Nr. 49S ♦ 4». Jahrgang
1. Heilage öes Vorwärts
5reitag, 21. Oktober 1?27
Scharfe Debatten im Rathaus. Gegen Keudells Schulgesetzentwurf.— Für die Flagge Schwarzrotgold.
In der Berliner Stadtverordnetenoersamm- l u n g nahm gestern die Erörterung politischer Fragen die ganze Sitzung in Anspruch. Mehrfach kam es zu Zusammenstößen mit den Deutschnationalen, di« dabei nicht gut abschnitten. Die vor acht Tagen abgebrochene Beratung der Anträge gegen Keudells Reichsschulgesetzentwurf wurde fortgesetzt. Dem Kommun'sten M e n z, der zu glauben schien, daß man mit Geschimpf über die Sozialdemokratie- den Kampf gegen ein reaktionäres Schulgesetz am wirksamsten führt, antwortete unser Genosse K r e u z i g e r. Die Keudellsche Gesetzesarbeit sei, sagte er. für das deutsche Volt ein Unglück, das ver- hütet werden müsse. Die Abstimmung ergab Annahme des sozial. demokratischen Antrages.— Gegen Oberbürgermeister B ö ß, der durch entschlossenes Auftreten di« Achtung vor der Flaggeder Republik zu erzwingen sich bemüht hat, stürmten Deutsche Bolkspartei und Deutschnotionale Partei heftig an, jene mit einer Anfrage wegen des angeblichen Hot«lboytott«. diese mit einem Antrag, der auf«ine Mihtrauenserklä- rung hinauslief. Sie kamen diesmal an den Unrechten: denn der Oberbürgermeister besorgte ihnen eine so kräftige Abfuhr, wie sie ihnen vom Magistratstisch aus lange nicht gekommen ist. Unser Genosse M ü h l m a n n erklärte, daß in dieser Frage die sozialdemotratischeFrattionstch auf die Seite des Ober- bürgermeisters stellt, so sehr sie sonst in mancher anderen Frage im Gegensatz zu Vöß steht. Den Deutschnationalen sagte unser Redner einig« unangenehme Wahrheiten, gegen die sie mit Lärm sich zu wehren versuchten. Beachtung verdient, daß diesmal di« Kom- mu nisten den Deutfchnativnalen die lSefolgschaft versagen: wenigstens mußte man dl« Ausführungen der kommunistischen Frau R o s e n t h a l so ouffasien. Zur Abstimmung über die deutsch» national« Mißtraueneerklärung kam man noch nicht. In vor- gerückter Stunde wurde die Sache vertagt. « In der gestern abgehaltenen Sitzirng der Stadtverordneten gab zunächst Stadtverordneter Schwenk(KPD .) zu der von ihm be- haupteten Auszahlung von 25 000 Mark durch den von dem Bauprojekt der 8000 Wohnungen zurückgetretenen E h a p. man-Konzern an ein Magistratsmitglied oder einen höheren Beamten eine Erklärung ab. Darin wurde betont, daß nach den dem Stadtverordneten Schwenk gewordenen Mitteilungen durch einen Chapmann-Venreter er, Schwenk, annehmen mußt«, daß es sich um ein Magistratsmitglied oder mindestens einen höheren Be- amten handele. Demgegenüber betonte Oberbürgermeister Löß. daß ihm der Mann, der die 25 000 Mark bekommen habe, bekannt sei, daß ein seit langem läkiger Agent sei, dessen Chapmann sich natür- lich bedienen mußte, und daß er, Böß, es bedaure, daß der» artige, das Ansehen des Magistrats und der Stadt Berlin herabsetzende Behauptungen auf. gestellt würden. Das Haus setzt dann die am letzten Donners« tag oertagt« Aussprache über die sozialdemokratischen, demokratischen und kommunistischen Anträge, betreffend Maßnahmen gegen den Reichsschulgesehenkwurs fort. Vor fast leeren Bänken beginnt al» erster Redner der Kom» munist Menz statt gegen den Keudell-Entwurf zu sprechen auf d i« Sozialdemokratie zu schimpfen und erreicht schließlich, daß sich der Saal noch mehr leert. Selbst von seiner eigenen Fraktion sind weniger als die Hälft« anwesend. Nach einigen weiteren Rednern erklärt« Genosi« Sreuziger, daß er es ablehnen müsse, aus die lächerlichen Anariffe des Stadtverordneten Menz zu antworten. Wer im übrigen den Kampf gegen den Keu- dellfchen Entwurf wirkungsvoller vertritt, werde jeder entscheiden können, der etwa die Reden der Sozialdemokraten Dr. Löwenstein im Reichstag und Dr. Kawerau im Rathaus und die„Reden* der Kommunisten Zetkin und Menz gehört hat und gegenüberstelle. Der
Beweis ist längst erbracht, daß man auch ohne Religionsunterricht sittlich hochstehende und taktvolle Menschen erziehen kann. Wir Sozialdemokraten stehen durchaus nicht bedingungslos zu dem von der preußischen Regierung ausgearbeiteten Verbesserungsentwurf: wir sehen ihn aber als eine geeigneter« Grundlage für weitere Verbesserungsarbeit an, als den Keudellschen, weil er den Bestimmungen der Verfassung mehr entspricht. Genosse kreuziger trat schließlich für die Annahme unseres Antrages ein. Die weitergeführte Debatte schließt mit einer persönlichen Be» merkung des Stadtverordneten Genossen Adolf Hossmann. Gegenüber der Behauptung des Kommunisten Menz, er, Hoffmann, habe in bezuo auf die Propagierung des Kirchenaus» trittes nicht genug getan, bemerkt Genosie Hoffmann, daß er wohl mehr getan habe, als die K o m m u n i st e n, die heute noch Dreikaiser- und Heiligenbilder über dem Bett hängen haben. Dem deutschnationalen Kreisschulrat Troll, der die von Genosien Adolf Hoffmann seinerzeit m seiner Eigenschaft als Minister herausgegebenen Schulerlasie kritisierte, sagte Hoffmann. daß alle Erlasse gerade mit rechts» stehenden Schulmännern durchberatep wurden uyh damals ihre Zustimmung fanden!(Beifall und hört, hört! links?) In der Abstimmung wurde dann mit den Stimmen der Kom- mumsten unser Antrag, der sich gegen den Keudellschen Reicheschul. gesetzentwurf richtet, angenommen.' Die Versammlung wandt« sich dann der Beratung der Anfragen der Bolkspartei und der Deutschnationalen wegen der §laggenfrage. »u. Zur Begründung der deutschnationalen Anfrag« erhielt Stadt» verordneter Pfundtner. Geheimer Regierungsrat, Ministerialrat a. D., Rechtsanwalt beim Kammergericht und Notar, aus Schlachten- see das Wort. Er redete inhalllich die Leitartikel des„Lokal-An< zeigers* in der Angelegenheit und machte der Stadtverwaltung die heftigsten Vorwürfe wegen der Beflaggung der städtischen Gebäude und VerkehrseinrichMngen am Verfassungstage und auch wegen der Verfasiungsfeier in der Funkhalle. Der Redner ist während seiner Ausführungen di« Zielscheibe vieler humorvoller Zu» rufe, di« oft größte Heiterkeit auslösen. Oberbürgermeister Löh antwortet sofort. Zu der Anfrag« der Dnatl. Volksp. wegen der Be» nachteiligung wirtschaftlicher Unternehmungen*(gemeint ist der Hotelboykott durch die Stadtverwaltung) berief sich der Ober» bürgermeister auf den Beschluß des Magistrats, der es seinen Mitgliedern und den anderen städtischen Beamten untersagt, sich an Feierlichkeiten in Hotels zu beteiligen, die sich weigern, dieReichsflaggezu zeigen. Der Oberbürgermeister bestritt, daß das ein wirtschaftlicher Boykott sei. Mit erhobener Stimme sagte dann B 3 ß den Deutschnationalen: „Ich halle es für außerordentlich bedauerlich, daß ein deutscher Bürgermeister in einem deutschen Sladtparla- ment deswegen zur Rede gestellt wird, weil er für die gesetzlich festgelegten Reichsfarben eintritt!* (Lebhaftes Bravo bei den Sozialdemokraten und in der Mitte des Hauses.) Zu der von den Deutschnationalen bemängelten Ver- fassungsfeier erklärte der Oberbürgermeister, daß sich die Stadtverwaltung mit der Staatsregierung wegen der Abhaltung einer würdigen Verfassungsfeier in Verbindung gesetzt habe, daß diese versassungsseier im vollsten Einverständnis mit der Reichsregierung stattgefunden habe, und daß sogar di« Kosten zwischen der Stadt, der Staats- und der Reichsregierung geteilt worden seien. Im übrigen habe jeder städtische Beamte und jeder Bürger, der den Eid auf die Verfassung geleistet hat, die Verpflichtung, die Reichsfarben zu achten! Der Magistrat der Stadt Berlin wird sich auch in Zukunft dafür einsehen, daß der schwarzrotgoldenen Flagge die gebührende Hochachtung erwiesen wird, weil sie die verfassungsmäßig festgelegte Flagge des Deutschen Reiches, unseres Vaterlandes ist.
Oberbürgermeister Böß teilte dann noch mit, daß das Hotel, in dem seinerzeit der Oberbürgermeister von New Jork wohnte, es sogar aus ausdrückliches Verlangen de» amerikanischen Klubs ablehnte, neben der amerikanischen auch die deutsche Reichsslagge zu sehen. Bei der nächsten Verfassungsfeier, so betonte der Redner, werden, wie in vielen anderen deutschen Städten, auch die Berliner Kirchen geholten werden, am Verfassungstage die Glocken zu läuten.(Zuruf des Stadtverordneten Pfarrer koch(Dnat.):„Das wollen wir mal sehen!*— Lebhaftes hört, hört! links und in der Mitte.) Gegenüber den Beschwerden der Deutschnationalen, daß der Oberbürgermeister seinerzeit bei einer deutschnationalen Krieger- oereinsfestlichkeit auf einem Friedenauer Schulhof persönlich forderte, den schwarzweißroten Flaggenschmuck zu entfernen, be- merkte der Oberbürgermeister, daß der veranstaltende Verein die Verpflichtung übernommen habe, nur im Einverständ- nie mit den städtischen Behörden«ine Beflaggung und Ausschmückung vorzunehmen. Diese Vereinbarung ist' aber von dem Verein nicht innegehalten worden. Der Oberbürgermeister trat am Schluß seiner Ausführungen dafür ein, daß sich die Par- teien befleißigen mögen, sich selbst und ihren Emblemen gegenüber die nötige Achtung zu erweisen. Die Kommunistin Rosenthal hielt den Stadtverordneten der Rechten vor, daß diese jetzt wieder so sehr für Schwarzweihrot ein- träte, obwohl sie beim Zusammenbruch 1918 diese Farben verleugnet hätten. Die Rednerin erklärte weiter, daß die Kommunisten damit daß sie gegen den deutschnationalen Mißtrauens- a n t r a g gegen den Oberbürgermeister stimmen, dem Magistrat kein ausdrückliches Vertrauensvotum ausstellen wollen. Die Stellungnahme der sozialdemokratischen Fraktion vertrat Genosse Mühlmann. Die Sozialdemokraten müssen erklären, daß sie in der Flaggensrage hinler dem Oberbürgermeister stehen. Zu bedauern ist nur, daß das Stadtoberhaupt nicht schon früher so energisch gegen rechts vorgegangen ist, weil sich dann die heutige Debatte vielleicht erübrigt hätte. Die Deutschnationalen fragte Ge- nosfe M ü h l m a n n, warum sie heute so energisch für Schwarz- weihrot eiMräten, nachdem sie noch 1918 alles Schwarzweißrote verleugneten.(Zurufe von rechts: Na, na!)„Wollen Sie vielleicht bestreiten, daß ein prominenter Hohenzoller, nämlich Prinz Leopold, am Tage der Revolutton eine rote Flagge aus seinem schloß hoch- zog? fragte Genosse Mühlmann nach rechts hinüber. Die Farben Schwarzweißrot kamen erst wieder durch Ludendorff und Ehrhardt beim Kapp-Putsch hervor. Aber selbst da war es keine rein« schwarzweißrote Flagge: si« wurde vielmehr mit allerhand Emble- men, wie Hakenkreuzen und wilden Tieren verbrämt, weil man sich offenbar der Wirkung der bloßen Farben mcht mehr sicher war. 3n dem Augenblick erst, als Schwarzweißrot die Fahne der Rathenau -Mörder und des Femegeiindels wurde, war der Flaggenkamps akut. Daß die Sozialdemokraten dabei ihren Mann stehen würden, kann» ten sich die Deutschnationalen eigentlich schon vorher sagen. Wir überlassen es Ichnen(zu den Deutschnationalen gewandt), Ihre schwarzweißrote Vereinsfahne jedem Kriegervereinsaufzug voranzu- tragen, wir verbitten es uns aber, daß Leute, die zu dieser schwarz- weißroten Fahne stehen, gegen Hüter der Reichsver- fassung und der in ihr festgelegten Reichsfarben einen Mißtrauensantrag stellen. Wir sagen nicht zum Oberbürgermeister:„Landgraf, werde hart*, wir rufen ihm viel- mehr zu:„candgraf, bleibe hart.* Mit Zustimmung der Versammlung vertagte Stadtverordne- tenvorsteher Genosse haß wegen der vorgeschrittenen Zeit die Weiterberatung und die Abstimmung auf kommenden Donnerstag.
Ruppolts vorgesetzte suspenüiert! Die Folgen der Nachlaßunterschlagungen. Die Untersuchung gegen den Nachlaßpfloger R u p p o l t hat dazu geführt, daß die Disziplinarbehörden drei Beamte, die in die Angelegenheit verwickelt sind, bis zur Durchführung der über sie verhängten Disziplinarverfahren vom Dienst suspendiert hat. Es handelt sich in erster Linie um den zuständigen Dezernen- ten beim Amtsgericht SchLnebevg, A m t s g er i ch t s r a t Stake» b ra nt> t, der Ruppolt zu beaufsichtigen hatte und der trotz viel» sacher Beschwerden nicht gegen den betrügerischen Nachlaß- Pfleger eingeschritten ist. Amtsgerichtsrat Stakebrandt wird Fahr- läsfigkeit und Vernachlässigung seiner Dienst-
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Zement. Roman von Fsodor Gladkoro.
„Serjoscha hat einen konkreten Dorschlag, Genossen. Nun formuliere....*..„, � „Ich wollte im Zusammenhang mit Luchawas Antrag auf den Genossen Tschumalow aufmerksam machen. Die Beratung dieser Frage könnte Zeit gewinnen, wenn Genosse Tschumalow diesbezüglich seine Meinung aussagen würde ... als Arbeiter dieses Werkes... und ich muß gleich... Schidkij fiel ihm mit einer Handbewegung ins Wort. „Stopp, stopp!... Serjoscha deklamiert wie immer voller Gefühl, und seine Glatze rötet sich...." «Ich muß sofort zu einer Beratung der Agitprop und dann zu einem Vortrag zur Sektion für Volksbildung und dann...* Tschibis lächelte und sagte, Sergeij aufmerksam an- schauend:„Intellektueller... dieses„dann* klingt in seinem Munde wie ein Gebet. Und nachts schläft er nicht wegen verschiedener verfluchter Probleme.... Intellektuelle sind die Esel in der Partei, die immer die Antwort schuldig bleiben: sie fühlen sich immer gedrückt und schuldig. Es ist gut, daß man sie an der Kandare hält, immer im Auge hat....* Sergeij wurde blutrot, verwirrt, und seine feuchten, braunen Augen erglänzten in Tränen. „Aber Sie sind doch auch ein Intellektueller, Genosse Tschibis..." „Ja, ich bin auch ein Intellektueller.* Schidkij lächelte, ein spöttisches, freundschaftliches Lächeln. „Nun, Genosie Tschumalow... komm näher. Du mußt stehen, wir haben keine Stühle....* Gljeb trat an den Tisch und stand nach Soldatenart stramm. „Demobilisiert als qualifizierter Arbester und stehe dem Partsikomitee zur Verfügung." Ohne feine Augen von Gljeb zu wenden, gab Schidkij ihm seine Hand, und als er Eljebs Hand drückte, schüttelte er sie freundschaftlich und lachte mit den Nasenflügeln. „Genosse Tschumalow, du bist zum Sekretär der Betriebs- zelle eures Werkes ernannt. Sie ist desorganisiert. Ham- sterer und Spekulanten. Sie sind alle an ihren Ziegen und Feuerzeugen verrückt geworden. Das Wert wird öffentlich ausgeplündert. Du bist wahrscheinlich über die Sache unter-
richtet. Schau, daß du sie stark und arbeitsfähig machst— nach militärischer Art." Gljeb legte wieder seine Hand an den Helm.„Zu Defehl, Genosse Schidkij!* Luchawa bohrte wieder sein Kinn in die Knie, kaute mst dem Mundwinkel an der Zigarette, schaute Gljeb mit zu» sammengekniffenen Augen an. und in seinen Augen brannte ein Fieber und eine herausfordernde scharfe Frage. Und dieser Blick kratzte an Gljebs Seele. Und nur als Antwort auf Gljebs Worte rief er Schidkij kalt und nachlässig zu: „Führt den Genosien in die organisatorische Abteilung.... Wir können die Sitzung nicht durch alle möglichen Nichtig» keiten unterbrechen...." Und schaute Gljeb ununterbrochen, seine Augen zusam- menkneifend, durch den Zigarettenrauch an. Gljeb warf den Kopf zurück, seine Au�en trafen Luchawas, er sagte aber gar nichts. Fühlte einen dumpfen Stoß in der Brust: Luchawas Augen regten ihn mit ihrer trüben, herausfor- dernden Anspielung, die in ihnen glühte, bis ins Innerste auf. Tschibis sah ihn mit raschem Blick durch das dichte Netz der Wimpern an. „Sie sind qualifizierter Arbeiter... Regimentskom- missar.... Wozu haben Sie die Armee verlassen, wo doch das Werk für Jahre hinaus stillstehen wird.* Gljeb wandte sich an Tschibis, antwortete allen gleich- zeitig. „Das Werk... ja... gewiß.... Wollen wir offen reden. Genossen. Das Werk ist ein Riefe, ist wunderbar... ein weltberühmtes Werk... Wie wollt ihr aber die Arbeiter an der Kehle packen und die Ziegen auseinanderjagen, wenn keine Produktion ist?... Man sollte vor Anstrengung in allen seinen Nähten platzen, aber die Produktion muß wieder aufleben.... Sonst werden die Arbeiter Schweinehirten, aber nicht Arbeiter sein.* Und wieder begegneten seine Augen Luchawas Augen, und wieder sah er in seinem Blinzeln dieselbe herausfordernde Anspielung und bemerkte noch einen versengenden Spott und eine Feindschaft in chnen. Gljeb sah in scharf an und empfand wieder Luchawas Blick wie einen dumpfen Schlag in der Brust. „Die Helden der roten Fahne müssen außer der Tapfer- keit auch das reale Begreifen der Sachen erlernen.* Tschibis faß, sich an den Stuhl anlehnend, kalt und ver- schlössen da. und man konnte durch den staubigen Anflug auf seinem Gesichte nicht erkennen, ob er das Gespräch verfolge oder sich langwelle.*
Schidkij blähte seine Nasenflügel auf, in den Falten seiner Wangen zuckte ein Lächeln, und er ballte seine Faust, um auf den Tisch zu schlagen. „Ich habe dir nicht das Wort erteilt, Luchawa. Sitz ruhig. Wollen wir weiter über die Frage des Heizmaterials beraten." Und unter Luchawas Worten, die ebenso herausfordernd waren wie sein Lächeln, und der unklaren Anspielung seiner zusammengekniffenen Augen fuhr Gljeb zusammen, und sein Herz erstickte in einer Blutwelle. „Genosse Tschumalow, wir haben nicht ein einziges Holzscheit. Wir krepieren vor Hunger. Die Kinder in den Heimen sterben hin. Die Arbeiter sind desorganisiert. Wie kann man, in drei Teufels Namen, jetzt über das Werk sprechen. Was faselst du für einen Unsinn? Nicht das ist jetzt die Frage. Was kannst du über die Zustellung des Holzes sagen? Wie könnte man zu diesem Zwecke das Werk ausnutzen? Sag etwas zu Luchawas Borschlag." „Brennholz? Gut, fürs erste Brennholz. In einem Monat wird das Holz an Ort und Stelle sein. Ich wette: der Einsatz— Erschießung." „Also jetzt zur praktischen Durchführung." «Sag, wie man die Sache praktisch machen kann, ohne große Phrasen.* Gljeb riß den Helm von seinem Kopf und warf ihn auf den Tisch. „Schreib: den Bremsberg bis zum Gipfel. Die Lauf- körbe bis zum Kai. Die Verladung auf die Waggons bis zur Stadt und zum Bahnhof. Die Organisierung der Sonn- tagsarbeiter in allen Gewerkschaften. Mehr habe ich nicht zu sagen.* Er nahm seinen Helm und setzte ihn sorgfältig auf seinen Kopf. Schuk keuchte, kochte, war von Schweiß übergössen, klam- merte sich an Gljeb und grinste über das ganze Gesicht vor Freude. „Ihr sitzt hier, ihr Dickbäuche... schwätzt da herum...- Und er, schaut ihn nur an... ein ganzer Kerl... er wird alles umdrehen, alles in Gang bringen.... Zeig's ihnen nur, Genosse....* Man hörte ihm nicht zu, und er, an den man gewöhnt war, der täglich kam, verschwand im Alltag, wie ein Nichts. Er war immer vor aller Augen, aber man sah ihn nicht, und sein Geschrei, das vom Herzen kam, wurde nicht gehört. (Fortsetzung folgt.)