Flugblätter verbreitet und aufrührerische Schriften und das gilt heute in Italien als Derbrechen gegen die Sicherheit des Staates. Urteil: 17� Jahre Zuchthaus für den kam- muniftischen Abgeordneten Grieco, der im Ausland ist, für Molinelli und Inamorati je 14 Jahre und 4 Monate, für fünf andere von 8� bis 5 Jahren, für Zanarini 30 Monate. Fast gleichzeitig mit diesen„Rechtshandlungen" beginnen die Freisprechungen für die Verwüstungen und Plünderungen vom 1. November des vorigen Jahres, die im Anschluß an das Attentat von Bologna erfolgten. In Borzoli bei Genua wurde an diesem Tage einem gewissen Dettori, der als Kommunist galt, die Wohnung verwüstet, die Möbel aus dem Fenster geworfen, eine Kommode erbrochen und über 5000 Lire gestohlen. Mehrere Personen wurden mit dem Revolver bedroht. Vier der Einbrecher wurden festgestellt und kamen am 15. Oktober in Genua vor Gericht, natürlich, um freigesprochen zu werden. Die Formel des Freispruchs ist noch nicht„korporativistiscb", denn sie lautet „wegen mangelnden Schuldbeweises", anstatt es rund und klar auszusprechen, daß die Tat, weil von Faschisten begangen, nicht strafbar ist. Der Deutlichkeit in dieser Beziehung nähert sich aber ein Dekret, das der Ministerrat am 18. Oktober angenommen hat. Es bestimmt, daß V o r st r a f e n, die für„politische Vergehen mit nationalem Zweck" verhängt werden, nicht in die Personalien des Verurteilten einzutragen sind: ausgenommen ist hiervon nur die Vorstrafe wegen Mordes. Aber wir können zur Beruhigung der Leser mitteilen, daß bis heute noch kein Faschist in Italien wegen Mordes ver- urteilt worden ist. Wegen solcher Taten werden Faschisten freigesprochen. Neben diesem neu entstehenden geschriebenen„Recht" bürgert sich eine Rechtspraxis ein, gleichsam als Korrektur [ür die noch nicht im„korporativistischen" Geist gefällten Irteile. Bei dem Prozeß wegen der Flucht F i l i p p o T u r a t i s wurde der Besitzer des Motorbootes frei- gesprochen, weil seine Handlung nicht strafbar war: er hatte das Boot für eine Sportpartie zur Verfügung gestellt. Einen vollkommeneren Frcispruch konnte der Mann nicht verlangen. Trotzdem hatte die Sache für ihn die angenehme Folge der polizeilichen Verschickung. So zeigt man den Leuten, daß selbst ein freigesprochener Antifaschist rechtlich tief unter dem verurteilten Faschisten steht. Letzterem darf keiner die zu�„nationalen" Zwecken eingeheimsten Gegen- stände vorrechnen. Der andere kann fünf Jahre auf einer Insel über die nicht strafbare Tat nachdenken. Und während so die Italiener langsam dahinter kommen, daß das„korporative Regime" der aufs Papier gebrachte, rechtskräftig gewordene Knüppel ist, vollzieht sich auf t�xr ganzen Linie die L o h n r e d u k t i o n, Hand in 5?and mit einem langsamen Ansteigen der Einzelhandels- preise, für dos die Presse das Einkaufen von Vorräten für die Wintersaison verantwortlich macht. Die Bekanntmachung, daß die Lohnreduktion, einschließlich der im Frühjahr dekretierten, nicht 20 Proz. übersteigen solle, ist offiziell widerrufen worden und wird durch die bis jetzt beschlossenen Lohntürzungen widerlegt. Die Textilarbeiter er- hielten eine Hälfte des Lohns als„Teuerungszuschlag": diesen Zuschlag hat man nun im Frühjahr um 25 und jetzt wieder um 25 Proz., also insgesamt um 50 Proz. ver- mindert. Das bedeutet eine Lohnverminderung von 25 Proz. Und dabei ist der Winter vor der Tür: Gemüse, Eier, Obst und Fette werden teurer. Den Jubel im Lande kann man sich gar nicht vorstellen. Und den sich so vielversprechend anlassenden Winter leiten die Saturnalien des„Marsches auf Rom " würdig ein. Gleich nachher treten wir dann, auf Wfehl Mussolinis, in eine Periode altrömischer Schlichtheit, ohne Orgien und Bankette. Der Maskenball ist zu Ende, aber die Masken trägt man weiter. Wehe, wenn man sie abnähme!
öerliner Kabarett. Don Gerdland. Di« still« Romantik des Kabaretts, dos freie, ungebundene, ver- ständnisinnige Blinzelverstehen von Publikum zu Künstlern ist nicht mehr. Die Losung für das Bouleoardkobarett heißt: Nacktheit, Geilheit, Heuchelei(trotz aller Eindeutigkeit: Heuchelei), Lust, Jazz, Tanz, Tanz, Tanz, Schminke, Seidenb«ine. Zote, intellektuelle Conferenciers, Prominenz, Prominenz, künstlich hochgezüchtete Pro- Minenz. Die Losung für das Mittelstandskabarett heißt: Recht viel prominente Nomen, billige Getränke, Tschingtratra, Bum, Bum, Mädelchen, nackter als nackt, die keine Ahnung vom Tanzen haben, sich bewegen wie ausgezogene Automaten. Und die Bar. Oh, die Bar, in der dies« Mädelchen nach ihren Nummern fungieren. Die Losung für das Proletarierkabarett heißt: Stimmungskanone mit plumpen, häßlichen Spähen, Drahtseilkünstler. Rollschuhläuser, ordinäre Soubrette, Billigkeit, Billigkeit, die Masse macht's eben. Auf der Bühne sowohl, wie unten im Zuschauerraum. ch Man flezt sich, um nicht aufzufallen, in einen Sessel recht dicht an der kleinen samtverhängten Bühne des Kurfürstendammkabaretts. Es herrscht Stimmung. Und das bedeutet viel... für den Wirt, für die Kellner nämlich. Der Jüngling aus der Konfektion tätschelt die seidenen Schenkel des Mannequins Maud Vivane(in natura heißt sie Martha). Die ganz große Kokott« legt noch etwas kußfestes Rot aus die Lippen, zieht zum hundertsten Male den Strumpf glatt, klemmt das Monoel« ins alles besagende Auge, betrachtet mit schiefen Seitenblicken den miesen aber reichen Seege imder Loge. Der lang- näsig«, bleiche, huch so unendlich pervers« Schlagzeugmann aus der Jazzband verschwindet mal, um eine Prise Kokain zu schnupfen. Der arrogante Dichterkomponist bearbeitet die Tasten, kräht nonchalant seine neuesten Schlager in die begeisterte Menschenmenge hinein. Und dann eröffnet den„Reigen unstrer heutigen Darbietungen die charmante Königin des Weaner Huamors". Danach kommt wieder der intellektuell bebrillte Ansager und verkündet wundervoll witzig dem kunstgeschwängerten, dichtaneinander gedrängten Hause, daß „nun zween holdselige Mäadulein heraustrudeln, die paralysisch bc- kleidet ranzen, wie sich das für unsere syphilisierte Welt gehöre". Und man tanzt. Und man schweinigelt. Und man besieht sich. Und man meckert sich an. Und die Jazz tost, faucht, wimmert. Und di« Künstler singen das Jdiotenlied und ziehen dos Publikum solange durch den Kakao, bis«s mit der Muffe gepiekt ist und Scherz, Satire, Ironie und tiefer« Bedeutung nicht mehr unterscheiden kann. * Das Mittelstandskabarett, das longsam aufhört zu existieren, überspringend, landen wir in einem Kabarett im Norden Berlins . Da sitzen di« kleinen nuttigen Mädelchcn, da sitzen kräftige Arbeiter neben Rotzjungen mit Hakenkreuzen im Knopfloch und der Seuche in den Knochen. Wie sind sie doch zu bemitleiden, diese verhetzten, phantastischen Knaben, die hier den großen Mann herauskehren wollen. Noch mehr als die miserablen Nutten, noch mehr als die armseligen, vortäuschenwollcnden.Künstler", noch mehr als die draußen herumlungernden Arbeitslosen, denn die alle wissen doch
Reaktionäre Wahlmache in Hessen . Der Fall Fuchs. Wir verzeichneten in unserem gestrigen Abendblatt eine Mel- dung des MTB., wonach Regierungsrat Fuchs, Beamter des hessischen Innenministerium, unter dem Verdacht des Landesverrats seines Amtes enthoben wurde. Wir bezeichneten diese Meldung von vornherein als ein« dunkle Geschichte. Jetzt stellt sich heraus, daß es sich b«i dieser Darstellung um ein ganz übles Manöver der Rechtsparteien handelt, die einen an sich ziemlich harm- losen Vorfall zu einer großen Affäre machten, weil sie damit einem linksstehenden Beamten und damit der Linksregierung in Hessen einen schweren Schlag oersetzen zu können glaubten. Rcgierungsrat Fuchs, ein früherer mittlerer Beamter, der in- zwischen im Dienste des hessischen Innenministeriums zu der ge- hobenen Beamtenstellung aufgerückt ist, wurde seines Amtes ent- hoben, weil er auf großem Fuße gelebt, Schulden gemacht und mit üblen Frauenzimmern verkehrt hat. Das soll bekanntlich auch in sehr weit rechtsstehenden Kreisen sowohl während der Monarchie wie später vorgekommen sein. Wenn ein Beamter das tut und dafür zur Rechenschaft gezogen wird, so pflegt sich die Rechtspresse jeden- falls nur dann darüber aufzuregen, wenn eine linksstehende Persönlichkeit betroffen wird. Nun gehört Regierungsrat Fuchs der Sozialdemokratischen Partei an. Daher die pflichtgemäße Ausregung der Rechtspresse, während sie sonst bemüht ist, ähnliche Aorfälle zu oertuschen.» Das hessische Innenmini st erium erklärt in einer Pressemeldung ausdrücklich, daß di« vorläufige Amtsenthebung des Regierungsrats Fuchs wegen„außerdienstlicher Ver- fehlungen" erfolgt sei. Man wird aber Landesverrat niemals bei einem Beamten alz«in« außerdienstlich« Bersehlung ansehen können. In der Tat handelt es sich nur um dies« Privatgeschichten, die natürlich mit keinem Wort« entschuldigt werden sollen, und über deren Bedeutung für die Beamteneignung des Regicrungsrats Fuchs ja das Disziplinargericht zu entscheiden haben wird. Mit dem Borwurf des Landesverrats aber hat es folgende Be- wandtnis: Im Mai d. I. wurden zwei Dirnen verhaftet, die im Dienste der französischen Spionage gestanden haben und von denen die eine überdies unter der Anschuldigung des Meineids steht. Diese letztere hatte nun Fuchs früher tennengelernt. Sie behauptet, von Fuchs Geheimakten des hessischen Innenministeriums er- halten zu haben. Fuchs bestreitet das aber auf das entschiedenste. Das Ministerium, das die Sache angeht, hat sich diese Behauptung einer Dirne auch nicht zu eigen gemocht. Den Deutschnationalcn aber ist sie gut genug dazu, um die schwersten Borwürfe gegen die hessische Regierunig und gegen die Sozialdemokratie zu erheben. Dirnen- geschwätz als Grundlage der Wahlpropagonda ist die H ö ch st l« i st u n g dessen, was man auf politischem Gebiet über- Haupt erleben kann. Festgestellt werden muß, daß jedenfalls keinerlei Aktenstücke bei der Untersuchung gesunden worden sind, die die Behauptung der Dirne gegen Fuchs beweisen können. In den Besitz der Rechtspresse ist die Aussog« durch eine Indis- k r e t i o n gelangt. Es wird uns bestätigt, daß die Spionagevorwürfe bei der Amts- «nthebung des Fuchs keine Roll« gespielt hoben. Ueber seine mensch- lichen Dcrfehlungen kann man denken, wie man will. Daß der Aorwurf des Landesverrat» gegen Fuchs keine entscheidende Rolle gespielt haben kann, ersteht man übrigens auch daraus, daß dieser nicht verhaftet worden ist, sondern sich jetzt noch auf freiem Fuße befindet. Gegenüber diesen Tatsachen stellt sich die reaktionäre De- magogie blind, weil damit das ganze Wahlmanöver zusammenbrechen würde.
Reform ües Strafvollzugs. Tie Zuchthausstrafe vor dem Rechtsausschust. Der Strafgesetzausschuß des Reichstag» beschäftigte sich heute mit der Frage der Zuchthausstraf«. Die sozialdemokratische Fraktion beantragte das Wort„Zuchthausstrafe" zu st r« i ch e n. damit in Zukunft nur noch eine einheitliche Gefängnisstrafe bestände. Genosse Rosenseld begründete diesen Antrag, indem er darauf
wenigstens, was sie wollen. Und auch hier wird getanzt. Nicht die neueste Mod« des Black Bottom, nein, Charleston mit Wackel- popo und Deitstanzbeinen und sonstiges. Nicht Sekt wird hier ge- trunken. Nee, Sclter,„denn die kitzelt ooch so anjenehm in de Reese". Nun, wir wollen uns nicht davon überzeugen, und trinken ein dem Kasse« ähnliches Gesöff. Und hören, und sehen, und tun unser« Seele auf. Und gehen nicht— wie aus dem Boulevard- kabarett— angeekelt, sondern voll stiller Wehmut hinaus. Und diese Wehmut heißt: Kabarett. • Berlin ist nicht Paris . Aber Berlin ist scheinbar auf dem Wege, eine Weltstadt zu werden. Wir haben keinen Montmartre, aber wir haben ein« Iägerstraße, die ebenso für die Fremden bestimmt ist, wie der Montmartre . Wir haben auch keinen Montparnasse, dafür aber ein Romanisches Caf�. Wir haben kein Paris ähnliches Ka- barett. Leider. Das Paris der Fremden, dos Paris des Nepps, der parfümierten Konkubinen und weißhäutigen Maitressen kümmert mich einen Dreck. Jawohl, eben der Dreck, der Pariser Dreck, die Leidenmädchen in kleinen verräucherten, verwahrlosten Kabaretts, die könnten mich interessieren. Amüsierzentren hat jede große Stadt, aber in den kleinen Lokalen d«r Minderbemittelten, in jenen Lokalen der großen Kleinen, dort lernt man die Seele de» ganzen Bolkes verstehen und... lieben. Lieben? * Ich will, wenn ich von Berliner Rummelplatzkabaretts spreche, nicht den Lunapart in Betracht ziehen. Der ist ein Faktum der Weltstadt. Dagegen kann man nix tun. Aus einem kleinen Rummelplatz in der Nähe des Alex, wo Gannoven, Dirnen, Arbeitslose, Aufschubsträslinge sich Stelldichein geben, ist ein sogenanntes Kabarett. Wie wärs, diese Leute genau so am Kurfürstendamm debütieren zu lassen? Ich vermute, die pervers-mondain-degenerierten Menschen würden herbeiströmen, um sich das anzusehen. Da stehen sie geschminkt, tiefe Ränder unter den Augen, ver- wahrlost. Da faucht der Anpreiser:„Fräulein Elvira mit ihre Wundcrtöle. Fräulein Hanni und Fräulein Mietze tanzen, wie sie der liebe Herrgott erschossen hat, mit penkalische Beleuchtung. Fräulein Rutti de Putti in ihren einzigartigen humoristischen Bor- trcejcn." Und so weiter, bis man weggeht mit einem großen, brennenden Mitleid im Herzen. Und dieses Mitleid heißt: Kabarett. * Ekel, Wehmut. Mitleid konzentrieren sich, wenn man zu Hause sitzt und dies schreibt, zu einem Wunsche, besser zu gestalten. Das Kabarett zu einem Objekt der Kultur zu gestalten. Aber wie sieht es mit dieser unserer Kultur aus? —., hollanüs unbekannter Soldat. Di« S ch a u b u r g in Rotterdam ist ein von bürgerlichein Publikum besuchtes, ziemlich großes Theater, sie machen dort Banetc, Revue— augenblicklich geben sie auf ihren Brettern den „Unbekannten Soldat« n". Nicht den von Reynal, sondern einen von George Mentonc.
hinwies, daß im praktischen Strafvollzug heute bereits kaum noch ein Unterschied zwischen Zuchthaus und Gefängnis zu finden sei. Deshalb habe auch der Radbruch'sche Skrafgesetzentwurf von 1922 den Namen Zuchthaus beseitigt. Zweck des Strafvollzugs soll doch sein, den Gefangenen zu e r z i e h e n. Das sei der gemeinsame Zweck der Zuchthäuser und Gefängnisse. Also sei es auch nur richtig, eine Einheitsstrafe festzulegen. Mit den heutigen Zuchthäusern sei der Makel der Ehrenrührigkeit verknüpft und diesen Makel müsse man vermeiden, uin den Entlassenen die Möglichkeit einer schnelleren Gründung einer neuen Existenz zu geben. Abgeordneter Zaps(D. Bp.) widersprach dem sozialdemo- kratischen Antrag. Er meinte, daß das Wort Zuchthaus doch im Bolksmunde bleiben würde, auch wenn die Strafanstalt den Namen Gefängnis bekäme. Ministerialdirektor Rumke legte dar, daß sich in der letzten Zeit in der Praxis in der Tat eine große Annäherung zwischen Zuchthaus und Gefängnis ergeben habe, besonders sei in den. Zuchthäusern das Kahlscheren und die Prügelstrajc, auch die Anrede Du abgeschafft worden. Die Kleidungsunterschied« seien nicht mehr wie früher vor- handen. Man brauche aber für den Strafvollzug eine schwerere Straf«, die in der Anschauung des Bolkes besonders bewertet werde. In der Bevölkerung könnte leicht die Ansicht aufkommen, sie sollen den Verbrechern ganz ausgeliefert werden. Es gehe auch nicht an, jemanden, der heute eine Strafanstalt verlosten habe, morgen schon als Schöffe oder Geschworenen sich betätigen zu lassen DieReichsregierung wünsche die Beibehaltung der Zuchthausstrafe. Ministerialrat Schäfer erklärte für die preußische Iustizverwal- tung, daß Preußen zwar im Reichsrat angesichts der abweichenden Meinungen der anderen Regierungen sür die Beibehaltung der Zuchthausstrafe gestimmt habe, daß aber doch die Entwicklung zur Einheitsstrafe führe. öesolüungsreform im �aushaltsausfchuß. WirtschaftSpartei für Verschleppung, Svzialdemokratie für Verbesserung. Auf der Tagesordnung in der Donnerstagssitzung des Aus- schustes für den Reichshaushalt stand die allgemeine Aussprache über die neue Besoldungsordnung. Bevor jedoch die Be- ratung beginnen konnte, entspann sich eine lange Geschästsordnungs- dcbatt«, ob bei Gelegenheit dieser Aussprache noch der Reichs- p o st m i n i st e r und der Reichsvsrtehrsminister über die Verhältnisse bei der Reichspost und bei der Reichsbahn gehört werden sollten. Der Ausschuß beschloß, die beiden Herren zu einem späteren Termin zu laden. Auch die Frage einer Anhörung der Organisationen der Beamtenschaft rief eine sehr aus- gedehnte Eeschästsordnungsdebatte hervor. Es wurde schließlich be- schlössen, von vierzehn Organisationen je dr« Bertreter zu einer formlosen Aussprache für Donnerstag, 2 Uhr, in den Reichstag zu bitten. Von dem bayerischen Abg. Eisenberger(Wirtschaftl. Vg.) waren die folgenden Anträge eingegangen: 1. Di« Durchführung der Beamtenbesoldungsreform wird zu- rückgestellt. 2. Die Reichsregierung wird ersucht, dem Reichstag für die Neuregelung der Pensionen der Reichsminister und Staatssekretäre baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Pen- sionsberechtigung erschwert wird und die Höhe der Pensionen eine wesentliche Einschränkung erfährt. 3. Die Reichsregicrung zu ersuchen, dem Reichstag sofort Bor- fchläg« zur Abänderung des Finanzausgleichs mit den Ländern zu unterbreiten, durch welch« es den Ländern, Ge- meinden und Gemeindeverbänden möglich wird, die durch die Be- soldungsrefom entstehenden Mehrbelastungen der Haushalte zu tragen. Sodann erstattete der Referent Genosse Sleinkops sein schwiert- ges und groß angelegtes Referat, das auf Beschluß des Ausschusses im Gegensatz zur sonst herrschenden Hebung in das Protokoll auf- genommen werden soll. Genosse Steinkopf kam zu dem Schluß, daß die neue Besoldungsordnung unübersichtlich ist und die in der Besoldungsordnung von 1920 gemachten Fehler nicht vermeidet. Cr empfiehlt, die Besoldungsordnung von 1920 zu? Grundlage des Aufbaues eines klaren Besoldungssystems zu machen mit a u t o- m a t i s ch e m A u f st i e g in die erst« Ausstiegstellung jeder Laus- bahn und Berzahnung eines Teiles der Beamten durch Beförderung in die Eingangsstellung der nächst höheren Laufbahn.
Da seien nun auch gleich die anderen Namen genannt, die auf dem Programm ebenso sett gedruckt sind wie der des Dichters, man soll ja um keinen Preis ungerecht sein: di« neuen Dekorationen stammen von Leon Waterkeijn, die Lichtefsekt« von Max Naatden, die Hüte von C. A. Kieoied. Man kann sich fchon denken, was in dem Stück passiert: Krieg, wie ihn sich der kleine Moritz vorstellt. Des amerikanischen Tommies Erlebnisse ins Kitschige übersetzt. Bon der Sentimentalität der Kriegstrauung bis zum Schützengrabenhumor bleibt uns nichts erspart. Was immerhin bedauerlich ist, da es doch schon in ihrer Einfachheit erschütternde Kriegsfilm« gibt. In der Pause spielt das Orchester hübsche Melodien. Dann ziehen sich die Musiker wieder zurück, trinken Bier: spielen Skat: nur hin und wieder wird ärgerlicherweise der Trompeter abgerufen, weil er hinter der Szen« Signale zum Sturmangriff zu geben hat. Jni Orchesterraum bleibt nur eine alte Dame sitzen und strickt. Es ist die Garderobiere, die hier das Licht zu ihrer Arbeit noch an, leid- lichften findet. Ueber ihr oerkündet der erste Liebhab«r mit der schönsten Stimme und der zweithöchsten Gage des Hauses die Seg- nungen des Friedens. Das Publikun: im Zuschauerraum hört mit Interesse zu. Mög- liche Gedanken über d«n Krieg können deswegen nicht im Draht- verhau stecken bleiben, weil d«r durch einen Fehltritt des zweiten Intriganten im dritten Bild umgefallen ist. Kriegsmäßig zieht Zigarernrauch durch das Haus wie Pulverdampf über das Schlacht- seid. In der Pause wird Proviant verkaust: Hopjes, Wasfeln. Schokolade. Dann geht der Krieg weiter. Der Krieg des unbekannten Soldaten, der glücklich darüber ist, daß er in der holländischen Wirk- lichkeit gar nicht existiert. Man m«rkt ihm das auch an. ___ Erich Gott getreu. .Frauengestalten aus der ollägyptischen Geschichte" hieß das Vortragsthema, über das Dr. W a l t h e r Wolf im Auftrage der Deutsch -Aegyplischen Vereinigung im Seminargebäude der Universität sprach. Den Aegyptologen, die am Berliner Mus«um tätig sind, muh man«s zugestehen, daß sie in vorbildlicher Weise bestrebt sind, ihr SpezialWissen in weiteste Kreise zu tragen. Sie haben Interesse und Verständnis geweckt für das ägyptische Museum, dessen wunderbare Schätz« dadurch populär geworden sind. Um altägyptische Frauen- gestalten zu zeichnen, mußte der Redner natürlich Königinnen wählen, denn von ihnen ist uns wenigstens etwas, von den Frauen aus dem Bolke aber gar nichts überliefert worden. Die 18. Dynastie hatte eine Herrscherin, die Könitzin Hatfchepsu, die sich gegen zwei Thronanwärter durchsetzte und einen von ihnen, ihren Halbbruder, Thutmosis III. , heirateie. Die Aegypter ihrer Zeit stellten sie mit dem Königsbart dar, weil ihnen wohl nicht in den Sinn wollte, daß ihr Pharao, der sür sie gleichbedeutend mit Gott war, eine Frau sein fallt«. Sie entfaltete nicht nur in Karnak eine rege Bautätigkeit, fondern sie ließ auch den Tempel Deir et Bahari errichten. Zudem veranstaltete sie einen friedlichen Zug in das Weihrauchland, die heutige Somaliküste. Sie hat zwanzig Jahre geherrscht und nach ihrem Tode brach ihr Gatte Thutmosis III. , der große Eroberer, zu seinen endlosen Kriegszügen auf. Das Gedenken an seine Frau wollt« er mit Gewalt austilgen, s«in Haß ging so weil, Bauden?- mäler, die ihren Namen trugen, zu vermauern. Amenophis III ,