IS Pf. her« unterdrückte und erst durch eine Anleihe in Höhe von 1200 Millionen Mark, die ihm von amerikanischen Bankiers gewährt wurde, sie aus den früheren Stand von 1022 zurückführen tonnte. Solvemini erinnert an das Wort von Mussolini in feiner Rede vom 26. Mai 1027, wonach es in Italien eine ganze Genera» t i o n gebe, die der Faschismus nicht würde gewinnen können. Di« Ausnahmegerichte des Faschismus hätten zwischen dem Früh» jähr und dem Herbst d. I. dieser Generation bereits 7S3 Jahre Ge-
fängnis erteilt und feien gerode dabei, weitere Jahrhunderte von Ä e r k e r st r a f e n zu erteilen. Ueber 1000 politische Per- dächtige seien auf verlorene Inseln und In entlegene GebirgsdSrfer deportiert, täglich würden Hunderte von Menschen verhaftet und nach Belieben der Polizei in Haft behalten— und doch lasse sich diese Generation nicht„erobern*. Allerdings werde Shaw keine Exemplare dieser unbequemen Generation im Regina.Paloce-Hotel von Stresa angetroffen haben, wo« feine Ferien verbrocht«. Schließlich weist Salvemini darauf hin, daß der Text de» Briefes von Shaw an Adler in der italienischen Press« an bezeich- nenden Stellen in gefälschter Form erschienen ist. So z. B. wurde ein halber Satz unterschlagen, wonach«ineinzigesdiszi» plintertes Regiment unter dem Befehl einer tüchtigen Re- gierung genügt hätte, um die Schwarzhemden bei ihrem Morsch auf Rom auseinandekzusagen. Dies« Feststellung wurde unterdrückt, weil sie der faschistischen Legende einer unwiderstehlichen Bolksbewe» gung, die den Faschismus ans Ruder gebracht hätte, entgegensteht. Ebenso hat die italienische Presse in den nachstehenden Sähen Shaws die Worte unterdrückt, die wir hier gesperrt wiedergeben: „Es ist kindisch, uns zu erzählen, daß Mussolinis ungeheurer Erfolg besiegelt wurde durch die Ermorduno eines gegnerischen Abgeordneten und durch Eintrichtern von Rizinusöl.. Wollen wir darin fortfahren, darüber zu lamentieren, daß der Mörder der Freiheit und Matteotti » auf Italien herumtrampele?* Salvemini bemerkt dazu:„M a t t« o t t i ist aus der italienischen Uebersetzung des Briefes von Bernard Shaw ebenso ver- s ch w u n d e n, wie er selbst am 10. Juni 1024 aus Rom ver- schwuttden ist.* Roch toller ist folgende Fälschung. In Shaws«ntwortbrief hieß es: »So, wie die Dings liegen, kann die Ermordung Matteotti» nicht länger ein Argument gegen den Faschismus sein als dt» Ermordung von Thomas a Decket ein Argument gegen den Feudalismus ist.* Daraus machte die offizielle italienische Uebersetzung folgende»: »So, wie die Dinge liegen, kann niemand das Argument der Ermordung Matteottis als ein« angeblich an höherer Stell« gewünscht« Tat in einem Augenblick, in dem der Faschismus auf der ganzen Linie gesiegt hatte, ausbeuten. Dieses Argument ist gegen jede Logik. Und, selbst wenn es aus- gebeutet werden könnte, so ist es nicht länger«in Argument gegen den Faschismus, als usw.* In diesem Fall sind die im Sperrdruck gesetzten Worte die einzigen, die aus dem ursprünglichen Text in die italienische Uebersetzung übernommen wurden—, alles andere ist hinzugedichtet worden! Saloemini schließt mit den Worten:„Natürlich wird mein Brief in der italienischen Presse nicht veröffentlicht werden wie der Brief von Mr. Shaw. Ich beneide ihn nicht um dies« Gunst."
Durch U-Soot-Krieg zum Knegsverluft! Das Zeugnis von Lloyd George . London . 20. Oktober. Bei der Enthüllung einer von Lord Rothermere ge- stifteten, von dem französischen Bildhauer G u i l l a u m e geschasse- neu Stolu«„La Deliorance"(„Die Befreiung*) in Finchley erklärte Lloyd George in einer Red«: Die Statue stellt die Befreiung der Menschheit von der Knechtung und Bersklavung Europas durch einen großen militärischen Despotismus dar. Frankreich mit seinen zerstörten Gebieten Hot die wahre Bedeutung dieser Befreiung vielleicht besser als England erkannt. Jener mili- tärische Despotismus ist in dem großen Kriege dem Triumph näher gewesen, als einige ahnten. Am Ende des dritten Kriegsjahres lagen vier von sieben kriegführenden alliierten Ländern am Boden und ihre Armeen waren zersprengt, wenn die deutsche Staatskunst der militärischen Tüchtigkeit Deutschlands ebenbürtig gewesen wäre, wäre Amerika nicht in den Krieg eingetreten, und England und Frankreich hätten allein der surchtbarsieu militärischen Maschinerie gegenübergestanden, die die Geschichte kannte. Lloyd George erklärte, Fach habe ihm gesagt, die deutsche Armee in Frankreich sei hin- sichtlich ihrer Stärk«, ihrer Ausrüstung, Ausbildung, Disziplin und Organisation die größte Armee gewesen, die die Welt je gesehen habe. Sie sei von Männern geführt gewesen, die Gehorsam, Disziplin. Autorität und Unterordnung unter die Kriegsherren über jede andere Bllrgertugend stellten und für die die Freiheit lediglich eine die Tüchtigkeit beeinträchtigend« Bestrebung gewesen sei. Europa habe nie einer größeren Gefahr ins Angesicht gesehen als im Jahr« 1914, und der Menschheit sei es nur mit Mühe erspart geblieben, daß die Staaten Europas Vasallen einer einzelnen unwidcrsteh- lichen Militärtyrannei wurden. Die nächste große Ausgabe der Menschheil sei nicht die Befreiung durch das Schwert, sondern von dem Schwert. « Es ist wohl das erstemal, daß ein Staatsmann, der während des Krieges eine führende Nolle unter den alliier- ten Mächten spielte, ausspricht, daß Deutschland den Krieg wahrscheinlich gewonnen hätte, wenn nicht die L e i t u n g des Kaiserreiches durch den U-Boot-Krieg Amerika in den Krieg gezogen und damit die deutsche Niederlage herbei- geführt hätte. Für uns ist nicht die Tatsache, die wir seit acht Iahren stets behauptet und mit Beweisen belegt haben, neu, sondern das Zeugnis eines Gegners, der selber an- erkennt, daß Deutschland seine Niederlage nicht der Ueber- legenheit der Alliierten, sondern der Unfähigkeit seiner Führer verdankt. Wer waren nun jene Führer, die den Ausschlag in der U-Boot»Frage gaben? Es war in erster Linie die oberste Heeresleitung, Hindenbura und Ludendorff, die dem Gutachten der Marineleitung so. Capelle und v. Holtzendorff ) folgten und an die zivile Reichsleitung mit der Drohung herantraten, sie müßten zurücktreten, wenn der rücksichtslose U-Boot-Krieg nicht unverzüglich proklamiert wurde. Bor dieser Drohung fielen leider Bethmann Hollweg und Helfferich, die ursprünglich auf Grund der eindringlichen Warnungen des deutschen Botschafters in Washington , des Grafen B e r n st o r f f, sowie des Geheimrats(späteren Reichsmmisters) Dr. A l b e r t, G e g n e r des U-Boot-Krieges waren, um. Hindenburg und Ludendorff setzten ibren Willen durch, der U-Boot-Krieg wurde proklamiert. Amerika er- klärte nun den Krieg, die U-Boot-Waffe erwies sich"ls völlig unwirksam. Trotz Hergts Prophezeiung kamen nahezu 2 000 000 amerikanische Soldaten nach Europa herüber— und der K r i eg ging verloren. FuüenSorff gegen HwSenburg. Der Tannenbergbund, jenes Grüppchen von Un- entwegten, das Erich Ludendorff noch Gefolgschaft leistet, be- schäftigt sicb in einer Erklärung noch einmal mit den Bor- fällen bei der Einweihung des Tannenbergdenkmals. Der Zweck der Uebung ist, den Kriegsgott Hindenburg zu stürzen. Die Mißachtung Ludendorffs bei der Feier habe der Ge- schichtsklitterung Vorschub geleistet, denn: „Die Wahrheit ist, daß Seine Majestät der Kaiser, als er Hindenburg und Ludendorsf zur Rettung Ostpreußens und des Reiches vor der drückenden russischen Uebermacht mit der Führung der S. Armee betraute, den Generalmajor Ludendorff an erster Stelle aussuchte, noch bevor die Uebernahme des Kom- mandos durch General v. Hindenburg überhaupt feststand. Das war eine wohl überlegte Tat. Ludendorff war der einzige Mann, der die ungeheure Gefahr abwenden könnt«', weil er als Generalmajor„zu jung" war. wurde Ihm die Auloriläi des Generals der Infanterie v. Hindenburg zur Seile gestellt." Die Erklärung wiederholt Dinge, die im Rahmen ge- schichtlicher Abhandlungen auch schon von anderer Seite be- hauptet worden sind. Die Form, die der Tannenbergbund — sicherlich im Einvernehmen mit seinem Schirmherrn Ludendorff — wählt, indem er dem Generalfeld- Marschall vor aller Oeffentlichkeit attestiert, daß er im Kriege nur die Rolle einer Attrappe gespielt habe, ist eine außergewöhnlich bösartige Beleidigung für den ehemaligen Vorgesetzten Ludendorffs. veutkhlanSs Zührer lm Weltkrieg. An den Kirchenaustritt Ludendorffs knüpft dos„Bremer Kirchenblatt" die Vermutung, daß Ludendorsf an krankhaften Störungen des Geistes leidet. Auch Wilhelm wird bekannt- lich von vielen ernsthafte» Zeitgenossen als ein krankhaft Größen- wahnsinniger betrachtet.— Das deutsch « Volk hätte somit zu ver- zeichnen, daß Ihm das alte System in seinen schwersten Schicksals- jähren zwei geistig nicht normale Menschen, den einen als Monarchen, den anderen als militärischen Halbdiktator, zu Len- kern des Geschickes gab. Nimmt man zu den beiden geistig labilen Wilhelm und Ludendorsf noch die politisch« Iinpotenz eines Reichs- tanzlers Michaelis, so ergibt sich, in welch phantastischem Aus- maß die deutsche Führung wahrend des Krieges geistig unzureichend war. Wen kann es eigentlich wundern, daß ein von solchen Ge- Hirnen geführtes Volk in den Abgrund stürzen mußte?! Sozialpolitik im Reich. Arbeitsplan dcS Sozialpolitischen Ausschusses. Der Sozialpolitische Au s s ch u ß des Reichstags trat am Donnerstag zusammen, um den Arbeitsplan für die nächsten Wochen aufzustellen. Vom Reichsarbeitsministerium lag ein Schreiben vor, wonach dem Reichstag bereits Vortagen zur beschleunigten Be- ratung zugegangen sind über dos Genfer Uebereinkommen zur Un- sallversicherung, eine» zweiten Verordnung über die Abfindung für Unfallrenten und zur Durchführung der Unfallversicherung(Kranken- behandlung). Bis zu der nächsten Reichstagstagung Ende November will das Reichsarbeitsministerium vorlegen: einen Gesetzentwurf über die Krankenversicherung der Seeleute, Richtlinien über i
die allgemeine Heilfürsorge in der Sozialversicherung, Abänderungen zur Torifverordnung vom 23. Dezember 1018 und den Entwurf eines internationalen Abkommens betreffend die Beschäftigung von Kin» dern in der Seeschisfahrt usw. Der sozialdemokratische Abgeordnete Hoch perlangte«ämens der Sozialdemokratie die vordringliche Behandlung nachstehender Fragen: Sicherung der Wahlen im Betriebsrätegesetz, Er« gänzunq des Gesetzes über den Schutz der Wöchnerinnen durch Einschaltung der Gewerbeaufsicht, Erweiterung der Bersiche- rungspslicht in der Unfallversicherung, Beratung eine» H o u s- gehilfengesetzes, Gesetz über die Konkurrenzklausel der tech- nischen Angestellten. Er schlägt vor, für den Fall einer Vertagung des Plenums des Reichstages den Ausschuß in der bevorstehenden Pause des Plenums einzuberufen. Der Vorsitzends Abg. Esser forderte die Fraktionen aus, bis zum Sonnabend festzustellen, welche Gesetz« sie als vordringlich an- sehen; die endgültige Feststellung des Arbeitsplanes wurde damit auf Sonnabend vertagt._
Krise bei den französischen Linksparteien. Austrittserklärungen aus der Republikanisch-Sozia- listischen und der Radikalen Partei. Paris , 20. Oktober. (Eigenbericht.) Di« kommenden Wahlen haben in den bürgerlichen Parteien bereits stark« Erschütterungen ausgelöst. So hat der Kongreß der Republikanisch. Sozialistischen Kammer- grupp«, die 38 Mitglieder umfaßt, cher aber auch zahlreiche Ab- geordnete angeschlossen sind, die nicht offiziell der Partei angehören, wie z. B. B r i o n d und P a i n l« v e, jüngst beschlossen, daß alle, die als republikanische Sozialisten gelten wollen, sich offiziell der Partei anzuschließen haben. Gegen diesen Beschluß hat sich eine starte Minderheit erhoben, die in einem Schreiben den Austritt aus der Partei erklärt. 17 Mitglieder der Republi- tanisch-Sozialistischen Kammergrupp» werden deshalb«ine eigene Gruppe bilden. Unter ihnen befindet sich Kriegsminister P a i n- l e o e und der bekannte Pariser Rechtsanwalt Maro>Giafferi. In der Radikalen Partei wirbelt der Fall Franklin- Bouillon viel Staub auf. Der Lorstand der Partei halt« de- schlössen, schon vor dem Parteitag eine Entscheidung herbeizuführen, weil Franklin-Bouillon die offizielle Kartellpolitit scharf bekämpst und in Wort und Schrift den Standpunkt oertritt, daß die Radikale Partei mit den Rechts Parteien in die Dahlen gehen müsse. Dieser Beschluß ist ober jetzt umgestoßen worden. Auf dem Parteitag selbst soll Franklin-Bouillon Gelegenheit gegeben werden. seinen Standpunkt zu vertreten. Mehr als die Hälft« der Mitglieder des Exekutivkomitees der Partei hat daraufhin ihr« D«- Mission eingereicht._
der Linksruck in Norwegen . Linksrcgiernng notwendig.— Mitregieren der Sozialdemokratie fraglich. Oslo , 20. Oktober. (Eigenbericht.) Das amtliche Ergebnis der Storthingneüwahl zeigt, daß nun- mehr in allen vier nordischen Staaten— Dänemark , Finnland , Schweden und Norwegen — die Sozialdemokratie die stärkste Parlamentsfrattion bildet. Die Zunahm« der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei geht über ihre eigenen Erwartungen und die Befürchtungen der bürgerlichen Parteien noch hinaus. Don 32 Mandaten ist sie auf S6, also um 24. gestiegen. Dieser Erfolg ist zunächst dem vor wenigen Monaten erfolgten Zusammenschluß der ursprünglich kommunistischen „Arbeiterpartei" und der„Sozialdemokratischen Arbeiterpartei " zu verdanken. Nach dem Kriege hatte sich die norwegische Sozialdemo- tratie in ihrer Hauptmasse zu einem kommunistischen Programm
bekannt und erst die diktatorisch kurzsichtigen Einwirkungsversuche Moskaus aus die inneren norwegischen Parteioerhältnisse brachten insosern einen Rückschlag, als sich die„Arbeiterpartei" von Mos- käu abwandte. Im Storthing von 1024 waren diese nationalep Kommunisten mit 24 Abgeordneten vertreten, die allsoziolistlsch« „Sozialdemokratische Arbeiterpartei " hatte 8 und die Moskauer Kom- munisten 6 Vertreter. Die kürzlich erfolgt« Wiedervereinigung der „Arbeiterpartei" und der„Sozialdemokratischen Arbeiterpartei " unter dem gemeinsamen RameN der letzteren Hai nun zu dem gemeinsamen großen Erfolg geführt, während dl« Moskauer Richtung von ihren 6 nur noch 3 Sitze behält. Den größten Verlust trägt die gemeinsame List« des bisherigen Regierungsblocks, der„Rechten" und der„Freisinnigen Linken" (einer freikonservotioen Gruppe), die mit Unterstützung der Bauern- Partei über 76 Mandate von den 1S0 verfügten. Die bisherige Rechtsregierung ist unmöglich geworden. Damit ist xs aber noch nicht sicher, daß die Sozialdemokratie als nunmehr stärkste Fraktion die Regierungsbildung übernimmt oder auch nur an ihr beteiligt wird. Die radikale Vergangenheit der Mehrheit ihrer Ber- treter schreckt naturgemäß die bürgerlichen Parteien, ganz abgesehen davon, daß sich die früheren Mitglieder der damals kommunistischen Grupp« kaum von dem bisherigen Dogma befreien werden, nur für den Fall des Gewinns der absoluten Mehrheit eine Regierung bilden zu wollen. Wahrscheinlicher ist, daß die„Linke", die 1024 dem nunmehr gestürzten konseroatioen Kabinett L y k k e weichen mußt«, jetzt unter ihrem Führer M o w i n ck e l eine Minder- heitre gierung bildet und sich dabei die Unterstützung der Sozialdemokratie sichern muß. Ein entschiedener Linkskurs wäre dann aus alle Fälle gesichert und damit auch verbesserte politische und wirtschaftlich« Beziehungen zum Ausland«. In erster Linie wird die neue Regierung aber den reaktionären ivnerpolitischen Kurs des Kabinetts Lykk« wieder in Bahnen des sozialen Fortschritts lenken und die allgemein« Wirtschaft- lich« Notlage nach Möglichkeit unter gerechter Dertellung der Lasten mildern müssen.
�aeenkreuz-Universität Wien . Was unterm Teipel-Kurs möglich ist. Wien , IL. Oktober. Die Kutturwissenschastlich« Gesellschaft hatte für heut« abend in einem Hörsaal der Universität einen Vortrag des bekannten voll»- wirtschaftlichen Schriftstellers und Herausgebers de»»Deutschen Volkswirts" Dr. Stolpe?(Berlin ) über„Probleme der deutschen Volkswirtschaft" angesetzt. Heut« vormittag wurden an der Uni- versttat Fiugzettel verteilt, in denen die Hakenkreuzler aufforderten, den Dortrag des Juden Dr. Stolpe? nötigenfalls m i t G« w a l t z u verhindern. Di« Kutturwissenschastlich« Gesellschaft hat zur Vermeidung peinlicher Zwischenfäll« den Bortrog abgesagt. der Erpresser Weiß muß nun üoch sitzen Der damals linksradikal« Leitartikler Alexander(öondor) Weiß, der wegen gewaltiger Erpressungen zu 7 Monaten Kerker verurteilt worden ist, hatte dreimal Strafausschub erhalten— und jeder Strafaufschub fiel beze'chnenderwcise mit der Herausgabe eines neuen antisozial! st ifchen Berleumderblattes zusammen. Jetzt ist ein neues Strafoufschtzbgesuch rechtskräftig abgelehnt worden und der eifrige Helfer der Scipelei wird nyn fe'n« Sttafe antreten müssen. Ob er sie auch verbüßen mutz, wird sich ja dann noch zeigen. Di« Ablehnung des neuen Strafaufschub» fällt wieder mit der Verurteilung eines kleinen Journalisten wegen e'ner entsprechend schäbigen Erpressung zusammen. Da wüßte nr• schließlich doch einmal den Versasstrngsgrundsotz von der Glei-�' oller vor dem Gesetz getten lassen!