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der Nationen unmöglich ist, solange ein Mitglied der großen Völkerfamilie in den Augen der anderen gebrandmarkt wird und bleibt. Lediglich um unserer Ehre willen, die jeder Nation als das höchste Gut gelten muß, haben wir an die Geschichte appelliert. Nun noch einige Worte zu dem fast zu viel erörterten Schreiben des Reparationsagenten an den Reichsfinanzminister. Kaum war die Tatsache bekannt geworden, daß der Reparations­agent Parker Gilbert eine schriftliche Meinungsäußerung über die schwebenden Finanzfragen an den Reichsfinanzminister gerichtet hatte, als auch schon deutsche Blätter an dem Finanzminister und der Reichsregierung die schärfste ritit übten. Man warf uns ver, wir enthielten der deutschen Deffentlichkeit wichtige Mitteilungen vor, die zu erfahren fie ein Recht habe. Andere richteten ihre An­griffe gegen den Reparationsagenten selbst, bezeichneten ihn als ronvogt", ohne zu bedenken, daß schon der politische Anstand es verbietet, gegen den nur seine Pflicht als Gläubigervertreter er füllenden Mann solch verlegende Aeußerungen zu richten, zumal auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorliegt, anzunehmen, daß Parker Gilbert bisher feine Kompetenzen überschritten hätte oder in einem Deutschland unfreundlichen Sinne vorgegangen wäre. Es ist richtig, daß sich Parker Gilbert über Bedenten äußert, welche die Finanzgestaltung Deutschlands bei ihm hervorgerufen hat. Er tat das in durchaus vorsichtiger Weise und unter nachdrücklicher Ber mahrung dagegen, daß er sich in die innerpolitischen Verhältnisse Deutschlands einzumischen beabsichtige. Was nun

das Boltsichulgesetz

anbetrifft, so hoffe ich, daß es gelingen wird, dem dem Reichstag vorliegenden Regierungsentwurf eine Gestaltung zu geben, die allen berechtigten Wünschen der verschiedenen Parteien und Weltanschau­ungsgruppen gerecht wird. Wir können uns den Lurus tulur. politischer Kämpfe, die sich sehr leicht aus dieser vornehm lich von der Opposition beliebten Behandlung der Schulfrage ent spinnen fönnen, nicht leisten.

Zentrum gegen Rechtsblockwahl.

Dieser Aufruf gipfelt in der Aufforderung, die gesamten bürgerlichen Vor einigen Tagen las ich einen Appell an das Bürgertum". Barteien sollen sich zum gemeinsamen Kampf gegen die den Klaffenkampf predigende Linte zusammenfinden. Ich bin der leberzeugung, daß dieser Aufruf im Zentrum teinen Antlang finden wird. Es ist seit je das Bestreben des Zentrums gewesen, feinen Voltsteil, der guten Willens ist, von der Arbeit für den Staat cuszuschließen, insbesondere aber nicht die zahlreichen und wertvollen Kreise der deutschen Arbeiter.

Hier und da hört man bereits Parolen für den nächsten Wahl­tampi. Es scheint mir verfrüht, schon jetzt auf Einzelheiten einzu­gehen. Es tann sein, daß Reichstagswahlen bald bevorstehen, es fann sein, daß sie erst im Herbst oder Winter des nächsten Jahres fommen. Die politischen Verhältnisse sind zu sehr noch in der Be­wegung, als daß man heute schon den Zeitpunkt der Wahlen voraus­jagen fönnte. Das Zentrum wird nach den kommenden Wahlen, in Die es ohne jede Bindung hineingehen wird, genau so mie früher feine Kraft dem Staat zur Verfügung stellen und mit den jenigen Parteien Staatspolitit betreiben, die geneigt find, mit ihm zusammen die bisherige Politik im wesentlichen fortzusehen und auf dem Boden der Verfassung das Staatswohl zu fördern.

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Der Auftakt zur Wahlkampagne des Zentrums zeigt bereits, daß diese Partei vor feiner sehr leichten Aufgabe steht, wenn sie ihre Wähler bei der Stange halten will. Marr hat versucht, vom Wesentlichen abzulenken und hat, um die Inkonsequenz der Zentrumspartei zu recht­fertigen, sogar die Entstehungsgeschichte des Rechtsblods falsch dargestellt. Die Rede Scheidemanns, die angeblich den Deutschnationalen den Eintritt in den Rechtsbloc erzwungen haben soll, behandelte ja nur einen Ausschnitt aus den geradezu schreienden Mißständen, die sich in der Minderheits­regierung Marr vor einem Jahre herausgestellt hatten. Die Reform der Reichswehr stand damals feineswegs allein auf der Tagesordnung. Der Torso eines par­lamentarischen Kabinetts, wie es damals bestand, fonnte sich nur dadurch halten, daß er bei entscheidenden Abstimmungen über die Außenpolitit fich auf die Sozialdemokratie stüßte, sonst aber in Fragen der republikanischen Berfassung, der Sozialpolitik, der Finanzpolitik usw. die Stimmen der Deutschnationalen gegen unsere Forderungen ausnußte. Es

Maximilian Harden .

Aas Montana in der Schweiz wird gemeldet, daß dort Maximilian Harden nach längerer Krankheit gefforben iff.

Mit Maximilian arden ist eine der martantesten Gestalten ciner abgeschlossenen Geschichtsperiode aus den Reihen der Lebenden verschwunden. Das Zeitalter Wilhelms II. iſt ohne ihn nicht denkbar. Er selber war mit ihm so stark verbunden, daß von ihm, als jenes fein Ende gefunden hatte, nur noch ein Schatten übrig blieb.

Es gab einmal einen jungen Kaiser", der mit seinen Reden die Welt in Aufregung hielt. Und es gab damals einen jungen Journa­listen, der diesen jungen Kaiser in scharf geschliffenen, aufsehen erregenden Artikeln bekämpfte. Er war am 20. Ottober 1861 in Berlin geboren und führte den Namen Bittomiti, den einer jeiner Brüder, der bekannte Leipziger Literaturprofeffor, auch weiter behielt, während ein anderer den Namen Witting annahm und später ein befannter nationalliberaler Führer wurde. Er selbst nannte sich Maximilian Harden , versuchte es erst bei der Bühne, erkannte aber bald seine publizistische Begabung. Er schrieb für die Berliner Bolkszeitung", ließ 1892 als Apoftata fritische Effans über Bolitit und Zeit" erscheinen und gründete bald darauf seine Zeitschrift die Zukunft".

Der Ruhm, den er sich durch sein persönlich eigenartiges Schaffen erwarb, wurde gesteigert durch seine Beziehungen zu Bismard. Seit bekannt worden war, daß Harden in Friedrichsruh eingefehrt war und als bestrafter ,, Majestätsbeleidiger" mit Bismard eine von Wilhelm II gestiftete Flasche Wein getrunken hatte, war sein Nimbus im Wachsen. Harden war durch Bismard zwar nicht hof, aber wenn man man so sagen darf, famarillafähig gemacht worden, und niemand dünfte sich nun zu vornehm, um nicht mit Harden zu verkehren. Dieser aber war nun ganz in seinem Element. Denn in ihm selber war soviel ,, Allzumenschliches" lebendig, daß er die ganze Welt nicht anders, denn als eine Summe von Allzumenschlichem zu sehen verstand. Er wurde der Träger und raffiniert gefchickte Ausplauderer von Hof und Kabinettsgeheimnissen, er präsentierte fich der Welt als der Mann, der hinter allen Kulissen zuhause war und alle dunklen Zusammenhänge fannte.

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Seine Zukunft" wurde verschlungen. In den Kreisen des Hofes, der Aristokratie, des hohen Beamtentums, aber auch der Bourgeoisie und der Literatur also so ziemlich überall, ausgenommen nur die breiten Schichten des Volkes erwartete man mit Ungeduld jede neue Nummer der Wochenschrift, in der ein Wissender seinen Kampf gegen das persönliche Regiment führte. Man las die immer länger werdenden, immer fünftlicher verschlungenen Säße nicht nur von vorne, fordern auch von hinten, nicht nur in den Zeilen, sondern auch zwischen den Zeilen. Stand doch vieles darin, was nur der

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mar im Herbst vorigen Jahres, als die Deutsche Boltspartei| gegen alle mache. Mit biefer preußisch- marpistischen Politit müsse ein unter dem Druck der Industrie sich zu einem scharf sozial- Ende gemacht werden. raftionären Kurs befannte. Eine Regierung, die in allen wichtigen Fragen gegen die Arbeiterschaft handelte, konnte nicht die Unterstügung der Sozialdemokratie als selbstverständ­lich erwarten. So- und nicht anders- fam es zum Sturz der Minderheitsregierung Marg. Die Bildung des Rechts blocs entsprang der freien Willensentschließung des Zen­trums, das nun auch alle Taten des Bürgerblods mit ver­antworten muß.

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Daß ihm dabei nicht wohl ist, begreifen mir. Die außen­politischen Erfolge" hat Marr selbst charakterisiert, als er den Schritt des Reparationsagenten erwähnte und ihn gegen seine deutschnationalen Roalitionsfreunde ver teidigte. Das Wiederaufleben der Kriegsschulddebatte ist auch ein ,, Berdienst" deutschnationaler Regierungskunst. Dank für die Dienstbereitschaft des Zentrums hat foeben Herr Hu gen berg in höchst eigener Person erstattet. Dieser hervorragende Mitbürger erging fich in herford in den heftigsten Schmähungen gegen die preußisch marristische Politit", für die das Bentrum doch auch verantwortlich zeichnet. Nun, jeder hat die Freunde, die er verdient. An seinen Freunden von rechts wird das Zentrum jedenfalls bei den nächsten Wahlen keine große Freude erleben.

muß e

Die Langmut muß ein Ende finden.

Duisburg , 31. Oktober. ( TU.)

In einer Zentrumsverfammlung am Samstag abend wandte fich der Zentrumsführer und Reichstagsabgeordnete von Guérard gegen die monarchistische Propaganda der Deutschnationalen und die Berunglimpfung der Republit und ihrer Symbole in der deutschnationalen Presse. Er erklärte, daß das Zentrum von müsse daran festgehalten werden, daß entsprechend den bei der den Deutschnationalen feine Opfer der Ueberzeugung verlange. Es Regierungsbildung eingegangenen Bindungen eine Bartei, die vier Minister in der Reichsregierung stelle, teine Propaganda für die Monarchie mache. Das Zentrum habe lange Geduld mit den Deutschnationalen gehabt. Die Langmut müsse aber iegt ein Ende finden. Es feien schon entsprechende Schritte

unternommen worden.

Deutschnationale Wahldemagogie.

Hugenberg meldet fich.

Herford , 31. Oktober. Im Rahmen einer Landesparteitagung der Deutschnationalen Bolkspartei Westfalens sprach Reichstagsabgeordneter Geheimrat 5ugenberg über das Thema Staat und Wirtschaft". Es sei nicht möglich, im Reiche wirksam die Todesgefahren zu bekämpfen, vor denen Wirtschaft und Volk wieder augenblicklich ständen, es sei denn, daß Preußen dem Sozialismus entrissen werde. Hugenberg be­fannte sich dann als Gegner des Dawes Vertrages. Deutschland habe aber nun einmal den Dames- Bertrag und könne ihn nicht umgehen. Deutschland habe aber damit seine Freiheit ver­loren und sei unter internationale Finanzfontrolle gestellt worden. Deutschland fönne nicht länger Preußens marristische Politik machen. Preußisch margiftische Politit sei es, die der Wirtschaft das Mart aus den Knochen freffe. Preußisch margiftische Bolitit fuche die Hindenburg- Tannenberg- Worte gegen die Kriegsschuldlüge vor der Welt zu entwerten und jeden ernsthaften Versuch eines deutschen Ostschutzes zu sabotieren. Preußisch marristische Politik sei es, unter Mißbrauch von Polizei und Justiz zu politischen Augenblicszweden Haussuchungen bei deutschen Wirt. fchaftsführern abzuhalten und sie mit dem Berdacht hochperräterischer Umtriebe zu belasten. Preußisch- marristische Politik sei es, die aus der Reichswehr ein fozialistisches Barteiinstrument machen möchte, die Staat und Wirtschaft, die doch aufeinander angewiesen sind, zu Feinden mache, die Reich und Länder gegeneinander hetze, die zwischen Arbeiter und Unternehmer Haß fäe, die überhaupt das ruhige, friedfertige Deutschland zu einem Lande des Kampfes aller

Die Telegraphenunion, das Propagandabureau des Herrn Bropagandabureau des Hugenberg , verzeichnet stürmischen Beifall nach den Ausführungen Hugenbergs, die zugleich eine Kampfanjage gegen das Zentrum in Preußen und die heftigste Anlage gegen die von seinen eigenen Parteifreunden im Reiche geführte Außen- und Finanzpolitik sind. Auch eine Antwort an Marg!

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Das ist möglich- in Mexiko ! Weltliche Schule. - Soziologische Geschichtsbetrachtung! Die deutsche Schule in Merito anerkannte Oberrealschule und Handelsrealschule mit über 700 Schülern sendet uns ihren letzten Jahresbericht, der die Arbeit des 33. Schuljahres anschaulich schildert. Ein Auffah stellt das Verhältnis der Schule zu den einheimischen Schulbehörden dar und zeigt die Schwierigkeiten, die sich aus den häufig midersprechenden Anforderungen der merikanischen und der deutschen Schulgesetze ergeben. Die deutsche Schule gilt als merita­nische Privatschule. Als solche gilt auch für sie die Vorschrift des Schulgesetzes:

Der Unterricht muß weitlich sein, das heißt, man darf eine Religion weder lehren, noch verteidigen, noch angreifen."

Unter dem Druck dieser Bestimmung mußte auf den Religions­unterricht, auch auf den wahlfreien, verzichtet werden, wie es in dem Bericht heißt. Den deutschen und merikanischen Anforderungen in bezug auf den Geschichtsunterricht gleichzeitig gerecht zu werden, erscheint dem Berichterstatter ein hoffnungsloser Versuch. Das liegt aber nicht nur daran, daß jeder Staat im Unterricht deutsche und merikanische Geschichte zu lehren ist: Die von der meri­seine Geschichte vor allem behandelt haben will, also zugleich Wissens und große Reife geschichtlichen Dentens". fanischen Schulverwaltung gestellten Anforderungen verlangen außer dem eine, wie es mörtlich heißt, erstaunliche Menge positiven Wissens und große Reife geschichtlichen Denkens". deutsche Berhältnisse übertragen- etwa folgendermaßen lauten Warum scheiterte die Kolonisation der ehemaligen preußischen Provinzen Bosen und Westpreußen ?" oder Welche Ursachen hatten die Maigeseze Bismards?".

So legte man den 3 wölfjährigen Fragen vor, die auf

würden:

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Derartige Lehrplananforderungen und eine derartige Einstellung zu den Problemen der Religion und der Geschichte in merito. stellen die Schulleistungen mancher deutscher Länder in den Schatten!

Ungarische Fälschungen.

Nach dem Auslandgeld das Anklagematerial. Im Budapester Kommunistenprozeß wurde das Bernehmungs­protokoll des geflüchteten Angeklagten Rubin verlesen. Darin be­schuldigt er sich und die übrigen Angeklagten auf das schwerste. Aber dieser wadere Verschwörer war tagelang während der polizeilichen Untersuchung Wach- und Schlafgaft des Polizeipräsidenten; dann ist er in Begleitung des Oberdeteftios Heim nach Berlin geflohen. Heim wurde scheinbar in Disziplinarunter fuchung und während dieser Untersuchung dienstlich außer der Reihe befördert! Zu seinem Geständnis" ertlärten feine Komplizen", daß sie ihn überhaupt nicht fennen oder erst bei der polizeilichen Bernehmung( mit viehischen Brügeln, die die Prügelpoli­giften vor Gericht hohnlächelnd abschwören) fennengelernt haben. Alfo ein Polizeilodspigel in flaffischer Form.

Dann folgte die Berlesung der Photographien jener Belaftungs dokumente, die angeblich aus einer sowjetrussischen Gesandt­schaft stammen. Die Berteidiger protestierten gegen die Berlesung. Der Berteidiger Eugen Kiss betonte, daß

in Wien eine Fälscherfabrik

eriſtiere, die mit diesen Aften schon lange haufieren gehe und allen Regierungen, die eine Bolschewifihaz veranstalten wollen, die not­wendigen Unterlagen auf Bestellung prompt liefere.

Unterrichtete ganz verstand, die anderen verstanden nur die Hälfte. fehungen auf dem Dresdener Parteitag. Harden rächte sich für die Dies jedoch erhöhte nur den Reiz.

Herrschaftsverhältnisse des Kaiserreichs zu zersetzen. Darauf jedoch Kein Zweifel, daß Hardens Arbeit dazu beigetragen hat, die beschränkt sich ihr Verdienst. Denn an pofitiver Zielfezung hat es ihr gefehlt.

Das einzige, worin Harden tonsequent blieb, war seine Gegner schaft gegen Wilhelm II. Diese Gegnerschaft war, wie alles bei Sarden, persönlich scharf betont und erklärt sich zu nicht geringem Teil aus der Verwandtschaft der beiden Naturen. Sprung­haft, launisch, reizbar, pathetisch und stets legten Endes nur darauf bebacht, sich selber in Szene zu seßen, maren fie beide und blieben sie beide, auch dann, als der junge Kaiser und der junge Journalist längst schon aufgehört hatten, jung zu sein. Sie gehören zusammen.

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Daraus erklärt sich auch, daß Harden seinen Kaiser so aus­gezeichnet verstand, daß er ihn als einen Blender erkannte, daß für ihn so bald hinter dem finster entschloffenen Imperatorengesicht der neurasthenische Wortheld fichtbar murde. Harden nahm die friegerischen Phrasen aus Wilhelms Munde nicht ernst, er wußte, daß teine starte Persönlichkeit dahinter steckte. Ihm selber aber war es mit dem machtpolitischen Willen ernst irgend etwas ernst fein fonnte. Richtiger wäre es vielleicht, zu sagen: soweit ihm er bezog ohne starte innere Ueberzeugung die Position des Im perialismus und des Alldeutschtums, weil sich von ihr aus der Kampf gegen die laute faiserliche Nichtigkeit am schneidigsten führen ließ. So fam es zu jener großen Kampagne, die für Harden wohl den Höhepunkt des Lärms um ihn, aber alles andere als den Höhe punkt seines Ruhmes bedeutete. Sein Kampf gegen das Homo­feguellentum am Hof und in der Garde, sein Feldzug gegen Phili Eulenburg im Jahre 1907 enisprang feinem sittlichen Er­neuerungsdrang und feinem revolutionären Temperament. Es war nur ein Versuch, durch Entfesselung eines Riesenstandals Elemente aus der Nähe des Kaisers zu verbannen, die pazifistisch verdächtig schienen. Von allem Politischen abgesehen, war es aber eine Schändlichkeit, einen Mann an der Schwelle des Greifen­alters wie Eulenburg wegen fegueller Berfehlungen anzugreifen, die er einmal als junger Mensch begangen haben sollte.

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Harden und seine Zukunft" haben vorübergehend auch in der Geschichte unserer Partei eine Rolle gespielt. Harden war mit Bruno Schoenfant, Franz Mehring , Heinrich Braun zeitweilig befreundet gewesen jede seiner persönlichen Freund schaften blieb nur zeitweilig und verwandelte sich bald in bittersten| persönlichen Haß und zählte zahlreiche Sozialdemokraten foge­nannt ,, revisionistischer" Richtung zu seinen Mitarbeitern. Heinrich Braun hatte sich in den neunziger Jahren sogar lebhaft bemüht, Sarden für die Bartei zu gewinnen ,, was ihm glücklicherweise nicht gelungen ist. Die Mitarbeit von Barteigenossen an der Zukunft" führte im Jahre 1903 zu den bekannten unerfreulichen Auseinander

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Behandlung, die er dort erfahren hatte, durch eine Reihe von Ara titeln, die von persönlicher Gehässigkeit strohten.

Den Krieg hatte Harden mit Jubel begrüßt und sich in der ersten Zeit so in Annerionismus überschlagen, daß selbst einem Heinrich. Claß dabei bange werden konnte. Während des Krieges nahm er jäh den entgegengesetzten Rurs, er wurde Ultrapazifist und Prophet des Präsidenten Wilson. In der Republit glaubte er sich zu Großem berufen. Er sah sich jedoch enttäuscht und gab dem Gefühl seiner persönlichen Getränktheit in wilden Schmähungen Ausdruck. Daß ihn ungefähr zu der gleichen Zeit ein paar Hakenkreuz- Banditen überfielen und niederschlugen, war ein Beweis nicht nur für die riehische Roheit, sondern auch für die politische Umwissenheit dieser Gesellschaft.

Harden hatte mit dem Ausgang des Kaisertums aufgehört, für irgendwen ein ernst zu nehmender Gegner zu sein. Die Zukunft" ging ein. Es war auch höchste Beit, wenn der Stil der jungen Generation nicht durch das Vorbild dieser gepuderien, geschminkten, mit falschen Löckchen behangenen Publizistit noch mehr verdorben werden sollte.

Harden hat nicht einer Idee, nicht einer Sache, sondern sich selbst Schriften sind der Spiegel einer Bergangenheit, die für uns mit gelebt. Darum bleibt von ihm wenig nach seinem Tode übrig. Seine rasender Schnelligkeit in die Ferne entgleitet. Sie enthalten nichts Wegweisendes. Der Name seiner einst berühmt gewesenen Zeitschrift trügt. Von Harden führt nichts in die Zukunft!

Friedrich Stampfer .

Yvonne Georgi und Harald Kreutzberg . ( Tanzmatinee im Theater am Nollendorfplatz.) fie erleben durfte. Ich kannte Yvonne Georgi und ich kannte Das waren zwei Mittagsstunden, die feiner vergessen wird, der Harald Kreuzberg, aber mir scheint, als hätt ich sie erst Sonntag im Nollendorfplay- Theater wahr und wirklich fennengelernt. Was sie brachten, war nicht durchweg neu, aber durchweg in neue, reifere fünstlerische Formen gegossen. In Hanno­ ver , wo beide jetzt zufammenwirken, hat ihre Kunst sich gegenseitig geläutert und beschwingt. Yvonnes Tanz ist strenger und flarer geworden, Kreuzbergs reiner, vornehmer und, wenns möglich war,

noch sicherer.

Besen auf der Grenze zwischen Mensch und Tier. Dunflen Ur­Im Tanz der Salome" gibt die Georgi ihr Höchstes. Ein instinkten ohne Hemmung hingegeben. Krallt, schleicht, wälzt fich am Boden. Selbstbesinnung richtet sie auf. Dann leuchten aus finsterem Chaos wunderbare Tanzrhythmen, feurig funkelnd, in Flammenmeer, um sich aufs neue zu sammeln und auftauchend zu mattem Glanze strahlend. Berfinken wieder im brodelnden strahlenden Kristallen zusammenzuschießen. Ein Wunderwerf. dem im ganzen Gebiet des modernen Tanzes fein zweites an die Seite zu stellen ist. Die brasilianische Zijuta", die wir schon tennen, jegt