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Nr. 52844. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Krankheitsherde der Wirtschaft.

Schwerindustrie überkapitalisiert.- Großgrundbesitz überschuldet. Wirtschaftslage und Konjunktur in Deutschland   sind gut. Die| dividende in dem am 30. September 1927 abgeschloffenen Geschäfts­Industrie hat durch die Bank sehr gut verdient. Aber noch nie war jahr haben. Den Beweis dafür liefern die unabhängigen Werke der die industrielle Agitation zum Abbau der öffentlichen Schwerindustrie, die dieselben Lasten zu tragen hatten, soziale und Ausgaben so vehement und explosiv wie jetzt. Der Treiber in steuerliche, und in bisher veröffentlichten Abschlüssen sehr große der Agitation ist die Schwerindustrie. Die Lage der Landwirtschaft Gewinne ausgewiesen haben. Nicht die ganze Industrie, auch ist unvergleichlich niel günstiger als in früheren Jahren. Zieht man nicht die ganze Schwerindustrie, sondern nur die Bereinigten örtliche Wetterschäden und die allgemeine Verspätung der Ernte ab, Stahlwerte sind in Berlegenheit, nicht erst feit heute und gestern, so bleibt, wie in der Industrie, ein vor wenigen Jahren nicht er= sondern seit ihrer Gründung, weil das Kapital, das Dividende ver. träumtes günstiges Bild. Aber noch nie waren die agrarischen langt, zu hoch ist, weil die Zinsen, die für aufgenommene Schulden Forderungen nach staatlichen Kreditsubventionen zu zahlen sind, zu viel Gewinne fressen. Von Anbeginn an hat aber so ungeheuerlich wie gerade jetzt. Und der Schrittmacher dieser der Ruhrmontantrust durch seine riesige Macht die deutsche Wirt­Forderungen in der Deffentlichkeit und in den Borzimmern des schaftspolitik entscheidend mit bestimmt. Reichskabinetts ist das Großagrariertum.

Zwei Ereignisse der letzten Tage haben die Wurzeln dieser hemmungslosen Steueragitation, dieser wahnsinnigen Subventions­forderungen enthüllt. Derselbe Ruhrmontantrust, der die Industrie im Kampf gegen Reichs-, Staats- und Gemeindefteuern führt, führt in eigenster Sache: er ist übertapitalisiert. Dieselben Großagrarier, die im Reichslandbund Millionen­Predite des Reiches und Zinssubventionen fordern, fordern aus schließlich im eigenen Interesse: sie sind überschuldet.

Alarm um den Ruhrmontantrust.

Die Börse war in den letzten Wochen schlecht. Eine ganz be= sonders schlechte Börse hatten aber die Attien der Vereinigten Stahl­werfe A.-G., des großen Montantrusts an der Ruhr. Die Bestag­Aftien sind unter 100 Pro3. gesunken, die Phönig- Attien noch tiefer. Die Sorgen der Börse um die Ruhrstahl­attien wurden verstärkt durch Alarmartikel der bürgerlichen Finanzpresse, die endlich den Mut gefunden und die Notwendigkeit erkannt hat, auf die vom Vorwärts" feit vielen Monaten mit Nach brud unterstrichene Uebertapitalisierung des Ruhrmontan

trusts hinzuweisen.

Die Leitung der Bereinigten Stahlwerte nimmt biesen Alarm mit Recht nicht leicht. Sie hat über 500 Millionen ausländische Anleihen aufgenommen und muß alles verhüten, um ihren Kredit im Auslande nicht zu gefährden.

In einer beim Ruhrtrust gänzlich ungewohnten Weise hat sich seine Beitung beeilt, der Deffentlichkeit Mitteilung über die Ergebnisse des am 30. September abgefchlof. fenen Geschäftsjahres zu machen. Der Alarm über die eventuelle Notwendigkeit einer finanziellen Sanierung hat ihnen die Zunge gelöst. Es wird mitgeteilt, daß die Kohlenförderung im Monatsdurchschnitt gegenüber dem ersten Geschäftsjahr von 1,97 auf 2,17, die Kofserzeugung von 0,51 auf 0,68, die Roheisenerzeugung von 0,38 auf 0,53 und die Rohstahlerzeugung von 0,42 auf 0,57 Millionen Tonnen gestiegen sei. Die Zahl der Arbeiter Jei am 30. September 1927 gegenüber der gleichen Zeit des Bor jahres insgesamt von 170 438 auf 183 074, die der Angestellten ins gesamt von 14 643 auf 15 336 erhöht. Der Gesamtumsah( ohne ben Austauschumfah innerhalb der Werke) betrage im vergangenen Jahre 1,42 Milliarden, davon 0,98 Milliarden im Inland und 0,44 Milliarden im Ausland. Die Aufträge der Hüttenwerte und Berfeinerungsbetriebe am 30. September d. Is belaufen sich auf 133 Proz. des Auftragsbestandes vom Borjahre. Dieser Auf­tragsbestand sichere für die nächsten Monate die gleiche Beschäftigung wie bisher. Die seit der Gründung der Vereinigten Stahlwerke be­gonnene Rationalisierung habe die erwartete Sentung der Selbst tosten herbeigeführt. Die gesteigerten sozialen Lasten, erhöhte Löhne und verfürzte Arbeitszeit hätten aber zusammen mit Den verringerten Erlösen im Exportgeschäft die Selbstkostensentung beeinträchtigt. Von der wahrscheinlichen Dividende wird nichts ge­fagt; es sei aber ein angemessener Betriebsgewinn erzielt worden. Ganz allgemein wird hinzugefügt, daß, wenn nicht in fürzester Frist eine völlige Umstellung der deutschen   Wirt­schafts- und Finanzpolitit erfolge, so daß die Lasten der deutschen  Industrie wesentlich vermindert werden, daß dann in der Zukunft mit einer völligen Stagnation von großen Teilen der deutschen  Wirtschaft zu rechnen fei, insbesondere auf dem Gebiet von Kohle und Eisen!

Dieser Bericht mit seinen Forderungen ist größter Widersprüche voll! Der Stahltrust müßte Bombengewinne und eine Glanz

Ueberschuldeter Großgrundbesih.

Das Organ des Landbundes bringt in großer Auf­machung eine Artikelferie des bekannten deutschnationalen Reichs­tags- und Landtagsabgeordneten Schlange- Schöningen, in der dieser neue geistige Führer des Landbundes sich mit großem Aufwand an" Material" und nicht minder großem Aufwand an Pathos( nie war die Lage der Landwirtschaft bedrohlicher als heute") mit dem landwirtschaftlichen Kreditwesen auseinandersetzt. Seine positiven" Vorschläge, die er zur Behebung der gegenwärtigen Schwierigkeiten und weiterhin für eine gründ­liche Reform der verfahrenen Kreditverhältnisse zu machen hat, laufen darauf hinaus, daß etwa Milliarden Mart( von ins­gesamt Milliarden kurzfristigen landwirtschaftlichen Schulden), die er als hoffnungslos festsigend bezeichnet, jetzt umgeschuldet" werden sollen. Das Reich soll dazu verhelfen, daß alle jene land­wirtschaftlichen Betriebe, die aus der kurzfristigen Verschuldung mit eigener Kraft nicht mehr herauskommen, jetzt aus Steuer­mitteln des gesamten Boltes verbilligte hypo­thetarische Kredite erhalten, um damit die kurzfristigen Berbindlichkeiten auslösen zu können. Mindestens 200 Millionen Mark jährlich wären für diese Kreditfubventionen von den Steuer­zahlern zu tragen. Der Reichslandbund hat seine Forderungen dem Reichskanzler überreicht, und das Reichskabinett berät über diese Forderungen.

Die Bauern aber wehren sich

gegen diese Borschläge des Reichslandbundes. Die Deutsche Bauernzeitung", das Zentralorgan der Deutschen Bauern fchaft", der größten deutschen   Bauernorganisation, warnt vor diesen Borschlägen. Nicht die Landwirtschaft", sondern nur der Großgrundbsiz braucht diese Subventionen. Für die Bauern find sie eine Belastung. Die großagrarischen Organisationen hätten in ihren Reihen nichts getan, einem leichtfertigen Optimismus und der lagen Kreditmoral entgegenzutreten. Die ,, Deutsche Bauern­zeitung" schreibt weiter:

,, Besonders verantwortungslos trat diefes Treiben in Erschei nung, als nach Beendigung der Inflation die Flüssigkeit der Um­laufsmittel mit einem Schlage zu Ende war. Damals wurde durch eine großangelegte Kreditattion nahezu 1 Milliarde Mark in die Landwirtschaft hineingepumpt. Diese für die damaligen Berhältnisse außerordentlich große Summe ist fast aus­schließlich dem Großgrundbefiß zugeflossen. Wahl­und bedenkenlos wurden Wechselkredite aufgenommen, die auch nicht im entferntesten mit den Wirtschaftserfordernissen des einzelnen Be­triebes in Einklang zu bringen waren. Wesentliche Teile dieser Kredite wurden überhaupt nicht zu Betriebszweden verwendet, sondern der persönlichen Lebenshaltung zugeführt. An dieser Kreditaufnahme tranft der Großgrund befiz heute noch. Nachdem man nun einsieht, daß man mit dieser plöglichen und ungeregelten Kreditgewährung den Großgrund­besitz bis an den Rand des Verderbens gebracht hat, fordert man ganz offen von Reich und Ländern eine Hilfsaffion größten Stiles." Bom bäuerlichen Standpunkt müsse man diesen großagrarischen Forderungen mit größtem Mißtrauen begegnen. Die Ausführung der großagrarischen Vorschläge würde dazu führen, daß den leistungs­fähigen Betrieben die Kredite entzogen und die überschuldeten, un­wirtschaftlichen Betriebe begünstigt würden. Uns scheint, daß der Reinigungsprozeß, der in Handel, Industrie und Gewerbe sehr bald nach der Deflation eingesetzt hat, auch in der Groß landwirtschaft unabwendbar ist."

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Dienstag, 8. November 1927

Wer leichtfertig seinen Besitz überschuldet habe, müsse fallen. Die Förderung der Leistungsfähigen, nicht die Stügung ins Wanten geratener Großgüter sei das agrarische Kreditproblem von heute.

Geschwüre am Wirtschaftskörper.

Der überkapitalisierte Stahltrust, das wissen alle Eingeweihten, seit Jahren am deutschen   Wirtschaftskörper fressenden, die deutsche  der leichtfertig überschuldete Großgrundbesiz, sind die gefährlichsten, Wirtschaftspolitik vergiftenden Geschmüre. Statt die Geschwüre rücksichtslos aufzuschneiden, pflegt die Wirtschaftspolitik des Rechts­blocks den Krankheitsherd. Noch nie hat es eine Regierungsstelle gewagt, den Herren des Stahltrufts zu sagen, daß die von ihnen verfolgte Politit sich nur aus ihrer falschen Kapitalpolitik erklärt. noch nie hat eine Regierungsstelle fich den Subventionswünschen dung, daß die Verschuldung der Großagrarier nur diese selbst, nicht des Reichslandbundes versagt mit der selbstverständlichen Begrün­aber den Steuerzahler angeht. Damit muß es ein Ende haben. Es ist gut, daß die Borgänge im Stahltrust, daß die Abwehr der Bauern gegen den Reichslandbund hier endlich weithin Klarheit geschaffen haben.

Neue Kursstürze an der Börse.

Die gestrige Berliner   Börse war wieder so schlecht, daß einige Blätter von einem schwarzen Montag sprechen. Bemerkenswerter= weise war es nicht die verarbeitende und Fertigindustrie, deren Aktien zurückgingen, sondern es waren die sogenannten schweren Werte, wobei die montanattien führten. Vereinigte Stahlwerke sanken von 101 auf 95, Phönig- Bergbau von 95 auf 89, Mannesmann- Röhren Don 141 auf 128, Klöckner- Werke   von 131 auf 121, J. G. Farben von 260 auf 244, Schultheiß- Bazenhofer von 384 auf 358, Vereinigte Glanzftoff von 561 auf 515, und selbst die Berliner   Handelsgesell schaft ging von 224 auf 206 Proz. zurück. Sicher hat die teilweise ungünstige Aufnahme der Diskussion zwischen Parter Gilbert und dem Reichsfinanzminifter im Ausland deshalb ungünstig ge­wirft, weil das Vertrauen des Auslandes durch die Diskussion nicht

gestärft werden konnte. Auf der anderen Seite hat zweifellos die leichtfertige Behauptung im Kommuniquéder Bereinigten Stahlwerte, daß große Teile der deutschen   Industrie, ins. besondere Kohle und Eisen, vor einer Stagnation stünden, wenn die Wirtschafts- und Finanzpolitik Deutschlands   nicht grundlegend ver. ändert mürde, die Baiffe gefördert. Wenn das Ausland mißtrauisch würde, wozu kein Grund besteht, so wäre das selbstverständlich viel gefährlicher für die Konjunktur, als die Baisse selbst, die nur als Behauptungen des Ruhrmontantrusts, soweit sie in Deutschland   das günstiges Zeichen zu merten ist. Jedenfalls sind die leichtfertigen Bertrauen zur Konjunktur erschüttern, nicht scharf genug zu brand­narfen. Man muß sich übrigens fragen, wo jene, deutschen   Groß­banken bleiben, die im vorigen Jahre es sich als hohes Verdienst an­schmidt von der Darmstädter und Nationalbank   könnte jetzt, wenn gerechnet haben, die Börsenkurse hochzutreiben. Herr Gold­er gründlich kaufen würde, recht vielen einen Gefallen tun.

Weltwirtschaftliche Entwicklungstendenzen. Der Bankrott des Schutzollsystems.

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Professor Bonn   sprach in der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft über Weltwirtschaftliche Entwicklungstendenzen". Mit dem Hochkommen des Nationalismus in der Nachkriegszeit habe gesetzt, wobei insbesondere die wirtschaftliche Gegentolonisation eine eine sogenannte Gegenkolonijationsbewegung große Rolle spielt. Antikapitalistische Bewegungen machen sich geltend, die sich gegen das fremde Kapital richten, vor allem aber fritt die Verschiebung zwischen Mutterland und Kolonien ein: Amerifa, dos ehemalige Einwanderer- und Schuldnerland, schließt der Einwanderung die Tür und wird zum Gläubigerland.

und

Das Ergebnis dieser Bewegung ist wirtschaftliche Zerrissenheit Erschütterung des tapitalistischen Systems. Die neu entstandenen Splitterstaaten treiben nationalistische Hochschu3ollpolitik; das alte Europa   wird Amerika  tributpflichtig. Im Zusammenhang mit diesen Ilmwälzungen haben sich soziale Verschiebungen ergeben, durch die die Be= deutung des Proletariats fich wesentlich ge steigert hat.

Aber die politische Souveränität gleitet mehr und mehr in die Hände der kartellierten Wirtschaft. Die Genfer   Welt­gebracht. Man fträubt sich wohl noch, die praktischen Folgerungen wirtschaftskonferenz hat unbestritten den Sieg der Freihandelsidee daraus zu ziehen. Doch der Bankerott der Schußzoll­