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ist die Todesstrafe gleichfalls zu oerwerfen. Die Reichs- kriminalstatistik für Deutschland weist nach, daß im Jahre 1924 weit über eine Viertelmillion Gefängnis- und Zucht- hausstrafen verhängt worden sifst», nämlich 274 146 Gefängnisstrafen, 9725 Zuchthausstrafen. Todesstrafen wurden in der gleichen Zeit in 112 Fällen ausgesprochen. In den VerHand- lungen des Schweizerischen Vereins für Straf- und Ge- fängniswefen und Schutzaufsicht in Schwyz (17. bis 18. Mai 1926) ist angesichts dieser gigantischen Zahlen mit Recht darauf hingewiesen worden, daß es ein kriminal- politischer Widersinn sondergleichen sei, die Hun- derttausende von Rechtsbrechern jeder Gefährlichkeit der strafrationellen Anstaltsbehandlung zu unterwerfen, während bei dem kleinen Häuflein von Mördern ein diametral ent- gegenqesetzter Standpunkt vertreten und das Schafott statt des Strafhauses gefordert werde. Schon vor einem halben Jahrhundert schrieb Berlins berühmter Strafrechtsprofessor B e r n e r, die Erfahrung habe gelehrt, daß die schwersten Verbrecher der Besserung eher zugänglich seien als die leichteren. Diesen Satz Berners werden sicherlich zahlreiche Direktoren von Zuchthäusern und Gesängnissen bestätigen können. Eine kriminalpolitische Notwendigkeit für die Bei- beHaltung der Todesstrafe besteht also schlechthin nicht. Die Beurteilung des Problems als einer Sache mensch- licher Kultur muß zur schärfsten Kampfansage wider den legalisierten Mord kommen. Nach einem Aberglauben, der heute noch im Egerlande herrscht, muß der Scharfrichter nach der Begnadigung eines Verbrechers eine schwarze Henne zerreißen, um Blut zu sehen und seiner Mordgier zu ge- nügen. Ein vortrefflicher Aberglaube! Er enthüllt schonungs- los das Fundament der Brutalität, auf dem sich die Blut- räche einer früheren Zeit erhebt. Schmachvoll die Zeit und kleinmütig das Geschlecht, die Bestand und Sittlichkeit der Nation so niedrig einschätzen, daß auch heute noch die Staats- gewalt mit der Äluthand des Henkers verkettet bleiben soll. Uns Sozialdemokraten erlaubt unsere Zuversicht in die kultu- relle Kraft des deutschen Volkes zu rufen: Fort mit der Todesstrafe!
Die geheimnisvolle Denkscbrist. Gestern Kabinettssttzung.— Heute die Parteiführer bei ttöhlcr. Das Reichskabinett hat sich, wie offiziös gemeldet wird, am Montag nachmittag mit der Prüfung der Denkschrift beschäftigt, die dem Reichsfinanzministerium vom Repa- rationsagenten übergeben worden ist. Es hat zugleich die Darlegungen zur Kenntnis genommen, die der Reichs- finanzminister am Mittwoch im Hauptausschuß des Reichstags über die Finanzlage des Reiches machen wird. Für Dienstag vormittag find die Fraktionsvorsitzenden zum Reichsfinanzminister geladen, um dort Eröffnungen über die Denkschrift entgegenzunehmen, und zwar werden die Vorsitzenden der Regierungsparteien und die der oppositio- nellen Gruppe gesondert unterrichtet. Ob und wie die Regie- rung nun auch die Oeffentlichkeit informieren will, steht noch nicht fest. Insbesondere weiß man nicht, ob sie daran denkt, die Denkschrift inihremWortlautzu publizieren. Wie man hört, gibt es darüber Meinungsverschiedenheiten inner- halb des Kabinetts: Der Außenminister will die Veröffent- l lichunö, der Finanzminister aber macht dagegen Bedenken geltend. Obwohl außerhalb eines engen Kreises niemand vom Inhalt der Denkschrift etwas weiß, werden doch schon die verwegensten Schlußfolgerungen an sie gekünxft. Beispiels- weise wird verbreitet daß das Kabinett wegen dieser Denk- schrift an den Besoldungserhöhungen, wie sie in der Regierungsvorlage vorgesehen sind, wieder erhebliche Abstriche machen will. Wir halten dieses Gerücht für falsch und jedes inneren Wahrscheinlichkeitswertes entbehrend.
Marcellin öerthelot. Zum 100. Geburkslag des französischen Chemikers am 25. Oktober. Von Dr. Ernst Michael. Vor wenig mehr als einem Vierteljahrhundert huldigten die international« Wissenschaft und das offizielle Frankreich dem großen Gelehrten Marcellin Berthelot in überschwenglicher Weise. Deutsch - land hatte Emll Fischer, den Erforscher des Eiweißes, entsandt. Präsident Loubet wollte den„Senior der Wissenschaft mit mili- tärischem Gepränge abholen; ober der bis an sein Lebensende be- scheiden« Gelehrte floh auf Umwegen zum Festsaal. Wieder werden, anläßlich des 100. Geburtstags, der durch die Weihe des„Hauses der Chemie" eine besondere Weihe erhält, Ruhmeskränze gewunden. Verdient sie Berthelot ? Hat es nicht Chemiker gegeben, die größer waren? Hat ihn nicht Laooisier, dem er in seiner„Revolution chimique" ein prächtiges, vielleicht ein wenig zu prächtiges Denkmal gesetzt hat, an Bedeutung noch überragt? Sicher ist: Berthelot war nicht bloß Wissenschaftler. Ihm, dem Jugendfreunds E. Renans, schwebte vor allem ein Ziel vor: Förderung der Wisienschaft, des eigenen Volkes und der Menschheit. Aber unter Förderung verstand er ein« wirkliche Veredelung seiner Mitmenschen. Es ist keine bloße Phrase, wenn er schreibt:„Seit dem Beginn meines Lebens dem Kultus der reinen Wahrheit hingegeben, habe ich mich niemals in den Streit der praktischen Interessen gemischt, der die Menschen trennt. Ich habe einsam in meinem Laboratorium gelebt, umgeben von einigen Schülern, meinen Freunden." Berthelot , der Sohn eines Pariser liberalen, aber sehr gläubigen Arztes, hatte sich schon auf der Schule mit Pflichttreue und Ausdauer wissenschaftlichen Studien gewidmet. Auf dem Lycöe Henry IV. war er einer der besten Schüler. Seine gründlichen naturwissen- schastlichen Kenntnisse, die selbst einen Balard, den Entdecker des Broms, in Erstaunen setzten, erwarb er zum größten Teil durch Selbststudien. Balard, Profesior am College de Franc«, zögerte nicht, den jungen Berthelot als Vorlesungsassistenten anzunehmen. In dieser Stellung beschäftigte sich Berthelot mit dem Glyzerin(dem sogenannten„Delsüß"). Er spürte der Natur der Fette, die Chevreul bereits vier Jahrzehnte vorher zu erforschen begonnen hatte, weiter nach, und so entstand seine berühmte Untersuchung:„Die Verb-in- dung des Glyzerins mit den Säuren und die künflllche Herstellung der natürlichen Fette." Weitere Arbeiten auf organischem Gebiete folgten, und so ungern Balard seinen tüchtigen Vorlesungsassistenten scheiden sah, uneigennützig sorgt« er dafür, daß der junge Forscher einen Lehrstuhl der organischen Chemie an der Ecole de, Pharmacie erhielt. Nun konnte Berthelot , den sein wissenschaftlicher Beruf nicht der Fähigkeit beraubt hatte, romantisch zu lieben, seinen größten Herzenswunsch erfüllen. Er konnte zum Lebensbunde mit der schönen Tochter des bekannten Uhrenfabrikanten und Herstellers wissenschaftlicher Instrumente, Breguet, schreiten. Inzwischen war er der von ihm eingeschlagenen Richtung in der Chemie immer eifriger gefolgt. Er suchte die Stosse, namentlich die organischen Verbiii- düngen, nicht nur zu analysieren, sondern auch aus ihren Elementen aufzubauen. Er wurde zum bewußten Gründer der synthetische«
Denn nach unserer Kenntnis der Dinge hat der Reporations- agent diese angeblich geplanten Herabsetzungen gar nicht verlangt, er wäre auch gar nicht befugt sie zu oerlangen Daß die Regierung hinter die Verheißungen ihrer Vorlage zurückgehen und sich dabei hinter den Reparationsagenten verkriechen will, halten wir für ganz unmöglich. Es wäre natürlich für jede Regierung und jede Partei äußerst bequem, ihre uferlose Gebefreudigkeit zu betonen und dazwischen verstehen zu lassen, sie könnte eben wegen des ver- fluchten Reparationsagenten nicht so, wie sie wollte. Aber ein solches Spiel wäre nicht nur unwahrhaftig, sondern auch für Deutschland äußerst schädlich. Wollte man den Repara- tionsagenten zum Blitzableiter machen für alle Elektrizität, die sich in der innerpolitischen Atmosphäre angesammelt hat, so würde man ihn dadurch seinem richtigen Beruf ent- fremden, nämlich dem, Borbereiter einer künfti- gen vernünftigen Schuldenregelung zu sein. Die Reichsregierung wird daher die Verantwortung für alles, was sie tut oder läßt, selbst zu tragen haben. Im übrigen ist es Zeit, die Denkschrift Parker Gilberts zu veröffentlichen. Dann wird man sich mit ihr sachlich aus- einandersetzen können. Dann wird man aber auch allgemein einsehen, daß kein Anlaß bestand, wegen dieser An- gelegenheit auf dem Reparationsagenten persönlich herumzutrommeln._
Angebende firbeit... ... darf der deittschnationale Arbeiter leisten. Mit dem Einbruch nasser Witterung mehrt sich auch der deutsch - national« Flugblattregen. Wiederum können wir auf ein Erzeugniz der deutschnationalen Schriftenvertriebsgesellschaft(diesmal Nr. 410) hinweisen, auf ein Flugblatt, das sich speziell an die Arbeiter richtet und deswegen in zwei Zoll hohen Buchstaben die sinnig« Ueberschrift trägt:„Die Internationale erkämpft das M e n s ch e n r e ch t". Die deutschnationale Schriftenvertriebsstelle vermutet mit Recht, daß ohne solche Bauernfängermetho- den ihre Flugblätter von einem Berliner Arbeiter nicht einmal in die Hand genommen werden würden. Der Inhalt ist entsprechend. Zunächst erzählt der deutschnationale Verfasser den Arbeitern, daß die gesamte deutsche Arbeiterschaft „mindestens zwei Stunden täglich für den Dawes-Plan schuften muß". Damit aber kein Arbeiter auf die einföllig« Frage kommt, warum denn dann die Deutschnationalen diesem 'schrecklichen Dawes-Plan zugestimmt und warum ihre v i e r M i n i st e r sich ausdrücklich auf feine Durchführung verpflichtet haben, werden diese Tatsachen schamhaft ver- schwiegen. Weiter heißt es im Text: Es gilt, dafür zu sorgen, daß die deutsche Arbeiterschaft sich nicht mehr als das Stiefkind der Gesellschaft be- trachtet. Womit allerdings zur Genüge ausgedrückt ist, daß unter der Herrschaft des Bürgerblocks und trotz(oder vielmehr wegen) vier deutschnationaler Ministersitze die Arbeiter alle Ursache haben, sich gegenwärtig sehr als Stiefkind der Gesellschaft zu betrachten. Damit aber auch hierüber der Arbeiter nicht a l l z u t i e f nachdenke, enthält das Flugblatt auch nicht ein Sterbenswörtchen über die Verteuerung der Lebensmittel durch die deutschnationale Zollpolitik, nicht ein Wörtchen über die ungeheuerliche Steuerhelastung der Derbraucher und der arbeitend e n Volksklassen durch die Steuer- gesetzgebung des Bürgerblocks! Dafür wird den Arbeitern am Schluß folgendes verheißen: Die Zahl der Enttäuschten ist unendlich groß (womit komischerweise nicht die von den Deutschnationalen ent- täuschten Sparer gemeint sind— Red. d„23."). Ihnen rufen wir zu: kommt zu uns, wir oersprechen euch keine goldenen Berg«, keine Sonderstellung im Staat, keine Herrschaft über alle anderen Stände, sondern hingebende Arbeit im Rahmen der Volksgemeinschaft.
Chemie. Heute, da die Zahl der sogsnannten organischen Verbindungen wohl schon auf ungefähr 150 000 gestiegen ist, kann man sich gar nicht mehr vorstellen, welche Pionierarbeit der arbeits- freudige, geniale Chemiker geleistet hat. Das Azetylen stellte er zuerst rein dar und zeigte, wie man es aus seinen Elementen, dem Kohlenstoff und Wasserstoff im elektrischen Lichtbogen unmittelbar gewinnen könne. 2lus deni Azetylen gewann er durch Anlagerung der gleichen Moleküle— heute sagt man Polymerisation— das Benzol. Damit war der Usbergang aus den sogenannten Fettreihen zu den aromatischen gewonnen. Grubengas, Methylalkohol. Oxal- säure, Blausäure— man müßte mehrere Kapitel eines Lehrbuches der organischen Chemie abschreiben— gewinnt Berthelot so aus den Elementen, und er zeigt zugleich die Woge, wie man ganz allgemein die verschiedensten organischen Verbindungen gewinnen könne. Der bescheidene Lehrstuhl an der Ecole de Pharmacie genügte dem Forscher nicht mehr, und das Ministerium zögerte nicht, einen neuen Lehrstuhl für Chemie am College de Franc« für ihn zu schassen. Berthelot behielt ihn bis an sein Lebensende. ZLar er bisher ein Meister im Aufspüren der Wege, um neue Verbindungen zu schassen, so wollte er jetzt die Gesetze, unter denen die 2)erbindungen sich voll- ziehen, erspüren. So entstanden� seine Untersuchungen über den Gleichgewichtszustand in Lösungen, so seine Arbeiten über Thermochemie. In Verbindung damit erfand er die kalorimetrische Bombe, um die Verbrennungswärme organischer Körper zu bestim- inen. Mag auch manches von diesen Arbeiten überholt sein, mag mancher von den Schlüssen, die Berthelot zog, der experimentellen Prüfung späterer Jahrzehnte nicht standgehalten haben, so hat er doch damit neue fruchtbare Provinzen der Chemie und der ihr ver- schwesterten Physik erschlossen. Er, der Menschenfreund, sah in den letzten Iahren gewissermaßen eine Erholung darin, die Chemie des Ackers zu studieren. Cr suchte festzustellen, wie der Boden den Stickstoff aufnimmt, er hoffte durch elektrische Einflüsse den Pflanzen- wuchs zu beschleunigen und die Ertragsfähigkeit des Ackers zu er- höhen. Man ist auch heute in den Fragen der sogenannten Elektro- kultur nicht viel weiter gekommen al»'Berthelot . Der große Gelehrte, einer der vierzig„Unsterblichen", wurde in den Senat gewählt, zeigte großen Eiser für die Hebung des wissen- schaftlichen Unterrichts, war eine Zeillang Unterrichtsminister, ja so- gar Minister des Auswärtigen. Aber der-parlamentarische Betrieb behagte ihm keineswegs. Bon dem politischen Treiben zog er sich ganz in seine Häuslichkeit und in sein wissenschaftliches Tuskulum zurück. Hier beschäftigte er sich mit dem alten Griechisch und mit mittelalterlichem Latein, um den Anfängen der Wchemle nachzu- gehen; aus diesem Gebiete hat er vieles richtiggestellt. Weit aus- schauende Gcbanken über„Wissenschaft und Kultur", über„Wissen- schaft und Ethik" erfüllten ihn, als sein Lebensabend hereinbrach. Aber die Sorge um die leidende Gattin nahm nun seine ganzen Kräfte in Anspruch Frau Berthelot litt seit Iahren an einer Herzkrankheit. Oft genug nachte ihr Gatt«, dem selbst«ine Bertaltung der Herz. kranzadern zu ichaffen n, achte, an ihrem Bett. Eines Tages hatte er für wenige Stunden das Krankenzimmer verlassen: während seiner Abwesenheit schlief Fra» Berthelot sanft hinüber. Es war am 16. März 1S07. Eine Stun'e später meilt« euch Marcellin Berthelot nicht mehr unter den Lebenden.„Philemon und Baucis " hatten die Freunde das Ehepaar genannt. Vereint, wie sie gelebt, sollten sie auch im Tode sein, und an der ruhmreichsten Gruftstätte von Frank- reich, dem Pantheon, haben beide ihre letzte Ruhestätte gesunden, »
Damit ist der Nagel auf dem Kopf getrosten. Denn die»rbefter zu den Deutschnationalen kommen, werden sie„hingebende Arbeit in Hülle und Fülle leisten dürfen, nämlich Arbeit, bei der die Arbeiter olles hingeben und die d eu tf chna ti- nalen Ausbeuter sich ins Fäustchen lochen!
ver Konflikt in üer„Hermnnto� v. Papen wird in die Ecke gestellt. Die maßgebenden, der Reichstagssraktivn des Zentrums an- gehörigen Mitglieder des Aufsichtsrats der„Germania befaßten sich am Sonnabend mit dem Konflikt zwischen dem Besitzer der Aktienmehrheit des Unternehmens v. Pape« und dem Chefredak-- teur Hermann Orth, hinter den sich die Gesamtredaktion gestellt hat. Die Redaktion hat dem Aufsichtsrat schrisllich mitgeteilt, daß sie mit Orth solidarisch ist. Die Sitzung endete mit einer schweren Niederlage des reaktionären Herrn v. Popen. Die anwesenden Mitglieder des Auflichtsrats oertraten einstimmig die Ansicht, daß dos ohne Wissen des Cheftedakteurs vollzogene Engagement eines von Hugenberg kommenden und in seinem Innersten deutschnationalen Kaplans als Redakteur sofort zu wider- rufen ist. Darüber kam es zwischen Herrn v. Popen und den anderen an der Sitzung beteiligten Persönlichkeiten zu einer kurzen. aber lebhaften Auseinandersetzung. Sie endete damit, daß der selbstherrliche v. Popen seinen Hut nahm und davonlief. Die Folge war. daß die anwesenden Auffichtsratsmitglieder von ihm nunmehr schriftlich bis zum tommeuben Donnerstag«ine Stellung- mihme in dem von ihnen gewünschten Sinne forderten.. Stuf den Ausgang des Konfliktes kann man um so mehr gespannt sein, als Herr v. Popen nicht über die genannte Aktienmehrheit ver- fügt, wenn die Brüder Kl öckn e r ihm das'Stimmrecht über das ihnen gehörig« Aktienpaket entziehen. Bisher hatte nämlich Herr p. Papen nur deshalb so stark und selbstherrlich austreten können, weil die beiden Klöckner ihm die Ausübung des Stimmrechts für ihren eigenen erheblichen Aktienbesitz an der„Germania " überlassen hatten._ Vereinfachung Üer Verwaltung. Vorarbeiten des Neichsfparkommissars. Der Reichssparkvmmissar, Minister a. D. S a e m i s ch, ist von der Reichsregierung beauftragt, zur Vereinfachung der Verwaltung geeignete Vorarbeiten zu leisten. Wie der„Soz. Pressedienst" erfährt, werden demnächst entsprechende Beratungen beginnen. Sie erstrecken sich in erster Linie auf die 23erwallungen des Reiches, sollen aber auch die Gebiete umfassen, auf denen sich das Reich mit den Ländern begegnet. Soweit reichseigene Ber- waltungen in Frage kommen, werden u. a. VereinfachuiPSvorfchlöge für die Zollverwaltung und die gesamte Reichskassenverwalwng ge- prüft werden. Bezüglich der Reichskassenverwaltung ist eine Vereinfachung des Verfahrens schon im Gange. Eine neue Reichskassenordnung ist erst kürzlich geschaffen worden. Die 2Z«rwa!tungsgsbi«te, auf denen sich das Reich mit den Ländern begegnet und die ebenfalls vereinfacht werden sollen, umfassen: Wohlfahrtspflege, Bildunoswesen,'Verwaltungsgerichtsbarkeit, Wasserstrahenverwaltung und Bauvenvollung.
Abmarsch aus üem Rheinlanüe. Pari», 24. Oktober. (Eigenbericht.) Die hiesigen Blätter melden aus Ma i n z, daß mit der Zurückziehung der Truppen aus dem Rheinland am Sonntag begonnen wurde. Sechs Maschinengewehr- bataillone haben das Rheinland bereits verlassen. Zwei davon sind aus Koblenz , je eines aus Worms , Neustadt, Speyer und Landau zurückgezogen worden. Die Zurückziehung der Truppen wird in den nächsten Tagen fortgesetzt. Zwei Bataillone des 62. Pianierrcgiments werden aus Trier nach Frankreich transportiert werden. Die Zurückziehung dürfte bis zum 31. Oktober beendet sein.
»Lebendige Ursprünge des Theakers." Im Rahmen der Ber- anstaltungen der H u m'b o l d t- H o ch s ch u l e hielt Dr. Johanne» Günther einen Vortrag über„Lebendige Ursprünge des Theaters". Er zeigte, wie das Theater sich überall aus der Sehnsucht des Menschen nach einer Steigerung des eigenen Seins entwickelte. Der Mensch will sich selbst stärker, imensiver erleben, als er es im Sllltaa kann. So spielt er selber Thealer oder läßt es sich vorspielen. Vielfach geht das Theater aus kultischen Handlungen hervor, denn auch diese entspringen im Grund« nichts ande- rem als der Sehnsucht nach Steigerung des Daseins aus dem Alltag heraus. Oft begnügten sich die Menschen statt mit dem Theate-- mit Puppenspielen, Maslentänzen und Tänzen. Dr. Günther zeigte, wie sich zum Beispiel in den Ländern des Ostens die Grenzen zwischen Tanz und Pantomime verwischen. Di« unendlich graziösen Handbewegungen der Tänzer sind nicht nur rein künsUerische Gesten, sondern sie haben fast immer wirkttch die Bedeutung eines gesprochenen Wortes. Der Orientale kennt diese Sprache der Hände, und daher ist ihm der Tanz seiner Künstler Pantomime, obwohl er auf den Europäer als absoluter Tanz wirken muß. Dr. Günther streifte dabei auch die Bedeutung des Tanzes oder vielmehr der tänzerischen Bewegung für die Bühne unserer Zeit. Man erkennt heute schon ganz allgemein, wie unerläßlich für den Schauspieler die tänzerische Beherrschung seines Körpers ist. Bielfach lassen sich sogar Vühnenszenen nur wirtlich eindrucksvoll durch den Tanz ge- stalten. Dr. Günther wies darauf hin. wie unwahrscheinlich und lächerlich im allgemeinen naturalistische Kampfbilder aus der Bühne wirken, und zeigt« dann an Lichtbildausnohmen. wie man durch den Tanz wirklich imstande ist, das Erlebnis„Kampf" zu gestalten. Iz. Bibelol-Tän,«. E r y BosundIrailGadeseowimBach- faal. Klein« Sächelchen, hübsche Niedlichkeiten. Nippes und Kurio- sitäten. Zierlunst. Amüsiertunst. die das Auge erfreut, die Seele nicht berührt. Ballettgeist und— im wesentlichen— iSallettechnik. Ery,«in nettes Temperamentchen, das im aufschwingenden, jubeln- den Sprung, im ausgelassenen Wirbel(Brahmssche„Walzer". „Trance) und vor allem im graziösen, leicht parodisttschen Scherz („Menuett antique") sein bestes gibt. Eine Tänzerin kleinen Formats. deren Ausdruckskraft bis zur Gestaltung sanfter Sehnsüchte reicht („Wiener SLalzer"), sich dem Pathos versagt(„Tanz der Lilie" mit Anklängen an Fokins„Sterbenden Schwan"). Irail. körperlich und geistig schwerer geworden, seit ich ihn das letzte Mal sah. Seine Tänze männlich in der Ausdrucksform. zuweilen weiblich in der Viston und Komposition(„Allegrias" und andere). Unmöglich in der Nachbildung orientalischer Stile, die verkitscht(„Siamesisch") oder karikiert(..Lotusland") werden. Am sympathischsten m anspruchslosen rhythmischen Impressionen(„Cymbalentanz".„Polka"), die er in glatter Technik schmissig vorträgt. Dem Zweitanz„Eordoba", der das Programm schloß, einem wohlfeilen Efsettknaller. mangelte der exakt« Zusammenklang. I. S.
Die Reich» tag»veranstalwng der Lühnengeaosieoschost findet in diesem Jahre rn» Sonntai,. dem 30. Oktober, nachmittaa« 4 Ubr. unter Leitung von Siarl Wem in iämilichrii Nänmen des Ncich-togSgebäiides stall. Seldstmo?»« tut Lperelleatöligelw Wie der.Tna" aus l a g c n t u r i meldet, bat die autb in Wien bekannte Foubretle Vesta Peer, die bei der Eriiaustübrung der LpeieU«.Theresia,»." vuu OSIar Strang die Titelroste spielen sollte, kurz vor Peginn der Stufführung Selbstmord verüb!. Die Vorstellung wurde nach dem ersten Alt abgebrochen.